Aktuelles - Ausgabe OKTOBER 2009

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Transkript:

Oktober 2009 Seite: 1 Aktuelles - Ausgabe OKTOBER 2009 Themen dieser Ausgabe BAG, Beschluss vom 21.07.2009 1 BA 42/08 Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Einrichtung einer Beschwerdestelle nach AGG BAG, Urteil vom 25.06.2009 8 AZR 258/08 Betriebsübergang Ausgliederung eines Callcenters BAG, Urteil vom 28.05.2009 8 AZR 536/08 BAG, Urteil vom 06.05.2009-10 AZR 390/08 - Keine Inhaltskontrolle bei Inbezugnahme eines in sich geschlossenen Abschnitts eines Tarifvertrages BAG, Urteil vom 26.03.2009 2 AZR 296/07 Nachträgliche Namensliste zeitlicher Zusammenhang BAG, Beschluss vom 10.03.2009 1 ABR 87/07 Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Vorlage standardisierter Verschwiegenheitserklärungen am Arbeitnehmer LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.03.2009 12 Sa 2468/08 Betriebsbedingte Kündigung, Weiterbeschäftigungs möglichkeit auf einem mit einem Leiharbeitnehmer besetzen Arbeitsplatz BAG, Urteil vom 19.02.2009 2 AZR 603/07 Eine formell unwirksame Abmahnung kann die für eine spätere Kündigung erforderliche Warnfunktion erfüllen

Oktober 2009 Seite: 2 BAG, Beschluss vom 21.07.2009 1 BA 42/08 Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Einrichtung einer Beschwerdestelle nach AGG Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Frage, wo der Arbeitgeber die Beschwerdestelle einrichtet, bei der ein Arbeitnehmer nach 13 Abs. 1 Nr. 1 AGG sein Beschwerderecht wahrnehmen kann und mit welchen Personen er diese Beschwerdestelle besetzt, unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Mit der Entscheidung, welche Stelle im Unternehmen für die Entgegennahme von Beschwerden zuständig sein soll, vollziehe der Arbeitgeber lediglich die ihm nach 13 Abs. 1 AGG obliegenden gesetzlichen Pflichten. Es besteht deshalb kein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber für mehrere Betriebe des Unternehmens eine einheitliche Beschwerdestelle bestimmt. Allerdings besteht das Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens. Insoweit hat der Betriebsrat auch ein Initiativrecht und kann die Einführung eines Beschwerdeverfahrens und eine entsprechende Verfahrensregelung verlangen.

Oktober 2009 Seite: 3 BAG, Urteil vom 25.06.2009 8 AZR 258/08 Betriebsübergang Ausgliederung eines Callcenters Übernimmt ein neu gegründetes Unternehmen die Aufgaben eines bisher für einen Konzern tätigen Callcenters, so kann auch dann ein Betriebsübergang vorliegen, wenn das neue Unternehmen wesentlich erweiterte und komplexere Callcenter-Dienstleistungen anbietet. Voraussetzung für den Betriebsübergang in diesem Fall ist, dass ein nach Zahl und Sachgrund wesentlicher Teil des Personals übernommen wird. Das gilt auch dann, wenn die übernommenen Mitarbeiter, aufbauend auf ihren bisherigen Fähigkeiten und Kenntnissen, noch zusätzlich geschult werden müssen, um die neuen Arbeitsaufgaben erledigen zu können. Das BAG hat den Betriebsübergang bejaht, weil für den Betrieb des Callcenters die Tätigkeit der Mitarbeiter und nicht die sächlichen Betriebsmittel für die wirtschaftliche Wertschöpfung im Vordergrund standen. Der neue Betreiber des Callcenters habe einen nach Zahl und Sachgrund wesentlichen Teil des Personals übernommen. Das Erfordernis der Sachgründe sei auch dann erfüllt, wenn die übernommenen Mitarbeiter aufbauend auf dem bereits vorhandenen Wissen und Können noch weiter geschult werden müssen, um die schwierigeren und komplexeren neuen Aufgaben bei dem Betriebsübernehmer erbringen zu können.

Oktober 2009 Seite: 4 BAG, Urteil vom 28.05.2009 8 AZR 536/08 Der Träger eines Gymnasiums darf bei der Besetzung einer Betreuerstelle für das von ihm betriebene Mädcheninternat die Bewerberauswahl auf Frauen beschränken, wenn die Tätigkeit auch Nachtdienst im Internat beinhalten soll. Das BAG hält in diesem Fall die unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts für zulässig. Für die Tätigkeit in einem Mädcheninternat, die auch mit Nachtdiensten verbunden sei, stelle das weibliche Geschlecht der Stelleninhaberin eine wesentliche und entscheidende Anforderung i.s.d. 8 Abs. 1 AGG dar, die eine geschlechtsspezifische Differenzierung rechtfertige. Dem Arbeitgeber stehe es dabei grundsätzlich frei festzulegen, welche Arbeiten auf einen zu besetzenden Arbeitsplatz zu erbringen sind. Das BAG hatte bisher eine geschlechtsbezogene Differenzierung am Merkmal der unverzichtbaren Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit i.s.v. 611 a Abs. 1 Satz 2 BGB geprüft. Unverzichtbarkeit im engeren Sinne liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer die Erfüllung der geschlechtsneutral formulierten Arbeitsaufgabe tatsächlich und rechtlich unmöglich ist. Kann ein Mitarbeiter aufgrund seines Geschlechts die Arbeitsleistung zwar erbringen, jedoch schlechter als andere Arbeitnehmer des anderen Geschlechts und beruht dieser Qualifikationsnachteil auf biologischen Gründen (z.b. Körperkräfte), wurde Unverzichtbarkeit im weiteren Sinne angenommen.

Oktober 2009 Seite: 5 BAG, Urteil vom 06.05.2009-10 AZR 390/08 - Keine Inhaltskontrolle bei Inbezugnahme eines in sich geschlossenen Abschnitts eines Tarifvertrages Im Gegensatz zu Tarifverträgen unterliegen Arbeitsverträge der Inhaltskontrolle gemäß 307 BGB. Ausschlussfristen, die kürzer als drei Monate bemessen sind, können deshalb in einem Formulararbeitsvertrag regelmäßig nicht vereinbart werden. Das BAG sieht darin eine unangemessene Benachteiligung. Ausschlussfristen, die aufgrund eines Tarifvertrages zur Anwendung kommen, sind dagegen grundsätzlich zulässig. Nach 310 Abs. 4 BGB sind Tarifverträge von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Bisher unbestritten konnten deshalb Ausschlussfristen durch Inbezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrages wirksam vereinbart werden. Voraussetzung war allerdings, dass der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag auf den gesamten Tarifvertrag verwies und nicht einzelne Regelungen herauspickte. Das BAG hat nun entschieden, dass durch die Inbezugnahme eines in sich abgeschlossenen Teils eines einschlägigen Tarifvertrages im Arbeitsvertrag die Regelung über die Ausschlussfrist der Inhaltskontrolle nach 307 BGB ebenso entzogen werden kann wie bei Inbezugnahme des ganzen Tarifvertrages.

Oktober 2009 Seite: 6 BAG, Urteil vom 26.03.2009 2 AZR 296/07 Nachträgliche Namensliste zeitlicher Zusammenhang In eine Namensliste eines Interessenausgleichs nach 1 Abs. 5 KSchG dürfen ausschließlich Arbeitnehmer aufgenommen werden, die aus Sicht der Betriebsparteien aufgrund der dem Interessenausgleich zugrunde liegenden Betriebsänderungen zu kündigen sind. Auch eine sechs Wochen nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs zustande gekommene Namensliste, die nicht alle zu kündigenden Arbeitnehmer abschließend benennt, erfüllt die Voraussetzungen einer Namensliste nach 1 Abs. 5 KSchG. Die Betriebsparteien dürfen aber ihr Bestreben, nach Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen noch eine Namensliste erstellen zu wollen, nicht aufgegeben haben. Mit dieser Entscheidung stellt das BAG klar, dass ein vereinbarter Interessenausgleich auch noch nach seinem Abschluss zeitnah um eine Namensliste ergänzt werden kann. 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG, wonach sich Interessenausgleich und Namensliste als einheitliche Urkunde darstellen müssen, stehe dem nicht entgegen. Dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat sind mit dieser Entscheidung in formaler und zeitlicher Hinsicht etwas mehr Spielraum beim Zustandekommen der Namensliste zugestanden worden. Die Namensliste ist für die Chancen der Anfechtung einer betriebsbedingten Kündigung nach Betriebsänderung von entscheidender Bedeutung. Die Kündigung eines auf der Namensliste bezeichneten Arbeitnehmers wird als betriebsbedingt vermutet. Die Vermutung umfasst die Frage der Vergleichbarkeit der in eine Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer, die Frage der anzuwendenden Auswahlkriterien sowie die Gewich-

Oktober 2009 Seite: 7 tung dieser zueinander und auch die Herausnahme bestimmter Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl nach 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG wegen deren Weiterbeschäftigungsbedarf im betrieblichen Interesse.

Oktober 2009 Seite: 8 BAG, Beschluss vom 10.03.2009 1 ABR 87/07 Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Vorlage standardisierter Verschwiegenheitserklärungen am Arbeitnehmer Verschwiegenheitserklärungen, die den Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zu Stillschweigen über bestimmte betriebliche und geschäftliche Vorgänge verpflichten, unterliegen nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates, wenn die Schweigepflicht das sogenannte Arbeitsverhalten betrifft oder gesetzlich geregelt ist. Mitbestimmungspflichtig sind dagegen nach BAG inhaltlich standardisierte Verschwiegenheitsverpflichtungen, wenn sie sich auf das sogenannte Ordnungsverhalten beziehen. Die Abgrenzung ist nicht immer leicht zu treffen. Das BAG versucht die zwischen Ordnungsverhalten und Arbeitsverhalten verlaufende Grenze durch ein Beispiel zu verdeutlichen. Ausschließlich das Ordnungsverhalten sei z.b. betroffen, wenn sich die Beschäftigen verpflichten sollen, untereinander nicht über die Durchführung von Torkontrollen zu sprechen. An diesem Beispiel lässt sich ablesen, dass der Begriff des Ordnungsverhaltens auf den Gegenstand der Verschwiegenheit bezogen wird. Betrifft der Gegenstand keine Ordnungsfrage, besteht kein Mitbestimmungsrech. Bei der Gestaltung von Verschwiegenheitserklärungen sollte daher darauf geachtet werden, dass Fragen der betrieblichen Ordnung nicht betroffen sind und ggf. einer gesonderten Regelung bedürfen.

Oktober 2009 Seite: 9 LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.03.2009 12 Sa 2468/08 Betriebsbedingte Kündigung, Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem mit einem Leiharbeitnehmer besetzen Arbeitsplatz Beschäftigt ein Arbeitgeber dauerhaft Leiharbeitnehmer, muss er zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung eines Stammarbeitnehmers zunächst den Einsatz des Leiharbeitnehmers beenden, soweit dieser auf einem für die Stammarbeitskraft geeigneten Arbeitsplatz beschäftigt wird, bevor er einen Stammarbeitnehmer kündigen kann. Der ständige Einsatz eines Leiharbeitnehmers auf einem Arbeitsplatz des Betriebes rechtfertigt nach Auffassung des LAG die Annahme, dass für den Arbeitgeber die Möglichkeit besteht, einen zu kündigenden Arbeitnehmer auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen, sodass die Kündigung nach 1 Abs. 1 und 2 KSchG wegen einer bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht gerechtfertigt sei. Vor dem Hintergrund, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit unternehmens- und nicht nur betriebsbezogen zu prüfen ist, ergibt sich aus diesem Begründungsansatz ein ganz erhebliches Kündigungshindernis. Arbeitgeber, die neben ihrer Stammbelegschaft aus Flexibilitätsgründen auch Leiharbeitnehmer einsetzen, sind nach dieser Entscheidung gezwungen, die Leiharbeit vor der Kündigung zu beenden.

Oktober 2009 Seite: 10 BAG, Urteil vom 19.02.2009 2 AZR 603/07 Eine formell unwirksame Abmahnung kann die für eine spätere Kündigung erforderliche Warnfunktion erfüllen.t Für die Erfüllung der Warnfunktion einer Abmahnung komme es auf die sachliche Berechtigung der Abmahnung an. Der Arbeitnehmer müsse auch aus der formell unwirksamen aber materiell berechtigten Abmahnung den Hinweis entnehmen können, der Arbeitgeber erwäge für den Wiederholungsfall die Kündigung. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist der Arbeitgeber unabhängig von formellen Unvollkommenheiten der Abmahnung gewarnt und er kann dem Arbeitgeber im Falle der Kündigung nicht entgegenhalten, die Abmahnung sei formell rechtsfehlerhaft. Aus der formellen Unwirksamkeit kann ein Arbeitnehmer nicht entnehmen, der Arbeitgeber billige das abgemahnte Verhalten. Dem Arbeitnehmer sei auch durch die formunwirksame Abmahnung bewusst, dass sein Verhalten beanstandet wurde und im Wiederholungsfalle zur Kündigung führen könne. In dem entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung geklagt, die er wegen verspätet vorgelegter Abrechnungen erhalten hatte. Die Klage hatte Erfolg und der Arbeitgeber wurde verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen, weil es der Arbeitgeber versäumt hatte, den Arbeitnehmer nach Maßgabe des einschlägigen Tarifvertrages vorher anzuhören. Trotz dieses formalen Mangels war der Arbeitgeber nicht gehindert, nach einem Wiederholungsfall die verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. Die Warnfunktion der Abmahnung sei durch den formalen Fehler nicht berührt worden. Das BAG hat es gebilligt, dass der Arbeitgeber sich auf außerhalb der Personalakte dokumentierte Vorgänge berufen konnte, obwohl die Personalakte diese Informationen nicht enthalten durfte!

Oktober 2009 Seite: 11 Impressum: Der THOMSEN RECHTSANWÄLTE Newsletter ist ein kostenloser Service. Die Verfasser übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit der übermittelten Informationen. Bitte beachten Sie, dass diese Informationen eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen können. Herausgeber: THOMSEN RECHTSANWÄLTE Stabelstr. 10 76133 Karlsruhe Ansprechpartner (ViSdP): Rechtsanwalt Klaus Thomas Thomsen