Reklamation und Umtausch > Verlängerte Gewährleistungsfrist > Haftung für Mängel der Kaufsache > Unzutreffende Werbeaussage > Fehlerhafte Montageanleitung > Keine Haftung für unbegrenzte Haltbarkeit > Gewährleistungsrechte des Käufers > Nutzungsentschädigung > Verbrauchsgüterkauf > Beweislast > Rückgriff auf den Lieferanten > Garantie > Zahlungsverzug > Verjährung der Kaufpreisforderung Handelsverband Bayern e. V. Brienner Straße 45 80333 München Alexandra Weitmann Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) Telefon 089 55118-125 Fax 089 55118-118 E-Mail weitmann@hv-bayern.de Internet www.hv-bayern.de Stand 02/2018 1. Gesetzliche Gewährleistung Für den Fall der Mangelhaftigkeit einer Sache stehen dem Käufer umfassende Gewährleistungsrechte gemäß 437 ff. BGB zu. Für fehlerfreie Ware besteht jedoch kein Rücktritts- oder Umtauschrecht, wenn der Verkäufer ein solches nicht freiwillig einräumt. 1.1. Verlängerte Gewährleistungsfristen a) Die Verjährungsfrist für mangelhafte Ware beträgt 2 Jahre. Noch länger haftet der Baustoffhandel (Baumärkte). Hier beträgt die Verjährungsfrist 5 Jahre, wenn die Sache (z. B. Elektroinstallationsmaterial, Badarmaturen) entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat. Diese Fristen gelten sowohl für neue als auch gebrauchte Sachen. Es spielt auch keine Rolle, ob
es sich bei dem Käufer um einen Verbraucher oder Unternehmer handelt. Die Fristen beginnen mit der Ablieferung der Kaufsache beim Käufer. b) Die Verkürzung der Gewährleistungsfristen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ist nur beschränkt zulässig. Im Einzelnen gilt: Neue Sachen (außer Baumaterialien) Käufer ist Verbraucher: Verkürzung unzulässig 2 Jahre Käufer ist Unternehmer: Verkürzung zulässig auf 1 Jahr Gebrauchte Sachen (außer Baumaterialien) Käufer ist Verbraucher: Verkürzung zulässig auf 1 Jahr Käufer ist Unternehmer: Gewährleistung vollständig abdingbar Neue Baumaterialien eingebaut Käufer ist Verbraucher: Verkürzung unzulässig 5 Jahre Gebrauchte Baumaterialien eingebaut Käufer ist Verbraucher: Verkürzung zulässig auf 1 Jahr Käufer ist Unternehmer: Gewährleistung vollständig abdingbar 1.2. Haftung für Mängel der Kaufsache Gewährleistungsrechte stehen dem Käufer nur zu, wenn die Sache bei Übergabe mangelhaft ist. Ein Mangel liegt vor, wenn die Sache nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit (z. B. Verkaufsgespräch, Produktbeschreibung auf der Verpackung) hat oder sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, oder sich für die gewöhnliche Verwendung nicht eignet und auch nicht eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Des Weiteren liegt ein Mangel vor, wenn der Verkäufer eine andere Sache (Falschlieferung) oder eine geringere Menge (Zuweniglieferung) als vereinbart liefert. Die Haftung besteht in allen Fällen nicht nur für erhebliche, sondern auch für unerhebliche Mängel ( Bagatellschäden ). 1.3. Unzutreffende Werbeaussagen Der Verkäufer haftet auch für öffentlich geäußerte Eigenschaften der Kaufsache, insbesondere Werbeaussagen. Die Haftung besteht nicht nur für eigene falsche, sondern auch für unzutreffende Werbeaussagen des Herstellers oder seines Gehilfen (Fernseh- und Prospektwerbung). SEITE 2 /7
Unzutreffende Werbeaussagen des Herstellers sind aber unmaßgeblich, wenn der Verkäufer sie nicht kannte und auch nicht kennen musste, d. h. seine Unkenntnis nicht auf Fahrlässigkeit beruht, oder sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnten. 1.4. Fehlerhafte Montageanleitung Der Verkäufer haftet für eine fehlerhafte Montageanleitung, wenn sie dazu führt, dass die Kaufsache (z. B. Möbel) falsch zusammengebaut wird. Die Haftung entfällt jedoch, wenn der Käufer die Sache trotz des Mangels der Montageanleitung fehlerfrei montiert hat. 1.5. Keine Haftung für unbegrenzte Haltbarkeit Der Verkäufer muss während der langen Gewährleistungsfrist nicht für jeden Schaden oder jede Gebrauchsbeeinträchtigung an dem Kaufgegenstand einstehen. Er haftet nicht für den unsachgemäßen Gebrauch oder die unbegrenzte Haltbarkeit der Sache. Dem Käufer stehen somit z. B. bei verdorbenen Lebensmitteln nach Ablauf deren Haltbarkeitsdatums keine Ansprüche zu. Der Verkäufer hat auch nicht für den natürlichen Verschleiß oder die Abnutzung des Kaufgegenstandes einzustehen. Ebenso entfällt seine Haftung, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss kennt oder der Fehler ihm in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. 1.6. Gewährleistungsrechte des Käufers Der Käufer hat bei Lieferung einer mangelhaften Sache einen Anspruch auf Nacherfüllung gemäß 439 BGB, d. h. er kann nach seiner Wahl zunächst Nachbesserung (Reparatur) der fehlerhaften Sache oder Lieferung einer mangelfreien Sache (Ersatzlieferung) verlangen. Erst wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen, dem Verkäufer unzumutbar ist oder der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung aufgrund unverhältnismäßiger Kosten verweigert, hat der Käufer ebenfalls nach seiner Wahl einen Anspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag (Rückgabe der mangelhaften Ware und Rückzahlung des Kaufpreises), Bei einem unerheblichen Mangel ist der Rücktritt vom Vertrag nicht möglich. Kaufpreisminderung und Schadensersatz, unter der Voraussetzung, dass der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Zu ersetzen sind auch Schäden, die an anderen Sachen oder Personen eingetreten sind (Mangelfolgeschäden). Die Nacherfüllung ist dann gescheitert, wenn sie unmöglich oder wegen der Art des Mangels, Nebenpflichtverletzung etc. unzumutbar oder die dem Verkäufer zur Nacherfüllung gesetzte, angemessene Frist erfolglos abgelaufen ist. SEITE 3 /7
Eine Nachbesserung gilt in der Regel nach dem zweiten erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen. Alle im Rahmen der Nacherfüllung anfallenden Kosten hat der Verkäufer zu tragen. Dies sind insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten. Darüber hinaus muss der Verkäufer bei Einbau der Sache die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau der nachgebesserten oder nachgelieferten Sache tragen. Dies gilt nun auch bei Kaufverträgen zwischen Unternehmen. Eine Beschränkung in den AGB, die die Kostentragungspflicht ausschließt, ist unwirksam. Anders verhält es sich nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wohl bei der Rückabwicklung eines Vertrags im Falle eines Rücktritts. Hier ist ein Nutzungswertersatz weiter möglich (Urteil vom 16.09.2009, VIII ZR 243/08). 1.7. Verbrauchsgüterkauf ( 474 BGB) Kauft ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache, handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf. Die Besonderheit dieses Kaufs liegt darin, dass vertragliche Vereinbarungen zwischen Verkäufer und Verbraucher, die von den gesetzlichen Vorschriften zum Nachteil des Verbrauchers abweichen (z. B. Haftungsausschluss für Sachmängel, Wahlfreiheit des Käufers bei den Gewährleistungsansprüchen, Beweislast oder Verkürzung der Gewährleistungsfrist) grundsätzlich rechtsunwirksam sind. Dies gilt sowohl für Individualabreden als auch für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Etwas anderes gilt für gebrauchte Waren. Hier kann der Verkäufer die Gewährleistungsfrist vertraglich auf ein Jahr reduzieren. Damit ändert sich die Rechtslage für den Handel mit Gebrauchtwaren (Secondhand-Geschäfte), weil ein völliger Ausschluss der Mängelhaftung, wie bisher üblicherweise vereinbart, nicht mehr statthaft ist. Gemäß 474 Abs. 3 BGB kann der Verkäufer bei Nachlieferung im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs keinen Wertersatz für zwischenzeitlich gezogene Nutzungen der Ware verlangen. Darüber hinaus kann der Käufer einen Kostenvorschuss durch den Unternehmer für die entstehenden Kosten verlangen. 1.8. Beweislast Grundsätzlich muss der Käufer beweisen, dass die Kaufsache bei Übergabe an ihn fehlerhaft war. Anders verhält es sich beim Verbrauchsgüterkauf bei der Frage, ob ein nachgewiesener Mangel bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war. Hier wird gesetzlich vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb der ersten 6 Monate seit Übergabe des Kaufgegenstandes zeigt, bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hat. Dasselbe gilt bei gebrauchten Sachen. Der Verkäufer muss das Gegenteil beweisen. SEITE 4 /7
1.9. Rückgriff auf den Lieferanten a) Bei dem Verbrauchsgüterkauf hat der Verkäufer den Mangel der verkauften, neu hergestellten Sache in der Regel nicht zu vertreten, da der Fehler bereits bei der Herstellung des Produkts entstanden ist. Der Verkäufer kann deshalb bei seinem Lieferanten (Großhändler, Hersteller) Rückgriff nehmen, d. h. Nacherfüllung, Rücktritt vom Kaufvertrag, Kaufpreisminderung und Schadensersatz verlangen. Darüber hinaus hat der Lieferant die Aufwendungen des Verkäufers zu ersetzen, die diesem im Rahmen der Erfüllung der Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers entstanden sind. Dies sind insbesondere die Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten sowie nun auch Einund Ausbaukosten ( 445a BGB). Eine Fristsetzung zur Durchsetzung eines Rücktrittsrechts oder des Rechts auf Minderung nach 437 BGB, bedarf es nicht, wenn der Verkäufer die neu hergestellt Sache zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat ( 445a Abs. 2 BGB). Dies gilt für die gesamte Lieferkette. b) Die Beweislast des Verkäufers gegenüber dem Lieferanten ist dieselbe wie die des Verbrauchers gegenüber dem Verkäufer. Zeigt sich innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe der Kaufsache an den Verbraucher ein Mangel, wird vermutet, dass dieser bereits in dem Zeitpunkt vorhanden war, in dem der Lieferant die Sache dem Verkäufer übergeben hat. c) Die Gewährleistungsfrist des Verkäufers gegenüber dem Lieferanten beträgt ebenfalls zwei Jahre. Die Frist läuft aber frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt, in dem der Verkäufer die Mängelansprüche des Verbrauchers erfüllt hat, spätestens jedoch nach 5 Jahren seit Übergabe der Kaufsache an den Verkäufer ab. Dies gilt ebefalls für die gesamte Lieferkette ( 445b BGB). Beispiel: Lieferung der Ware an Verkäufer: 16.01.2017 Verkauf an Verbraucher: 16.04.2017 Mängelrüge Verbraucher und Nacherfüllung Verkäufer: 16.02.2019 Ablauf Gewährleistungsfrist Verkäufer gegenüber Lieferant: 16.04.2019 d) Der Rückgriff des Verkäufers kann einzelvertraglich und in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vollständig oder teilweise ausgeschlossen werden, wenn der Lieferant dem Verkäufer einen gleichwertigen Ausgleich einräumt. Der gleichwertige Ausgleich ist zwischen Unternehmern vertraglich vereinbar. Es kann sich dabei, wie bisher, um pauschale Abgeltungssysteme oder Einzelabrechnungen für Gewährleistungsreparaturen oder die Annahme und Abwicklung von Gewährleistungsfällen handeln. Mit Pauschalen können die Einzelansprüche des Verkäufers ausgeschlossen werden. Sie müssen aber insgesamt den berechtigten Interessen des Verkäufers Rechnung tragen. e) Beim Rückgriff auf den Lieferanten ist die Untersuchungs- und Rügepflicht des Händlers gemäß 377 HGB gegenüber dem Lieferanten von maßgeblicher Bedeutung. SEITE 5 /7
Hiernach hat der Händler die Ware unverzüglich nach Erhalt zu untersuchen (bei Massenwaren genügen in der Regel Stichproben) und, wenn sich ein Mangel zeigt, diesen dem Lieferanten unverzüglich anzuzeigen. Unterlässt dies der Händler, gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, es handelt sich um einen versteckten Mangel. 2. Garantie Die Garantie unterscheidet sich von der gesetzlichen Gewährleistung dadurch, dass sie dem Käufer mehr Rechte einräumt als das Gesetz. Sowohl Verkäufer als auch Hersteller oder andere Dritte können Garantien zusagen. Die Garantie ist freiwillig. Der Garantiegeber kann deshalb ihren Umfang bestimmen. Er legt fest, ob die Garantie für die gesamte oder nur für einzelne Teile der Kaufsache und für welche Zeit sie gilt sowie welche zusätzlichen Gewährleistungsrechte eingeräumt werden. Garantien müssen nicht schriftlich vereinbart werden. Sie können auch im Verkaufsgespräch und durch Angaben in der Werbung über bestimmte Eigenschaften der Sache (z. B. Haltbarkeitsdauer des Produkts) erteilt werden. Tritt während der Garantie ein Mangel der Sache auf, wird gesetzlich vermutet, dass dem Käufer die Rechte aus der Garantie zustehen. Der Garantiegeber haftet nur dann nicht, wenn er nachweisen kann, dass der Käufer den Mangel verschuldet hat. Beim Verbrauchsgüterkauf muss die Garantie einfach und verständlich abgefasst sein, einen Hinweis auf die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche enthalten sowie darauf, dass diese nicht eingeschränkt werden, alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere Dauer und räumlicher Geltungsbereich des Schutzes, sowie Name und Anschrift des Garantiegebers nennen. Fehlen eine oder mehrere dieser Anforderungen, wird die Garantie dadurch nicht rechtsunwirksam. (Es besteht jedoch die Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung falls mit einer unzureichenden Garantieerklärung geworben wird.) 3. Zahlungsverzug Wann der Käufer mit der Bezahlung des Kaufpreises in Verzug gerät, bestimmt sich nach dessen Fälligkeit. a) Ist vertraglich nichts vereinbart, wird der Kaufpreis mit Übergabe der Kaufsache zur Zahlung fällig. Verzug tritt aber erst nach einer Mahnung ein. b) Wird vertraglich ein bestimmter Zahlungstermin vereinbart, kommt der Käufer in Verzug, wenn er nicht rechtzeitig zahlt. Eine Mahnung ist in diesem Fall nicht erforderlich. c) Eine Mahnung ist auch entbehrlich, wenn Zahlung mit Ablauf einer festen Frist nach einem bestimmten Ereignis vereinbart wurde (z. B. 14 Tage nach Lieferung). SEITE 6 /7
d) Eine Mahnung ist ebenfalls nicht erforderlich, wenn der Käufer die Zahlung ernsthaft und endgültig verweigert. e) Schließlich gerät der Käufer spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Dies gilt beim Verbrauchsgüterkauf nur, wenn der Käufer auf diese Folge in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. f) Ab Beginn des Verzugs schuldet der Käufer dem Verkäufer neben dem Kaufpreis Verzugszinsen. Ist der Käufer oder Verkäufer Verbraucher beträgt der Zinssatz 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank. Bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern beläuft sich der Zinssatz auf 8 %- Punkte über dem Basiszinssatz. 4. Verjährung der Kaufpreisforderung Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt einheitlich drei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Kaufpreisforderung fällig wurde. Verhandeln Käufer und Verkäufer über die Kaufpreisforderung (z. B. bei Lieferung einer mangelhaften Sache), wird die Verjährung solange gehemmt, bis entweder der Verkäufer oder der Käufer die Verhandlungen abbricht. Hemmung heißt, dass die Verjährungsfrist um die Dauer der Verhandlungen verlängert wird. Für Fragen zum Kauf- und Gewährleistungsrecht stehen Ihnen die Bezirksgeschäftsstellen des Verbandes zur Verfügung. Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Ihre Ansprechpartner in den HBE-Bezirksgeschäftsstellen finden Sie unter www.hv-bayern.de SEITE 7 /7