Formale Systeme Hilbert-Kalku l Prof. Dr. Peter H. Schmitt KIT I NSTITUT F U R T HEORETISCHE I NFORMATIK KIT Universita t des Landes Baden-Wu rttemberg und nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu
Kalküle für die Aussagenlogik Übersicht 1. Hilbert-Kalkül Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 2/15
Kalküle für die Aussagenlogik Übersicht 1. Hilbert-Kalkül 2. Resolutionskalkül Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 2/15
Kalküle für die Aussagenlogik Übersicht 1. Hilbert-Kalkül 2. Resolutionskalkül 3. Tableaukalkül Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 2/15
Kalküle für die Aussagenlogik Übersicht 1. Hilbert-Kalkül 2. Resolutionskalkül 3. Tableaukalkül 4. Sequenzenkalkül Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 2/15
Beispiel einer Beweisregel Die Regel mit Schemavariablen α,β,γ α β, β γ, γ α α Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 3/15
Beispiel einer Beweisregel Die Regel mit Schemavariablen α,β,γ α β, β γ, γ α α Eine Instanz mit α = P 1 β = 0 γ = P 1 P 2 Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 3/15
Beispiel einer Beweisregel Die Regel mit Schemavariablen α,β,γ α β, β γ, γ α α Eine Instanz mit α = P 1 β = 0 γ = P 1 P 2 P 1 0, 0 (P 1 P 2 ), (P 1 P 2 ) P 1 P 1 Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 3/15
Beweisregeln, abstrakt Definition Für ein n IN ist eine n-stellige Regel R eine entscheidbare, n + 1-stellige Relation über der Menge der Formeln. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 4/15
Beweisregeln, abstrakt Definition Für ein n IN ist eine n-stellige Regel R eine entscheidbare, n + 1-stellige Relation über der Menge der Formeln. Ist (u 1,..., u n, u n+1 ) R, so heißen Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 4/15
Beweisregeln, abstrakt Definition Für ein n IN ist eine n-stellige Regel R eine entscheidbare, n + 1-stellige Relation über der Menge der Formeln. Ist (u 1,..., u n, u n+1 ) R, so heißen (u 1,..., u n, u n+1 ) eine Instanz von R Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 4/15
Beweisregeln, abstrakt Definition Für ein n IN ist eine n-stellige Regel R eine entscheidbare, n + 1-stellige Relation über der Menge der Formeln. Ist (u 1,..., u n, u n+1 ) R, so heißen (u 1,..., u n, u n+1 ) eine Instanz von R u 1,..., u n die Prämissen dieser Instanz Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 4/15
Beweisregeln, abstrakt Definition Für ein n IN ist eine n-stellige Regel R eine entscheidbare, n + 1-stellige Relation über der Menge der Formeln. Ist (u 1,..., u n, u n+1 ) R, so heißen (u 1,..., u n, u n+1 ) eine Instanz von R u 1,..., u n die Prämissen dieser Instanz u n+1 die Conclusio dieser Instanz. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 4/15
Beweisregeln, abstrakt Definition Für ein n IN ist eine n-stellige Regel R eine entscheidbare, n + 1-stellige Relation über der Menge der Formeln. Ist (u 1,..., u n, u n+1 ) R, so heißen (u 1,..., u n, u n+1 ) eine Instanz von R u 1,..., u n die Prämissen dieser Instanz u n+1 die Conclusio dieser Instanz. Wir schreiben meist u 1,..., u n u n+1 Die Instanzen von nullstelligen Regeln heissen auch Axiome. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 4/15
Ableitungen, abstrakt Sei eine Formelmenge L, eine Menge M von Voraussetzungen und eine Menge von Regeln festgelegt. Definition Eine Ableitung aus M ist eine Folge (u 1,..., u m ) von Formeln in L, so dass für jedes i {1,..., m} gilt: u i ist Axiom; oder Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 5/15
Ableitungen, abstrakt Sei eine Formelmenge L, eine Menge M von Voraussetzungen und eine Menge von Regeln festgelegt. Definition Eine Ableitung aus M ist eine Folge (u 1,..., u m ) von Formeln in L, so dass für jedes i {1,..., m} gilt: u i ist Axiom; oder u i M; oder Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 5/15
Ableitungen, abstrakt Sei eine Formelmenge L, eine Menge M von Voraussetzungen und eine Menge von Regeln festgelegt. Definition Eine Ableitung aus M ist eine Folge (u 1,..., u m ) von Formeln in L, so dass für jedes i {1,..., m} gilt: u i ist Axiom; oder u i M; oder es gibt eine Instanz einer Regel mit j 1,..., j n < i u j1,..., u jn u i Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 5/15
Ableitungen, abstrakt Sei eine Formelmenge L, eine Menge M von Voraussetzungen und eine Menge von Regeln festgelegt. Definition Eine Ableitung aus M ist eine Folge (u 1,..., u m ) von Formeln in L, so dass für jedes i {1,..., m} gilt: u i ist Axiom; oder u i M; oder es gibt eine Instanz einer Regel mit j 1,..., j n < i u j1,..., u jn u i Man beachte, dass u 1 ein Axiom oder ein Element von M sein muss. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 5/15
Ableitbarkeit, abstrakt Eine Formel A heisst ableitbar aus M, kurz M A genau dann, wenn es eine Ableitung (u 1,..., u m ) gibt mit u m = A. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 6/15
Ableitbarkeit, abstrakt Eine Formel A heisst ableitbar aus M, kurz M A genau dann, wenn es eine Ableitung (u 1,..., u m ) gibt mit u m = A. Für u schreiben wir u, für {v} u schreiben wir v u. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 6/15
Ableitbarkeit, abstrakt Eine Formel A heisst ableitbar aus M, kurz M A genau dann, wenn es eine Ableitung (u 1,..., u m ) gibt mit u m = A. Für u schreiben wir u, für {v} u schreiben wir v u. Falls erforderlich wird der Kalkül in der Notation mit angezeigt, also M Kal u. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 6/15
David Hilbert Wesentlicher Begründer der axiomatischen Logik David Hilbert 1862, 1943 Einer der bedeutensten und einflußreichsten Mathematiker aller Zeiten Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 7/15
David Hilbert Wesentlicher Begründer der axiomatischen Logik David Hilbert 1862, 1943 Einer der bedeutensten und einflußreichsten Mathematiker aller Zeiten Professor in Königsberg und Göttingen Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 7/15
David Hilbert Wesentlicher Begründer der axiomatischen Logik David Hilbert 1862, 1943 Einer der bedeutensten und einflußreichsten Mathematiker aller Zeiten Professor in Königsberg und Göttingen Wichtige Beiträge zu Logik Funktionalanalysis Zahlentheorie Mathematische Grundlagen der Physik uvm. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 7/15
Die Regeln des Hilbertkalküls Definition Ax1: Ax2: α (β α) (α (β γ)) ((α β) (α γ)) Ax3: Mp: ( α β) (β α) α, α β β (Modus ponens) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 8/15
Eine Ableitung für H0 A A 1. ( }{{} A α (( }{{} A α ((A} {{ A} ) }{{} A β γ (A A)) ( A }{{} β }{{} α )) }{{} A )) Ax2 γ Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 9/15
Eine Ableitung für H0 A A 1. ( }{{} A α (( }{{} A α ((A} {{ A} ) }{{} A β γ (A A)) ( A }{{} β }{{} α )) }{{} A )) Ax2 γ 2. A ((A A) A) Ax1 Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 9/15
Eine Ableitung für H0 A A 1. ( }{{} A α (( }{{} A α ((A} {{ A} ) }{{} A β γ (A A)) ( A }{{} β }{{} α )) }{{} A )) Ax2 γ 2. A ((A A) A) Ax1 3. (A (A A)) (A A) Mp auf (2),(1) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 9/15
Eine Ableitung für H0 A A 1. ( }{{} A α (( }{{} A α ((A} {{ A} ) }{{} A β γ (A A)) ( A }{{} β }{{} α )) }{{} A )) Ax2 γ 2. A ((A A) A) Ax1 3. (A (A A)) (A A) Mp auf (2),(1) 4. A (A A) Ax1 Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 9/15
Eine Ableitung für H0 A A 1. ( }{{} A α (( }{{} A α ((A} {{ A} ) }{{} A β γ (A A)) ( A }{{} β }{{} α )) }{{} A )) Ax2 γ 2. A ((A A) A) Ax1 3. (A (A A)) (A A) Mp auf (2),(1) 4. A (A A) Ax1 5. A A Mp auf (3),(4) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 9/15
Deduktionstheorem Theorem (Deduktionstheorem der Aussagenlogik) Für beliebige Formelmengen M und Formeln A, B gilt: M H0 A B M {A} H0 B Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 10/15
Deduktionstheorem Theorem (Deduktionstheorem der Aussagenlogik) Für beliebige Formelmengen M und Formeln A, B gilt: M H0 A B M {A} H0 B Proof. Es gelte M A B. Dann M {A} A B. (erst recht) M {A} A (trivialerweise) M {A} B (Mp) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 10/15
Deduktionstheorem (Forts.) Proof. Es gelte: M {A} B. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 11/15
Deduktionstheorem (Forts.) Proof. Es gelte: M {A} B. Sei (A 1,..., A m ) Ableitung von B aus M {A}. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 11/15
Deduktionstheorem (Forts.) Proof. Es gelte: M {A} B. Sei (A 1,..., A m ) Ableitung von B aus M {A}. Ziel: M A B, d. h. M A A m. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 11/15
Deduktionstheorem (Forts.) Proof. Es gelte: M {A} B. Sei (A 1,..., A m ) Ableitung von B aus M {A}. Ziel: M A B, d. h. M A A m. Wir zeigen für alle i {1,..., m} : durch Induktion über i. M A A i Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 11/15
Deduktionstheorem (Forts.) Proof. Es gelte: M {A} B. Sei (A 1,..., A m ) Ableitung von B aus M {A}. Ziel: M A B, d. h. M A A m. Wir zeigen für alle i {1,..., m} : durch Induktion über i. Sei i mit 1 i m gegeben. M A A i Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 11/15
Deduktionstheorem (Forts.) Proof. Es gelte: M {A} B. Sei (A 1,..., A m ) Ableitung von B aus M {A}. Ziel: M A B, d. h. M A A m. Wir zeigen für alle i {1,..., m} : M A A i durch Induktion über i. Sei i mit 1 i m gegeben. Nehmen wir also an, dass für alle j < i schon gezeigt ist: M A A j. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 11/15
Deduktionstheorem (2. Forts.) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 12/15
Deduktionstheorem (2. Forts.) 1.Fall: A i M Ax1 Ax2 Ax3. Dann gilt: M A i (trivial) M A i (A A i ) (Ax1) M A A i (Mp) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 12/15
Deduktionstheorem (2. Forts.) 1.Fall: A i M Ax1 Ax2 Ax3. Dann gilt: M A i (trivial) M A i (A A i ) (Ax1) M A A i (Mp) 2.Fall: A i = A. Wir haben M A A schon gezeigt. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 12/15
Deduktionstheorem (3. Forts.) Proof. 3.Fall: Es gibt j < i und k < i mit A k = A j A i. Nach obiger Annahme (Induktionsvoraussetzung) wissen wir: M A A j M A (A j A i ) Man hat ferner M (A (A j A i )) (A A j ) (A A i )) (Ax2) also M A A i (2mal Mp). Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 13/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) {A B, B C, A} A B (triv.) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) {A B, B C, A} A B (triv.) {A B, B C, A} B (MP) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) {A B, B C, A} A B (triv.) {A B, B C, A} B (MP) {A B, B C, A} B C (triv.) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) {A B, B C, A} A B (triv.) {A B, B C, A} B (MP) {A B, B C, A} B C (triv.) {A B, B C, A} C (MP) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) {A B, B C, A} A B (triv.) {A B, B C, A} B (MP) {A B, B C, A} B C (triv.) {A B, B C, A} C (MP) {A B, B C} A C (DT) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) {A B, B C, A} A B (triv.) {A B, B C, A} B (MP) {A B, B C, A} B C (triv.) {A B, B C, A} C (MP) {A B, B C} A C (DT) {A B} (B C) (A C) (DT) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Beispiel einer Ableitung mit Deduktionstheorem {A B, B C, A} A (triv.) {A B, B C, A} A B (triv.) {A B, B C, A} B (MP) {A B, B C, A} B C (triv.) {A B, B C, A} C (MP) {A B, B C} A C (DT) {A B} (B C) (A C) (DT) (A B) ((B C) (A C)) (DT) Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 14/15
Metatheoreme zu H0 Theorem (Endlichkeitssatz für die Aussagenlogik) Sei M eine Menge aussagenlogischer Formeln, A eine aussagenlogische Formel. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 15/15
Metatheoreme zu H0 Theorem (Endlichkeitssatz für die Aussagenlogik) Sei M eine Menge aussagenlogischer Formeln, A eine aussagenlogische Formel. 1. M H0 A M = A Korrektheit von H0 Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 15/15
Metatheoreme zu H0 Theorem (Endlichkeitssatz für die Aussagenlogik) Sei M eine Menge aussagenlogischer Formeln, A eine aussagenlogische Formel. 1. M H0 A M = A Korrektheit von H0 2. M = A M H0 A. Vollständigkeit von H0 Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 15/15
Metatheoreme zu H0 Theorem (Endlichkeitssatz für die Aussagenlogik) Sei M eine Menge aussagenlogischer Formeln, A eine aussagenlogische Formel. 1. M H0 A M = A Korrektheit von H0 2. M = A M H0 A. Vollständigkeit von H0 3. Aus M = A folgt schon E = A für eine endliche Teilmenge E von M. Prof. Dr. Peter H. Schmitt Formale Systeme 15/15