Übungen zur Physik der Materie 1 Musterlösung Blatt 3 - Quantenmechanik Sommersemester 2018 Vorlesung: Boris Bergues ausgegeben am 26.04.2018 Übung: Nils Haag (Nils.Haag@lmu.de) besprochen am 02.05.2018 Die bereitgestellte Musterlösung enthält Lösungsvorschläge ohne Gewähr. Sollten Sie Fehler in der Musterlösung finden, senden Sie Nils Haag bitte eine Mail. In der Klausur können Sie sich nicht auf Fehler in den Lösungen berufen. Aufgabe 6: Interpretation der QM a) Welche Rolle spielt die Wellenfunktion ψ(x) in der Quantenmechanik? b) Welche Bedeutung hat das Betragsquadrat der Wellenfunktion eines Teilchens ψ(x) 2? c) Welchen numerischen Wert hat ψ(x) 2 dx? Wie hängt dies von der Wellenfunktion oder dem Experiment ab? d) Diskutieren Sie die Auswirkungen der Born schen Wahrscheinlichkeitsinterpretation auf die Möglichkeit, Vorhersagen für Experimente zu tätigen. e) In welchen Fällen berechnet sich das Interferenzbild an einem Doppelspalt aus P (x) = ψ 1 (x) + ψ 2 (x) 2 und wann muss man P (x) = ψ 1 (x) 2 + ψ 2 (x) 2 verwenden? Diskutieren Sie, inwiefern dies analog zur Optik ist, indem Sie statt der Wellenfunktionen die elektrischen Felder von Lichtwellen betrachten. Lösungsvorschlag A6 a) ψ(x) beschreibt den quantenmechanischen Zustand eines Objektes vollständig. Im Allgemeinen ist ψ(x, t) auch noch von der Zeit abhängig, da sich der Zustand dynamisch ändern kann (z.b. Bewegung im Raum...). b) Dies ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte im Raum. Somit ist ψ(x) 2 dx die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen im Bereich dx um den Ort x zu finden. c) Dies ist die Integration der Aufenthaltswahrscheinlichkeit über den gesamten Raum, also die Gesamtwahrscheinlichkeit, das Teilchen irgendwo zu finden. Dies muss eins sein: ψ(x) 2 dx = 1. Zudem ist dies unabhängig von der spezifischen Wellenfunktion oder dem Experiment. d) Es ist in der Quantenmechanik nicht möglich, für Einzelexperimente vorhersagen zu machen, da prinzipiell nur noch mit Wahrscheinlichkeitsverteilungen gearbeitet werden kann. Dies ist - da das so wichtig ist, hier nochmal - keine Folge davon, dass wir nur nicht genau genug hinsehen, oder unsere technischen Beobachtungs- und Rechenmöglichkeiten begrenzt sind, sondern ist eine prizipielle Kernaussage (dieser Interpretation) der
Quantenmechanik. Bei Wiederholung des Experiments oder Durchführung des Experiments mit vielen Teilchen, können wir aber sehr genau festlegen, wieviele Teilchen sich für die verschiedenen Ergebnisse eines Experiments entscheiden. e) Wenn nicht gemessen wurde, welchen Weg die Photonen oder Elektronen (oder allgemein die betrachteten quantenmechanischen Objekte) genommen haben, so ist das Interferenzbild beobachtbar als P (x) = ψ 1 (x) + ψ 2 (x) 2. Misst man, welchen Weg das Teilchen genommen hat - sei es einfach durch Zuhalten eines Schlitzes oder durch anderweitige, nicht-destruktive Messung - kollabiert die Wellenfunktion auf eine der Zustände ψ 1 oder ψ 2. Das gesamte Bild setzt sich dann aus den Quadraten der einzelnen Wellenfunktionen zusammen P (x) = ψ 1 (x) 2 + ψ 2 (x) 2. Das ist analog zu der schon in der Optik bekannten Kohärenz, also der Interferenzfähigkeit. Ersetzen wir die Wellenfunktion durch die Amplitude des elektischen Feldes, so ist P(x) die Intensitätsverteilung des Lichts auf dem Schirm. Im Falle von Kohärenz können die Wellen interferieren und man erhält die Intensität als kohärente Summe I(x) = E 1 (x) + E 2 (x) 2. Ist das Licht, das bei den beiden unterschiedlichen Spalten ankommt, nicht kohärent, oder beleuchtet man die Spalte nacheinander, so erhält man den anderen Term. Aufgabe 7: Beugung am Kristallgitter a) Erklären Sie einen experimentellen Aufbau, mit dem Sie die Wellenlänge von unbekannter, monochromatischer Röntgenstrahlung messen können. Geben Sie auch an, wie Sie aus dem gewählten Messwert die Wellenlänge berechnen können. b) Unter welchen Winkeln erhalten Sie konstruktive Interferenz, wenn Sie einen NaCl- Kristall mit monochromatischer Röntgenstrahlung der Wellenlänge 150 pm beleuchten. Der Netzebenenabstand d bei Kochsalz ist d = 2, 78 Å. c) Warum haben Sie in Aufgabe a) kein Doppelspaltexperiment verwendet? (Wenn Sie das doch haben, bekommen Sie hier eine Chance, sich das nochmal zu überlegen) d) Was beobachten Sie, wenn Sie statt Röntgenstrahlung sichtbares Licht für die Bragg- Streuung verwenden würden? Lösungsvorschlag A7 a) Das Licht der Röntgenquelle kann auf einen Kristall oder ein kristallines Pulver gerichtet werden. Durch die Interferenz der an den verschiedenen Gitterebenen reflektierten Strahlen ergeben sich Punkte bzw. Ringe (Pulver) auf dem Schirm/Detektor. Der Messwert ist der Winkel α, bei dem konstruktive Interferenz auftritt. Mit der Braggbedingung ergibt sich daraus die Wellenlänge: 2d sin α = nλ mit n N
b) Aus der Braggbedingung folgt direkt: α = arcsin Daraus ergeben sich für die ersten drei Maxima: ( ) nλ 2d α 1 = 15, 7 o α 2 = 32, 7 o α 3 = 54, 0 o c) Damit Beugung und Interferenz auftreten, müssen die Strukturen des Experimentes etwa in der gleichen Größenordnung liegen wie die Wellenlänge des Lichts. Für sichtbares Licht ist dies im Bereich von mehreren hundert Nanometern der Fall. Für Röntgenlicht wären allerdings Spaltabstände im oberen Pikometer- bis Nanometerbereich notwendig und entsprechend eng wäre das Interferenzmuster. d) Das Licht würde die verschiedenen Gitterebenen nicht mehr auflösen können, da die Wellenlänge viel größer als der Gitterabstand ist. Somit würde keine Interferenz mehr stattfinden, sondern die rein geometrische Reflexion bzw. diffuse Streuung. Aufgabe 8: Materiewellen a) Machen Sie sich klar, in welcher Größenordnung die Materiewellen folgender Objekte liegen: i) Ein Elektron, das eine Beschleunigungsspannung von 100 V durchlaufen hat ii) Ein Elektron, das eine Beschleunigungsspannung von 10 kv durchlaufen hat iii) Ein C 60 Molekül, das eine (thermische) kinetische Energie von 25 mev hat. iv) Ein 70 kg schwerer Mensch, der mit 20 km h joggt. b) Elektronen mit einer kinetischen Energie von 100 ev fallen senkrecht auf einen Doppelspalt mit einem Spaltabstand von 100 nm. Unter welchen Winkeln θ zur Einfallsrichtung sehen Sie die ersten drei Maxima?
c) Diskutieren Sie, inwiefern sich das Kristallgitter, das Sie in Aufgabe 7) zur Röntgenbeugung verwendet haben, auch zur Bestimmung der Energie von Elektronen eignet. Lösungsvorschlag A8 a) Die de-broglie-wellenlänge lässt sich berechnen aus λ = h p = h 2mEkin. Damit ergibt sich: i) λ e (100 V ) = 1, 2 10 10 m = 1,2 Å ii) λ e (10 kv ) = 12 pm iii) Die Masse eines C 60 - Moleküls ist 60 12 6 10 23 g = 1, 2 10 24 kg. Damit folgt λ(c 60 ) 7 pm. iv) λ(mensch) = 1, 7 10 36 m b) Konstruktive Interferenz ergibt sich am Doppelspalt, falls nλ = a sin θ. Für die Winkel ergeben sich hiermit 0,07 o, 0,14 o und 0,21 o. c) Die Röntgenstrahlung in Aufgabe 7) hatte eine Wellenlänge von 150 pm. Dies entspricht nahezu dem Fall i), also einer Beschleunigungsspannung von etwa 100 V für Elektronen. Das Gitter ist somit genauso gut verwendbar, um die Wellenlänge und damit die Energie der Elektronen zu messen. Aufgabe 9: Sensitivität des Auges In der Vorlesung wurde angesprochen, dass das Auge ein sehr sensitiver Photonendetektor sei. Der Mensch kann mit bloßem Auge gelbes Licht wahrnehmen, wenn die Netzhaut etwa eine Lichtleistung von P = 1, 8 10 18 W empfängt. Die Wellenlänge von gelbem Licht sei 600 nm. a) Wie viele Photonen müssen pro Sekunde auf die Netzhaut treffen, damit man mit perfekt dunkel-adaptiertem Auge das Licht erkennt? b) Schätzen Sie ab, wie groß der dynamische Bereich des Auges ist, also wie groß die Leistung sein kann, bevor die Netzhaut geschädigt wird. Sie können dazu überlegen, wie viel Lichtleistung wohl im Alltag für das Auge noch verträglich ist. (Wir möchten Sie hier daran gewöhnen, clever zu schätzen - versuchen Sie, die richtige Größenordnung zu erhalten.) Lösungsvorschlag A9 a) Die Energie eines gelben Photons ist E = hc λ = 3, 3 10 19 J = 2 ev Um die gegebene Leistung P = E t mal 6 Photonen. zu erhalten, benötigt man pro Sekunde somit gerade
b) Hier geht es nicht darum, eine genaue Zahl zu bekommen, sondern darum, sich klar zu machen, in welchem enormen dynamischen Bereich unser Auge eigentlich arbeiten kann. Der Einfachheit wegen nehmen wir an, dass eine Glühbirne 10 W Lichtleistung aussendet und monochromatisch bei 600 nm abstrahlt (das ist natürlich falsch, denn das meiste ist Wärmestrahlung, also Infrarot - aber ein kleiner Faktor hin oder her stört hier nicht). Dies produziert also eine Zahl N Photonen pro Sekunde von: N = 10 W 1 s 3, 3 10 19 J = 3 1019 Davon treffen zwar nicht alle unser Auge, aber es verdeutlicht die Größenordnung von typischen Photonenzahlen im Alltag. Nehmen wir an, dass wir ohne Schäden dauerhaft in eine Glühbirne dieser Art sehen können, wenn wir etwa 5 Meter weit weg stehen und unser Auge eine Fläche von 1 cm 2 hat, so kommen wir auf einen Photonenfluss von 3 10 19 1 cm 2 π 25m 2 = 4 1013 1 s Ein Richtwert, der in der Laserphysik verwendet wird, ist, dass ab einer Leistung von 1 mw das Auge geschädigt wird. Dies würde einem Photonenfluss von größenordnungsmäßig 10 15 bis 10 16 pro Sekunde entsprechen, wobei dies nur als ungefährlich gilt, da der Lidschlussreflex das Auge schließt, bevor es geschädigt wird. Nehmen wir an, das funktioniert auf einer Zeitskala von 10 ms, so entspricht dies Photonenzahlen von 10 13 bis 10 14 in dieser Zeit. Vorbereitung Staatsexamen (SE) Auf den Übungsblättern werden immer wieder Staatsexamensaufgaben erscheinen, die in den Vorjahren gestellt wurden und die Sie mit dem bisherigen Vorlesungsstoff bearbeiten können. Die folgende Aufgabe wird nicht in der Übung besprochen, da eine nahezu identische Aufgabe schon ausführlich diskutiert wurde. Sollten Sie dennoch Fragen haben, können Sie diese natürlich ansprechen. SE 2016 Frühjahr: Elektronenemission Betrachtet wird eine Bariumoberfläche mit einer Austrittsarbeit von 2,52 ev. a) (3 Punkte) Diese Bariumoberfläche wird mit einem Laserstrahl der Wellenlänge 800 nm und der Intensität 0, 2 W bestrahlt. Berechnen Sie die Energie, die pro Sekunde pro cm 2 Bariumatom absorbiert wird (Absorptionsquerschnitt für optische Strahlung 10 16 cm 2 ). b) (2 Punkte) Berechnen Sie die Zeitdauer, die nötig ist, damit pro Atom eine Energiemenge gleich der Austrittsarbeit aufgenommen wird. c) (4 Punkte) Erläutern Sie, ob nach dieser Zeitdauer Elektronen emittiert werden, und berechnen Sie gegebenenfalls deren kinetische Energie in ev. Nun wird das Experiment mit einer Laserwellenlänge von 400 nm und mit der gleichen Intensität wie in a) angegeben durchgeführt. d) (3 Punkte) Geben Sie auch für diese Wellenlänge die Energie pro Sekunde an, die pro Atom absorbiert wird, und die nötige Zeitdauer, nach der pro Atom eine Energiemenge entsprechend der Austrittsarbeit aufgenommen wurde.
e) (5 Punkte) Erläutern Sie, ob in diesem Fall Elektronen von der Bariumoberfläche emittiert werden, und geben Sie gegebenenfalls deren kinetische Energie in ev an. f) (3 Punkte) Beschreiben Sie eine Methode, mit der man die maximale Geschwindigkeit der Elektronen, die von der Bariumoberfläche emittiert werden, bestimmen kann. Diskutieren Sie die Abhängigkeit der maximalen Elektronengeschwindigkeit von der Laserintensität.