Weinanalytik Walter Weiss Lehrstuhl für Allgemeine Lebensmitteltechnologie Klassische nasschemische Methoden Relative Dichte, Mostgewicht ( Oechsle) Extrakt (Trockensubstanz) Reduzierende Zucker Alkohol Titrierbare Gesamtsäure Flüchtige Säure Organische Säuren Schweflige Säure (SO 2 ) Asche (Mineralstoffe) Moderne Weinanalytik Schnellmethoden Chromatographie Spektroskopie Stabilisotopenanalytik
Schnellmethoden: Reflectoquant-System Prinzip: Teststäbchen ( Dip-Stick ), basierend auf enzymatischer oder chemischer Messmethodik (Farbreaktion). Anschliessende Messung des an dem Teststäbchen reflektierten Lichtes mit Hilfe eines Remissionsphotometers Bestimmung der Konzentration bestimmter Weininhaltsstoffe anhand der Intensitätsunterschiede zwischen emittiertem und reflektiertem Licht Vorteile: Schnell (15 sek - 5 min); niedrige Analysen- und Anschaffungskosten; ideal für vor-ort-analysen, insbesondere für Kellereitechniker und Oenologen zur schnellen Ermittlung wichtiger Parameter Testkits (gebrauchsfertige Reagenzien) z.b. für ph-wert, Gesamtsäure, Wein-, Äpfel-, Milch- und Ascorbinsäure, schweflige Säure, Gesamtzucker, Glucose u.a. Messgenauigkeit: +/- 10 Prozent Einsatzbereich: Rohstoffuntersuchung, Prozesskontrolle, Produktkontrolle, Einhaltung von Grenzwerten, Reinigung und Desinfektion etc. Zu beachten: - Messtemperatur ca. 20 C - Entgasen bei Gesamtsäurebestimmung - exakte Verdünnungen! - Rotweine ggf. entfärben
Schnellmethoden: Enzymatische Messgeräte Wein- und Mostanalysen auf Basis von -ph-messungen Prinzip: Die Umsetzung von Enzymen und Substraten ist mit ph-änderungen verbunden, wobei die Produktion oder Verbrauch von H + für die Konzentration des zu bestimmenden Analyten in der Probe typisch ist ->Messung der ph-werte mittels Kapillarglaselektroden vor und nach der enzymatischen Umsetzung. Aus der ph- Wert-Differenz wird die Substratkonzentration ermittelt. Keine Probenvorbereitung, d.h. direkte Analyse von naturtrüben oder stark gefärbten flüssigen Proben wie z.b. Moste oder Frucht- und Gemüsesäfte; Schwebstoffe bis 0,3 mm Durchmesser stören dabei die Messung nicht Sehr schnell: Messdauer 70-300 Sekunden, je nach Parameter
Instrumentelle Weinanalytik Gaschromatographie(GC) Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) Fourier-Transformations Infrarot-Spektroskopie (FTIR) Kernresonanzspektroskopie (NMR) Massenspektrometriese Isotopenverhältnisanalyse (IRMS)
Gaschromatographie Querschnitt Kapillare Polydimethylsiloxan Diphenyl- Dimethylpolysiloxan Polyethylenglykol
Gaschromatographie in der Weinanalytik Einsatz z.b.: Quantitative Bestimmung von Alkoholen (z.b. Fuselalkohole) Identifizierung von (unbekannten) Aromastoffen Erstellung von Aromaprofilen für Weine bestimmter Herkunft Olfaktometrie zur sensorischen Beurteilung Identifizierung von Fehlaromen, z.b. Böckser, Korkgeschmack Analytik von Pestiziden Atemluftanalysen nach Weinverkostung Archäologische Untersuchungen
Bestimmung von Alkoholen (im Destillat) Aceton Ethanol Propanol Isobutylalkohol Isoamylalkohol Essigsäure
Aromastoffe in der Scheurebe Ethylester (25%) Alkohole (30%) Lactone (4%) Schwefelverb. (10%) Terpene (10%) Säuren (12%) Phenole (10%)
Isolierung und Anreicherung von Aromastoffen Simultane Destillation-Extraktion (SDE) - Extraktionsmittel: n-pentan / Diethylether -Dauer: 2h Flüssig-Flüssig-Extraktion (LLE) - Kutscher-Steudel-Extraktor - Extraktionsmittel: n-pentan / Diethylether -Dauer: 24h
Isolierung und Anreicherung von Aromastoffen Vakuum Headspace-Techniken (VHS) - Wasserbad (moderate Temperatur) - Vakuum 1-10mbar - Kühlfallen (Wasser-Eis, N 2 flüssig) - Vereinigung der Destillate -Dauer: 3h Untersuchungsmaterial Festphasen(mikro)-Extraktion (SPE) Hochdruckextraktion mit überkritischem CO2 Solvent Assisted Flavour Evaporation (SAFE)
Beispiele GC-basierter Weinanalytik GC Aromaprofile von Weintrauben GC-Olfaktometrie (GC-O) Riesling Morio- Muskat Chemometrische Analysen Riesling Silvaner Aromagramm blumig süßmuffig Müller- Thurgau
Identifizierung von Fehlaromen mittels GC/MS z.b. Korkgeschmack - Hauptverursacher: 2,4,6-Trichloranisol (TCA) - Geruchsschwelle in Wein: 1.4 ng/l -Herkunft: Quelle für TCA ist die Rinde der Korkeiche Mikrobieller Abbau (Methylierung) von Trichlorpehnol (Pflanzenschutzmittel) - Weitere Verursacher: Tribromanisol, Tetrachloranisol, Trichlorphenol, Tribromphenol, Pentachlorphenol - Eintragungsquellen: Reinigungs- und Desinfektionsmittel Holzpaletten (behandelt mit Fungiziden) Verpackungsmaterialien -GC/MS-Analytik: Identifizierung der Fehlaromen Nachweis der Zusammensetzung Quantifizierung
Pestizidanalytik in Wein - Überwachung der Einhaltung von Höchstmengen (Rückstandshöchstmengen-VO) - Weltweiter Einsatz von rund 700 Pestiziden (Fungizide, Insektizide, Herbizide) - Verbot chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel im ökologischen Landbau
Hochleistungs-Flüssigchromatographie (HPLC) Mobile Phase Isokratische Elution - konstante Polaritat - einfacher Aufbau - hohe Reproduzierbarkeit Gradientenelution - hohe Auflösung - hohe Empfindlichkeit Detektortypen für HPLC Brechungsindexdetektor (RI, Refractive Index) Leitfähigkeitsdetektor UV-Detektor Massenspektrometer Photodiodenzeile (Diode Array Detector, DAD)
Beispiele HPLC-basierter Weinanalytik Chardonnay Fructose Bernsteinsäure Glucose Glycerol Äpfelsäure Weinsäure Milchsäure Ethanol - Direktinjektion des Weins in HPLC-Anlage -RI-Detektor - Analytik von organischen Säuren und Zuckern Tempranillo DAD 360nm DAD 320nm - Analytik von Flavonoiden (z.b. Anthocyanen), Phenolsäuren
Fourier-Transformations Infrarot (FTIR) - Spektroskopie Prinzip der FTIR-Messung IR-Spektrometer messen die Durchlässigkeit einer Probe für Infrarot (IR)-Strahlung Ältere IR-Geräte: Polychromatisches Licht einer IR-Lampe wird mittels Prisma oder Gitter zunächst in einzelne Wellenlängen zerlegt (Monochromator); diese passieren zeitlich nacheinander die Probe FTIR-Technik: Polychromatische IR-Strahlung wird auf zwei ungleich langen Wegen durch die Probe zum Detektor geführt; hierbei entsteht ein Interferogramm (Wellenmuster), welches die gesamte Information des IR-Spektrums enthält Dieses wird anschliessend über das mathematische Verfahren der Fourier-Transformation aus dem Interferogramm berechnet Die Auswertung von NIR-Spektren erfordert wegen der starken Überlagerung komplexe Rechenalgorithmen auf der Grundlage statistischer Verfahren. Für die Auswertung muss deshalb eine relativ große Zahl von Referenzstandards zur Verfügung stehen
Beispiele FTIR-Spektroskopie-basierter Weinanalytik Ablauf einer FTIR-Messung bei Wein oder Most Probe durch Zentrifugation oder Filtration klären Probe (ca. 30 ml) in die Messzelle geben und IR- Spektrum aufnehmen (Zeitdauer ca. 2 min) Interpretation des IR-Spektrums IR-Strahlung versetzt chemische Bindungen in definierte Schwingungen. Lage und Intensität der Absorptionsbanden liefern wichtige Informationen Ist die Probe ein Substanzgemisch (z.b. Most oder Wein), so enthält das resultierende IR-Spektrum die qualitative und quantitative Überlagerung aller vorhandenen Einzelkomponente Informationen über das Vorhandensein einzelner Stoffe bzw. deren Konzentration lassen sich daher nur indirekt, d.h. mittels entsprechender Kalibration und statistischer Methoden gewinnen Grenzen der Methode Substanzen < 0.1 g/l können nicht mehr bestimmt werden kein Ersatz für HPLC Produktspezifische Kalibration nötig, d.h. jedes Produkt (Traubenmost, Wein etc.) benötigt eine eigene Kalibrierung / Referenzstandards
Beispiele FTIR-Spektroskopie-basierter Weinanalytik Vorteile Umfassende Qualitätsanalyse von Most- und Weininhaltsstoffen; z.b. zur Überwachung während der Gärung oder beim biologischen Säureabbau Informationen über die Beschaffenheit bzw. Veränderungen des Produkts Simultane Analyse von mehr als einem Dutzend unterschiedlicher Inhaltsstoffe/Parameter (z.b. Alkohol, Dichte, Extrakt, Glycerol, Gesamtphenol, Zucker, Gesamtsäure, Wein-, Äpfel- und Citronensäure, Gesamt-SO 2 ) Erstellung eines Fingerabdrucks zur Identitätskontrolle Umweltschonend (kein Anfall toxischer Chemikalien) Niedrige Verbrauchs- und Unterhaltskosten Praxistauglichkeit Kurze Analysenzeit (2-3 min) Hoher Probendurchsatz Minimale Probenvorbereitung Einfache Bedienung Nachteile Relativ hohe Investitionskosten Bestimmungsgrenze: ca. 0.1 g/l Keine Mineralstoffe messbar Indirekte Methode, produktabhängige Kalibrierung erforderlich
Weinfälschung z.b.: Falsche / Irreführende / Fehlende Angaben auf dem Etikett - Rebsorte, Herkunftsangabe, Qualität, etc. Umetikettierung ( aus billigem Wein wird teurer Wein ) Unerlaubter Einsatz von Zusatzstoffen Süßung Verwässerung
Fälle von unzulässigen Verfahren / Angaben Jahre Herkunft Festgestellte Manipulationen 1996-1997 Rumänien Süßung von Weinen mit Rübenzucker 1995 Griechenland Süßung von Likörweinen mit Rübenzucker 1998 Portugal Wässerung und Anreicherung 1999 Bayern Unzulässige Anreicherung eines Kabinettweins 2002/03 Kosovo Süßung mit Fremdzucker 2000-2002 Bulgarien Wasserzusatz, Unzulässig hohe Anreicherungen, Süßungen mit intelligenten Zuckermischungen Glycerinzusatz 2000-2005 Italien Wasserzusatz, unzulässige Anreicherung mit Rübenzucker, falsche Herkunfts-/ Jahrgangsangaben 2003 Österreich Wasserzusatz bzw. falsche Jahrgangsangabe bei Grünem Veltliner 2005/2006 Moldawien, Wasserzusatz, Süßung mit Rübenzucker, Georgien unzulässige Anreicherung mit Rübenzucker Quelle: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Authentizität von Wein Authentizität von Wein bestimmt durch -Rebsorte - Herstellung / Produktionsverfahren -Herkunft - Jahrgang - Qualitätsstufe -etc. Parameter für die chemische Authentizitätsprüfung von Wein - Wasser - Alkohol -Zucker -Säuren - Aromastoffe Grenzen klassischer nass-chemischer Analyseverfahren Bestimmung von Isotopenverhältnissen mittels Stabilisotopenanalytik
Stabilisotopenanalytik Isotop Häufigkeit [%] Halbwertszeit 1 H 99.985 stabil 2 H 0.015 stabil 3 H 12.33a 7 H 2.4x10-23 s 15 O 122s 16 O 99.76 stabil 17 O 0.04 stabil 18 O 0.20 stabil 26 O 40ns 11 C 20.4min 12 C 99.90 stabil 13 C 1.10 stabil 22 C 6.1ms
2 H-Kernresonanzspektroskopie ( 2 H-NMR) Site-specific Natural Isotope Fractionation Nuclear Magnetic Resonance (SNIF-NMR) 2H-Kernresonanzspektrum für Ethanol Nachweis einer Zuckerzugabe
Nachweis von Fremdzucker mittels 2 H-NMR - Spezifische Verteilung des Deuteriums (D) aus dem Zucker und Wasser des Traubenmostes auf die entsprechenden Positionen des Ethanolmoleküls durch die Hefe (D/H)1 = (D/H)2 = CDH 2 -CH 2 -OH CH 3 -CDH-OH (D in der Methylgruppe) (D in der Methylengruppe) - (D/H)1 kennzeichnet vor allem die Pflanzenart (Alkoholrohstoff) (D/H)1 EtOH aus Rübenzucker < (D/H)1 EtOH aus Wein < (D/H)1 EtOH aus Rohrzucker Mischungen aus Rüben- und Rohrzucker durch δ 13 C-Werte feststellbar (C 3, C 4 -Pflanzen) - (D/H)2 kennzeichnet vor allem klimatische Verhältnisse (Anbauort, Art des Regenwassers bzw. Gärwassers)
Nachweis von Fremdzucker mittels 2 H-NMR
Nachweis von Fremdzucker mittels 2 H-NMR Quelle: Landwirtschaftliches Zentralamt Direktion für Weinqualifikation, Ungarn
Massenspektrometrische Isotopenverhältnisanalyse Isotope-Ratio Mass Spectrometry (IRMS) - Überführung der Probe in einfache Gase (H 2, N 2, CO, CO 2 ) durch Pyrolyse CO 2 -Messung - Gaschromatographie Probe Pyrolyse GC Nachweis eines Wasserzusatzes
Nachweis eines Wasserzusatzes in Wein durch IRMS - Relativ zum Regen- und Grundwasser Anreicherung schwerer Isotope (z.b. 18 O, 2 H) in Weintrauben durch Verdunstungsvorgänge - Zusatz von Leitungswasser zu Wein bedingt eine Erniedrigung des ursprünglichen relativ hohen Gehaltes an schweren Isotopen - Bestimmung des Isotopenverhältnisses von Sauerstoff in Wasser durch geographische Herkunft [Wasser in hoch gelegenen und vom Meer weit entfernten Gebieten besitzt weniger schwere Sauerstoff- (und Wasserstoff-) Isotope] - (V)SMOW = Vienna Standard Mean Ocean Water (Internationale Atomenergie Organisation) (D/H)1
Zusammenfassung Stabilisotopenanalytik - (D/H)1 Alkohol Art des Rohstoffs, Zuckers - (D/H)2 Alkohol Herkunft, Jahrgang, Wasser - 18 O/ 16 O Wasser Herkunft, Jahrgang, Wasser - 2 H/ 1 H Wasser Herkunft, Jahrgang, Wasser - 13 C/ 12 C Zucker Rohstoff Vergleich zu Datenbanken authentischer Weine nötig! - Amtliche EU-Weindatenbank - Untersuchung von ca. 1500 Proben aus Weinanbaugebieten - Jährlich 200 Proben aus Deutschland mittels 2 H-NMR und 18 O-IRMS