Die Finanzierung von Studienkosten und deren steuerliche Behandlung: Aktuelle Entwicklungen



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84 StB Heft 3 N März 2012 Einkommensteuer Professor Dr. Gunther Meeh-Bunse, Hochschule Osnabrück, und Tim Lühn, Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht, Lingen (Ems) * Die Finanzierung von Studienkosten und deren steuerliche Behandlung: Aktuelle Entwicklungen Die Entscheidung für bzw. gegen ein Studium wird maßgeblich durch die zu erwartenden Kosten beeinflusst. Dabei ist auch eine steuerliche Berücksichtigung der Studienkosten ein wichtiger Entscheidungsfaktor. Die Abzugsfähigkeit von Studienkosten für das Erststudium wurde in 2011 vom BFH in mehreren Entscheidungen anerkannt. Der Gesetzgeber erließ darauf noch im Dezember 2011 ein rückwirkendes Abzugsverbot, wogegen bereits jetzt erste Studierende Musterverfahren führen, um durch eine positive Entscheidung (letztinstanzlich durch das BVerfG) gleichwohl die Kosten für ihr Erststudium steuerlich berücksichtigen zu können. I. Einleitung Die Finanzierung eines Studiums ist ein Thema, das Menschen häufig über lange Lebensphasen hinweg begleitet. So befassen sich Eltern nicht erst kurz vor dem Abitur ihrer Kinder damit, ob für den Nachwuchs Geld für ein späteres Studium angespart werden soll und wie das praktisch erfolgen kann, ohne existenzielle Einschnitte machen zu müssen. Auch die Kinder überlegen nicht nur von den Inhalten her, sondern vielmals auch unter finanziellen Gesichtspunkten, ob sie sich ein Vollzeitstudium leisten können bzw. wollen. Alternative Berufsausbildungen oder das sog. duale Studium locken im Gegensatz zum Studium mit Ausbildungsvergütungen. Bei diesen Überlegungen können unter Umständen nach den BFH-Entscheidungen vom 28. 7. 2011 steuerliche Aspekte noch stärker mit in Erwägung gezogen werden. 1 In mehreren Entscheidungen hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und auch entgegen der Finanzverwaltung entschieden, dass die Studienkosten für ein Studium direkt nach dem Abitur vorweggenommene Werbungskosten darstellen können. 2 Die Reaktion des Gesetzgebers ließ nicht lange auf sich warten. Er ordnete mit dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BeitrR- UmsG) mit gesetzlicher Neuregelung den Ausschluss der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Erststudium bzw. die erstmalige Berufsausbildung mit Wirkung vom 14. 12. 2012 rückwirkend bis 2004 (!) an. Gegen diese gesetzliche Neuregelung sind bereits seit Januar 2012 erste Musterverfahren anhängig; in einem Fall gab es bereits die erste erstinstanzliche Entscheidung (FG Münster, 20. 12. 2011 5 K 3975/09 F; Revision zum BFH zugelassen; Az: VI R 8/12). Es werden nach Einschätzung der Autoren nicht die einzigen bleiben. Dieser Beitrag beleuchtet zunächst den zu erwarteten Finanzierungsbedarf für ein Vollzeitstudium nebst dem notwendigen Lebensunterhalt sowie ausgewählten Finanzierungsquellen zur Deckung des entsprechenden Bedarfs. Im Anschluss wird die steuerliche Behandlung von Studienkosten beim (steuerpflichtigen) Studierenden unter praktischen Gesichtspunkten behandelt, die diese durch die gravierenden ¾nderungen der BFH-Entscheidungen vom 28. 7. 2011 3 sowie die Gegenreaktion des Gesetzgebers erfahren hat. Der zu erwartende bzw. gewöhnliche Finanzierungsbedarf für ein Studium kann aufgrund dessen derzeit nämlich umfangreicher als bisher steuerlich berücksichtigt werden. Die nachfolgenden Ausführungen zur Finanzierung orientieren sich insbesondere an Studierenden, die ein Erststudium in einem Vollzeit-Bachelor-Studiengang betreiben, wobei diese Studiengänge für gewöhnlich eine Regelstudienzeit von 6 Semestern vorsehen. II. Finanzierungsbedarf Der Finanzierungsbedarf während eines Studiums hängt von vielen auch individuell beeinflussten Faktoren ab. So ist der Lebensunterhalt, falls ein großer Hochschulstandort gewählt wird, im Regelfall höher, als wenn ein Studium an einem kleineren Hochschulstandort aufgenommen wird. Dessen ungeachtet gibt es Anhaltspunkte bzw. Richtwerte, über die sich der Finanzierungsbedarf grob abschätzen lässt. Untersuchungen zeigen, dass Studierenden in Bachelor-Studiengängen in den ersten 6 Semestern durchschnittlich monatlich ca. 800 Euro zur Verfügung stehen, aus denen sie Studium und Lebensunterhalt bestreiten. In diesem Betrag sind ca. 20 Euro aus eigenen Rücklagen enthalten, so dass während des Studiums kaum die Möglichkeit zur Rücklagenbildung besteht. Für die steuerliche Berücksichtigung ist insoweit besonders von Interesse, dass Lernmittel in der Orientierung mit monatlich ca. 35 Euro angenommen werden. Für die Unterkunft von Studierenden, die nicht bei den Eltern wohnen, sind monatlich ca. 250 Euro einzukalkulieren. 4 Neben dem monatlichen Finanzierungsbedarf ist zur Ermittlung des Gesamtbedarfs an Finanzierungskosten die * Professor Dr. Gunther Meeh-Bunse ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwirtschaft und betriebliches Rechnungswesen an der Hochschule Osnabrück, Campus Lingen; Tim Lühn ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht in der Kanzlei Volbers Vehmeyer Partner GbR in Lingen. 1 BFH, 28. 7. 2011 VI R 38/10, VI R 7/10 und VI R 5/10. 2 Zu diesen Entscheidungen sowie den Kosten der Aus- und Fortbildung im Lichte der neuen Rechtsprechung des BFH siehe auch Neufang/Neufang, StB 2011, 350 ff. 3 BFH VI R 38/10, VI R 7/10 und VI R 5/10 (Fn. 1). 4 Z. B. Deutsches Studentenwerk, Ein Studium finanzieren, Stand 2/2011.

Heft 3 N März 2012 StB 85 zu erwartende Studiendauer maßgeblich. Diese liegt bei knapp 4 Jahren, wobei die Fachstudienzeit ca. dreieinhalb Jahre beträgt. 5 Um den Gesamtfinanzierungsbedarf für ein Studium grob zu schätzen, könnte somit z.b. von monatlich 800 Euro ausgegangen und dieser mit 42 Monaten (dreieinhalb Jahre) multipliziert werden. Der insoweit ermittelte Betrag von 33 600 Euro berücksichtigt dabei keine Zins- und Zinseszinseffekte. Diese wären nach den einschlägigen finanzmathematischen Methoden zu berechnen. Es ist allerdings zu beachten, dass dieser Gesamtfinanzierungsbedarf die heutzutage kaum wegzudenkenden Praktika im In- und Ausland, Auslandssemester, Sprachkurse zur Vorbereitung von Auslandssemestern bzw. zur Verbesserung der ebenfalls kaum verzichtbaren Kenntnisse von (teilweise mehreren) Fremdsprachen berücksichtigt. Sollte das Studium sogar ausschließlich im Ausland absolviert werden, ist mit einem weitaus höheren Gesamtfinanzierungsbedarf zu rechnen. Studienkosten, Lebensunterhalt und Mieten sind in England, der Schweiz, den U.S.A., aber auch schon in den Niederlanden deutlich höher als in Deutschland. III. Finanzierungsquellen Zur Finanzierung der Studienkosten stehen Studierenden unterschiedliche Finanzierungsquellen zur Verfügung. ¾hnlich dem Finanzierungsbedarf ist der Rückgriff auf die jeweilige Finanzierungsquelle bzw. der Umfang des Rückgriffs durch den jeweiligen Studierenden von der individuellen Situation beeinflusst. Typischerweise wird der Finanzierungsbedarf nicht nur durch eine, sondern durch zwei oder sogar mehrere Quellen gesichert. Zu den typischen Quellen gehören die Eltern, Verwandte, Mittel nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), eigener Verdienst neben dem Studium, Erspartes sowie Kredite und Stipendien. Relativ neu in Deutschland sind zudem sog. Bildungsfonds als Sonderform der Kredite. Dort investieren Geldgeber in die Studierenden und deren Studium mittels eines Darlehens, eventuell verknüpft mit Zusatzleistungen z. B. im Bereich der soft skills. Eltern, BAföG und eigener Verdienst stellen im Regelfall die wichtigsten Finanzierungsquellen dar. 1. Eltern Eltern sind gesetzlich verpflichtet, für einen angemessenen Unterhalt ihres Kindes während der Ausbildung und damit auch für ein Erststudium zu sorgen. Die Unterhaltspflicht besteht so lange, bis das Kind die wirtschaftliche Selbständigkeit erreicht. Wohnt der Studierende nicht mehr bei den Eltern, gilt als angemessener Unterhalt derzeit monatlich 670 Euro, 6 was dem BAföG-Höchstsatz entspricht. Dies korrespondiert mit dem o. g. monatlich verfügbaren Betrag der Studierenden von 800 Euro, da evtl. (allgemeine) Studienbeiträge und Studiengebühren sowie Krankenversicherungsbeiträge noch nicht in diesem Satz enthalten sind. Studienbeiträge können sich für Nicht-Langzeitstudierende teilweise auf bis zu 1000 Euro jährlich belaufen. Viele Bundesländer sind jedoch derzeit wieder dabei, die vor gar nicht allzu langer Zeit eingeführten Studienbeiträge wieder abzuschaffen bzw. haben diese bereits wieder abgeschafft. Die weitere Entwicklung bleibt hier abzuwarten, da die Abschaffung der Studienbeiträge offensichtlich zu Finanzierungsengpässen in Hochschulen führt. Gleichzeitig können bei einem Jahresnettoeinkommen der Eltern von Studierenden unter ca. 40000 Euro BAföG-Leistungen von den Studierenden in Anspruch genommen werden. Diese Leistungen schmälern die Unterhaltspflicht der Eltern, falls diese finanziell nicht oder nur teilweise zum Unterhalt des Studierenden in der Lage sind. Die Untersuchungen zeigen, dass ca. 85% bis 90% der Studierenden Unterstützung von den Eltern erhalten. Im Durchschnitt unterstützen die Eltern ein studierendes Kind monatlich mit etwa 400 Euro. 2. Eigenes Einkommen Aktuelle Erhebungen ergeben, dass sich gut die Hälfte der Studierenden zu einem erheblichen Teil während ihres Studiums durch eigenes Einkommen selbst mitfinanziert. Durchschnittlich verdienen Studierende etwa monatlich 300 Euro bzw. jährlich 3600 Euro selbst. 7 Diese Beträge sind im Regelfall für die Gewährung von Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag sowie für den Bezug von BAföG unschädlich (zur (Un)Schädlichkeit siehe unten III. 3.). Es ist allerdings zu beachten, dass in der Vorlesungszeit die wöchentliche Arbeitszeit 20 Stunden nicht überschreiten darf, da der Studierende andernfalls sozialversicherungsrechtlich als gewöhnlicher Arbeitnehmer gilt. Der Student ist dann nicht mehr über die Familienversicherung sozialversichert, sondern muss eine eigene Kranken- und Pflegeversicherung abschließen und entsprechende Beiträge entrichten. Bei Nebenjobs in den Semesterferien hat eine auf zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage begrenzte Beschäftigung auf die Sozialversicherung des Studierenden keine nachteiligen Auswirkungen. 3. BAföG Immerhin ca. 40% der Studierenden erhalten laut aktuellen Untersuchungen eine finanzielle BAföG-Förderung, die über das Studentenwerk beantragt wird. Studierende, die von der BAföG-Förderung profitieren, erhalten durchschnittlich monatlich knapp 400 Euro. Der BAföG-Höchstsatz liegt aktuell bei monatlich 670 Euro. 8 Der bewilligte Betrag hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Maßgebliche Faktoren sind, sofern eine Unterhaltspflicht der Eltern besteht, die Einkommenssituation der Eltern sowie eine auswärtige Unterbringung des Studierenden. Die Hälfte der BAföG-Förderung kann als zinsloses Darlehen in Anspruch genommen und muss zurückgezahlt werden. Die andere Hälfte ist ein nicht zurückzuzahlender Zuschuss. Im Regelfall kann im Falle einer Unterhaltspflicht der Eltern eine BAföG-Teilförderung in Anspruch genommen werden, wenn das jährliche Nettoeinkommen der Eltern ca. 35 000 Euro nicht überschreitet. Eine Voll-Förderung besteht nur, wenn 5 Hochschulrektorenkonferenz, Statistische Daten zur Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, 2010, S. 83. 6 So auch die Düsseldorfer Tabelle für 2011 als Richtsätze der Familiengerichte. 7 Middendorff et al., Studierende im Bachelor-Studium 2009, S. 42 (http://www.studentenwerke.de/pdf/bachelor-bericht_soz19.pdf). 8 Mehr unter www.bafoeg-bmbf.de bzw. www.baefog-rechner.de.

86 StB Heft 3 N März 2012 das jährliche Nettoeinkommen der Eltern ca. 20 000 Euro nicht überschreitet. 4. Kredite Kredite zur Deckung des Lebensunterhalts der Studierenden (ohne Studiengebühren) spielen, Untersuchungen folgend, nur eine untergeordnete Rolle, da sie lediglich 2% bis 5% der entsprechenden Kosten abdecken. 9 Allerdings finden sich Anhaltspunkte, dass die Bedeutung der Kreditfinanzierung zunimmt. Zum Jahresende 2010 waren unter dem KfW-Programm (Kreditanstalt für Wiederaufbau) Bildungskredit Mittel an 53 000 Studierende ausgereicht, die ein Erststudium betreiben. Darüber hinaus finden sich Programme von weiteren Finanzinstitutionen und staatlichen bzw. staatsnahen Institutionen, z. B. zur Finanzierung von Studiengebühren. Beim Bildungskredit handelt es sich um ein Programm der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesverwaltungsamt. Die Antragstellung erfolgt dort, die Auszahlung über die KfW-Bank. Unabhängig vom Einkommen der Eltern werden maximal 300 Euro/Monat für maximal 24 Monate gewährt. Der Bildungskredit dient der Finanzierung der Endphase eines Studiums. Die Verzinsung ist variabel und beträgt Stand Oktober 2011 2,78% p.a. Die erste Rate für Zins- und Tilgung ist 4 Jahre nach Erstauszahlung fällig und beträgt monatlich 120 Euro. Der KfW- Studienkredit ist ein Programm der KfW-Bank und wird über die Studentenwerke sowie über Banken und Sparkassen vertrieben, bei denen auch der Kreditantrag zu stellen ist. Der Kredit zielt insbesondere auf Studenten ab, die ein Erststudium betreiben. Bachelor- und anschließendes Masterstudium zählen dabei faktisch als ein Studium. Über eine Auszahlungsphase von 6 Monaten bis zu 7 Jahren können monatlich bis zu 650 Euro ausgezahlt werden. Der Zinssatz ist variabel und nach oben gedeckelt. Er beträgt Stand Oktober 2011 4,23% p. a. Die Rückzahlungsmodalitäten sind relativ flexibel, so dass ein Aufschub von Zins- und/ oder Tilgungszahlungen vereinbart werden kann. Die Tilgung erfolgt über einen Zeitraum von maximal 25 Jahren. 5. Stipendien Bislang spielten Stipendien nur für eine kleine Gruppe der Studierenden eine Rolle. Eine Untersuchung mit Datenbasis 2009 ergibt, dass ca. 3% aller Studierenden von einem Stipendium profitierten. Durch Einführung des Deutschlandstipendiums, aber auch durch darüber hinausgehende jüngst zu beobachtende Anstrengungen von Seiten der Bundesländer und der Wirtschaft, ist mit einer zunehmenden Bedeutung der Finanzierungsquelle Stipendium zu rechnen. Beispielsweise vergeben einige Volksbank- und Raiffeisenbanken Stipendien für Studierende an Hochschulen in ihrer Region. Allein vom Deutschlandstipendium werden nach aktuellen Planungen in der finalen Ausbauphase des Stipendienprogramms jährlich ca. 8% aller Studierenden profitieren. Der Förderumfang beträgt monatlich 300 Euro und wird hälftig vom Bund bzw. von privaten Geldgebern getragen. Derzeit erhalten ca. 0,5% aller Studierenden ein Deutschlandstipendium. Maßgebliche Kriterien für Gewährung eines Deutschlandstipendiums sind gute (Vor-)Leistungen in Schule und Hochschule sowie gesellschaftliches Engagement. IV. Steuerliche Behandlung von Studienkosten Bei der steuerlichen Behandlung von Studienkosten ist zwischen den Eltern und den Studierenden zu unterscheiden. 1. Steuerliche Behandlung der Studienkosten bei den Eltern a) Kindergeld/Kinderfreibeträge Der Staat unterstützt die Eltern, ihrer Unterhaltspflicht in finanzieller Hinsicht nachzukommen. So werden Kindergeld und Kinderfreibeträge derzeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes gewährt, wenn das Kind u.a. für einen Beruf ausgebildet wird ( 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG). Das Kindergeld beträgt derzeit 184 Euro für das erste und zweite Kind, 190 Euro für das dritte Kind und 215 Euro für das vierte und jedes weitere Kind ( 66 Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Kinderfreibetrag beträgt insgesamt 3504 Euro und setzt sich zusammen aus einem Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum in Höhe von 2184 Euro und einem Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 1320 Euro ( 32 Abs. 6 Satz 1 EStG). Im Fall der Zusammenveranlagung verdoppeln sich diese Freibeträge ( 32 Abs. 6 Satz 2 EStG). Allerdings entfallen Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag, wenn das Kind eigene Einkünfte und Bezüge von mehr als 8004 Euro, d.h. dem Grundfreibetrag, erzielt ( 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Die Grenze von 8004 Euro hat einen sog. Fallbeileffekt, d. h. ist die Grenze überschritten, dann wird das ausgezahlte Kindergeld insgesamt aberkannt (und die Rückzahlung gefordert) bzw. der Kinderfreibetrag insgesamt nicht gewährt. b) Günstigerprüfung Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass nach der von Amts wegen durchzuführenden Günstigerprüfung ( 31 EStG) eine steuerliche Begünstigung entweder durch das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erfolgt. Konkret prüft das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer, ob eine höhere steuerliche Entlastung der Eltern durch die Gewährung des Kindergeldes oder die Gewährung des Kinderfreibetrags unter Hinzurechnung des Kindergelds zur ermittelten tariflichen Einkommensteuer erfolgt ( 31 Satz 4 EStG). Gleichwohl werden die Eltern im laufenden Kalenderjahr durch die monatliche Auszahlung des Kindergeldes vom Staat unterstützt ( 31 Satz 3 EStG). Diese Vergleichsberechnung erfolgt für jedes Kind getrennt, 10 wobei das älteste Kind als das erste Kind gilt, etc. 11 c) Ausbildungsfreibetrag/Kranken- und Pflegeversicherung Für auswärtig untergebrachte Studierende gewährt der Staat den Eltern zur Abgeltung des Sonderbedarfs den sog. Ausbildungsfreibetrag von jährlich 924 Euro ( 33 a Abs. 2 Satz 1 EStG). Dieser mindert sich allerdings um eigene Ein- 9 Middendorff et al. (Fn. 7), S. 46 f. 10 R 31 Abs. 1 Satz 1 Familienlastenausgleich EStR. 11 H 66 Höhe des Kindergeldes sowie Zählkinder EStH.

Heft 3 N März 2012 StB 87 künfte und Bezüge des Kindes, soweit diese 1848 Euro im Kalenderjahr übersteigen ( 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG). Zudem können die Eltern seit dem Kalenderjahr 2009 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zur Basisabsicherung des Kindes wie eigene Beiträge als Sonderausgaben abziehen ( 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG) und dies sogar der Höhe nach unbeschränkt. d) Außergewöhnliche Belastungen Über diese steuerlichen Möglichkeiten hinaus können Zahlungen an Kinder für deren Unterhalt bzw. eine etwaige Berufsausbildung steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn für das Kind kein Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag besteht. In diesem Fall können Zahlungen an das Kind als außergewöhnliche Belastungen nach 33 a Abs. 1 EStG steuerlich abzugsfähig sein. Der Höchstsatz der insoweit abzugsfähigen Unterhaltszahlungen beträgt derzeit 8004 Euro ( 33a Abs. 1 Satz 1 EStG) und erhöht sich um die von den Eltern gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung Basisabsicherung sowie zur Pflegeversicherung ( 33 a Abs. 1 Satz 2 EStG). Die abzugsfähigen Unterhaltszahlungen werden aber um eigene Einkünfte oder Bezüge des Kindes gekürzt, wenn diese 624 Euro übersteigen ( 33a Abs. 1 Satz 5 EStG). 2. Steuerliche Behandlung der Studienkosten bei Studierenden a) Aufwendungen für Zweitstudium Unstreitig sind die Kosten für ein Zweitstudium (z. B. Masterstudium, Referendariat nach Jura- oder Lehramtsstudium, Erststudium nach abgeschlossener Ausbildung, Promotionsstudium) steuerlich als (vorweggenommene) Werbungskosten/Betriebsausgaben abzugsfähig (BMF, 22. 9. 2010 IV C 4 S 2227/07/10002 :002, BStBl. I 2010, 721, Rn. 3, 22ff.). Die entsprechenden Aufwendungen für ein solches Zweitstudium werden dann im Wege der Verlustfeststellung nach 10 d EStG durch das Finanzamt festgestellt und können entsprechend vorgetragen (bzw. rückgetragen) werden. b) Aufwendungen für Erststudium/erstmalige Berufsausbildung Der BFH hat mit seinen Entscheidungen vom 28. 7. 2011 festgestellt, dass die Aufwendungen für ein Erststudium bzw. eine erstmalige Berufsausbildung ebenfalls (vorweggenommene) Werbungskosten/Betriebsausgaben darstellen können. Folglich können entsprechende Aufwendungen im Wege der Verlustfeststellung nach 10 d EStG durch das Finanzamt festgestellt und dann vor- bzw. zurückgetragen werden. Der BFH hat in seinen Entscheidungen darauf hingewiesen, dass sowohl die bestehenden Abzugsverbote für Aufwendungen für ein Erststudium nach 12 Nr. 5 EStG sowie 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nach ihren Einleitungssätzen dann zurücktreten, wenn sie (d. h. die Aufwendungen) weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Infolge dieser Einleitungssätze sind die Abzugsverbote nur subsidiär anwendbar. Die Aufwendungen für ein Erststudium bzw. eine erstmalige Berufsausbildung sind damit als Werbungskosten ungeachtet von 12 Nr. 5 bzw. 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unbeschränkt abzugsfähig, sofern der im Einleitungssatz angesprochene konkrete Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der auf eine Einkünfteerzielung gerichteten Berufsausübung besteht. Der BFH hat ferner darauf hingewiesen, dass 12 Nr. 5 EStG selbst nicht die einzige Norm sei, die den Werbungskostenabzug begrenze oder ausschließe, wie dies das BVerfG im Urteil zur Pendlerpauschale 12 entschieden hat. Damit entwickelt der BFH seine Rechtsprechung, 13 wonach 12 Nr. 5 EStG kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Werbungskosten normiert, weiter fort. 14 Zum Verständnis des Begriffs der Studienkosten seien nachfolgend einige Beispiele aufgeführt. 15 Als Studienkosten für ein Erst- bzw. Zweitstudium kommen in Betracht: Studiengebühren und Semesterbeiträge, Einschreibegebühren, Aufwendungen für Arbeitsmittel (z.b. Computer, Drucker, Zubehör, Papier, Stifte, Ordner), Fachbücher, Telekommunikationsaufwendungen, Fahrtkosten (zur Bibliothek, zur Vorlesung, zu Seminaren, zu AGs), Studienfahrten, Umzugskosten (nicht nur für den Mietwagen, sondern neben der Umzugskostenpauschale auch für die notwendige Wohnungseinrichtung), Aufwendungen für ein Arbeitszimmer sowie Aufwendungen für Praktika und Auslandsaufenthalte (u. a. Reisekosten, Miete, pauschaler Verpflegungsmehraufwand). Darüber hinaus sind die Finanzierungskosten für das Studium (z. B. die Darlehenszinsen für ein Kfw-Darlehen) zu berücksichtigen. Wird ein Auslandssemester absolviert, können die Aufwendungen leicht einen fünfstelligen Eurobetrag erreichen, da hier infolge hoher Studiengebühren, Verpflegungsmehraufwendungen und Umzugskostenpauschale schnell und ohne besondere Belege mehrere Tausende Euro zusammenkommen. Beispielsweise beträgt der Verpflegungsmehraufwand für eine Abwesenheit von mind. 24 Stunden für Städte wie Paris oder London 48 Euro bzw. 60 Euro, so dass sich bei der Berücksichtigung von 90 Tagen für Verpflegungsmehraufwand 4320 Euro (Paris) bzw. 5400 Euro (London) zzgl. der Umzugskostenpauschale von 636 Euro ermitteln. Dazu kämen noch Reisekosten sowie Mietaufwendungen. Wird ein Studium ganz im Ausland absolviert, können sich allein die Studiengebühren an weniger renommierten Universitäten auf 5000 Euro und an renommierten Universitäten (insbes. in England, der Schweiz und den USA) auch auf 50000 Euro belaufen. c) Veranlassungsprinzp ( 9 Abs. 1 Satz 1 bzw. 4 Abs. 4 EStG) Es ist für die steuerliche Abzugsfähigkeit der entsprechenden Aufwendungen nach der ständigen Rechtsprechung völlig unbeachtlich, wer die Aufwendungen verauslagt oder von wem die Aufwendungen stammen. Ausschlaggebend für die steuerliche Abzugsfähigkeit ist nach dem Veranlassungsprinzip nämlich allein die entsprechende Veranlassung. 16 Eine Veranlassung setzt objektiv einen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Beruf voraus sowie subjektiv, dass die Aufwendungen zur Förderung des Berufs bestimmt sind. 17 12 BVerfG, 9. 12. 2008 2 BvL 1/07, u. a., BVerfGE 122, 210 ff. 13 BFH, 18. 6. 2009 VI R 14/07, BStBl. II 2010, 816; BFH-Urteile v. 18. 6. 2009 VI R 31/07, VI R 79/06, VI R 6/07, VI R 49/07. 14 Schneider, NWB 2011, 2840 f. 15 Weitere Details hierzu finden sich im Aufsatz von Neufang/Neufang, StB 2011, 350ff. 16 BFH, 11. 11. 2008 IX R 27/07, BFH/NV 2009, 901 ff.; BFH, 15. 1. 2008 IX R 45/07, BStBl. II 2008, 572ff.; FG Niedersachen, 24. 8. 2005 3 K 220/05, EFG 2006, 960 ff., rechtskräftig; Drenseck, in: Schmidt, EStG Kommentar, 2001, 9, Rn. 71. 17 BFH, 23. 8. 1999 GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 ff. mit Verweis auf weitere BFH-Urteile.

88 StB Heft 3 N März 2012 Das FG Münster hatte in seinem Urteil vom 20. 12. 2011 5 K 3975/09 F (Rev. Az BFH: VI R 8/12) den Veranlassungszusammenhang für einen Studenten der Internationalen Betriebswirtschaftslehre mit Studienaufenthalten im Ausland verneint, obwohl dessen Ersteinstellung als Assistent des Vertriebsvorstands einer Aktiengesellschaft auch Auslandssachverhalte beinhaltete. Nach der ständigen Rechtsprechung ist es für einen entsprechenden Abzug der Aufwendungen unschädlich, ob die Eltern Kindergeld bekommen bzw. einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag haben. Der Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag hat nämlich entgegen der häufig angeführten Ansicht der Finanzverwaltung nach der ständigen Rechtsprechung keine Sperrwirkung auf den Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. 18 Auch berühren über mehrere Jahre vorzunehmende Verlustfeststellungen sowie ggf. schwierige Einzelfragen nach der Rechtsprechung die Anerkennung von Werbungskosten grundsätzlich nicht. Solche Probleme sind im Einzelfall zu lösen und insoweit ggf. vorläufige Steuerfestsetzungen vorzunehmen. 19 Schließlich wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass der BFH in seiner o.g. Entscheidung auch ein weiteres Argument der Finanzverwaltung verworfen habe. 20 3c Abs. 1 EStG steht dem Abzug der Aufwendungen als (vorweggenommene) Werbungskosten/Betriebsausgaben selbst dann nicht entgegen, wenn die Einkünfte aus der zukünftigen Tätigkeit des Studierenden im Inland steuerfrei wären, z. B. weil die Tätigkeit im Ausland ausgeübt wird. 3 c Abs. 1 EStG betrifft nämlich nur solche Aufwendungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen stehen. 3. Erfolgte Gesetzesänderungen zum Jahreswechsel a) Abschaffung der Einkünfte-/Bezügegrenze Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde die Einkünfte- und Bezügegrenze (der Fallbeileffekt ) für die Gewährung von Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag nach 32 Abs. 4 EStG ab dem Kalenderjahr 2012 abgeschafft. 21 Nach Ansicht des Gesetzgebers gestaltete sich die Berechnung der Einkünfte und Bezüge für die sog. Fallbeilwirkung nämlich in vielen Fällen aufwendig und kompliziert. 22 Nach der ab 2012 geltenden Neuregelung soll ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung eines Erststudiums nur noch berücksichtigt werden, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Als unschädlich sollen allerdings eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne von 8, 8a SGB IV sein. 23 Der Gesetzgeber vermutet insoweit (widerlegbar), dass das Kind nach Abschluss von Erststudium bzw. Berufsausbildung selbst in der Lage sei, sich zu unterhalten. 24 Auch das BMF hat auf die neue Gesetzesregelung reagiert und nimmt in einem BMF- Schreiben ausführlich zu der neuen Regelung und deren Begrifflichkeiten (z. B. des Zweitstudiums) nebst Beispielsfällen Stellung. 25 Das BMF-Schreiben weicht aber insoweit vom Gesetzeswortlaut ab, als ein Kind wegen schädlicher Erwerbstätigkeit erst nach dem Abschluss einer erstmaligen Ausbildung oder eines Erststudiums nicht mehr berücksichtigt werden kann (Ziff. 1 und 2 des BMF-Schreibens), wohingegen eine Nichtberücksichtigung nach dem Gesetzeswortlaut erst nach dem Abschluss einer erstmaligen Ausbildung und eines Erststudiums erfolgt ( 32 Abs. 4 Satz 2 EStG i. d. F. ab 2012). Das BMF-Schreiben schränkt insoweit den Wortlaut des Gesetzes ein. Ob dies zulässig ist und sich hieraus Streitigkeiten zwischen Finanzbehörde/Familienkasse und Steuerpflichtigem ergeben werden, werden Praxis und Rechtsprechung zeigen. b) (Rückwirkender) Ausschluss des Abzugs von Studienkosten für erstmalige Berufsausbildung/ Erststudium als Werbungskosten/Betriebsausgaben Der Finanzausschuss hatte mit seinem Bericht vom 26. 10. 2011 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur ¾nderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz BeitrRUmsG) mit dem Vorschlag einer gesetzlichen Neuregelung eine Reaktion auf die o. g. BFH-Urteile gezeigt, um die vom Gesetzgeber gewollte Rechtslage anzupassen. Dabei betonten die Koalitionsfraktionen, dass die der ¾nderung zugrunde liegende BFH-Rechtsprechung von den meisten Sachverständigen nicht geteilt werde, ohne diese jedoch namentlich aufzuführen. Die gesetzliche Neuregelung sei aber erforderlich, weil die Koalition Nichtanwendungserlasse möglichst vermeiden wolle. Mit ihr solle die ursprüngliche Rechtslage wieder hergestellt sowie ein erheblicher Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. Euro vermieden werden. Um der geänderten Kostensituation und Preisentwicklung Rechnung zu tragen, solle der als Sonderausgaben abziehbare Höchstbetrag nach 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG von 4000 Euro auf 6000 Euro angehoben werden. Dies sollte nur zu 8 Mio. Euro Mindereinnahmen führen, da rund 10 000 Fälle von der Erhöhung des abziehbaren Höchstbetrags betroffen seien. Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der SPD stimmten diesem Vorschlag im Finanzausschuss gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie Stimmenthaltung der Fraktion Die LINKE zu. 26 Nachdem diese Beschlussempfehlung im weiteren Gesetzgebungsverfahren vorschlagsgemäß übernommen wurde, wurde das BeitrRUmsG am 13. 12. 2011 verkündet, 27 und die gesetzliche Neuregelung des Ausschlusses der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Studienkosten für die erstmalige 18 BFH, 27. 5. 2003 VI R 33/01, BStBl. II 2004, 884 ff.; BFH, 22. 7. 2003 VI R 4/02, BFH/NV 2004, 32; FG Niedersachen, 24. 8. 2005 3 K 220/05, EFG 2006, 960 ff., rechtskräftig. 19 BFH VI R 33/01 (Fn. 18). 20 Richter am FG Nacke, KSR direkt 2011, Heft 11, 3. 21 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/5125, 21. 3. 2011, 9, 19, Art. 18 Abs. 1 zum Inkrafttreten. 22 BT-Drs. 71/5125, 41. 23 Siehe Gesetzentwurf, vorstehende Fußnote, S. 9. geplante Neufassung von 32 Abs. 4 Satz EStG, der die bisherigen Sätze 2 bis 10 ersetzen soll. 24 BT-Drs. 17/5125, 41. 25 BMF, 7. 12. 2011 IV C 4 S 2282/07/0001-01, BStBl. I 2011, 1243. 26 Bericht des Finanzausschusses vom 26. 10. 2011 BT-Drs. 17/7524, 7. 27 BGBl. I 2011, 2592.

Heft 3 N März 2012 StB 89 Berufsausbildung und das Erststudium trat rückwirkend bis einschließlich 2004 in Kraft. 28 In 4 Abs. 9 sowie 9 Abs. 6 EStG wurde insoweit klarstellend ergänzt, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen ist. 4 Abs. 9 EStG enthielt folgenden Wortlaut: (9) Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Ausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Betriebsausgaben. 9 Abs. 6 EStG erhielt folgenden Wortlaut (6) Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Ausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. 29 Diese gesetzliche Klarstellung sei so die Ansicht des Finanzausschusses erforderlich, weil der BFH in seinen Entscheidungen bemängelt habe, dass der Wille des Gesetzgebers, die Kosten der Erstausbildung oder des Erststudiums vom Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben auszuschließen (BT-Drs. 15/3339, S. 10 f.), sich im Normengefüge des EStG nicht eindeutig genug wiederfinde. 30 Mit dem jetzt vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Abzugsverbot werde die Grundentscheidung des Gesetzgebers verdeutlicht, dass die erste Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der privaten Lebensführung zuzuordnen seien. Auch folge diese Grundentscheidung den Grundsätzen des Sozialrechts. 31 4. (Verfassungsrechtliche) Kritik an der gesetzlichen Neuregelung Gegen die gesetzliche Neuregelung wird vor dem FG Baden-Württemberg (Az. 10 K 4245/11) ein Musterverfahren geführt und eine Vorlage an das BVerfG begehrt. 32 Ein solches Musterverfahren wurde bereits im vergangenen Jahr durch den Sprecher des BFH vorhergesagt. 33 Gegen die Entscheidung des FG Münster vom 20. 12. 2011 5 K 3975/09 (s.o. IV. 2. c) ist Revision eingelegt (Az BFH: VI R 8/12). Die Neuregelung war schon vor ihrem Inkrafttreten stark kritisiert worden. Ein Richter des IV. Senats wies in einer Kommentierung der BFH-Entscheidungen darauf hin, dass der Gesetzgeber zwar einen weiten Typisierungsspielraum bei der Zuordnung von Berufsausbildungskosten habe. Von Verfassungs wegen sei aber nicht einfachgesetzlich zwischen beruflichem und privatem Veranlassungszusammenhang zu unterscheiden, sondern zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem und pflichtbestimmten Aufwand andererseits. 34 Daraus folgerte er, dass der BFH es zwar nicht ausspreche, aber für den BFH die selbstfinanzierte Berufsausbildung dem zwangsläufig pflichtbestimmten Aufwand zuzurechnen sei 35 und eine Beschränkung von Verfassungs wegen damit nur schwer möglich sein dürfte. Das objektive Nettoprinzip verlange nämlich die steuerliche Berücksichtigung von durch die Erwerbstätigkeit veranlassten (Studien-)Kosten. Eine Einschränkung ist nur bei hinreichend sachlichen Gründen zulässig. Ein entsprechender Rechtfertigungsgrund für eine solche Einschränkung sollte aber mehr als zweifelhaft erscheinen, wenn die Einschränkung einen völligen Ausschluss von faktisch unvermeidbarem und damit zwangsläufigem und pflichtbestimmten Erwerbsaufwand darstelle. 36 Schließlich habe das BVerfG auch in seiner Entscheidung zur Pendlerpauschale 37 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Verhinderung von staatlichen Einnahmeausfällen wie vom Finanzausschuss als Grund für die geplante Ergänzung angeführt kaum als entsprechender Rechtfertigungsgrund in Frage komme, da für die verfassungsgerechte Verteilung von Mehrbelastungen der Steuerpflichtigen nach dem Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit der Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß enthalte. 38 Auch die Orientierung des Finanzausschusses an den Grundsätzen des Sozialrechts als Grund für die geplante Ergänzung werde wohl kaum als entsprechender Rechtfertigungsgrund in Betracht gezogen werden können, da nach Ansicht des BFH beide Regelungsbereiche unterschiedliche Zwecke verfolgen. 39 In seinen Entscheidungen vom 28. 7. 2011 hat der BFH ferner ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sowohl die Frage eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz als auch gegen den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz einer rückwirkenden ¾nderung im Streitfall mangels konkreter Entscheidungserheblichkeit von ihm nicht zu beurteilen waren. Seine ausdrückliche Abstandnahme von den in seinen früheren Urteilen genannten Gründen (BStBl. II 2010, 816 sowie VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797), wonach 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und daraus fließenden Einnahmen in einem Zusammenhang stehen, halte er nicht mehr aufrecht. Aber der BFH wies insoweit ausdrücklich auch darauf hin, dass dies in den entsprechenden Urteilen nicht entscheidungserheblich war und auch nur eine Sichtweise darstelle, die keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm finde. Des Weiteren wies der BFH in seinen Entscheidungen vom 28. 7. 2011 selbst auf diverse andere seiner Entscheidungen in den letzten Jahren hin, wonach er regelmäßig entschieden habe, dass (i) der Werbungskostenabzug dem Sonderausgabenabzug als allgemeiner Grundsatz vorrangig sei und dies auch für Berufsausbildungskosten gelte, 40 (ii) 12 Nr. 5 EStG den Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber Sonderausgaben unberührt lasse und dem Werbungskostenabzug von Berufsausbildungskos- 28 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 26. 10. 2011, BT- Drs. 17/7469, 67 sowie Art. 25 mit Verweis auf die jeweiligen Vorschriften des EStG. 29 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 26. 10. 2011 (Fn. 29), 32. 30 BT-Drs. 17/7524, 12. 31 BT-Drs. 17/7524, 13. 32 Pressemitteilung DStV 1/12, vom 2. 1. 2012, www.dstv.de. 33 NWB, Heft 45, 3755 mit Verweis auf ein Zitat von Michael Wendt, Sprecher des BFH, FTD v. 25. 10. 2011. 34 BFH, 28. 7. 2011 VI R 38/10 unter Verweis auf BVerfG, 9. 12. 2008 2 BvL 1/07u. a., BVerfGE 122, 210, C. II. 4. 35 Schneider, NWB 2011, 2841. 36 Hilbert, NWB 2011, 3835 unter Verweis auf Schneider, NWB 2011, 2840 und NWB 2010, 3870. 37 BVerfG, 9. 12. 2008 2 BvL 1/07 u. a., BGBl. I 2008, 2888. 38 Hilbert, NWB 2011, 3835. 39 Hilbert, NWB 2011, 3835 unter Verweis auf BFH, 24. 3. 1999 I R 65/ 98, BStBl. II 2000, 41 m. w. N. 40 BFH, 4. 12.2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403 und BFH, 17. 12. 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003, 407.

90 StB Heft 3 N März 2012 ten nicht entgegenstehe 41, (iii) das FA und das beigetretene BMF im Streitfall ihre entgegenstehende Rechtsauffassung nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen konnten, der sich auch nur allein im Ausschussbericht (BT-Drs. 15/3339, S. 10) erkennen lasse, und (iv) 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nämlich keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug beinhalte. 42 Die Begründung des Finanzausschusses für die Einführung der Neuregelung ist damit nicht geeignet, die Verfassungsmäßigkeit dieser Neuregelung zu begründen, wie dies vom Finanzausschuss offensiv bekundet wurde. Zunächst ist nicht wie vom Finanzausschuss angeführt von einer gefestigten Rechtsprechung des BFH vor den Entscheidungen vom 28. 7. 2011 auszugehen, die geeignet ist, die rückwirkende Regelung zu begründen und damit einen Vertrauensschutz auszuschließen. Vielmehr hat der BFH ausdrücklich andere Entscheidungen wiederholt, in denen er den Vorrang des Werbungskostenabzugs vor dem Sonderausgabenabzug und 12 Nr. 5 EStG ausdrücklich in Bezug auf Studienkosten ausgesprochen hat. Diese Entscheidungen wurden im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Auch hat sich der BFH in seinen Entscheidungen vom 28. 7. 2011 zu der Frage der rückwirkenden ¾nderung sowie eines Verstoßes gegen das objektive Nettoprinzip mangels konkreter Entscheidungserheblichkeit nicht geäußert. 43 Zudem ist im Umkehrschluss aus der geplanten Ergänzung zu folgern, dass die Erstausbildungskosten ohne die zum Jahresende vorgenommene Einschränkung Erwerbsaufwendungen bei einem entsprechenden Veranlassungszusammenhang sind, 44 an dessen Vorliegen auch keine Zweifel bestehen. 45 V. Fazit und Ausblick Die Finanzierung eines Studiums stellt eine beträchtliche finanzielle Belastung dar, die die Studierenden kaum aus einer eigenen Beschäftigung während des Studiums bewältigen können. Daher sind Studierende zwingend auf die unterstützende Finanzierung der Eltern, BAFöG, Studienkredite sowie auch Stipendien angewiesen. Die entsprechenden Aufwendungen für das Studium können, vor allem bei Auslandsaufenthalten, einen fünfstelligen Euro-Betrag schnell überschreiten. Aus diesem Grund ist die steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen für die Studierenden von besonderer Bedeutung und bei der Entscheidung für oder gegen ein Studium mit einzubeziehen. (1) Aufwendungen für ein Zweitstudium Die steuerliche Begünstigung der Aufwendungen für ein Zweitstudium ist geklärt. Die entsprechenden Aufwendungen stellen keine nur auf den Höchstbetrag von derzeit 4000 Euro (bzw. ab 2012: 6000 Euro) begrenzt abziehbaren Sonderausgaben, sondern (vorweggenommene) Werbungskosten/Betriebsausgaben dar. Bei entsprechenden Aufwendungen ist der steuerliche Abzug der Höhe nach nicht begrenzt und die Aufwendungen können, wenn sie zu einem Verlust führen, nach 10d EStG als Verlust festgestellt und so auf zukünftige bzw. vergangene Einkünfte vor- bzw. zurückgetragen werden. Die so erzielbare Steuerersparnis sollte bei der Finanzierung eines Studiums mit berücksichtigt werden, weil auf diese Weise die tatsächliche finanzielle Belastung rückwirkend über die Verringerung von Steuerzahlungen im ersten Berufsjahr bzw. möglicherweise sogar den ersten Berufsjahren abgemildert wird. (2) Aufwendungen für erstmalige Ausbildung/Erststudium Für die erstmalige Ausbildung bzw. das Erststudium war diese steuerliche Abzugsfähigkeit nach den BFH-Urteilen vom Sommer ebenfalls für kurze Zeit wenigstens theoretisch möglich. In der Praxis verweigerten die Finanzbehörden allerdings die Umsetzung dieser Entscheidungen, da sie noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht seien. 46 Infolge der Reaktion des Gesetzgebers auf diese BFH-Urteile wurde die steuerliche Abzugsfähigkeit rückwirkend bis einschließlich 2004 ausgeschlossen. Gegen die gesetzliche Neuregelung wird vor dem FG Baden-Württemberg (Az. 10 K 4245/11) ein Musterverfahren geführt und eine vorzeitige Vorlage an das BVerfG begehrt. 47 (3) Empfehlung für das (weitere) Verfahren Angesichts der Höhe von entsprechenden Verlustvorträgen beim Erststudium ist es für jeden Studierenden finanzierungstechnisch betrachtet unausweichlich, entsprechende Anträge auf Verlustfeststellung bezüglich seiner Studienkosten zu stellen, um von dem jetzt anhängigen Musterverfahren zu profitieren. Dies gilt umso mehr ob der bestehenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung durch den Gesetzgeber. Den Steuerpflichtigen ist daher zu empfehlen, hinsichtlich dieses (Muster-)Verfahrens das Ruhen des Verfahrens im Wege des Einspruchs nach 363 Abs. 2 Satz 1 AO zu beantragen, 48 wenn bereits die Verlustfeststellung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung beantragt wurde, dies aber vom Finanzamt abgelehnt wird. Soweit eine vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist für die Verlustfeststellung im Einzelfall gilt, sollte zur Vermeidung des Eintritts der Festsetzungsverjährung ( 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO) eine Verlustfeststellung für 2009 durch die Abgabe einer entsprechenden Einkommensteuererklärung für 2009 beantragt werden, ggf. erst zum Ende des Jahres 2012, evtl. früher, wenn das derzeit beim FG Baden-Württemberg anhängige Musterverfahren beim BFH bzw. BVerfG anhängig ist. Es ist nämlich anzunehmen, dass sich die Finanzbehörden gegen eine Verfahrensruhe in der Regel wehren werden und die Voraussetzungen des 363 Abs. 2 Satz 1 AO ablehnen könnten. Dies gilt insbesondere für die Voraussetzungen einer Verfahrensruhe nach 363 Abs. 2 Satz 2, 1. HS AO bzw. eine vorläufige Steuerfestsetzung nach 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bzw. 4 oder Abs. 1 Satz 1 AO, da das Musterverfahren noch nicht vor dem BFH als oberstem Bundesgericht bzw. dem BVerfG anhängig ist. 41 BFH VI R 14/07 (Fn. 13). 42 Vgl. zuletzt BFH-Entscheidung VI R 14/07 (Fn. 13) m. w. N. 43 Schneider, NWB 2011, 2841. 44 Hilbert, NWB 2011, 3835. 45 Hilbert, NWB 2011, 3835 unter Verweis auf Drenseck, StuW 1999, 6. 46 So die Begründung in mehreren Steuerbescheiden zur Ablehnung der Umsetzung der BFH-Entscheidungen in Fällen, die der Verfasser Tim Lühn betreut hat. 47 Pressemitteilung DStV 1/12, vom 2. 1. 2012, www.dstv.de. 48 So auch der DStV in seiner Pressemitteilung vom 1. 2. 2012.

Heft 3 N März 2012 StB 91 (4) Nichtanwendung von BFH-Entscheidungen (rückwirkendes) Nichtanwendungsgesetz Die restriktive Handhabung der Finanzbehörden, Studienkosten für ein Erststudium bzw. eine erstmalige Berufsausbildung steuerlich als (vorweggenommene) Werbungskosten/Betriebsausgaben anzuerkennen, ergibt sich aus der ablehnenden Begründung der Finanzbehörden, die BFH- Urteile mangels Veröffentlichung im Bundessteuerblatt bereits in 2011 anzuwenden. Es zeigt sich auch, dass eine intensive und differenzierte Auseinandersetzung der Aussagen des BFH in diesen Urteilen in der Praxis nicht erfolgt bzw. erfolgen darf. Die Veröffentlichung dieser BFH-Entscheidungen wurde bis zum Inkraftttreten der gesetzlichen Neuregelung vom BMF zurückgehalten. Die Finanzbehörden haben diese Urteile daher faktisch einfach nicht angewendet, weil ihnen mangels Veröffentlichung im Bundessteuerblatt noch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. 49 Dies macht einmal mehr deutlich, wie der Gesetzgeber auf Zeit spielt, bis eine für ihn günstige geplante Gesetzesergänzung in Kraft getreten ist, um für ihn nachteilige BFH-Entscheidungen nicht umsetzen zu müssen. Angesichts der Tatsache, dass der BFH in seinen Entscheidungen vom 28. 7. 2011 auf diverse andere, bereits im Bundessteuerblatt veröffentlichte Entscheidungen mit o.g. ausdrücklichem Hinweis auf den Vorrang des Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzugs bei entsprechendem Veranlassungszusammenhang vor dem Sonderausgabenabzug und 12 Nr. 5 EStG bei Studienkosten hingewiesen hat, bestand u. E. keinerlei Grund für die Finanzverwaltung, die BFH-Entscheidungen vom 28. 7. 2011 mangels Veröffentlichung im Bundessteuerblatt nicht anzuwenden. Im Gegenteil: Der BFH hat mit seinen Entscheidungen vom 28. 7. 2011 nur ausdrücklich und eindeutig nachzuvollziehende Aussagen zu den Einleitungssätzen von 10 bzw. 12 EStG getroffen und den Vorrang des Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzugs wiederholt. Inhaltlich hat er in seinen Entscheidungen vom 28. 7. 2011 aber insoweit nur seine bisherige Rechtsprechung in anderen Entscheidungen bekräftigt. Diese anderen Entscheidungen haben seit ihrer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt für die Finanzverwaltung Gesetzeskraft erlangt und sind damit zwingend umzusetzen gewesen. Dies wird in der Praxis von den Finanzbehörden aber offensichtlich verkannt bzw. soll verkannt werden. An der Nichtbeachtung der BFH-Entscheidungen sowie der Einführung eines rückwirkenden Nichtanwendungsgesetzes zeigt sich (leider und erneut) einmal mehr, wie eine materiell-rechtlich, zugunsten des Steuerbürgers entschiedene Rechtslage von der Finanzverwaltung und dem Gesetzgeber (offensichtlich auf Veranlassung des BMF, was aus den Presseberichten zu schließen ist) auf die verfahrensrechtliche Ebene verlagert wird, um die Umsetzung der materiellrechtlichen Rechtsanwendung zu erschweren und zu verzögern, damit ein hoher Finanzausfall verhindert werden kann. Angesichts der öffentlichen Diskussionen um Fachkräftemangel und eines wesentlich aus Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung bestehenden Erwerbslebens wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Gesetzgeber die Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung bzw. das Erststudium, statt sie auszuschließen, als steuerlich abzugsfähige (vorweggenommene) Werbungskosten-/Betriebsausgaben anerkannt hätte. Dies ist für den Steuerbürger eher nachvollziehbar als verfahrenstechnische Verhinderungsmaßnahmen. Demgemäß darf auch die steigende Anzahl von Einspruchsverfahren und die damit einhergehende Überlastung der Finanzbehörden keine Verwunderung hervorrufen. 49 Diese Begründung haben mehrere Steuerbescheide in Fällen enthalten, die der Verfasser Tim Lühn betreut hat. Dies war auch die Begründung in dem vom FG Münster am 20. 12. 2011 5 K 3975/09 entschiedenen Streitfall.