Practice Group Assekuranz. Booklet zum Thema Verjährung



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Transkript:

Practice Group Assekuranz Booklet zum Thema Verjährung

Inhaltsverzeichnis Die Verjährung in der Schweiz... 3 Die Verjährung in Österreich... 6 Die Verjährung in Frankreich... 9 Die Verjährung in Deutschland... 13 Die Verjährung in Belgien... 16 Die Verjährung in den Niederlanden... 19 Die Verjährung in Dänemark... 22 Die Verjährung in Portugal... 26 Die Verjährung in Italien... 30 Die Verjährung in Ungarn... 33 Die Verjährung in Spanien...36 Die Verjährung in Polen...41 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 1 von 44

Practice Group Assekuranz Die Practice Group Assekuranz gehört dem europaweit arbeitenden Kanzleinetzwerk DIRO an, welches den Kontakt sowie den Austausch von Fachwissen mit nationalen und internationalen Kanzleien gewährleistet. Innerhalb des DIRO-Netzwerkes haben sich sieben Arbeitsgruppen herausgebildet, darunter auch die Practice Group Assekuranz, die den Austausch von Know-How und die Erstellung von Konzepten zur Beratungsverbesserung zum Ziel haben. Die Practice Group Assekuranz richtet sich im Speziellen an die Versicherungswirtschaft und bietet den Unternehmen fachliche Unterstützung an. Kanzleien, die dieser Fachgruppe angehören, verstehen sich als ausgewiesene Vertreter der Versicherungsbranche und können dadurch ihre Expertise vernetzt der Assekuranz zur Verfügung stellen. Die versicherungsrechtliche Fachkenntnis der Anwälte wird belegt etwa durch Fachanwaltstitel, Referententätigkeit, Fachartikel und in jedem Fall langjähriger Vertretung von Versicherungsunternehmen. Die Practice Group arbeitet intern vernetzt und gewährleistet einen regelmäßigen Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch. Eine überdurchschnittliche Weiterbildung der Rechtsanwälte wird hierbei ebenso gefordert wie ein Optimum an Qualität bei der Kanzleiorganisation und -ausstattung als auch bei der Mandatsbearbeitung. Alle DIRO-Mitglieder müssen hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden. Fast alle Kanzleien haben sich bereits nach DIN EN ISO 9001 zertifizieren lassen und sind somit Vorreiter unter den Kanzleien in Europa. Dieses Qualitätsmerkmal wird zudem regelmässig von unabhängigen Prüfern kontrolliert. Die vorliegende Broschüre thematisiert die Verjährung anhand verschiedener Länder und zeigt auf, wie die Rechtslage in diesen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird. Hamburg, den 25. Oktober 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 2 von 44

Die Verjährung in der Schweiz Systematik des Verjährungsrechts in der Schweiz Ziel und Zweck der Verjährung ist es, Rechtssicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig für Rechtsfrieden zu sorgen. Die Schweizerische Rechtsordnung enthält allerdings verschiedene Normen, die die Verjährung regeln. Insbesondere finden sich zahlreiche Bestimmungen von ganz allgemeiner Natur hinsichtlich diverser Verjährungsfragen (Dauer, Fristberechnung, Unterbrechung etc.). Daneben bestehen zahlreiche Spezialgesetze mit eigenen Verjährungsfristen. Vertraglich - Ausservertraglich Das Schweizerische Recht unterscheidet zwischen Verjährungsfristen für vertragliche und ausservertragliche Ansprüche. Beginn und Dauer der Verjährungsfristen sind unterschiedlich. Verjährung und Verwirkung Die schweizerische Rechtsordnung unterscheidet zwischen Verjährung und Verwirkung: Der Eintritt der Verjährung bewirkt, dass ein Anspruch zwar materiellrechtlich noch besteht. Bei der Geltendmachung der Forderung kann jedoch die Einrede der Verjährung erhoben werden. Der Richter darf die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen. Die Verwirkung hat den Untergang der Forderung ipso iure zur Folge und kann weder unterbrochen noch gehemmt werden. Auf entsprechenden Antrag bzw. Behauptung hin hat sie der Richter von Amtes wegen zu berücksichtigen. Im Gegensatz zur Verjährung ist eine verwirkte Forderung definitiv erloschen. Beginn und Dauer der Verjährungsfrist Der Beginn und die Dauer der Verjährungsfrist ist abhängig von der jeweiligen Anspruchsgrundlage. Das Schweizerische Recht kennt 1-, 2-, 5-, 10-jährige Verjährungsfristen. Bei ausservertraglichen Schadenersatzforderungen gilt es, in der Regel auch zwischen relativen und absoluten Fristen zu unterscheiden. Grundsätzlich beginnt die Verjährung mit der Fälligkeit der Forderung zu laufen. Ausservertragliche Schadenersatzforderungen beispielsweise, verjähren innert einem Jahr ab Kenntnis des Schadens (relative Frist) und innert zehn Jahren seit dem Zeitpunkt der schädigenden Handlung an gerechnet (absolute Frist; Art. 60 Abs. 1 OR). Das Bundesgesetz über den Strassenverkehr (SVG) bestimmt dagegen eine relative Frist von 2 Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Haftpflichtigen (Art. 83 Abs. 1 SVG). Längere strafrechtliche Verjährungsfristen Wird dagegen eine Forderung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, so gilt die strafrechtlich längere Verjährungsfrist auch für das Zivil- Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 3 von 44

recht. Das Schweizerische Strafrecht kennt 7-, 15-, 30-jährige Verjährungsfristen (Art. 97 Ziff. 1 lit a-c StGB). Einzelne Straftaten sind unverjährbar. Unterbrechung/Hemmung der Verjährungsfrist Der Unterbruch der Verjährung hat zur Folge, dass die Verjährung von neuem zu laufen beginnt. Unterbrechungshandlungen können sowohl durch den Schuldner als auch durch den Gläubiger vorgenommen werden. Mögliche Unterbrechungshandlungen (Art. 135 Abs. 1 OR): Gläubiger: - Schuldbetreibung, - Einleitung des Sühneverfahrens, - Klage/Einrede vor einem Gericht/Schiedsgericht, - Eingabe im Konkurs; Schuldner: - Forderungsanerkennung und sog. Verjährungseinredeverzichtserklärung. Mit der Inkraftsetzung der neuen einheitlichen Schweizerischen Zivilprozessordnung (CH-ZPO) kann ein Anspruch nicht mehr in einem laufenden Verfahren «unter der Hand des Richters» verjähren. Neu beginnt die Verjährung, die durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen worden ist gestützt auf Art. 138 Abs. 1 OR erst wieder zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz beendet ist. Die Rahmenbedingung von Treu und Glauben Dem Prinzip von Treu und Glauben (Art. 2 Abs. 1 ZGB) kommt im Zusammenhang mit dem Verjährungsrecht eine besondere Rolle im Rahmen der Schuldanerkennung zu. Als Anerkennung mit Unterbrechungswirkung gilt jedes Verhalten des Schuldners, das vom Gläubiger nach Treu und Glauben im Verkehr als Bestätigung seiner rechtlichen Verpflichtung aufgefasst werden darf. Die Anerkennung der grundsätzlichen Schuldpflicht genügt. Sie braucht sich nicht auf einen bestimmten Betrag zu beziehen. Ob eine Erklärung des Schuldners als Anerkennung zu deuten ist, die die Verjährung unterbricht, ist mit Blick auf den konkreten Einzelfall zu entscheiden. Die Schweizerische Verjährungsordnung unter dem Prüfstand bei sog. Asbestfällen Im vertraglichen Bereich beginnt die 10-jährige Verjährung mit dem pflichtwidrigen Verhalten an zu laufen und nicht erst mit dem Eintritt des Schadens. Im Bereich des ausservertraglichen Schadenersatzrechtes verjähren Forderungen binnen 10 Jahren seit dem Zeitpunkt der schädigenden Handlung an gerechnet absolut (Art. 60 Abs. 1 OR). Dies hat bei Krankheiten, deren Symptome wie im Fall von Asbest erst Jahre später - z.t. bis zu 40 Jahre - nach der Exponierung auftreten, zur Folge, dass die Verjährung des Schadenersatzanspruches eintritt, bevor die Krankheit ausgebrochen ist. Der eigentliche Schaden entsteht demnach erst nachdem der Schadenersatzanspruch bereits verjährt ist. Dies wird teilweise als stossend empfunden. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat jedoch mehrfach bekräftigt, dass diese gesetzliche Regelung im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit liege. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 4 von 44

Ausblick Am 31. August 2011 leitete der Bundesrat die Vernehmlassung zu einer Revision des Verjährungsrechts ein, welche im August 2012 abgeschlossen wurde. Daraufhin wurde das eidgenössische Justizund Polizeidepartement (EJPD) damit beauftragt, einen Gesetzestext zu formulieren, welcher dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet wird. Ziel der Revision des Verjährungsrechts im Privatrecht ist, die Fristen zu verlängern, damit auch Schadenersatzansprüche aus oben angesprochenen Spätschäden geltend gemacht werden können. Darüber hinaus soll im Interesse der Rechtssicherheit das gesamte Verjährungsrecht im Privatrecht vereinheitlicht werden. Barbara Klett, LL.M. Fachanwältin SAV Haftpflicht- und Versicherungsrecht barbara.klett@krlaw.ch www.krlaw.ch Luzern, Juni 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 5 von 44

Die Verjährung in Österreich Systematik des Verjährungsrechts in Österreich Verjährung bedeutet Verwirkung eines bestehenden Rechts durch Nichtausübung über einen bestimmten Zeitraum. Das Recht an sich erlischt aber nicht unbedingt, es verliert vielmehr die Klagbarkeit und wird zur Naturalobligation. In der österreichischen Rechtsordnung finden sich zahlreiche Normen, die Beginn, Dauer, Hemmung, Unterbrechung, Wirkung und Fristen der Verjährung bestimmen (v.a. im ABGB und in Sondergesetzen). Verschiedene Hoheitsrechte des Staates und die Familien- und Personenrechte sind von der Verjährung ausgeschlossen. Verjährung/Verschweigung/Verwirkung/Präklusion Verjährung: Verjährung bedeutet Rechtsverlust, wenn ein bestimmtes Recht über längere Zeit hinaus nicht ausgeübt wird. Im Prozess darf der Richter die Verjährung nicht von Amts wegen berücksichtigen, es bedarf einer entsprechenden Einrede des Beklagten. Ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede ist zulässig. Verschweigung: Die Verschweigung findet sich nur in Sonderbestimmungen (z.b. Nichtmelden bei Verlust einer Sache 392 ABGB über 3 Jahre). Der Berechtigte übt sein Recht nicht aus und widerspricht ihm bekannten Eingriffen in seine Rechte nicht, wodurch der Nichtberechtigte berechtigt wird. Verwirkung: Das österreichische Recht erkennt die Verwirkung nur in sehr eingeschränktem Maß an, nämlich dann, wenn im Verhalten des Berechtigten unter Berücksichtigung aller Umstände ein Verzicht auf das ihm zukommende Recht zu erblicken ist. Präklusion: Sofern Präklusion eintritt, bleibt nicht einmal mehr eine Naturalobligation bestehen. Eine scharfe Trennung zwischen Verjährung und Präklusion ist nicht möglich. Der Hauptunterschied zur Verjährung besteht darin, dass die Verjährung ein an sich unbefristetes Recht zum Erlöschen bringen soll, während die Präklusion die "Lebensdauer" eines Rechtes von vornherein begrenzt. Präklusivfristen werden nach herrschender Meinung von Amts wegen beachtet, eine Verlängerung der Fristen durch Vereinbarung ist möglich. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 6 von 44

Beginn und Dauer der Verjährungsfrist Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem das Recht erstmals hätte ausgeübt werden können ( 1478 ABGB). Unterschieden wird zwischen langer (allgemeiner) und kurzer Verjährungsfrist. Im Gegensatz zu 199 dbgb beginnt die Verjährungsfrist nach österreichischem Recht exakt mit dem fristauslösenden Ereignis und endet - auch unterjährig - mit Ablauf der Frist. Lange (allgemeine) Verjährungsfrist: Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt in der Regel 30 Jahre ( 1478 ABGB). Diese gilt immer, wenn keine Sondervorschriften bestehen. Die 30-jährige Verjährungsfrist gilt insbesondere auch für die Durchsetzbarkeit von Judikatschulden. Rechte juristischer Personen verjähren binnen 40 Jahren ( 1472 ABGB). Kurze Verjährungsfrist: Die kurze Verjährungsfrist beträgt in der Regel 3 Jahre und gilt insbesondere für regelmäßig wiederkehrende Einzelleistungen und Forderungen des täglichen Lebens ( 1486 ABGB). Hierzu gehören bspw. auch Forderungen des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer aus dem Versicherungsvertrag ( 12 VersVG). Verjährungsfristen bei Schadenersatzansprüchen: Deliktische und vertragliche Schadenersatzansprüche verjähren grundsätzlich binnen 3 Jahren ab Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und der Person des Schädigers. Dem Ersatzberechtigten müssen Schaden und Schädiger insoweit bekannt sein, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann. Dauerdelikte: Bei Dauerdelikten wird bei jeder neuen Schadenszufügung ab Kenntnisnahme eine neue, gesonderte Verjährungsfrist in Gang gesetzt. Deliktische Verjährungsfrist: Für Schadenersatzansprüche wegen gerichtlich strafbarer Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, beträgt die Verjährungsfrist gemäß 1489 ABGB gegenüber dem Täter 30 Jahre. Die Verjährungsfrist für bereicherungsrechtliche Ansprüche bestimmt sich nach der allgemeinen Verjährungsfrist und beträgt 30 Jahre. Abänderung der Verjährungsfrist durch Vereinbarung? 1502 ABGB schließt ausdrücklich die Vereinbarung einer längeren als der gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist sowie den Verzicht auf die Verjährung im Voraus aus. In der Praxis sind derartige Vereinbarungen aber durchaus üblich und zieht bspw. der Einwand der Verjäh- Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 7 von 44

rung trotz abgegebenem Verjährungsverzicht die Berufung auf Arglist bzw. ein Vorgehen wider Treu und Glauben nach sich, welcher von der Rechtsprechung auch berücksichtigt wird. Eine vertragliche Verlängerung der Verjährungsfristen ist zulässig, wenn dies in den Sondergesetzen vorgesehen ist. Eine vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist ist innerhalb der allgemeinen Grenzen der Sittenwidrigkeit zulässig. Unterbrechung und Hemmung der Verjährungsfrist Hemmung: Das Vorliegen eines Hemmungsgrundes hindert entweder das Weiterlaufen (Fortlaufhemmung) oder den Ablauf (Ablaufhemmung) der Verjährungsfrist. Fortlaufhemmung: Hierbei ruht die Verjährung während der Dauer des Hemmungsgrundes, nach Wegfall des Hemmungsgrundes läuft die vor Eintreten des Hemmungsgrundes begonnene Verjährung weiter (z.b. Mediationsgespräche, Stundung des Anspruches, Anmeldung von Ansprüchen beim Versicherer). Ablaufhemmung: Hierbei hindert das Vorliegen eines derartigen Hemmungsgrundes den Ablauf der Verjährung (z.b. Vergleichsverhandlungen, bestrittene Insolvenzforderungen bis zum Ablauf der Klagsfrist). Unterbrechung: Die Verjährungsfrist wird durch einen Unterbrechungsgrund (Anerkennung durch Verpflichteten oder Geltendmachung des Rechtes durch Klage) unterbrochen und beginnt nach Wegfall dieses Grundes neu. Wirkung der Verjährung Die Verjährung wird nicht von Amts wegen beachtet ( 1501 ABGB), sondern muss im Prozess eingewendet werden. Trotz eingetretener Verjährung verbleibt eine Naturalobligation, also ein nicht klagbarer Anspruch bestehen, der wirksam erfüllt werden kann. Dr. Fabian Höss Rechtsanwalt und Partner hoess@kanzlei-tirol.at Mag. Harald Lajlar Rechtsanwalt und Partner lajlar@kanzlei-tirol.at www.kanzlei-tirol.at Innsbruck, Juni 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 8 von 44

Die Verjährung in Frankreich Umfassende Reform der Verjährung im französischen Recht im Jahr 2008 Durch das Gesetz vom 17. Juni 2008 wurde das französische Verjährungsrecht zur Vereinheitlichung und Kürzung der Fristen tief greifend verändert. Die Verjährung ist einer der Modi durch den ein Recht erlöschen kann. Die Verjährung bewirkt nicht von Amts wegen das Erlöschen des Rechts, sondern erfordert die Einrede der Verjährung. Regelmäßige Verjährungsfrist von 5 Jahren "Die Forderungsrechte und Rechte bezüglich beweglicher Güter verjähren mit dem Ablauf von fünf Jahren ab dem Moment, an dem der Anspruchsberechtigte von dem den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen" (Art. 2224 des franz. BGB - Code Civil). Diese Fünfjahresfrist muss seine Anwendung finden, es sei denn, es liegen ausdrücklich andere Regelungen vor. Diese Frist gilt für alle Verpflichtungen, ungeachtet dessen, ob sie vertraglichen, deliktischen, oder außervertraglichen Ursprungs sind und ob sie unter das Bürgerliche oder Kaufmännische Recht fallen oder beides (Art. L. 110-4 I des franz. Handelsgesetzbuch - Code de Commerce). Weitere Fristen Der Gesetzgeber hat zahlreiche Ausnahmen von der Fünfjahresregelung eingeführt bzw. beibehalten: Einige kürzere Verjährungsfristen: Bei Produkthaftung beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, ab dem Moment, an dem der Anspruchsberechtigte Kenntnis des Schadens, des Mangels und der Identität des Herstellers hatte oder hätte haben müssen (Art. 1386-17 des franz. BGB Code Civil); Gewährleistungsansprüche bei verdeckten Mängeln unterliegen einer zweijährigen Verjährungsfrist, die mit der Entdeckung des Mangels zu laufen beginnt (Art. 1648 des franz. BGB Code Civil); Im Verbraucherrecht verjähren Ansprüche von Unternehmern bei Gütern und Dienstleistungen, die sie an Verbraucher liefern, mit Ablauf von zwei Jahren (Art. L 137-2 des franz. Verbrauchsrecht - Code de la Consommation); Verpflichtungen, die aus einem Transportvertrag hervorgehen, verjähren mit Ablauf von einem Jahr (Art. 133-6 des franz. Handelsgesetzbuch - Code de Commerce); Im Versicherungsrecht beläuft sich die Verjährungsfrist auf zwei Jahre ab dem Moment, an dem der AnspruchsteIler von der rechtsbegründenden Ursache Kenntnis hat (Art. L 114-1 des franz. Versicherungsrecht - Code des Assurances). Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 9 von 44

Einige längere Verjährungsfristen: Im Interesse der (direkten ebenso wie indirekten) Opfer, verjähren Schadenersatzansprüche bei Körperschäden mit Ablauf von 10 Jahren, ab dem Moment der Konsolidierung des Schadens, d.h. wenn sich der Schaden oder seine Verschlimmerung gezeigt haben (Art. 2226, al. I des franz. BGB - Code Civil) und nach 20 Jahren bei Schäden verursacht durch Folter oder Barbarei, oder Übergriffe oder Gewalttaten gegen Minderjährige (Art. 2226, al. 2 des franz. BGB Code Civil); Haftungsklagen bei Baumängeln verjähren mit Ablauf von 10 Jahren ab der Werksabnahme (Art. 1792-4-1 des franz. BGB - Code Civil); Ein Gerichtsurteil kann innerhalb von 10 Jahren ab der Urteilsverkündung vollstreckt werden (Gesetz Nr. 91-650 vom 09.07.1991); Die Zahlungsverpflichtungen zur Wiedergutmachung bei Umweltschäden verjähren mit Ablauf von 30 Jahren, ab dem den Schaden verursachenden Ereignis (Art. L. 152-1 des franz. Umweltgesetz - Code de I'Environnement); Das Eigentumsrecht ist unverjährbar. Unter diesem Vorbehalt, verjähren Klagen in Immobiliarsachen mit Ablauf von 30 Jahren, ab dem Zeitpunkt an dem der Anspruchsberechtigte von den, den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (Art. 2227 des franz. BGB Code Civil); Zivilklage vor dem Strafgericht Diese Klage verjährt mit der Verjährungsfrist des strafrechtlichen Hauptanspruches, d.h. mit Ablauf einer Zehn-, Drei- oder Einjahresfrist, je nachdem, ob es sich bei der Zuwiderhandlung um ein Verbrechen, ein Vergehen oder eine Ordnungswidrigkeit handelt (Art. 7 bis 9 des franz. Strafverfahrensrecht - Code de Procédure Pénale). Fristberechnung Die Verjährungsfrist wird berechnet in Kalendertagen (d.h. einschließlich Ferientagen und anderen Ruhetagen) die von Null Uhr bis Mitternacht laufen. Der Tag selbst, an dem die Verjährung zu laufen beginnt, wird bei der Fristdauer nicht mitberechnet. Das Jahr wird als Einheit von zwölf Monaten angesehen, wobei die Anzahl der Tage pro Monat nicht berücksichtigt wird. Maximalfrist von 20 Jahren Für eine erhöhte Rechtssicherheit hat der Gesetzgeber in dem Art. 2232 des französischen Bürgerlichen Gesetzbuchs (Code Civil) eine Maximalfrist von 20 Jahren vorgesehen. Diese bewirkt, dass die Verjährungsfrist sich nicht über 20 Jahre hinaus verlängern kann; denn bei der Maximalfrist werden weder Verzögerung des Verjährungsbeginns, noch durch bestimmte Gründe ausgelöste Verjährungs- Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 10 von 44

hemmung oder -unterbrechung berücksichtigt. Die 5-jährige Verjährungsfrist kann sich so maximal auf 20 Jahre ausdehnen (Ein Anspruch, für den eine Verjährungsfrist von über 20 Jahren vorgesehen ist, unterliegt nicht der Maximalfrist). Hemmung der Verjährung "Die Hemmung der Verjährung hält zeitweilig den Lauf der Frist an; nach Ende der Hemmung läuft die Frist weiter. Somit wird der vor der Hemmung durchlaufene Zeitraum bei der Fristberechnung berücksichtigt" (Art. 2230 des franz. BGB Code Civil). Beispiele für Hemmungstatbestände (Art. 2233 bis 2239 des franz. BGB Code Civil): Es führt zur Hemmung der Verjährung, wenn der Richter einem vor Prozessbeginn gestellten Antrag zur Beweisaufnahme (mesures d'instructions) stattgibt. Diese Beweisaufnahmen sind in Frankreich sehr häufig und können mehrere Jahre andauern, zumeist bei komplexen Angelegenheiten, wie bei industrieller Haftung, Produkthaftung, im Medizin- oder Umweltrecht; wenn die Parteien sich auf ein Schlichtungsverfahren, einen Vergleich oder andere außergerichtliche Verhandlungen einigen. Unterbrechung der Verjährung "Die Unterbrechung der Verjährung bewirkt, dass der bereits durchlaufene Zeitraum nicht mehr berücksichtigt wird und dass die Verjährungsfrist nochmals vollständig neu zu laufen beginnt." (Art. 2231 des franz. BGB Code Civil). Beispiele für Unterbrechungstatbestände (Art. 2240 bis 2246 des franz. BGB Code Civil): Es führt zur Unterbrechung der Verjährung: die Einreichung eines Antrags vor Gericht (auch wenn das Gericht nicht zuständig oder der Antrag unwirksam ist); eine Vollstreckungshandlung. Vertragliche Abbedingung der Verjährungsfrist Zwischen Unternehmern, "kann die Verjährungsdauer durch Parteivereinbarung verkürzt oder verlängert werden. Allerdings kann eine derart veränderte Verjährungsfrist nie weniger als ein Jahr bzw. mehr als zehn Jahre betragen. Die Parteien können sich ebenfalls, im gegenseitigen Einverständnis, auf weitere, nicht gesetzlich vorgesehene Unterbrechungs-bzw. Hemmungstatbestände einigen" (Art. 2254 des franz. BGB Code Civil). Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 11 von 44

Diese vertragliche Abbedingung ist allerdings nicht zulässig zwischen Unternehmern und Verbrauchern sowie in einigen Grenzfällen bei denen es gilt, die schwächere Partei zu schützen. Stephan Paetzold Avocat stephan@paetzold-paris.com www.paetzold-paris.com Paris, Oktober 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 12 von 44

Die Verjährung in Deutschland Definition und Konzeption Die Verjährungsvorschriften der 194 ff BGB bestimmen den Zeitablauf, der für den Schuldner das Recht begründet, die Leistung zu verweigern. Sie greift nur gegenüber Ansprüchen durch und führt nicht zum Erlöschen des Anspruches, sondern zur Begründung eines dauerhaften Leistungsverweigerungsrechtes. Geregelt werden im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch in den 194 ff die allgemeinen Grundsätze der Verjährung, also Verjährungsfristen und auch Fragen zum Neubeginn der Verjährung, zur Hemmung der Verjährung und insbesondere auch zur Fristberechnung (Verjährungsbeginn und Verjährungsende). Schuldner als auch Gläubiger können sich jedoch nicht alleine auf Basis dieser Vorschriften orientieren, da es in Abhängigkeit von der Art des Anspruches und auch vom Vertragstypus in den Spezialgesetzen zahlreichen Abweichungen von den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches gibt. Der Betroffene ist also stets gut beraten, bereits bei Erkennen eines Anspruches genau prüfen zu lassen, welche spezifischen Besonderheiten bei der Verjährung für seinen Anspruch gelten und welche Handlungen erforderlich sind, um sich nicht der Einrede des Gegners zur Verjährung auszusetzen. Keine Prüfung von Amts wegen Ähnlich wie in anderen europäischen Ländern ist das deutsche Verjährungsrecht so ausgestaltet, dass eine möglicherweise eingetretene Verjährung durch ein Gericht nur dann berücksichtigt wird, wenn der Gegner dies im Prozess auch explizit erklärt. Wenn der Gegner also nicht explizit eine Verjährungseinrede erhebt, darf ein Richter bei seiner Urteilsfindung auch bei objektiv eingetretener Verjährung dies nicht berücksichtigen. Von der Verjährung zu unterscheiden ist auch in Deutschland das Rechtsinstitut der Verwirkung. Ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend macht, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und er sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen wird. Die Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens und damit ein Unterfall des Verstoßes gegen Treu und Glauben aus 242 BGB. Wichtig ist, dass eine Verwirkung nicht alleine bei reinem Zeitablauf angenommen werden kann. Vielmehr muss ein Umstandsmoment hinzu treten, aus dem ein entsprechender Gläubigerschutz abgeleitet werden kann. Verjährungsfristen Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ( 195 BGB). Die frühere Regelverjährung von 30 Jahren wurde im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes damit erheblich verkürzt. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 13 von 44

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen, sowohl betreffend die Länge der Verjährungsfrist, als auch den Beginn derselben. Hier einige wichtige Ausnahmen: Rechte an Grundstücken 10 Jahre Herausgabeansprüche aus Eigentum, familien- und erbrechtliche Ansprüche sowie rechtskräftig festgestellte Ansprüche 30 Jahre Mängelgewährleistungsansprüche bei einem Bauwerk 5 Jahre Mängelgewährleistungsansprüche in übrigen Fällen 2 Jahre Werkvertragliche Ansprüche beim Bauwerk 5 Jahre o Reparaturleistungen 2 Jahre o Im Übrigen 3 Jahre Reisevertrag 2 Jahre Ersatzansprüche des Vermieters wegen Beschädigungen an der Mietsache ab Rückgabe der Mietsache 6 Monate Gewerbliche Transportverträge 1 Jahr bei vorsätzlichem oder leichtfertigem Handeln 3 Jahre Verjährungsbeginn Regelmäßig beginnt die Verjährungsfrist nach deutschem Recht mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. In diesen Regelfällen beginnt damit die Verjährung immer am 31. Dezember des jeweiligen Jahres 24:00 Uhr, sodass unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist dann am 01. Januar des entsprechenden Folgejahres 0:00 Uhr Verjährung eintreten kann. Insbesondere vor einem anstehenden Jahreswechsel ist deshalb sehr genau zu prüfen, ob nicht gegebenenfalls Ansprüche verjähren können. Hier ist mit ausreichender Vorlaufzeit eine Überprüfung geboten, damit verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergriffen werden können. Wie auch bei den Verjährungsfristen, bestehen jedoch aufgrund von spezialgesetzlichen Regelungen auch beim Verjährungsbeginn Ausnahmen. So beginnt etwa die Verjährung bei kaufrechtlichen Mängelansprüchen bereits mit Übergabe der Sache, bei werkvertraglichen Mängelansprüchen im Regelfall mit der Abnahme, bei den nicht der Regelverjährung unterliegenden Ansprüchen im Regelfall bereits mit der Entstehung des Anspruches und beim gewerblichen Transportvertrag etwa bereits mit Ablieferung des Gutes oder dem vereinbarten Ablieferungstermin. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 14 von 44

Hemmung und Neubeginn der Verjährung Ein Neubeginn der Verjährung (früher Unterbrechung ) wurde durch die Reform des Verjährungsrechtes auf das Anerkenntnis und die Vornahme oder Beantragung von Vollstreckungshandlungen beschränkt. Ein Neubeginn der Verjährung kann insbesondere eintreten, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Wesentlich sensibler ist demgegenüber mit einer möglichen Hemmung der Verjährung umzugehen. Eine Hemmung der Verjährung kann etwa dann eintreten, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände geführt werden. Die Hemmung endet jedoch dann, wenn der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Die Verjährung tritt dann frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein. Hier ist eine sorgfältige Dokumentation über die Verhandlung und einen möglichen Abbruch der Verhandlung erforderlich. Neben einer weiter möglichen Hemmung der Verjährung bei höherer Gewalt, bei Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechtes oder bei Hemmung aus familiären Gründen ist insbesondere die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung relevant. Der klassische Fall hierfür ist die Erhebung einer Klage oder die Zustellung eines Mahnbescheides ( 204 BGB). Ein Sonderfall zur Hemmung der Verjährung gilt im Falle eines Direktanspruches gegen die Haftpflichtversicherung. Nimmt der Geschädigte die Haftpflichtversicherung direkt in Anspruch, so ist nach 115 Abs. 2 Satz 3 VVG die Verjährung von der Anmeldung bis zum Eingang einer schriftlichen Entscheidung, das heißt, bis zur endgültigen Ablehnung des Erstattungsanspruches nach Grund und gegebenenfalls Höhe, gehemmt. Eine positive Entscheidung beseitigt die Hemmung nur, wenn sie den Geschädigten auch hinsichtlich etwaiger weiterer Schadenspositionen sicherstellt. Weiter ist etwa bei Haftpflichtfällen mit Personenschäden zu beachten, dass auch dann eine Verjährung von Folgeschäden eintreten kann, wenn im Wege eines Urteils eine Ersatzpflicht des Schädigers dem Grunde nach festgestellt ist. Ersatzansprüche wegen Folgeschäden können gleichwohl nach den allgemeinen Grundsätzen verjähren, wenn sie trotz Kenntnis und gerichtlich bestätigtem Recht dem Grunde nach nicht innerhalb der Verjährungsfristen geltend gemacht werden. Oliver Lenhart Fachanwalt für Versicherungsrecht lenhart@bogsch.com www.ra-bjs.com Nürnberg, August 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 15 von 44

Die Verjährung in Belgien Prinzipien Die Verjährung ist ein Mittel um, durch den Ablauf einer bestimmten Frist, und unter Respekt der gesetzlichen Bedingungen, etwas zu erwerben oder von einer Verpflichtung befreit zu werden (Art. 2219 Bürg. Gesetzbuch code civil burgerlijk wetboek). In diesem Booklet wird einzig letztere, die befreiende Verjährung, besprochen. Die befreiende Verjährung hebt für den Gläubiger die Möglichkeit auf, seinen Anspruch auszuüben. Der Anspruch selbst bleibt bestehen. Deshalb tritt die Verjährung nicht von Rechts wegen ein, sondern der Schuldner muss die Einrede der Verjährung aufwerfen. Die Verjährung kann sich auf vertragliche oder außervertragliche Forderungen beziehen. Anfang und Dauer der ausservertraglichen Verjährungsfristen Allgemein: persönliche Forderungen (10 Jahre) Persönliche Forderungen verjähren nach einer Frist von 10 Jahren. Die Frist läuft ab dem ersten Tag nach Fälligkeit der Forderung. Alle Verjährungsfristen werden in Tagen gerechnet. Allgemein: Haftungsforderungen (5 Jahre / 20 Jahre) Haftungsforderungen verjähren 5 Jahre nach dem Tag an dem die geschädigte Person von dem Schaden oder eventuell dessen Verschlimmerung und der Identität der verantwortlichen Person Kenntnis genommen hat.die Verjährung tritt jedoch spätestens 20 Jahre nach dem Tag ein, an dem sich der schadenbringende Vorfall ereignet hat. Einige besondere Fristen Neben diesen allgemeinen Fristen bestehen noch spezifische Fristen, wie zum Beispiel: Strafrecht: Die Verjährungsfrist der Strafverfolgung hängt vom Grad der Übertretung ab: - Verbrechen (Kriminalstrafe) : 10 Jahre - Vergehen (Korrektionalstrafe) : 5 Jahre - Übertretungen (Polizeistrafe) : 6 Monate Im Prinzip beginnt die Verjährung der Strafverfolgung bei Vollendung der Übertretung. Zu diesem Prinzip bestehen jedoch etliche Ausnahmen wie z.b. Dauerstraftaten (Beginn der Verjährung des dauerhaften strafbaren Zustands), Sittlichkeitsübertretungen auf Minderjährige (Beginn der Verjährung ab dem 18. Geburtstag des Opfers). Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 16 von 44

Die Verjährung einer Zivilklage die aus einer Straftat hervorgeht, kann nicht vor der Verjährung der strafrechtlichen Forderung eintreten. Andererseits hat der Eintritt der Verjährung der strafrechtlichen Forderung keinen Einfluss auf den (eventuellen) weiteren Lauf der Verjährungsfrist der Zivilklage. Arbeitsunfälle: Haftungsforderungen aus Arbeitsunfällen verjähren nach 3 Jahren. In Ausnahme dazu verjähren Forderungen zu der Rückzahlung wegen Betrugs oder durch falsche Erklärungen von unverschuldet bezahlten Forderungen aus Arbeitsunfällen nach 5 Jahren. Umweltschaden: Die Forderungen der zuständigen Behörden für die Kosten von vorbeugenden oder ausbessernden Maßnahmen verjähren 5 Jahre nach der Ausführung dieser Maßnahmen. In jedem Fall sind Forderungen aus Umweltschäden nach Ablauf von 30 Jahren verjährt (Art. 2277 ter Bürg. Gesetzbuch code civil burgerlijk wetboek). Produkthaftung: Forderungen gegen den Hersteller verjähren 10 Jahre nachdem das Produkt auf den Markt gebracht wurde, oder 3 Jahre nachdem das Opfer vom Schaden, dem Defekt und der Identität des Herstellers Kenntnis genommen hat oder vernünftigerweise hätte nehmen müssen (Art. 12 2 al. 1, Gesetz vom 25. Februar 1991 über Produkthaftung loi relative à la responsabilité du fait des produits défectueux wet betreffende de aansprakelijkheid voor produkten met gebreken). Forderungen gegen den Staat: Forderungen gegen den Staat verjähren 5 Jahre nach dem 1. Januar des Budgetjahres in dem sie entstanden sind (Art. 100 al. 1 des Koordinierten Gesetzes vom 17 Juli 1991 über die Staatsbuchführung loi coordonnées sur la comptabilité de l Etat gecoördineerde wetten op de Rijkscomptabiliteit). Verborgene Mängel verjähren innerhalb einer kurzen Frist, wobei der Begriff kurze Frist durch die Rechtsprechung bestimmt wird. Hemmung und Unterbrechung der Verjährungsfrist Hemmung der Verjährungsfrist Die Hemmung der Verjährung hält zeitweilig den Lauf der Frist an. Nach Ende der Hemmung läuft die Frist weiter. Können beispielsweise die Verjährung hemmen: - Die Verjährung läuft nicht gegen Minderjährige oder Entmündigte. - Die Verjährung läuft nicht zwischen Ehegatten. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 17 von 44

- Die Verjährung einer mit einer aufhebenden Bedingung belasteten Schuld ist solange gehemmt, wie die Bedingung nicht eingetreten ist (Art. 2257 Bürg. Gesetzbuch code civil burgerlijk wetboek). - Die Verjährung der Strafverfolgung wird gehemmt, wenn ein gesetzliches Hindernis für die Einleitung oder die Ausübung der öffentlichen Forderung besteht (Art. 24 al. 1 des Gesetzes zur Einführung des einleitenden Titels des Strafprozessgesetzbuches loi contenant le titre préliminaire du code de procédure pénale wet houdende de voorafgaande titel van het wetboek van strafvordering). Unterbrechung der Verjährung Bei der Unterbrechung der Verjährung wird der bereits durchlaufene Zeitraum nicht mehr berücksichtigt. Die Verjährungsfrist beginnt nochmals vollständig neu zu laufen. Sind Unterbrechungsgründe: - Die gültige Vorladung (selbst vor einem nicht zuständigen Richter), ein Zahlungsbefehl oder eine Pfändung gegen den Schuldner (Art. 2244, 2246 und 2247 Bürg. Gesetzbuch code civil burgerlijk wetboek). - Die Schuldanerkennung durch den Schuldner (Art. 2248 Bürg. Gesetzbuch code civil burgerlijk wetboek). - Die Verjährung der Strafverfolgung wird durch Untersuchungs- und Verfolgungsmassnahmen unterbrochen, solange diese im Laufe der ursprünglichen Verjährungsfrist aufgenommen werden. Schlussfolgerung: de lege ferenda Obwohl die Verjährung äußerst eingreifende rechtliche Folgen hat, sind die Fristen, ihre Berechnungsarten, Unterbrechungs- und Hemmungsgründe sehr unterschiedlich, was zu Rechtsunsicherheit führt. Die Frage einer Vereinheitlichung der Verjährungsfristen wird in der Rechtslehre regelmäßig gestellt, ob der Gesetzgeber daran Folge leisten werden kann oder will, bleibt bis heute offen. Oliver Weinand Rechtsanwalt oweinand@iustica.be ADVOCATEN AVOCATS ANWÄLTE LAWYERS - АДВОКАТЫ bonjourm www.iustica.be Brüssel, Juni 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 18 von 44

Die Verjährung in den Niederlanden Die Rechtsfigur der Verjährung ( verjaring ) ist aus der juristischen Praxis nicht wegzudenken. Nach dem Verstreichen der Verjährungsfrist kann der Anspruchsteller seinen Anspruch nicht mehr gegen den Willen des Anspruchsgegners geltend machen. Die Gerichte dürfen die Verjährung von Ansprüchen nicht von Amts wegen prüfen. Für den Anspruchsteller ist es daher von Belang, die Verjährungsfristen zu kennen und Verjährung wenn nötig zu hemmen ( stuiting ). Verjährungsfristen Die allgemeine Verjährungsfrist im niederländischen Recht beträgt 20 Jahre (Art. 3:306 Burgerlijk Wetboek, BW). Das Gesetz kennt eine Anzahl von kürzeren Verjährungsfristen, welche hiernach exemplarisch aufgeführt sind: 5-jährige Verjährungsfrist Anspruch auf Erfüllung einer Verbindlichkeit aus Vertrag zu einem Geben oder Tun, darunter auch Schadenersatz; Anspruch auf Zahlung von Zinsen, Leibrenten, Dividenden, Mietzinsen, Pachtzinsen und allem, was jährlich oder mit kürzerer Frist gezahlt werden muss; Anspruch basierend auf ungeschuldeter Leistung ( onverschuldigte betaling ); Anspruch auf die Zahlung einer Vertragsstrafe; Anspruch auf Auflösung ( ontbinding ) eines Vertrages aufgrund einer Pflichtverletzung. 3-jährige Verjährungsfrist Anspruch auf Nichtigerklärung ( vernietiging ) eines Rechtsgeschäfts aufgrund von (z.b.) Betrug, Irrtum, Benachteiligung, Bedrohung; Produkthaftung; Anspruch gegen eine Haftpflichtversicherung, wobei bei Abweisung des Anspruchs die Verjährungsfrist sechs Monate beträgt. 2-jährige Verjährungsfrist Anspruch auf Kaufpreiszahlung bei Verbrauchsgüterkauf; Anspruch aus Nonkonformität bei Kaufverträgen. Hemmung und Verlängerung Hat die Verjährung ihren Anfang genommen und ist die Verjährungsfrist noch nicht verstrichen, kann die Verjährung sowohl gehemmt, wie auch verlängert werden. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 19 von 44

Hemmung Die Hemmung kann außergerichtlich und gerichtlich erfolgen. Nach der Hemmung beginnt eine neue Verjährungsfrist. Die Erhebung einer Klage und jede andere Handlung der Rechtsverfolgung seitens des Berechtigten hemmt die Verjährung (Art. 3:316 BW). Darunter fällt auch die Beantragung eines verbindlichen Gutachtens ( bindend advies ). Wird der Klage nicht stattgegeben, gilt der Anspruch nur dann als gehemmt, wenn innerhalb von sechs Monaten eine neue Rechtsverfolgung eingeleitet und dem Anspruch stattgegeben wird. Ferner kann die Verjährung einer Verbindlichkeit durch eine schriftliche Mitteilung gehemmt werden, durch welche sich der Anspruchsteller ausdrücklich sein Recht vorbehält, Erfüllung zu fordern. Auch eine schriftliche Anmahnung hemmt die Verjährung eines Anspruchs auf Erfüllung (Art 3:317 BW). Andere Ansprüche werden ebenfalls durch eine schriftliche Mahnung gehemmt, wenn dieser Mahnung innerhalb einer Frist von sechs Monaten eine Handlung zur Rechtsverfolgung folgt. Die neue Verjährungsfrist ist identisch mit der ursprünglichen Frist, aber nicht länger als fünf Jahre. Verlängerung Wenn eine Verjährungsfrist während des Bestehens eines Verlängerungsgrundes oder innerhalb von sechs Monaten nach Entfallen eines solchen Grundes ablaufen würde, läuft die Verjährungsfrist weiter, bis sechs Monate nach dem Entfallen dieses Grundes verstrichen sind. Ein Verlängerungsgrund besteht z.b. zwischen nicht von Tisch und Bett getrennten Ehegatten und zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner, die vorsätzlich das Bestehen der Schuld oder deren Fälligkeit geheim halten. Verhandlungen Verhandlungen hemmen die Verjährung im Grunde nicht. Lediglich die Verjährung eines Anspruchs auf Auszahlung gegen eine sogenannte WA-Versicherung (gesetzliche Haftpflichtversicherung, z.b. KFZ-Versicherung) kann durch Verhandlungen gehemmt werden. Von Verhandlungen ist keine Rede, wenn die Versicherung die Haftung ausdrücklich ablehnt und auch nicht über eine eventuelle Auszahlung verhandeln will. Treu und Glauben In besonderen Fällen kann die Einrede der Verjährung gegen die Grundsätze von Treu und Glauben ( redelijkheid en billijkheid ) verstoßen. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die Parteien miteinander verhandeln und die Einrede der Verjährung während der Verhandlungsdauer aufgrund der Grundsätze von Treu und Glauben inakzeptabel wäre. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 20 von 44

Vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist Parteien können vertraglich die Verjährungsfrist verkürzen, jedoch nicht verlängern. Eine vertragliche Verlängerung verstößt gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, die der Gesetzgeber durch die Einführung von Verjährungsfristen hat schaffen wollen. Dick Veltman dick.veltman@kienhuishoving.nl Kristina C. Adam kristina.adam@kienhuishoving.nl www.kienhuishoving.nl Enschede, Juli 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 21 von 44

Die Verjährung in Dänemark Generell Die dänischen Verjährungsvorschriften wurden durch das Gesetz Nr. 522 vom 6. Juli 2007 reformiert. Das neue Gesetz hat das so genannte "1908-loven" ersetzt, welches bis dahin zusammen mit den Regelungen im "Danske Lov" (ursprüngliche dänische Gesetzessammlung von 1683) die Verjährungsvorschriften regelte. Übergeordnet hat die Reform zu einer Verkürzung der Verjährungsfristen geführt. Anwendung Das dänische Verjährungsgesetz (forældelsesloven) umfasst sämtliche Arten von Ansprüchen. Damit sind alle Fälle betroffen, in denen eine Person ein Recht dazu hat, eine Leistung zu fordern. Das Verjährungsgesetz ist subsidiär im Verhältnis zu Sonderregelungen in anderen Gesetzen. Daher erfasst das Verjährungsgesetz alle Ansprüche, solange nicht andere abweichende gesetzliche Regelungen getroffen worden sind. Auch ist es in einem gewissen Umfang möglich, dass die Parteien abweichende Verjährungsfristen vereinbaren. Jedoch kann von den gesetzlichen Regelungen nicht im Voraus zu Ungunsten des Schuldners abgewichen werden. Bei dem Gesetz handelt es sich somit um eine unabdingbare Schutzvorschrift. Dagegen haben die Parteien ab dem Zeitpunkt, ab dem die gesetzlich festgelegte Verjährungsfrist zu laufen beginnt, die Möglichkeit, abweichende Verjährungsvereinbarungen bezüglich beider Parteien zu vereinbaren. Beginn der allgemeinen Verjährungsfrist Grundsätzlich beginnt die Verjährungsfrist ab dem frühesten Zeitpunkt, an welchem der Gläubiger die Erfüllung der Forderung verlangen konnte. Falls eine Zahlfrist oder andere Fristen eingeräumt wurden, innerhalb welcher die Zahlung als fristgemäß angesehen werden kann, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Ablauf der gesetzten Frist zu laufen. Falls der Gläubiger aufgrund einer Pflichtverletzung oder aufgrund einer besonderen Kündigungsmöglichkeit noch vor dem Fälligkeitszeitpunkt Erfüllung verlangen konnte, von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch macht, beginnt die Verjährungsfrist mit dem ursprünglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt. Bei der Berechnung der Frist werden nur ganze Tage mitgerechnet, so dass der Tag, an welchem das die Frist auslösende Ereignis stattgefunden hat, nicht mitgerechnet wird. Besonderheit bei vertraglicher Pflichtverletzung Bei Ansprüchen, die in Verbindung mit einer vertraglichen Pflichtverletzung entstanden sind, beginnt die Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt, an welchem die Pflichtverletzung begangen wurde. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 22 von 44

Besonderheiten bei außervertraglichen Schadenersatzansprüchen Bei Ansprüchen, die außerhalb vertraglicher Beziehungen entstanden sind, beginnt die Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt, an dem der Schaden eingetreten ist. Die allgemeine Verjährungsfrist Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre. Diese Frist gilt, sofern sich nicht etwas anderes aus den sonstigen Bestimmungen des Gesetzes ergibt. Falls der Gläubiger keine Kenntnis von dem Bestand seines Anspruches oder von der Person des Schuldners hat, beginnt die Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt, an welchem der Gläubiger von seinem Anspruch oder der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder hätte erlangen können. Die Verjährung beginnt jedoch spätestens (absolute Frist): 30 Jahre nach Beendigung der schadensverursachenden Handlung (Schadenersatz wegen Personenschäden und Schadenersatz bei Schäden durch Umweltverschmutzung etc.) 10 Jahre nach Beendigung einer schadensverursachenden Handlung bei außervertraglichen Schadensersatzansprüchen 10 Jahre nach dem Fälligkeitsbeginn bei anderen Ansprüchen. Besondere Verjährungsvorschriften Arbeitsleistungen im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses Die Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre. Schuldurkunde, anerkannte Ansprüche, in Vergleichen, Urteilen oder Ähnlichem festgestellte Ansprüche Die Verjährungsfrist beträgt 10 Jahre, wenn sich der Anspruch aus einer Schuldurkunde ergibt, wenn die Forderung in einer Wertpapierzentrale registriert worden ist, wenn der Bestand und die Höhe der Forderung schriftlich anerkannt worden ist oder wenn der Anspruch durch einen Vergleich, Urteil, Mahnbescheid oder ähnlich bindenden Entscheidungen festgestellt worden ist. Der Anspruch auf später anfallende Zinsen verjährt gemäß der allgemeinen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Guthaben bei Banken und anderen Geldinstituten Die Verjährungsfrist beträgt 20 Jahre für Ansprüche aus Guthaben bei Geldinstituten o.ä. Dies gilt auch für gutgeschriebene Zinsen. Die Frist beginnt mit der letzten Einzahlung, Abhebung, Zinsgutschrift oder Buchung auf dem Konto. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 23 von 44

Rentenansprüche, Leibrente, Unterhaltszahlungen und ähnliche Leistungen Die Verjährungsfrist beträgt 10 Jahre für Ansprüche auf Rente, Leibrente, Unterhaltszahlungen und ähnlichen Zahlungen, die laufend zu leisten sind, nicht die Ratenzahlung auf eine bestimmte Hauptforderung betreffen und sich aus einer Entscheidung oder einer Vereinbarung ergeben. Die Forderung verjährt als Ganzes nach 10 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an welchem die letzte Zahlung geleistet wurde oder, falls keine Zahlungen stattgefunden haben, ab dem Tag, an welchem die erste Zahlung hätte gefordert werden können. Der Anspruch auf die einzelnen Zahlungsforderungen dagegen verjährt gemäß der allgemeinen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Darlehen oder unzulässige Kontoüberziehung Die Verjährungsfrist beträgt 10 Jahre für Ansprüche aus Darlehen oder unzulässigen Kontoüberziehungen bei einem Geldinstitut. Sofern für die Rückzahlung eines Dispositionskredits oder anderer Darlehen mit variablen Laufzeiten kein Rückzahlungszeitpunkt festgesetzt wurde, beginnt die Frist vom Zeitpunkt der letzten Einzahlung oder Abhebung auf dem Konto, welche von anderen als dem Gläubiger vorgenommen wurden. Ansprüche wegen Zinsen, Gebühren und Ähnlichem verjähren gemäß der allgemeinen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Ansprüche aus Bürgschaften Die Verjährungsfrist eines Anspruches aus einer Bürgschaft richtet sich nach der Verjährungsfrist der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung. Regressansprüche Haften mehrere Schuldner gesamtschuldnerisch gegenüber einem Gläubiger und erfüllt einer von ihnen die Forderung, tritt dieser in Bezug auf die Verjährung seines Regressanspruches gegenüber dem anderen Schuldner in die Rechtsstellung des Gläubigers ein. Unterbrechung der Verjährungsfristen Die Verjährung kann in zwei Fällen unterbrochen werden: Bei Anerkenntnis durch den Schuldner und durch Einleitung rechtlicher Schritte durch den Gläubiger. Eine "Anerkenntnis" durch den Schuldner liegt vor, wenn dieser gegenüber dem Gläubiger ausdrücklich oder durch konkludentes Handeln seine Verpflichtung anerkennt. Die "Einleitung rechtlicher Schritte" liegt vor, wenn der Gläubiger z.b. Schritte (auch außergerichtliche) zum Erwirken eines Urteils, eines Mahnbescheides, eines Vergleichs oder anderer verbindlicher Entscheidungen, die das Bestehen und die Höhe der Forderung feststellen, einleitet, und diese Schritte innerhalb angemessener Zeit verfolgt. Das gleiche gilt bei der Einreichung eines Insolvenzantrages, Antrag auf Rekonstruk- Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 24 von 44

tion, Anmeldung von Forderungen zur Insolvenz- oder Rekonstruktionstabelle oder der Schuldensanierung sowie bei Anmeldung der Forderung zum Nachlass nach einem Aufgebot. Der Zeitpunkt für den Beginn der neuen Verjährungsfrist nach Unterbrechung der ursprünglichen Verjährungsfrist hängt davon ab, aus welchem Grund die ursprüngliche Verjährungsfrist unterbrochen wurde. Vorläufige Unterbrechung der Verjährungsfrist Auch wenn die Einleitung rechtlicher Schritte i.s.d. Verjährungsgesetzes nicht zu einem Vergleich oder einer Entscheidung führt, bleibt es bei der verjährungsunterbrechenden Wirkung, die dadurch ausgelöst wurde. In diesem Fall tritt die Verjährung frühestens ein Jahr nach Bekanntgabe an den Gläubiger, dass das Verfahren beendet wurde, ein. Andreas Christensen Partner, advokat (H) ac@horten.dk www.horten.dk Hellerup, September 2013 Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 25 von 44

Die Verjährung in Portugal Systematik des Verjährungsrechts in Portugal Die Verjährung ist in Portugal im Código Civil geregelt. Sie schützt zum einen die Rechte des Schuldners und zum anderen findet sie ihre Rechtfertigung im Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit. Mit Eintritt der Verjährung kann der von der Verjährung Vorteil ziehende die Erfüllung seiner Leistung verweigern bzw. der Ausübung des verjährten Rechts widersprechen. Rechtsgeschäfte, die darauf gerichtet sind, die gesetzlichen Verjährungsfristen zu verändern oder die Voraussetzungen einer Verjährung zu vereinfachen bzw. zu erschweren, sind nach dem Portugiesischen Gesetz nichtig. Erst nach Eintritt der Verjährung ist es möglich, darauf zu verzichten. Vor Eintritt der Verjährungsfrist ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein derartiger Verzicht kann stillschweigend erfolgen und bedarf nicht der ausdrücklichen Zustimmung. Außerdem darf nur der, der von der Verjährung einen Vorteil zieht, den Verzicht erklären. Auf die Verjährung kann sich nur auf Antrag berufen werden. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt. Beim Verkauf unter Eigentumsvorbehalt kann der Verkäufer, trotz Verjährung der Kaufpreiszahlung, vom Käufer den Kaufgegenstand zurückverlangen, solange der Kaufpreis nicht bezahlt wird, da ohne Kaufpreiszahlung das Eigentum nicht übertragen wird. Es gibt in Portugal eine sogenannte Verjährungsvermutung, die darauf beruht, dass die Leistung erfüllt wurde. Demnach wird vermutet, dass die Schuld bezahlt worden ist und das Ziel verfolgt, den Schuldner vor dem Risiko zu schützen, eine Schuld, bei welcher es nicht üblich ist Quittungen für lange Zeit aufzubewahren, zweimal zu bezahlen. Die Erfüllungsvermutung auf Grund Zeitablaufes kann nur durch ein Anerkenntnis des Schuldners widerlegt werden. Unter bestimmten Umständen kann dieses Anerkenntnis auch als stillschweigend abgegeben angenommen werden. Neben der Verjährung gibt es auch die Verwirkung, die für verschiedene Materien in den entsprechenden Gesetzen genauer geregelt ist (z. B. im Rahmen der Verbraucherschutzgesetze). Die Verwirkung kann nicht gehemmt oder unterbrochen werden, ausgenommen, das Gesetz sieht es ausdrücklich vor. Wenn vom Gesetz nichts anderes vorgeschrieben ist, beginnt die Verwirkungsfrist in dem Moment, in welchem der Anspruch rechtmässig geltend gemacht werden kann. Practice Group Assekuranz Thema: Verjährung Seite 26 von 44