IHK-Merkblatt Stand: 04.11.2015 HINWEIS: Dieses Merkblatt soll als Service Ihrer IHK nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größter Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden, es sei denn, der IHK wird vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung nachgewiesen. Die Sozialversicherungspflicht des GmbH-Geschäftsführers ist seit jeher ein umstrittenes und vielschichtiges Thema, das selbst in der Rechtsprechung und in der Literatur nicht einheitlich behandelt wird und einer Prüfung des Einzelfalls bedarf. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen für den GmbH- Geschäftsführer sind Anknüpfungspunkte für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht in den allgemeinen gesetzlichen Regeln des Sozialgesetzbuches zu finden. Dieses stellt wesentlich auf das Merkmal nichtselbstständige und selbstständige Tätigkeit für die Feststellung der Sozialversicherungspflicht ab. Danach sind nichtselbstständige Personen sozialversicherungspflichtig und selbstständige Personen von der Sozialversicherungspflicht befreit. Selbstständige oder nichtselbstständige Tätigkeit Ob eine Tätigkeit als selbstständig oder nichtselbstständig einzustufen ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung. Maßgebliche Gesichtspunkte sind dabei die Betriebseingliederung und das Unternehmensrisiko. Dabei genießen die tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen grundsätzlich Vorrang. Nichtselbstständig und damit sozialversicherungspflichtig ist der Geschäftsführer häufig dann, wenn er so in den Betrieb eingegliedert ist und an Weisungen gebunden ist, dass er in seiner Arbeitsausführung hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort nicht mehr frei entscheiden kann. Hierbei sieht die Rechtsprechung das entscheidende Kriterium in der Weisungsgebundenheit der betroffenen Person. Gleiches gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer zwar seine Arbeitsleistung hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort frei gestalten kann, diese Freiheit jedoch jederzeit widerrufen werden kann. Nimmt der Geschäftsführer hingegen am Unternehmensrisiko teil, so ist eine selbstständige Tätigkeit anzunehmen. Betriebseingliederung Kapitalbeteiligung Die Weisungsunabhängigkeit des GmbH-Geschäftsführers lässt sich vor allem anhand der Kapitalbeteiligung einschätzen. Handelt es sich bei dem Geschäftsführer um einen Mehrheitsgesellschafter (Inhaber von mehr als Seite 1 von 5
50 % der Geschäftsanteile), der sich Weisungen faktisch selbst geben kann, so ist dieser regelmäßig nicht sozialversicherungspflichtig. Unter Umständen kann aber auch schon eine geringere Kapitalbeteiligung ausreichen, nämlich dann, wenn der geschäftsführende Gesellschafter über eine Sperrminorität verfügt, die sich darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern. Minderheitsgesellschafter bzw. Fremdgeschäftsführer werden grundsätzlich aufgrund der angenommenen Weisungsgebundenheit der Gesellschafterversammlung als unselbstständig eingestuft, doch sind in der Rechtsprechung einige Ausnahmen anerkannt. Ausschlaggebend ist dabei immer das Gesamtbild seiner Tätigkeit. Tatsächliche Einflussmöglichkeiten Daher kann zum Teil auch der Minderheitsgesellschafter und auch der Fremdgeschäftsführer als nicht weisungsgebunden und damit sozialversicherungsfrei angesehen werden, wenn er einen so großen tatsächlichen Einfluss auf die Willensbildung im Unternehmen hat, dass Weisungen an ihn faktisch ausgeschlossen sind. Jedoch machen weit reichende Entscheidungsbefugnisse einen leitenden Angestellten nicht schon zu einem Selbstständigen, nur weil er einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt. Ersteres trifft insbesondere auf den Geschäftsführer von Familienunternehmen zu. Handelt er aufgrund einer engen familiären Beziehung zu den Gesellschaftern in Verbindung mit einem Übermaß an Fachkenntnissen faktisch wie ein Alleininhaber, so kann auch bei einem Minderheitsgesellschafter bzw. Fremdgeschäftsführer die Sozialversicherungspflicht entfallen. Entscheidender Gesichtspunkt dabei ist, dass der Geschäftsführer nach neuer Rechtsprechung die Möglichkeit hat, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers oder Dienstberechtigen abzuweisen. Dies kann aufgrund familiärer Rücksichtnahme so lange gewahrt sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder besteht ( Schönwetter-Selbstständigkeit ). Da sich dieser Zustand, wie die Erfahrung zeigt, jedoch auch ändern kann, wird auch für Familienunternehmen dringend empfohlen, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären. Unternehmensrisiko Kann die Teilhabe am Unternehmensrisiko bejaht werden, so spricht dies für eine selbstständige Tätigkeit. Ob der Geschäftsführer ein eigenes Unternehmerrisiko trägt und damit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt, ist in der Rechtsprechung jedoch nicht allgemein definiert. Es liegen nur Ausführungen zu einzelnen Aspekten vor. Seite 2 von 5
Einkommen Das Unternehmensrisiko kann sich insbesondere aus der von den Parteien gewählten Vergütungsstruktur ergeben. Als Indiz zugunsten einer selbstständigen Tätigkeit ist die Vereinbarung einer erfolgsbezogenen Vergütung. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Prämien regelmäßig auch bei normalen Arbeitsverhältnissen gezahlt werden. Ausschlaggebend ist daher eine überdurchschnittliche erfolgsbezogene Ausgestaltung, die dem Beschäftigten allein dem Grunde nach keine angemessene Gegenleistung für seine Arbeit gewährt. So verlangt das LSG Nordrhein-Westfalen in ständiger Rechtsprechung als Indiz für die Übernahme eines Unternehmerrisikos, dass bei schlechter wirtschaftlicher Lage kein Gehalt an den Geschäftsführer gezahlt werde, was allerdings aufgrund steuerlicher Betrachtung eher kritisch gesehen wird. Bürgschaft Gibt der Geschäftsführer erhebliche private Sicherheiten für betriebliche Zwecke, so kann das damit verbundene Haftungsrisiko für eine Abhängigkeit vom Unternehmenserfolg sprechen. Doch auch hier ist die Rechtsprechung nicht einheitlich. So wird zum Teil gefordert, dass der Übernahme eines finanziellen Risikos im Rahmen einer Bürgschaft auch entsprechende Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die wesentlichen Entscheidungen in der Gesellschaft gegenüberzustehen haben. Die Bürgschaft muss auch ein mit den geschuldeten Diensten verbundener Aufwand sein, der für die Erfüllung der Pflichten erforderlich ist. Überprüfung der Sozialversicherungspflicht im Antragsverfahren Um Rechts- und Planungssicherheit für den betroffenen Geschäftsführer zu erlangen, kann vor, während oder nach Beendigung der Beschäftigung bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) ein Anfrageverfahren durchgeführt werden (optionales Statusanfrageverfahren). Die darauf folgende Entscheidung ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls verbindlich. Ein Antragsverfahren kann auch von Amts wegen durch die Krankenkasse initiiert werden, wenn die Krankenkasse Kenntnis darüber erlangt, dass der Betroffene Gesellschaftergeschäftsführer ist. Vgl. hierzu auch das Formularpaket Statusfeststellung der DRV: www.deutscherentenversicherung.de/allgemein/de/inhalt/5_services/4_for mlare_und_antraege/01_versicherte/01_vor_der_rente/ _DRV_Paket_Versicherung_Statusfeststellung.html Seite 3 von 5
Indizien zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers Für und gegen die Annahme einer Betriebseingliederung werden in der Rechtsprechung verschiedene Indizien aufgeführt. Ausschlaggebend ist dabei immer der Gesamteindruck im Einzelfall. Indizien für eine nichtselbstständige Tätigkeit = Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers Nicht am Kapital beteiligter Geschäftsführer (der Geschäftsführer ist kein Gesellschafter, sog. Fremdgeschäftsführer ) Die Beteiligung des Geschäftsführers am Kapital der GmbH ist kleiner als 50 % Einbindung in die vom Betrieb vorgegebene Arbeitsorganisation Begrenzte Zuständigkeiten Vereinbartes Wettbewerbsverbot Vereinbarung von Jahresurlaub Vereinbarung einer Überstundenvergütung Vereinbarung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Arbeitgeberzuschüsse im Krankheitsfall Festes Jahresgehalt Verbuchung des Geschäftsführergehaltes als Lohn Abschluss von Unfall- oder Lebensversicherungen zugunsten des Geschäftsführers Kontroll- und Überwachungsrechte der Gesellschafter oder eines Geschäftsführers (auf die tatsächliche Ausübung der Kontrolle kommt es nicht an) Selbstkontrahierungsverbot Unterordnung unter einen anderen Geschäftsführer Indizien für eine selbstständige Tätigkeit = keine Sozialversicherungspflicht Kapitalbeteiligung des Geschäftsführers an der Gesellschaft von über 50 % Trotz geringer Beteiligung an der Gesellschaft besitzt der Geschäftsführer eine Sperrminorität Freie Einteilung der Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort Erfolgsabhängiges Gehalt Alleinige Branchenkenntnis oder besonderes Know-how des Geschäftsführers Recht zur unmittelbaren und alleinigen Vertretung der Gesellschaft (nicht schon Handeln in Vollmacht eines Geschäftsführers) Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot Seite 4 von 5
Familiäre Rücksichtnahme/Nichtausübung von Weisungsrechten durch die zur Familie gehörenden Gesellschafter Übernahme einer Bürgschaft Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte Einfluss auf die Ausgestaltung der betrieblichen Organisation Ansprechpartner Ihr Ansprechpartner bei der IHK: Ass. iur. Sebastian Greif Tel.: 02161 241-148 E-Mail: greif@moenchengladbach.ihk.de Seite 5 von 5