Offshore Streitigkeiten Dr. Daniel Dehenn Bird & Bird LLP 1. März 2018, Warnemünde
Der gestörte Bauablauf Präventive Maßnahmen gegen Ansprüche auf Zeitverlängerung und Mehrkosten aus Sicht des Auftraggebers
Übersicht A. Der gestörte Bauablauf 1. Begriff des gestörten Bauablaufs 2. Gründe des gestörten Bauablaufs aus der Sphäre des AG 3. Rechtsfolgen des gestörten Bauablaufs - Überblick 4. Rechtsfolgen des gestörten Bauablaufs - für den AG B. Präventive Maßnahmen des AG gegen Bauzeitverlängerung und Mehrkosten 1. Vertragsgestaltung 2. Projektdurchführung Seite 3
A. Der gestörte Bauablauf
A. Der gestörte Bauablauf 1. Begriff des gestörten Bauablaufs Ein gestörter Bauablauf liegt vor, wenn aus nachträglich auftretenden oder bekannt werdenden Gründen der kalkulierte und vertraglich vereinbarte Bauablaufplan nicht eingehalten werden kann und tatsächliche Bauzeitverlängerungen auftreten. Seite 5
A. Der gestörte Bauablauf 2. Gründe des gestörten Bauablaufs aus der Sphäre des AG Verwirklichung des Baugrundrisikos. Verspätete Mitwirkungshandlungen des AG. Verspätete Beistellungen. Vom AG angeforderte Leistungsänderungen/Zusatzleistungen. Verspätete Erteilung der Baugenehmigung (sofern Erteilung nach Vertragsschluss) bzw. nachträgliche Änderungen der Baugenehmigung. Offshore Wetterrisiko bzw. extreme klimatische Bedingungen. Seite 6
A. Der gestörte Bauablauf 3. Rechtsfolgen des gestörten Bauablaufs - Überblick Sind die Gründe des gestörten Bauablaufs dem AN zurechenbar, gerät dieser in Schuldnerverzug bzw. muss Beschleunigungsmaßnahmen ergreifen, um den Terminplan einzuhalten. Sind die Gründe dem AG zurechenbar, hat der AN Ansprüche auf Bauzeitverlängerung oder Ansprüche auf Erstattung seiner Mehrkosten und ist nicht verpflichtet, Beschleunigungsmaßnahmen zu ergreifen, um den Terminplan einzuhalten. Seite 7
A. Der gestörte Bauablauf 4. Risiken des gestörten Bauablaufs - für den AG Verlängerung der Ausführungsfristen. Zusätzliche Zahlungsansprüche des AN. Ø Nachtragsansprüche, z.b. 650b, 650c BGB Ø Entschädigungsansprüche, z.b. 642 BGB Ø Schadensersatzansprüche, z.b. 642 BGB, 6 Nr. 6 VOB/B Grundsätzlich Entfall der Vertragsstrafe bei Verlängerung der Ausführungsfristen und/oder durchgreifender Neuordnung des Bauablaufs (BGH, NJW 1966, 971). Seite 8
B. Präventive Maßnahmen des AG gegen Bauzeitverlängerung und Mehrkosten Vertragsgestaltung
B. Präventive Maßnahmen des AG 1. Vertragsgestaltung Überblick Klare Definition des Leitungspflichten des AN und der Mitwirkungshandlungen des AG. Vertragliche Übernahme von Risiken durch den AN. Verbindliche Verfahrensregelungen bei Behinderungen und Leistungsänderungen. Einräumung eines Anordnungsrechts des AG auf Beschleunigung. Pflicht des AN zur Erstellung und Fortschreibung eines Bauzeitenplans innerhalb bestimmter Fristen. Übertragung der Vertragsstrafe auf möglicherweise geänderte Fristen und Abbedingung des Grundsatzes der durchgreifenden Neuordnung des Bauablaufs. Seite 10
B. Präventive Maßnahmen des AG 2. Vertragsgestaltung Leistungspflichten/Mitwirkungshandlung (I) Klare Definition des Leistungsumfanges des AN/ Leistungsbeschreibung Zuweisung der Risikoübernahme durch Leistungsumfang des AN Ø Bei Pauschalvertrag droht 313 BGB bei erheblichen Abweichungen von der geschuldeten Leistung Ø Parteien können auch vereinbaren, dass AN Mehrleistungen ohne Anspruch auf Mehrvergütung erbringen muss Seite 11
B. Präventive Maßnahmen des AG 3. Vertragsgestaltung Leistungspflichten/Mitwirkungshandlung (II) Klarheit über die terminliche Planung bei allen Beteiligten Vereinbarung auskömmlicher Ausführungsfristen Vereinbarung des Ausführungsbeginns Bauablauf und Einzelfristen (Bauzeitenplan) Fertigstellungstermin Seite 12
B. Präventive Maßnahmen des AG 4. Vertragsgestaltung Übernahme von Risiken durch den AN Beispiel: Übernahme des Baugrundrisikos Ø Ø Ø Ø Grundsatz: AG trägt Baugrundrisiko, denn Baugrund ist von AG zu stellender Baustoff. Baugrundrisiko ist wesentliches Risiko, daher ist eine Risikoverteilung von großer Bedeutung. Baugrundrisiko kann vertraglich (teilweise) auf AN übertragen werden (BGH, IBR 2008, 312). Empfehlung: Ansprüche auf Bauzeitverlängerung und Kostenersatz bestehen nur, wenn physische Hindernisse des Baugrundes für AN unvorhersehbar waren und der AN die Behinderung schriftlich angezeigt hat. Wichtig: Risikoübernahmen durch den AN haben Verzichtscharakter, deshalb sind an deren vertragliche Wirksamkeit hohe Anforderungen zu stellen. Seite 13
B. Präventive Maßnahmen des AG 5. Vertragsgestaltung Verbindliche Verfahrensregelung Pflicht des AN die maßgeblichen Umstände innerhalb einer bestimmten Frist anzuzeigen, zu begründen und die Folgen der Verzögerung aufzuzeigen (echte Ausschlussfrist). Pflicht des AN zur Übermittlung der nach dem Vertrag erforderlichen Anzeigen und die für den geltend gemachten Ansprüche relevante Informationen. Innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist hat der AN vollständig dem Grunde und der Höhe nach zu ermitteln. Seite 14
B. Präventive Maßnahmen des AG 6. Vertragsgestaltung Anordnungsrecht auf Beschleunigung Grundsatz: Beschleunigungsmaßnahmen muss AN nur durchführen, wenn er die hindernden Umstände zu vertreten hat. Dem AG steht weder nach BGB noch nach VOB/B ein zeitliches Anordnungsrecht bei Verzögerungen zu (OLG Köln, BauR 2015, 2043). Empfehlung: Zeitliches Anordnungsrecht des AG in den Vertrag ausdrücklich aufnehmen. Ø Ø Bereits für den Fall, dass der tatsächlich erzielte Baufortschritt hinter dem aus dem aktuell vorliegenden Bauzeitenplan zurückbleibt. Bei Verzögerungen, die keinen Bauzeitverlängerungsanspruch des AN begründen, besteht die Pflicht des AN zur Vorlage eines neuen Bauablauf- und Bauzeitenplan unter Angabe der beabsichtigten Beschleunigungen. Seite 15
B. Präventive Maßnahmen des AG 7. Vertragsgestaltung Bauzeitenplan Grundsatz: Bei BGB und VOB/B-Verträgen i.d.r legt AN bei Streitigkeiten erst am Ende des Bauvorhabens einen störungsmodifizierten Bauzeitenplan vor. Empfehlung: Aufnahme einer vertraglichen Pflicht des AN, einen Bauzeitenplan zu erstellen und diesen innerhalb einer bestimmten Frist nach Vertragsschluss an den AG zu übergeben sowie Pflicht zur Anpassung. Recht des AG nach stets angepassten Bauzeitenplan verlangen zu können. Vorteil: Streitige Auseinandersetzung findet in der Bauphase statt. Seite 16
B. Präventive Maßnahmen des AG 8. Vertragsgestaltung Vertragsstrafe und Neuordnung Bauablauf Übertragung der Vertragsstrafe auf geänderte Fristen und Abbedingung des Grundsatzes der durchgreifenden Neuordnung des Bauablaufs. Grundsatz: Entfall der Vertragsstrafe bei Verlängerung der Ausführungsfristen und/oder durchgreifender Neuordnung des Bauablaufs (BGH, NJW 1966, 971). Empfehlung: Räumliche Trennung von Vertragsstrafe und Fristen. Regelung zur Fortgeltung der Vertragsstrafe auch auf sämtliche Fälle der Verschiebung von Fristen. Bei einvernehmlicher Fristverlängerung, ausdrücklich die Fortgeltung der Vertragsstrafe vereinbaren. Abbedingung der durchgreifenden Neuordnung des Bauablaufs. Seite 17
B. Präventive Maßnahmen des AG gegen Bauzeitverlängerung und Mehrkosten Projektdurchführung
B. Präventive Maßnahmen des AG 1. Projektdurchführung Überblick Zeitnahes Claim Management Dokumentation der Bauablaufstörungen In Verzug setzen des AN durch Mahnung Seite 19
B. Präventive Maßnahmen des AG 2. Projektdurchführung Zeitnahes Claim Management Grundsatz: Dokumentation der Bauablaufstörung durch: Bautageberichte Besprechungsprotokolle Behinderungsanzeigen Fotodokumentation Ist-Ablaufplan Seite 20
B. Präventive Maßnahmen des AG 3. Projektdurchführung Dokumentation der Bauablaufstörungen Grundsatz: Ohne ausreichende Dokumentation keine Durchsetzung von Ansprüchen des AN. Inhaltliche Gliederung einer aussagefähigen Dokumentation: Darstellung der Situation Auswirkung der Behinderung Welche Folgen ergeben sich daraus für den weiteren Bauablauf? Dauer der Behinderung Nachweisbegründende Unterlagen Fortschreibung des Soll-Bauablaufs unter Beachtung des Ist- Bauablaufplans. Seite 21
B. Präventive Maßnahmen des AG 4. Projektdurchführung In Verzug setzen des AN (Mahnung) Verschiebung von Ausführungsfristen hat zur Folge, dass Leistungen des AN nicht mehr zu ursprünglichen Fristen fällig werden. AN gerät mit Überschreitung der ursprünglichen Fristen nicht in Verzug, die Vertragsstrafe wird nicht verwirkt. Neue Termine sind mitunter nicht mehr nach dem Kalender bestimmt, so dass es zum Verzug des AN einer Mahnung nach 286 Abs. 1 BGB bedarf. Seite 22
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