Untersuchung und Verbesserung der Qualität automatisch erhobener Verkehrsdaten Dipl.-Ing. Nicola Lehnhoff Institut für Verkehrswirtschaft, Straßenwesen und Städtebau Universität Hannover Appelstraße 9A 3167 Hannover lehnhoff@ivh.uni-hannover.de 1. Einleitung Verkehrsdaten, die mit Hilfe von Detektoren innerstädtischer Lichtsignalanlagen gewonnen werden, dienen zunehmend nicht mehr nur der Steuerung der Lichtsignalanlagen sondern werden auch für weitergehende Zwecke genutzt. Dazu gehören praktisch alle Bestandteile moderner Verkehrsmanagementsysteme. Dies hat insbesondere für die Betreiber dieser Systeme den großen Vorteil, dass sehr viel Geld für die Einrichtung der notwendigen Infrastruktur in Form von Erfassungseinrichtungen gespart werden kann. Prinzipiell wird davon ausgegangen, dass die an Lichtsignalanlagen gewonnen Daten zuverlässig und genau sind, da es sich um Schleifen handelt, die für den Dauerbetrieb eingebaut sind, und die bei auftretenden Störungen entweder eine Fehlermeldung liefern müssten oder die Steuerung der Lichtsignalanlage negativ beeinflussen würden. Im Gegenzug gibt es jedoch verschiedene Probleme. Im Wesentlichen resultieren diese daraus, dass nicht bekannt ist, ob und in welchem Maß sich fehlerhafte Daten auf die Lichtsignalsteuerung auswirken. Es kann also auch bei einer gut funktionierenden Lichtsignalanlage nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass die erhobenen Daten fehlerfrei sind. Die gute Funktion der Lichtsignalanlage kann sich entweder aus guten Daten oder aus einer wenig fehleranfälligen Logik begründen. Aufgrund finanzieller und personeller Engpässe ist es in der Regel jedoch nicht möglich, eine kontinuierliche und flächendeckende Qualitätssicherung durchzuführen. Konkrete Analysen der Funktionsfähigkeit der Detektoren beschränken sich meist auf Störungen, bei denen eine offensichtliche Disfunktionalität der Schleifen vorliegt. Dieser Beitrag gliedert sich in zwei Hauptteile: Zuerst findet eine genaue Untersuchung der Datenqualität an mehr als 5 repräsentativen innerstädtischen Detektoren und der Auswirkungen mangelnder Datenqualität auf die Signalsteuerung statt. Im Anschluss daran wird ein Verfahren vorgestellt, mit welchem eine signifikante Verbesserung der Datenqualität erreicht werden kann, und es werden die Ergebnisse der Datenverbesserung gezeigt.
2. Überprüfung der Datenqualität Die Betrachtung der absolut gemessenen Fahrzeuge an allen Detektoren in Bild 1 zeigt, dass etwa ein Drittel der Detektoren mit einer sehr hohen Genauigkeit von mehr als 9 % arbeitet. Andererseits gibt es auch einen fast genauso großen Anteil Detektoren, die eine Abweichung von mehr als 6 % von den gemessenen Daten registrieren. 2 Häufigkeit [-] 15 1 5 < 1 % < 2 % < 3 % < 4 % < 5 % < 6 % < 7 % Genauigkeit (absolut) < 8 % < 9 % <= 1 % Bild 1: Häufigkeitsverteilung der absoluten Genauigkeit Insgesamt haben sich vier verschiedene Fehlertypen gezeigt, die zeitlich begrenzt oder während der gesamten Untersuchungsdauer auftraten: - Es werden zusätzlich Fahrzeuge von benachbarten Fahrstreifen gezählt. - Es werden zusätzlich passierende Stadtbahnen als mehrere Fahrzeuge gezählt. - Es werden nicht alle Fahrzeuge sondern nur ein bestimmter Prozentanteil gezählt. - Es werden nicht existente Fahrzeuge gezählt. Die stärkste Bedeutung für die Genauigkeit der Daten haben die Erfassung von Fahrzeugen auf den Nachbarfahrstreifen und die nur teilweise Erfassung der Fahrzeuge des betrachteten Stroms, da diese beiden Fehler in fast allen Beispielen in unterschiedlicher Stärke auftreten. Auch die Erfassung nicht existenter Fahrzeuge ist an vielen Detektoren zu beobachten, ist jedoch in ihrem Ausmaß den anderen Fehlertypen untergeordnet. Als besonders relevante Randbedingung für die Genauigkeit eines Detektors hat sich die Verkehrsstärke des zugeordneten Stroms erwiesen. Beispielhaft wird in Bild 2 die Genauigkeit der Messreihen repräsentiert durch den Vergleich der absoluten Werte dargestellt. Bei steigender Verkehrsstärke steigt auch die mindeste erreichte Genauigkeit. Ab einer Verkehrsstärke von ca. 5 Kfz/h sind die Abweichungen an allen Untersuchungsstellen geringer als 1 %.
1% 8% Genauigkeit 6% 4% 2% % 1 2 3 4 5 6 7 Verkehrsstärke [Kfz/h] Bild 2: Genauigkeit in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke Weiterhin hat sich in dieser Untersuchung gezeigt, dass insbesondere Detektoren auf Linksabbiegefahrstreifen einen hohen Anteil der in entgegengesetzter Richtung verkehrenden Fahrzeuge zusätzlich detektieren. Weitere Einflussfaktoren wie die Länge der Detektoren, deren Abstand zu der Haltlinie oder der Schwerverkehrsanteil konnten nicht ermittelt werden. 3. Einfluss auf die Lichtsignalsteuerung Die Auswirkungen der Ungenauigkeiten auf die Signalsteuerung wurden mit Hilfe der mikroskopischen Verkehrsflusssimulation untersucht. Ein ähnliches Vorgehen wurde bereits von GLATZ und HOFFMANN [6] gewählt, die sich in der Analyse jedoch im Wesentlichen auf das komplette Versagen einzelner Detektoren beschränkt haben. Im Unterschied dazu, wurden hier die unterschiedlichen auftretenden Fehlertypen in die Simulationsumgebung integriert. Es wurden sowohl einzelne Knotenpunkte mitsamt allen real auftretenden Fehlern untersucht als auch durch die Variation einzelner Fehler neue Planfälle geschaffen und damit die Auswirkungen der Fehler systematisch ergründet. Die Gesamtheit aller Detektorfehler an einer Lichtsignalanlage führt in den meisten Fällen zu keiner geänderten Beurteilung der Qualität des Verkehrsablaufs laut Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, wie dies auch in Tabelle 1 zu sehen ist. In einigen Fällen verbessert sich die Beurteilung sogar, da Detektorfehler häufig zu einer verstärkten Berücksichtigung der schwächeren Ströme, die ansonsten lange Wartezeiten haben und so maßgebend für die Beurteilung sind, führen. Die mittlere bewertete Verlustzeit aller Ströme an einem Knotenpunkt steigt dagegen an fast allen Untersuchungsstellen aufgrund der Detektorfehler um bis zu 3,9 s/kfz an.
Tabelle 1: Veränderung der Knotenpunktbewertung aufgrund aller vorhandenen Detektorfehler KP 492 KP 59 KP 511 Qualitätsstufe nach HBS Nullfall alle realen Detektorfehler mittlere bewertete Verlustzeit [s/fz] Nullfall alle realen Detektorfehler feste Umlaufzeit C bis E C bis D 27,8 28, variable Umlaufzeit B bis D B bis C 25,8 28,9 feste Umlaufzeit C bis E C bis E 23,9 24, variable Umlaufzeit A bis B A bis B 17,5 17,1 feste Umlaufzeit A bis B A bis B 1,1 14, variable Umlaufzeit A bis B A bis B 1, 14, Eventuelle Fehlmessungen wirken sich an Lichtsignalsteuerungen mit besonders hohen Freiheitsgraden stärker aus als bei weniger flexibel reagierenden Steuerungen. So zeigen sich bei Bemessungsdetektoren und Steuerungen mit einer variablen Umlaufzeit bei Fehldetektionen von 25 % in Abhängigkeit von der Lage der Detektoren signifikante Änderungen in der Qualität des Verkehrsablaufs, die bei dem gleichen Planfall in einer Steuerung mit fester Umlaufzeit nicht auftreten. 4. Verbesserung der Datenqualität Grundlegende Idee für die Verbesserung der Daten für die weitergehende Nutzung der Daten ist die Fusion verschiedener Informationen. Aufgrund der Wechselwirkungen zwischen der Verkehrsstärke an einer verkehrsabhängig geschalteten Lichtsignalanlage und deren Schaltzuständen, ist es möglich, für jedes Aggregationsintervall die mögliche Verkehrsstärke des einem Detektor zugeordneten Stroms einzugrenzen. Der bedeutendste Vorteil des hier geschilderten Verfahrens, ist dass es weder auf der Zusammenführung der Daten mehrerer benachbarter Lichtsignalanlagen noch auf der Integration weitreichender historischer Informationen basiert, sondern allein aufgrund der Analyse der Situation an einem einzelnen Knotenpunkt eine signifikante Verbesserung der Daten erzielt und damit ein sehr handliches Instrumentarium, welches mit nicht allzu großem Aufwand umzusetzen ist, darstellt. Im Folgenden werden in einem ersten Schritt die Prinzipien des Verfahrens erläutert. Anschließend erfolgt eine Beschreibung der Datenverbesserung, die sich sowohl auf die Beurteilung einzelner Datensätze als auch auf die Betrachtung der Gesamtheit aller Ergebnisse stützt, und die Probleme des Verfahrens werden angesprochen.
4.1 Verfahrensbeschreibung Der ursprüngliche Sinn der im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Detektoren ist die Erfassung des Verkehrs für die Steuerung verkehrsabhängiger Lichtsignalanlagen. Für vielfältige Zwecke ist es notwendig, dass die Schaltzustände verkehrsabhängiger Lichtsignalanlagen über einen gewissen Zeitraum gespeichert werden. Aus diesem Grund enthalten die Signalprogrammprotokolle häufig sekündliche Informationen über die Schaltzustände der einzelnen Signalgeber. Ermittelt man nun für jede einzelne Signalgruppen sekundengenau die gesamte freigegebene Zeit innerhalb des betrachteten Intervalls, kann man aus dieser Information Rückschlüsse auf die maximal mögliche Verkehrsstärke innerhalb des Intervalls ziehen. Ebenso ist es möglich, eine mindestens notwendige Verkehrsstärke zu berechnen, da die Länge der zugeordneten Freigabezeit von der Anzahl der detektierten Fahrzeuge abhängt. Aufgrund vielfältiger Wechselwirkungen an verkehrsabhängig gesteuerten Lichtsignalanlagen ist die Berücksichtigung verschiedener Korrekturfaktoren, deren Ermittlung ebenso wie die Betrachtung der oberen und unteren Grenzwerte im Folgenden näher erläutert wird, notwendig. Damit ergeben sich als Eingangswerte für die Verbesserung der Daten die folgenden Größen: - die Freigabezeit der zugeordneten Signalgruppe unterteilt in kurze Freigabezeiten, die weniger als 6 s lang sind, mittlere Freigabezeiten mit einer Länge von 6 s bis 1 s und lange Freigabezeiten mit einer Länge ab 11 s, - die Mindestfreigabezeit, die maximal mögliche Freigabezeit und die Bemessungszeitlücke der zugeordneten Signalgruppe sowie die Umlaufzeit der Lichtsignalanlage, - Angaben über den Schwerverkehrsanteil und über geometrische Grundgrößen sowie - der Sättigungsgrad aller Ströme, die zu der Lichtsignalanlage gehören, für jedes betrachtete Intervall. Sättigungsverkehrsstärke Die Berechnung der Sättigungsverkehrsstärke erfolgt angelehnt an die Vorgehensweise wie sie im HBS [3] beschrieben ist, wobei in Abhängigkeit von der Länge der Freigabezeit und verschiedenen Abminderungsfaktoren eine maximal mögliche Verkehrsstärke berechnet wird. Es hat sich im Rahmen dieses Verfahrens jedoch als nicht zweckmäßig erwiesen, die Ausgangswerte für die Sättigungsverkehrsstärken so stark zu variieren, wie dies im HBS für die Bemessung vorgesehen ist. Aus diesem Grund werden die Sättigungsverkehrsstärken gemäß Tabelle 2 angepasst.
Tabelle 2: Angepasste Ausgangswerte für die Sättigungsverkehrsstärke Relevanzfaktor Freigabezeit Ausgangswert für die Sättigungsverkehrsstärke t F < 6 s 24 Kfz/h 6 s t F 1 s 22 Kfz/h t F > 1 s 22 Kfz/h In fast allen Fällen, ist die Länge einer bestimmten Phase nicht nur von einem einzelnen Strom abhängig, sondern es werden mehrere Signalgruppen gleichzeitig freigegeben und mehrere Ströme sind für die Bemessung verantwortlich. Aus diesem Grund ist die Ermittlung des Relevanzfaktors notwendig, welcher darüber Auskunft gibt, mit welchem Anteil der betrachtete Strom für die Länge der Freigabezeit verantwortlich ist. Für den sehr einfachen aber seltenen Fall, dass ein Strom immer alleine geschaltet wird, beträgt der Relevanzfaktor r = 1. In diesem Fall ist eindeutig, dass dieser Strom auch für die Länge der Freigabezeit verantwortlich ist. Werden mehrere Ströme gleichzeitig freigegeben, gibt ein Vergleich der Auslastungsgrade aller freigegebenen Verkehrsströme Auskunft über die Relevanz des betrachteten Stroms. Der zugehörige Zusammenhang ist in Bild 3 dargestellt. Beträgt die eigene Auslastung weniger als 2 % der Gesamtauslastung, kann der Strom als vollkommen unrelevant für die Länge der Freigabezeit betrachtet werden, der Relevanzfaktor beträgt r =. Ab einer Auslastung von 2 % der Gesamtauslastung steigt der Relevanzfaktor von r =,35 auf r =,65 bei einer Auslastung von 1 %. 1, Relevanzfaktor r,8,6,4,2,2,4,6,8 1, a det,i/adet,ges Bild 3: Transformation der Auslastung in den Relevanzfaktor Abminderungsfaktor aufgrund nur teilweiser Relevanz Der Relevanzfaktor kann direkt in die Abminderungsfaktoren aufgrund nur teilweiser Relevanz für die Berechnung der minimalen und der maximalen Verkehrsstärke umgewandelt werden. Wie in den für die Umwandlung notwendigen
Diagrammen in Bild 4 und Bild 5 zu sehen ist, kann der Abminderungsfaktor für die Berechnung der unteren Grenzwerte a R,min sehr niedrige Werte annehmen, während diese für den Abminderungsfaktor für die Berechnung der oberen Grenzwerte a R,max in allen Fällen höher sind. Dies begründet sich daraus, dass keine zu starke und damit nicht zweckdienliche Einschränkung bewirkt werden soll. Abminderungsfaktor a R,min 1,,8,6,4,2,2,4,6,8 Relevanzfaktor r Bild 4: Transformation des Relevanzfaktors r in den Abminderungsfaktor a R,min 1, Abminderungsfaktor a R,max 1,,8,6,4,2,2,4,6,8 Relevanzfaktor r Bild 5: Transformation des Relevanzfaktors r in den Abminderungsfaktor a R,max 1, Abminderungsfaktor aufgrund nicht vollständiger Sättigung Ein weiterer Abminderungsfaktor ist notwendig um zu berücksichtigen, dass der Verkehr kein deterministischer sondern ein stochastischer Prozess ist. Aus diesem Grund ist es sehr unwahrscheinlich, dass alle Fahrzeuge den Detektor mit dem gleichen Abstand überfahren. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass für den Fall, wenn ein Strom die maximal zur Verfügung stehende Freigabezeit nie ausnutzt, es sehr unwahrscheinlich ist, dass während dieser Freigabezeit die maximal mögliche Verkehrsstärke gemessen wird. Aus dem Verhältnis der tatsächlich gemessenen zu der maximal möglichen Freigabezeit innerhalb des betrachteten Intervalls wird der so genannte Freigabezeitanteil t F,% gebildet. Dieser ist das Verhältnis der tatsächlich genutzten Freigabezeit zu der maximal möglichen Freigabezeit eines Stroms. Wird mindestens die Hälfte der maximal zur Verfügung stehenden Freigabezeit genutzt, erfolgt keine Abminderung aufgrund nicht vollständiger Sättigung, wie auch in Bild 6 zu sehen ist. Bei Freigabezeitanteilen zwischen % und 5 % der maximal möglichen Freigabezeit wird ein linearer Anstieg des Abminderungsfaktors von, bis 1, beachtet.
1, Abminderungsfaktor a Sä,8,6,4,2,2,4,6,8 1, Freigabezeitanteil t F,% Bild 6: Transformation des Freigabezeitanteils t f,% in den Abminderungsfaktor a Sä Berechnung der Grenzwerte für die Verkehrsstärke Sowohl für die Berechnung der unteren als auch der oberen Grenzwerte müssen zwei verschiedene Fälle berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich einerseits um den Fall, dass die Freigabezeit nur für die Dauer der Mindestfreigabezeit t F,min gegeben wird und andererseits um den Fall, dass die Freigabezeit einen beliebigen längeren Wert t F annimmt. Untere Grenzwerte Für die Berechnung der Grenzwerte wird in einem ersten Schritt davon ausgegangen, dass der untersuchte Strom allein und in vollem Maße verantwortlich für die Länge der Freigabezeit ist. In Bild 7 ist das Prinzip für die Berechnung der unteren Grenzwerte skizziert: In fiktiven Signalbalken werden mögliche Fahrzeugankünfte symbolisiert durch nummerierte Kreise dargestellt. Bei dem oberen Balken handelt es sich um das Beispiel, dass die Freigabezeit nur für die Dauer der Mindestfreigabezeit t F,min gegeben wird und der untere Balken symbolisiert alle weiteren Beispiele. 1 1 t F,min 1 1 2 3 4 1 tzl-1 t ZL t ZL t F,min t F Bild 7: Bestimmung der unteren Grenzwerte für die Verkehrsstärke Bei der Berechnung der minimalen Verkehrsstärke q min für den ersten Fall wird davon ausgegangen, dass die Freigabezeit von einem einzelnen Fahrzeug
angefordert wurde, dieses zu Beginn der Freigabezeit gefahren ist und dann kein weiteres Fahrzeug den Detektor aktiviert hat um die Freigabezeit zu verlängern. Die Anfangsstaulänge l a bei Grünbeginn beträgt daher 1 Kfz. Unter Berücksichtigung der Abminderung aufgrund nur teilweiser Relevanz a R,min ergibt sich daher der untere Grenzwert der Verkehrsstärke q min je Aktivierung der Freigabezeit zu qmin = ar,min l a [Kfz] Die Berücksichtigung des Abminderungsfaktors a R,min gewinnt natürlich erst wirklich an Sinn, wenn anstelle der Verkehrsstärke je Freigabezeit die Verkehrsstärke je Untersuchungsintervall berechnet werden soll, da innerhalb einer Freigabezeit nicht ein Bruchteil eines Fahrzeugs gemessen werden kann. Bei der Betrachtung des gesamten Intervalls kann es jedoch durchaus sein, dass in einigen der betrachteten Freigabezeiten kein Fahrzeug den Detektor befährt, so dass sich eine durchschnittliche Belastung ergibt, die geringer als 1 Kfz je Freigabezeit ist. Die betreffende Verkehrsstärke q min wird berechnet, in dem man den oben berechneten Wert mit der Anzahl der Freigabezeiten innerhalb des betreffenden Intervalls multipliziert. Das gleiche gilt natürlich auch für die im Folgenden vorgestellten Berechnungen. Ist die tatsächliche Freigabezeit t F länger als die Mindestfreigabezeit t F,min, bedeutet dies, dass zusätzlich zu dem Fahrzeug, welches die Freigabezeit aktiviert hat, mindestens ein Fahrzeug kurz vor Ende der Mindestfreigabezeit den Detektor aktiviert haben muss, welchem dann in einem Abstand, welcher nicht länger als die Bemessungszeitlücke t ZL sein darf, weitere Fahrzeuge folgen. Damit lässt sich der untere Grenzwert für die Verkehrsstärke q min wiederum je Aktivierung der Freigabezeit folgendermaßen beschreiben: t (t 1s) F F,min qmin = ar,min l a + [Kfz] tzl Obere Grenzwerte Die grafische Darstellung für die Berechnung der oberen Grenzwerte der Verkehrsstärke ist in Bild 8 dargestellt. 1 1 2 3 4 t B t B t B > t ZL t F,min 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 1 t B t B t B t B t B t B t B t B t B t B t F Bild 8: Bestimmung der oberen Grenzwerte für die Verkehrsstärke
Die maximale Verkehrsstärke für den Fall der Mindestfreigabezeit t F,min ergibt sich aus der Überlegung, dass zu Beginn der Freigabezeit so viele Fahrzeuge wie möglich den Detektor passieren, also in dem Abstand t B (Kehrwert der Sättigungsverkehrsstärke) aufeinander folgen. Vor Ende der Mindestfreigabezeit muss eine Zeitlücke von der Dauer der Bemessungszeitlücke t ZL bestehen, da die Freigabezeit ansonsten über die Dauer der Mindestfreigabezeit hinaus verlängert werden würde. = t (t + 1s) + F,min ZL qmax ar,2 1Kfz [Kfz] tb Bei einer längeren Freigabezeit muss die Bemessungszeitlücke t ZL am Ende der Freigabezeit nicht berücksichtigt werden, da in diesem Fall von einer sehr langen Freigabezeit ausgegangen wird, deren Ende sich entweder durch die Überschreitung einer absoluten Dauer oder durch das Verlassen eines Erlaubnisbereichs definiert. Es kann also während der gesamten Freigabezeit die Sättigungsverkehrsstärke q S abgefertigt werden. Neben dem Abminderungsfaktor aufgrund nur teilweiser Relevanz a R,max ist bei dieser Berechnung auch der Abminderungsfaktor aufgrund nicht vollständiger Sättigung a Sä von Bedeutung, so dass sich insgesamt die folgende Formel für die Berechnung des Grenzwerts ergibt: qmax = ar,max asä q S [Kfz] Glättungsverfahren Insbesondere der Fehlertyp 2 (Stadtbahnfahrzeuge werden mitgezählt) und eine der Ausprägungen des Fehlertyps 3 (Nichterfassung von Fahrzeugen Detektoren fallen in einzelnen Intervallen aus) führen zu sehr starken Schwankungen der Messwerte, die dann auch zu einer starken Schwankung der zugeordneten Freigabezeiten führen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sowohl die unteren als auch die oberen Grenzwertreihen zu glätten. Dafür wird jeder Wert dem gleitenden Mittelwert der vorangegangenen Einzelwerte gegenübergestellt. Überschreitet die Abweichung nach unten oder oben einen maximalen Wert, wird der betrachtete Wert gleich der maximal tolerierten Abweichung gesetzt. Durch dieses Vorgehen werden jedoch nur die unteren und oberen Grenzen für die mögliche Verkehrsstärke geglättet. Wird die detektierte Verkehrsstärke nur in wenigen Werten durch die Grenzen beeinflusst, erfolgt keine Glättung der Werte. Aus diesem Grund erscheint es zweckmäßig eine weitere Glättung durchzuführen, die sich nicht nur auf die Grenzwerte sondern direkt auf die detektierte Ganglinie bezieht. Das prinzipielle Vorgehen für diese zweite Glättung erfolgt analog zu der oben beschriebenen Vorgehensweise.
In den einzelnen Glättungsstufen steht zu entscheiden, wie stark die jeweilig ermittelten Werte vom gleitenden Mittelwert abweichen dürfen. Für die Glättung der unteren und oberen Grenzwerte werden die gleichen Faktoren genutzt: Abweichungen nach oben bzw. nach unten von jeweils mehr als 5 % werden nicht toleriert und dann auf den maximalen bzw. minimalen Wert geändert. Für die Glättung der Ergebnisse hat sich eine etwas schwächere Glättung als zielführend erwiesen. Während die Abweichung nach unten weiterhin nicht größer als 5 % sein darf, wird die obere Grenze für die Abweichung nach oben auf 7 % gesetzt Entscheidung Ist die automatisch detektierte Verkehrsstärke q det kleiner als der untere Grenzwert q min, wird die zu ermittelnde Verkehrsstärke q neu gleich diesem Grenzwert gesetzt. Das analoge Vorgehen wird gewählt, wenn die automatisch detektierte Verkehrsstärke q det größer als der obere Grenzwert q max ist. Keine Anpassung erfolgt, wenn die automatisch detektierte Verkehrsstärke q det zwischen den Grenzwerten liegt. In diesem Fall wird q neu dem detektierten Wert q det gleichgesetzt. 4.2 Validierung und Kalibrierung Das oben geschilderte Verfahren wurde an ungefähr der Hälfte der untersuchten Detektoren kalibriert. Die einzelnen Parameter und Rahmenbedingungen wurden dabei solange variiert, bis ein optimales Verbesserungsergebnis bestand. In einem nächsten Schritt wurden die verbleibenden 27 Detektoren für die Validierung herangezogen, wobei die Parameter nochmalig variiert wurden, um zu ermitteln, ob sich durch eine Verschiebung der Parameter bedeutende Verbesserung in den Ergebnissen der Validierungsgruppe ergeben. Da dies nicht der Fall war, werden die zuvor gewonnenen Parameter als optimal für die Verbesserung der Daten angesehen. 4.3 Ergebnis der Datenverbesserung Insgesamt hat sich eine signifikante Verbesserung der Datenqualität hinsichtlich aller verwendeten Kenngrößen ergeben, wie auch in Tabelle 3 zu sehen ist. Besonders deutlich sieht man die Verbesserungen bei der Betrachtung der Wurzel aus dem mittleren quadratischen Fehler WMQF und aus dem mittleren quadratischen Fehlerproportional WMQFP. Tabelle 3: Durchschnittliche Datenverbesserung Vor der Datenverbesserung Nach der Datenverbesserung Genauigkeit 68 % 77 % Korrelationskoeffizient,46,52 WMQF 8,8 5,89 WMQFP 6,75 1,27
In Bild 9 ist die Häufigkeitsverteilung der Genauigkeit bezogen auf die absolute Anzahl der Fahrzeuge dargestellt. Unterschiede lassen sich insbesondere in den niedrigeren Genauigkeitsklassen erkennen: Während zwölf Detektoren mit einer Genauigkeit von weniger als 4 % messen, lässt sich dieser Wert durch den Einsatz des Verbesserungsverfahrens auf fünf Detektoren reduzieren. Häufigkeit [-] 2 15 1 5 detektierte Werte verbesserte Werte < 1 % < 2 % < 3 % < 4 % < 5 % < 6 % < 7 % Genauigkeit (absolut) < 8 % < 9 % <= 1 % Bild 9: Änderung der Genauigkeit Die Qualität des entwickelten Verfahrens zur Datenverbesserung wird anhand einiger ausgewählter Beispiele als nächstes demonstriert. In Bild 1 sind einige Detektoren aufgeführt, die eine sehr hohe detektierte Verkehrsstärke im Vergleich zu der realen Verkehrsstärke aufweisen. Es sind sowohl die gezählten und die detektierten Verkehrsstärken als auch die Summen der verbesserten Ganglinien dargestellt. Die Abweichungen sind in einigen Fällen immer noch sehr groß und betragen in einigen Beispielen sogar weiterhin ein Vielfaches der tatsächlichen Verkehrsstärke. Im Vergleich zu den detektierten Werten haben sie sich jedoch um ca. 9 % verringert. Fahrzeuge [Kfz] 5. 4. 3. 2. 1. 75 148 291 12 2744 264 65 972 128 4815 594 831 34 276 Zählung Detektor Verbessert Zählung Detektor Verbessert Zählung Detektor Verbessert 492 Zählung Detektor Verbessert Zählung Detektor Verbessert 492-D21 492-D41 492-D61 532-D411 599-D51 Bild 1: Verbesserung der Genauigkeit bezüglich der absoluten Werte
Die verbesserten Ganglinien für einen besonders schlecht messenden Detektor sind in Bild 11 dargestellt. Die Verbesserung der Qualität der Ganglinien wird nicht nur durch die absoluten Zahlen und die optische Kontrolle sondern auch durch die statistische Analyse bestätigt. So sinkt beispielsweise die Wurzel aus dem mittleren quadratischen Fehler von 8,83 auf,93. Fahrzeuge [Kfz/5 min] 3 2 1 q Det492-D61 = 972 Kfz/13h q Zähl492-D61 = 65 Kfz/13h q Neu492-D61 = 128 Kfz/13h 1 26 51 76 11 126 151 Intervall Bild 11: Datenverbesserung 492-D61 4.4 Offene Probleme Prinzipiell nicht möglich ist es mit dem hier vorgestellten Verfahren, die Datenqualität an Detektoren zu verbessern, die als Nachbarn einen sehr viel stärkeren Strom haben, der zu der gleichen Signalgruppe gehört, also gleichzeitig freigegeben ist, und die als Hauptfehlerquelle die zusätzliche Detektion eben dieses Nachbarstroms haben. 5. Zusammenfassung Die Qualität automatisch an Lichtsignalanlagen erhobener Daten hängt von vielen Faktoren ab und ist in einigen Fällen als sehr gering einzustufen. Insbesondere Detektoren, die sehr gering belastet sind, messen oft große Teile der Nachbarströme zusätzlich, so dass eine gänzlich andere Verkehrssituation abgebildet wird, als tatsächlich vorliegt. Für ihren ursprünglichen Zweck, also die Lichtsignalsteuerung, reicht die Qualität der Datenerfassung in den meisten Fällen aus. Die mittlere Verlustzeit aller Fahrzeuge steigt bei Kombination aller an einem Knotenpunkt vorkommenden Detektorfehler um weniger als 5 s. Im Gegensatz dazu erscheint die Verbesserung der Daten für weitere Anwendungszwecke sinnvoll. Dafür wurde ein Verfahren entwickelt, für welches lediglich die Daten eines einzelnen Knotenpunkts benötigt werden, aber eine signifikante Verbesserung der Datenqualität bewirkt.
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