Exemplarische Auswertung und Interpretation der Daten für Ulm (Stadtkreis) aus dem Projekt Geschlechterdifferenzierende Arbeitsmarktanalyse



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Transkript:

Maria Lauxen-Ulbrich / Stefan Berwing Exemplarische Auswertung und Interpretation der Daten für Ulm (Stadtkreis) aus dem Projekt Geschlechterdifferenzierende Arbeitsmarktanalyse Institut für Mittelstandsforschung, Universität Mannheim (Januar 2010, aktualisiert April 2010) DIESES VORHABEN WIRD VON DER EUROPÄISCHEN UNION UND VOM LAND BADEN-WÜRTTEMBERG KOFINANZIERT:

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 2 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung... 3 1. Jugendliche an der ersten Schwelle... 4 1.1. Jugendliche am Übergang von der Schule in den Beruf... 4 1.2. Geschlechtstypische Berufsorientierung... 7 2. Beschäftigung und Arbeitslosigkeit von Frauen und Männern... 11 2.1. Beschäftigung... 12 2.2. Arbeitslosigkeit... 18 3. Handlungsbedarfe... 24 3.1. Spezifische Ziele B 4.1 und B 4.4... 24 3.2. Spezifische Ziele C 7.1 und C 7.2... 26 3.3. Spezifische Ziele C 8.1 und C 8.2... 27 3.4. Weiterer Handlungsbedarf... 28 4. Literatur... 29 5. Anhang: Tabelle 1... 31 Abbildungsverzeichnis Grafik 1: Schulabgängerinnen und -abgänger nach allgemein bildenden Abschlüssen in Ulm... 5 Grafik 2: (Jugendliche) AusländerInnen in Ulm... 6 Grafik 3: Vermittlungswünsche (in Ausbildung) von Bewerberinnen und Bewerbern in Ulm... 8 Grafik 4: Berufliche Segregation und Einkommen in Ulm... 10 Grafik 5: Partizipation an einzelnen Beschäftigungsformen in Ulm... 13 Grafik 6: Beschäftigungsstruktur in Ulm... 15 Grafik 7: Ausländerinnen und Ausländer am Arbeitsmarkt in Ulm... 16 Grafik 8: Arbeitslosigkeit in Ulm 2007 / 2008... 19 Grafik 9: SGB III-Bezieherinnen und -Bezieher in Ulm... 20 Grafik 10: SGB II-Bezieherinnen und -Bezieher in Ulm... 22 Grafik 11: Erwerbsfähige hilfebedürftige Frauen und Männer in Ulm... 23

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 3 Vorbemerkung: Das Institut für Mittelstandsforschung (ifm) der Universität Mannheim wurde vom Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg, der Europäischen Union und proinnovation GmbH beauftragt, das Projekt Geschlechterdifferenzierende Arbeitsmarktanalyse für die (Arbeits-)Kreise Baden-Württembergs durchzuführen. 1 Die im Rahmen der Projektarbeit entstandene Datenbank (http://esf.uni-mannheim.de/) bietet Ergebnistabellen für die Jahre 2000 bis 2008 an, die Geschlechterdifferenzen und aktuelle Problemlagen auf den regionalen Arbeitsmärkten identifizieren. Die ESF-Arbeitskreise sollen damit in die Lage versetzt werden, eigene Arbeitsmarktstrategien zu entwickeln, die sich an der regionalen Bedarfslage orientieren. In welcher Weise die Daten bzw. Tabellen den (regionalisierten) spezifischen Zielen des Operationellen Programms (OP; SM BW 2007) zugeordnet werden können, die im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg liegen, lässt sich aus dem Inhaltsverzeichnis der vom Institut für Mittelstandsforschung bereitgestellten Tabellenbände entnehmen. Zum besseren Verständnis und zur zielgerichteten Anwendung der Daten werden im vorliegenden Papier die wichtigsten Interpretationsansätze aufgezeigt, um eine regionale Analyse der Ausgangslage, die Ermittlung regionaler Stärken und Schwächen sowie die Schwerpunktsetzung bei der Entwicklung der Arbeitsmarktstrategie zu gewährleisten. Es geht folglich darum, die aus der geschlechterdifferenzierenden regionalen Analyse erzielbaren Erkenntnisse in den Kontext des im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales liegenden Operationellen Programms zu stellen, um hieraus entsprechende Handlungsbedarfe auf regionaler Ebene aufzuzeigen. 2 Dabei wird auf die regionalisierten spezifischen Ziele B 4.1, B 4.4, C 7.1, C 7.2, C 8.1 und C 8.2 Bezug genommen und gleichzeitig insbesondere das Querschnittsziel einer Gleichstellung der Geschlechter verfolgt (SM BW 2007). Generelle Anmerkung: Einige der hier dokumentierten Analysen und Befunde zwingen dazu, den Blickwinkel zunächst auch auf vor- und nachgeordnete Zusammenhänge zu lenken, da ihre Implikationen nur in diesem Kontext zu erkennen sind. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die hier aufgelisteten Ergebnisse als Orientierung zur Beurteilung der Strukturen und Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in Ulm zu verstehen sind. Die daraus abgeleiteten Handlungsbedarfe wurden in dem Bewusstsein formuliert, dass die AkteurInnen in vielen Fällen nur bedingt Einfluss auf Entwicklungen nehmen können, die außerhalb der vom ESF erreichbaren Förderbereiche und Maßnahmen liegen (wie etwa bei den TarifpartnerInnen usw.). 1 Das ifm führt seit 2005 im Rahmen des von proinnovation GmbH durchgeführten Coaching Begleitprojektes Gender Mainstreaming im ESF in Baden-Württemberg das Projekt Geschlechterdifferenzierende Arbeitsmarktanalyse durch. Seit Oktober 2008 läuft das Coaching-Begleitprojekt: Gleichstellung der Geschlechter im ESF in BW (gem-esf-bw-2) erneut unter Federführung der proinnovation GmbH in Zusammenarbeit mit dem ifm. Im Rahmen dieses Projektes wird das vorliegende Papier erstellt. 2 Einige Daten liegen nicht auf Kreisebene vor, so dass die Empfehlungen aus der Gesamtstruktur in Baden- Württemberg abgeleitet werden müssen. Dies ist einerseits problematisch, da damit regionale Besonderheiten vernachlässigt werden. Andererseits wird davon ausgegangen, dass sich die Muster der Geschlechterungleichheiten in den regionalen Arbeits- und Beschäftigungsmärkten reproduzieren.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 4 1. Jugendliche an der ersten Schwelle Das Operationelle Programm des Landes Baden-Württemberg legt in der Prioritätenachse B Verbesserung des Humankapitals einen besonderen Schwerpunkt auf Vorhaben, die zu einer Erhöhung der Chancen der nachwachsenden Generation beitragen (SM BW 2007, 56). Dabei liegen im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg die Spezifischen Ziele B 4.1 Vermeidung von Schulversagen und Erhöhung der Ausbildungsreife von schwächeren SchülerInnen sowie B 4.4 Verbesserung der Berufswahlkompetenz (ebd.). Das strategische Ziel B 4 verfolgt einen präventiven Ansatz. Es soll besser und frühzeitig gelingen junge Menschen mit der geforderten Qualifikation in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu integrieren. (SM BW 2007, 57). Die im Rahmen der Erhöhung der Chancen der nachwachsenden Generation geförderten Vorhaben sollen dabei gleichzeitig auf die Verringerung der geschlechtertypischen beruflichen Segregation ausgerichtet sein (SM BW 2007, 79) und grundsätzlich gilt es Frauen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Zielgruppen zu fördern (SM BW 2007, 101). 3 1.1. Jugendliche am Übergang von der Schule in den Beruf In der Lebensspanne von 12 bis 25 Jahren treffen Jugendliche wichtige Entscheidungen, die ihren weiteren beruflichen Werdegang stark beeinflussen (Shell Deutschland Holding 2006). Zunächst gilt es die allgemein bildende Schule möglichst erfolgreich abzuschließen. Danach stellt sich die Frage, ob eine berufliche Ausbildung oder ein Studium folgen soll (ebd., 65). Ein zentrales Thema der Bildungs- und sozialwissenschaftlichen Forschung ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft, Bildung und Berufslaufbahn. Spätestens seit den PISA- Studien wird diesem Nexus auch in der öffentlichen Debatte mehr Aufmerksamkeit geschenkt (PISA-Konsortium Deutschland 2004, Shell Deutschland Holding 2006). So hängen Bildungs- und Berufschancen nach wie vor maßgeblich vom Bildungsgrad der Eltern ab. Jugendliche aus Elternhäusern mit geringem Bildungsniveau haben weniger Chancen auf einen erfolgreichen Ausbildungs- und Berufsverlauf als die Kinder privilegierter Familien (LIS STA- LA BW 2008). Eine statuskonservierende Wirkung hat nicht nur die soziale Herkunft sondern darüber hinaus auch das Geschlecht : Zwar haben junge Frauen die jungen Männer im Bereich der Schulbildung längst überholt und streben auch zukünftig höherwertige Bildungsabschlüsse an (LIS STALA BW 2008, Shell Deutschland Holding 2006, Thiel 2005), aber dennoch hat die höhere formale Bildung der Frauen (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006) bisher wenig an den ungleichen beruflichen Chancen der Geschlechter bewirkt. Im Folgenden werden die Ergebnisse zur Schulabgangssituation in Ulm vorgestellt. Dabei werden vorrangig die allgemein bildenden Abschlüsse an allgemein bildenden Schulen und an beruflichen Schulen betrachtet. Es ist zu beachten, dass die SchülerInnen ohne Hauptschulabschluss nicht identisch mit der laut der EU zu berücksichtigenden Zahl der SchulabbrecherInnen sind (s. Kasten Exkurs). 3 Die übergreifenden gleichstellungspolitischen Ziele finden sich im Operationellen Programm (SM BW 2007) oder in der Übersicht 1 in der Anlage 1 Ermittlung der regionalen Bedarfslage in der Arbeitshilfe zur Entwicklung einer regionalen ESF-Arbeitsmarktstrategie durch die ESF-Arbeitskreise im Rahmen der regionalisierten Umsetzung des Operationellen Programms (im Erscheinen).

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 5 Wichtigste Ergebnisse für Ulm Junge Frauen verfügen beim Schulabgang aus allgemein bildenden Schulen in Ulm über ein höheres Bildungsniveau als junge Männer (Tab. I.8.1.a-b; Grafik 1). Besonders bemerkbar macht sich dies daran, dass mehr junge Männer als Frauen die allgemein bildenden Schulen mit einem Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss verlassen, während anteilsmäßig mehr Mädchen mit der Fachhochschul-/Hochschulreife abgehen (Grafik 1). Dieser Trend ist mit dem in Baden-Württemberg insgesamt vergleichbar, wobei in Ulm deutlich häufiger als in Baden-Württemberg mit der Fachhoch-/Hochschulreife abgeschlossen wird. Die insgesamt günstigere Schulabgangssituation von Jugendlichen findet sich in nahezu allen Stadtkreisen in Baden-Württemberg, wobei die Universitätsstädte sich nochmals von anderen Städten abheben. Das Bildungsdefizit bzw. der Nachholbedarf der jungen Männer wird teilweise durch einen zu einem späteren Zeitpunkt absolvierten höheren Abschluss an beruflichen Schulen kompensiert (Tab. I.8.2.a-b; Grafik 1). So haben in Ulm im Sommer 2008 insgesamt 673 Männer und 603 Frauen allgemein bildende Abschlüsse an beruflichen Schulen erworben. Davon haben mehr Männer als Frauen die Fachhochschul-/Hochschulreife (464 Männer : 373 Frauen) und mehr Frauen als Männer (191 Frauen : 171 Männer) einen Mittleren Abschluss nachgeholt (Grafik 1). 4 Grafik 1: Schulabgängerinnen und -abgänger nach allgemein bildenden Abschlüssen in Ulm Allgemein bildende Schulen Frauen 5 18 34 42 Männer 7 22 34 37 Berufliche Schulen Frauen 6 32 62 Männer 6 25 69 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Ohne Hauptschulabs. Mit Hauptschulabs. Mittlerer Abschluss FH-/Hochschulreife Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Quelle: Statistisches Landesamt (Schulstatistik 2007/08: allgemein bildende Schulen, berufliche Schulen), Berechnungen ifm Universität Mannheim Ähnlich der Situation ausländischer Jugendlicher in Baden-Württemberg, die im Bildungsbericht für Baden-Württemberg (LIS STALA 2008) 5 ausführlich dokumentiert ist, ergibt sich für ausländische Jugendliche in Ulm 6 folgendes Bild: 4 Zum Verständnis der Grafik ist der Exkurs: Anmerkungen zu den Daten (S. 7) zu berücksichtigen. 5 Ergebnisse aus dem Bildungsbericht Baden-Württemberg unter http://www.schule-bw.de/entwicklung/bildungsbericht. 6 Berechnungen für Ulm ifm Universität Mannheim. Hier ohne Geschlechterdifferenzierung, siehe Anmerkungen zu den Daten S. 7.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 6 - Während der überwiegende Teil der deutschen SchülerInnen (81%) die allgemein bildenden Schulen mit mindestens Mittlerer Reife verlässt, gehen die meisten ausländischen Jugendlichen (63%) mit höchstens Hauptschulabschluss von den Schulen ab (Tab. I.8.3.b). 7 - Besonders auffallend ist der Unterschied an den Rändern der möglichen Abschlüsse: So erreichen auf der einen Seite viel mehr Deutsche als AusländerInnen die Fachhochschul- /Hochschulreife (47% : 6%). Auf der anderen Seite verlassen fast dreimal so viele AusländerInnen wie Deutsche die Schule ohne einen Hauptschulabschluss (13% : 5%). Die ungünstigere Schulabgangssituation ausländischer Jugendlicher führt dann auch zu einem problematischeren Übergang von der Schule in die Ausbildung bzw. in berufliche Schulen. So liegt der Anteil ausländischer Auszubildenden in Ulm im Jahr 2008 bei 10%, obwohl der Anteil von AusländerInnen an den LehrstellenbewerberInnen 29% und auch an der 15- bis 24- jährigen Bevölkerung 20% ausmacht (Tab. I.9.2.b, Tab. bev.3.b; Grafik 2). Zudem ist die Zahl deutscher Auszubildender (vor allem der männlichen) zwischen 2000 und 2008 deutlich gestiegen (insgesamt +10%), während die Zahl ausländischer Auszubildender um 10% gesunken ist. Grafik 2: (Jugendliche) AusländerInnen in Ulm Bevölkerung (15-24 J.) 20 81 Schulabg. FH- /Hochschulreife 3 98 Schulabg. ohne Hauptschulabs. 36 65 BewerberInnen 29 71 Auszubildende 10 90 AusländerInnen Deutsche 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Quelle: Statistisches Landesamt, Bundesagentur für Arbeit (Schulsatistik: AbgängerInnen allgemein bildende Schulen2007/08; Bevölkerungsfortschreibung 2008, Bewerberdatenbank 01.10.07 bis 30.09.08: Stand Okt.2008, Beschäftigtenstatistik 2008), Berechnungen ifm Universität Mannheim Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 7 Hier ohne Geschlechterdifferenzierung, siehe Exkurs: Anmerkungen zu den Daten (nächste Seite). Die hier genannte Verteilung (prozentualer Anteil nach Abschlussart innerhalb der jeweiligen Gruppe, also entweder an allen ausländischen SchulabgängerInnen oder an allen deutschen SchulabgängerInnen) ist nicht zu verwechseln mit dem in Grafik 2 dargestellten AusländerInnenanteil nach Abschlussart.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 7 Exkurs: Anmerkungen zu den Daten Die verfügbaren Daten zum Schulversagen in Deutschland entsprechen nicht den Kriterien der EU-Definition. In Deutschland werden hierfür Angaben über SchulabgängerInnen ohne Hauptschulabschluss zur Interpretation herangezogen. Laut Definition der Europäischen Union (EU 2006) werden aber folgende Benchmarks vorgegeben: Senkung des Anteils frühzeitiger Schulabgänger auf einen Durchschnittswert von höchstens 10 % (Quelle: Eurostat, Arbeitskräfteerhebung). Die Europäische Kommission schlägt zur Vergleichbarkeit internationaler Daten vor, sich an der Definition von Eurostat zu orientieren. Danach sind SchulabbrecherInnen (early school leavers) 18- bis 24-Jährige, deren Bildungsabschluss nicht über die Sekundarstufe I hinausgeht und die an keiner Bildungs- oder Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen. 8 In Baden-Württemberg trifft dies auf rund 15% der jungen Frauen und 13% der jungen Männer zu (Jahr 2005). 9 Erreichung einer Quote von mindestens 85 % der 22-Jährigen, die die Sekundarstufe II abgeschlossen haben. (Quelle: Eurostat, Arbeitskräfteerhebung). Hier zeigen sich in Baden-Württemberg zwar kaum Geschlechterunterschiede, aber mit rund 78% der 22-jährigen in Baden-Württemberg, die im Jahr 2005 einen Abschluss der Sekundarstufe II hatten, liegt Baden-Württemberg auch hier noch unter der EU-Forderung. 10 Auf Kreisebene bietet die amtliche Statistik keine Angaben zu ausländischen SchulabgängerInnen differenziert nach ihrem Abschluss und Geschlecht, weswegen diesbezüglich auf die Daten der Bewerberdatenbank der Bundesagentur für Arbeit zurückgegriffen wird. Bei einem Vergleich der Abschlüsse von SchulabgängerInnen aus allgemein bildenden und aus beruflichen Schulen ist Folgendes zu beachten: Die Einzugsgebiete allgemein bildender und beruflicher Schulen sind häufig nicht deckungsgleich. Der Besuch allgemein bildender Schulen ist in der Regel wohnortgebunden. Berufliche Schulen sind dagegen frei wählbar und umfassen daher meist größere Einzugsgebiete. Insofern ist nicht trennscharf zu überprüfen, inwieweit AbsolventInnen mit niedrigeren allgemein bildenden Schulabschlüssen ggf. durch den Besuch einer beruflichen Schule am gleichen Ort einen höheren Abschluss nachholen. 1.2. Geschlechtstypische Berufsorientierung Es ist bekannt, dass der Arbeitsmarkt geschlechtsspezifische Segmente aufweist. Ein Faktor, der die horizontale Segregation am Arbeitsmarkt beschreibt, ist insbesondere die Verteilung der Geschlechter auf Berufsfelder und Branchen. Bereits beim Übergang von der Schule in den Beruf, also an der ersten Schwelle, werden die Weichen für die berufliche Segregation gestellt. Auch im weiteren Erwerbsleben verhält es sich nach wie vor so, dass Frauen und Männer eher selten in die Arbeitsgebiete des jeweils anderen Geschlechtes eindringen. Dies lässt sich nicht allein dadurch erklären, dass Mädchen bestimmte Berufe wählen und Jungen eben andere. Geschlechterungleichheiten scheinen schon in der frühen Sozialisation zu entstehen. Zudem werden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern durch die Reproduktion fester Vorstellungen über typisch männliche oder typisch weibliche Bereiche in der Gesellschaft weiter gefestigt, was dann in Strukturen mündet, die meist sehr zählebig sind. Inwieweit auf der einen Seite individuelle Persönlichkeitsmerkmale und auf der anderen Seite auch institutionelle Rahmenbedingungen die Geschlechtersegregation beeinflussen, lässt sich letztlich nicht vollständig klären. Aufgrund der bereits seit längerem beobachtbaren höheren schulischen Qualifikation junger Frauen wäre anzunehmen, dass diese eine bessere Ausgangssituation für den Start ins Berufsleben haben (Engelbrech/ Josenhans 2005). Zahlreiche Studien belegen aber, dass sich trotz höherer Bildungsbeteiligung von Frauen und ihren vergleichsweise besseren schulischen 8 Damit sind also nicht nur die SchulabgängerInnen ohne Hauptschulabschluss, die in Baden-Württemberg rund 6% ausmachen (Tab. I.8.1.b), gemeint, sondern eben auch Hauptschul- und Mittlere Reife-AbsolventInnen (Sekundarstufe I). Sekundarstufe II beinhaltet einen Abschluss der gymnasialen Oberstufe oder einen anderen allgemein bildenden Abschluss mit einer beruflichen Ausbildung. 9 Berechnungen des ifm Universität Mannheim (Quelle: Mikrozensus scientific use file 2005). 10 Berechnungen des ifm Universität Mannheim (Quelle: Mikrozensus scientific use file 2005).

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 8 Leistungen die Segregation der Geschlechter am Arbeitsmarkt nicht aufgelöst sondern verfestigt hat (u.a. Stürzer 2005, Thiel 2005, Engelbrech/ Josenhans 2005). Dieser Befund ist auch für die baden-württembergischen Kreise festzuhalten. Wichtigste Ergebnisse für Ulm Wie auch in Baden-Württemberg beschränkt sich in Ulm die Zahl der weiblichen Auszubildenden auf nur wenige Berufe (Tab. II.2.3.a-b, II.2.4.a-b). Insgesamt werden 87% der weiblichen Auszubildenden in den Top-10-Ausbildungsberufen ausgebildet. Davon werden 22% in Gesundheitsdienstberufen, weitere 18% als Bürofachkraft und 17% als Warenkaufleute ausgebildet. Auch das Berufswahlspektrum von männlichen Auszubildenden ist begrenzt, allerdings weit weniger als das bei den jungen Frauen der Fall ist. So werden 66% aller männlichen Auszubildenden in den Top-10-Ausbildungsberufen ausgebildet (Tab. II.2.3.b, II.2.4.b). Auch bei jungen Männern zeigen sich geschlechtstypische Präferenzen. In Ulm wird fast ein Viertel aller männlichen Auszubildenden als Elektriker, Schlosser oder Mechaniker ausgebildet. Daneben haben Büro- und kaufmännliche Berufe eine nicht unwesentliche Bedeutung in der Ausbildung der Männer, die von rund 17% der männlichen Auszubildenden ausgeübt werden. 11 Die beschriebene berufliche Einschränkung von Auszubildenden macht sich schon vorher, nämlich bei der Suche nach einer Lehrstelle bemerkbar. Bereits während dieses Prozesses sind die Wünsche und Vorstellungen der LehrstellenbewerberInnen sehr stark an geschlechtertypischen Berufen orientiert (II.2.1.a-b, II.2.2.a-b, Grafik 3). Grafik 3: Vermittlungswünsche (in Ausbildung) von Bewerberinnen und Bewerbern in Ulm Frauen Männer Warenkfl. 33 16 Warenkfl. Ges.berufe 16 12 Mechaniker Bürofach 15 7 Lager-/Transportarb. Körperpfl. 10 6 Schlosser Gästebetr. 7 6 Elektriker andere DL-kfl. 3 6 Bürofach Speisenbereiterin Bank-/Vers.kfl. Druckerin Back-/Konditorwarenherst.; techn. Sonderfk. 1 1 2 1/1 in % Maler Drucker *) Top-10 von 89 Berufsgruppen der Klassifizierung der Berufe. Quelle: Bundesagentur für Arbeit (Bewerberdatenbank 01.10.07 bis 30.09.08: Stand Okt. 2008), Berechnungen ifm Universität Mannheim 6 4 3 3 Warenprüfer Speisenbereiter Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Fast jede zweite Lehrstellenbewerberin möchte eine Ausbildung als Warenkauffrau oder Bürofachkraft absolvieren: Hier lässt sich allerdings an der Diskrepanz der genannten Vermittlungswünsche und der tatsächlichen Ausbildungsberufe zeigen, dass die Ausübung eines 11 Auch Studierende haben sehr geschlechtsspezifische Interessen. So ist der Frauenanteil an Pädagogischen Hochschulen und im Bereich der Sprach- und Kulturwissenschaften außerordentlich hoch, während Frauen im mathematischen, naturwissenschaftlichen und im ingenieurswissenschaftlichen Bereich stark unterrepräsentiert sind.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 9 Berufes letztlich nicht aus der individuellen Entscheidung persönlicher Bedürfnisse und Wünsche heraus gewählt wird, sondern sehr stark an den Anforderungen und Gegebenheiten des Arbeitsmarktes Berufe erlernt und ausgeübt werden. So wünschen in Ulm beispielsweise lediglich 16% aller Bewerberinnen eine Ausbildung in den Gesundheitsdienstberufen, ausgebildet werden 22% aller weiblichen Auszubildenden. Dagegen bewerben sich 33% der Bewerberinnen als Warenkauffrau, während lediglich 17% entsprechend ausgebildet werden. Die Bewerberinteressen von Männern in Ulm sind weiter gefächert als die der Frauen. Auch bei den jungen Männern finden sich Diskrepanzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit: So geben rund 21% der Bewerber an, als Bürofachkraft oder Warenkaufmann ausgebildet werden zu wollen, in diesen Berufsgruppen finden sich aber nur 17% aller männlichen Auszubildenden. Junge Männer absolvieren häufiger als Frauen eine betriebliche Erstausbildung im Dualen Berufsbildungssystem (Tab. I.10.1.a-b). 60% der Schüler beruflicher Schulen absolvieren eine duale Ausbildung (47% aller Schülerinnen). Auffällig ist allerdings, dass diese Anteile im baden-württembergischen Vergleich sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern überdurchschnittlich hoch sind. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Berufsschulen für duale Ausbildungen ein relativ großes Einzugsgebiet aus den umliegenden Kreisen Heidenheim, Alb-Donau und Biberach haben (vgl. Exkurs: Anmerkungen zu den Daten ). Da ein großer Teil frauentypischer Ausbildungsgänge (z.b. in den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens) lediglich im Rahmen einer schulischen Erstausbildung angeboten werden, hat dieser Umstand zur Folge, dass Mädchen nicht nur die meist höheren finanziellen Kosten einer derartigen Ausbildung (z.b. Physiotherapie) aufwenden müssen. Die Konzentration auf so genannte Frauenberufe 12 minimiert zudem die Chancen, zu einem späteren Zeitpunkt ein höheres Einkommen zu erzielen oder einen beruflichen Aufstieg zu erlangen. 13 Vorliegende regionale Daten zeigen, dass Frauen in Ulm (selbst bei gleicher Arbeitszeit) nur rund 71% (Vollzeit-Beschäftigte) bzw. 69% (Teilzeit-Beschäftigte) der von Männern erzielten Einkommen erhalten (vgl. Tab. III.2.1.a-b, Grafik 4). Deutlich wird dies insbesondere am Bruttojahresentgelt: Teilzeitarbeitende Männer erhalten rund 28 Tsd., während vollzeitarbeitende Frauen knapp 2 Tsd. mehr verdienen als Teilzeit-Männer. 12 Als "frauendominiert" bzw. Frauenberufe werden solche Berufe (hier Berufsgruppen) bezeichnet, in denen der Frauenanteil mehr als 15%-Punkte über demjenigen Anteil liegt, den Frauen (in Baden-Württemberg) insgesamt an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einnehmen (Tab. II.2.5.b, Tab. II.2.6.b). D.h. frauendominierte Berufe sind 2007 und auch 2008 solche mit einem Frauenanteil von mehr als (44% + 15% =) 59%. Frauenberufe in Ulm sind Bürofachkräfte, sozialpflegerische Berufe, übrige Gesundheitsdienstberufe, Reinigungsberufe, GästebetreuerInnen usw. (Tab. II.2.5.b). Für typische Männerberufe gilt eine adäquate Rechnung (44%-15%=29 Männerberuf: Frauenanteil bis 28% einschließlich). Dazu gehören bspw. TechnikerInnen, IngenieurInnen, SchlosserInnen, MechanikerInnen, ElektrikerInnen usw. Integrierte Berufe (Frauenanteil zwischen 29-59%) sind diejenigen, die zwischen den frauen- und männerdominierten Berufsfeldern liegen bzw. in denen beide Geschlechter einen mehr oder weniger ausgewogenen Anteil ausmachen. In Ulm sind dies beispielsweise Bank-/Versicherungskaufleute, Rechnungs-/Daten-verarbeitungskaufleute, Ärzte/ApothekerInnen oder KünstlerInnen. 13 Zur vertikalen Segregation geben die Tabellen aus dem Tabellenband im Untersuchungsbereich III Auskunft. Leider liegen auf Kreisebene lediglich die wenigen ausgewiesenen Daten vor.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 10 Grafik 4: Berufliche Segregation und Einkommen in Ulm 80 70 71 in % in Tsd. 69 60 50 41 40 30 20 29 31 30!!! 20 28 10 0 Vollzeit Teilzeit Vollzeit Teilzeit Anteil Frauenlohn am Männerlohn Frauen: Bruttojahresentgelt Pay Gap in Prozentpunkten Männer: Bruttojahresentgelt Quelle: Bundesagentur für Arbeit (Beschäftigtenstatistik 2007), Berechnungen ifm Universität Mannheim Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Folie 29 Diese Situation wird durch die ungleiche Zahl an Führungspositionen verschärft: So erreichen rund 23% aller weiblichen Vollzeit-Beamtinnen im Öffentlichen Dienst eine höhere Position, unter Männern schaffen dies 35% (Tab. III.1.1.b). 14 Wie bereits erwähnt, lassen verfügbare Daten die Abschätzung der Folgen der Berufsorientierung auf Einkommen und Karriere auf regionaler Ebene nicht direkt zu. Hier zeigt eine Untersuchung von Leicht und Lauxen-Ulbrich (2006, 9ff.) für Baden-Württemberg, folgende Ergebnisse: - Gehen Frauen einem typischen Frauenberuf 15 nach, so ist ihre Chance, eine höhere berufliche Position zu erreichen wesentlich geringer als wenn sie einen Männerberuf ausüben. Der Begriff Führungsposition wurde dabei bewusst weit gefasst, so dass auch mittlere Leitungsfunktionen mitberücksichtigt werden konnten. Demnach gelingt es 12% aller Frauen, die einen typischen Frauenberuf ausüben, im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung eine Führungsposition einzunehmen. Weitere 4% machen sich in den genannten Berufen selbständig. Diese Quoten erhöhen sich mehr als deutlich, wenn Frauen einen Männerberuf ausüben: In diesen Berufsgruppen sind fast ein 14 Da auf Kreisebene lediglich Angaben zu Führungspositionen im Öffentlichen Dienst vorliegen, werden im Tabellenband nur die BeamtInnen und Angestellten getrennt nach Voll- und Teilzeit nach Laufbahngruppen ausgewiesen (Tab. III.1.1.a-b bis III.1.4.a-b). Ebenfalls als Führungsposition kann die Gründung und Führung eines Unternehmens interpretiert werden: Lediglich 29% aller Existenzgründungen in Ulm werden von Frauen vorgenommen (Tab. I.4.1.b). 15 In der Untersuchung von Leicht und Lauxen-Ulbrich (2006, 6) wird im Gegensatz zu den auf Kreisebene vorliegenden Zweisteller-Berufsgruppen (89) die differenziertere Einteilung in 369 Klassen vorgenommen. Typische Frauenberufe sind etwa Sprechstundenhelferin, Apothekenhelferin, Medizinisch-technische Assistentin, Krankenschwester, Sekretärin, Stenographin, Kinderpflegerin sowie Textilnäherin, wo der Frauenanteil sogar bei über 97% liegt. Für typische Männerberufe gilt eine adäquate Rechnung. Dazu gehören z.b. Berufsfeuerwehrleute, Kapitäne, Tiefbauberufe, Klempner, Dachdecker, Maurer, Ingenieure, Elektrotechniker, Techniker, Ingenieure, Gießereimechaniker usw. Integrierte Berufe sind diejenigen, die zwischen den frauen- und männerdominierten Berufsfeldern liegen bzw. in denen beide Geschlechter einen mehr oder weniger ausgewogenen Anteil ausmachen.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 11 Viertel bzw. 23% aller Frauen in einer Führungsposition und weitere 16% sogar selbständig erwerbstätig (Leicht/ Lauxen-Ulbrich 2006, 9). - Sind Männer in einem Frauenberuf abhängig beschäftigt, gelingt es jedem Vierten (25%) in eine Führungsposition zu kommen und weitere 9% machen sich selbständig. Verglichen mit denselben beruflichen Ausgangsstellungen bei Frauen heißt dies, dass der Beruf an sich zwar einen Teil der Geschlechterhierarchie am Arbeitsmarkt erklärt, aber eben nicht alles: Denn Männer besitzen auch in einem Frauenberuf größere Aufstiegschance. Dennoch ist festzuhalten, dass Männer mit einem Männerberuf noch bessere Möglichkeiten besitzen, in eine gehobene Position aufzurücken (28% in Leitungsfunktion bzw. 12% selbständig). Bemerkenswert ist im Übrigen, dass integrierte Berufe die besten Chancen bieten (Leicht/ Lauxen-Ulbrich 2006, 9f.). - Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch in Bezug auf die Höhe des Einkommens. Zur besseren Vergleichbarkeit werden nur die in einer Vollzeittätigkeit erzielten monatlichen Nettoeinkommen betrachtet. Gehen Frauen einem typischen Frauenberuf nach, so erreicht jede Zehnte (10%) ein Nettoeinkommen von mehr als 2.000 im Monat. Sofern sie aber einen Männerberuf ergriffen haben, kommt fast jede Vierte (23%) in den Genuss eines solchen Einkommens. Die Männer wiederum schneiden in beiden Berufskategorien besser ab: Der Anteil der Höherverdiener liegt sowohl bei Männern mit einem Frauenberuf als auch bei solchen mit einem Männerberuf deutlich über dem bei adäquat ausgebildeten Frauen (Leicht/ Lauxen-Ulbrich 2006, 10f). Zusammenfassend stellen Leicht und Lauxen-Ulbrich (2006, 12) fest, dass der Beruf eine wichtige und zentrale Ressource für die Chancen und die Position am Arbeitsmarkt ist. Die berufliche Segregation wird als äußerst zählebig gesehen. Die Geschlechterungleichheit hat weitere Folgen, die auch zu einer Ungleichheit in den Lebenschancen führt. Dabei wird die Betrachtung der Strukturen und Determinanten der beruflichen Orientierung immer ein Gegenstand von regionaler Arbeitsmarktbeobachtung sein müssen. Und letztlich geht es darum, Veränderungen nicht nur an Personen festzumachen, sondern eben auch die Bewertung von Berufen zu überdenken. Ob und inwieweit in Ulm dennoch auch in geschlechtsuntypischen Berufen Beschäftigungsperspektiven für beide Geschlechter bestehen, wird in Kapitel 2.1 vorgestellt. 2. Beschäftigung und Arbeitslosigkeit von Frauen und Männern Im Operationellen Programm des Landes Baden-Württemberg erhält die Prioritätenachse C Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung sowie soziale Eingliederung von benachteiligten Personen die höchste Priorität (SM BW 2007, 91). Für diesen Förderbereich werden 41% aller ESF-Mittel bereitgestellt. Diese Prioritätenachse beinhaltet in der Strategie des Landes Baden-Württemberg zwei strategische Ziele: Das Strategische Ziel C7 verfolgt die Integration in den ersten Arbeitsmarkt, das Strategische Ziel C8 strebt eine Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit an. Den beiden Strategischen Zielen sind folgende Spezifischen Ziele untergeordnet (SM BW 2007, 58) C 7.1: Integration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt C 7.2: Erhöhung der Chancengleichheit von Frauen bei der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt C 8.1: Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit von Langzeitarbeitslosen, die auf dem Arbeitsmarkt besonders benachteiligt sind

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 12 C 8.2: Stabilisierung von Lebensverhältnissen und Verbesserung der Teilhabe am Arbeitsmarkt von Gruppen mit besonderen Vermittlungshemmnissen Im Operationellen Programm des Landes Baden-Württemberg wird im Querschnittsziel Gleichstellung der Geschlechter folgender Grundsatz festgelegt: Überproportionale Förderung von Frauen zur Höhe Ihres Anteils an den jeweiligen Zielgruppen (SM BW 2007, 92). 16 Geschlechterunterschiede auf dem Arbeitsmarkt finden sich nicht nur in Deutschland, sondern sind in den meisten europäischen Ländern sehr ähnlich und hinlänglich bekannt: Frauen haben eine niedrigere Erwerbsbeteiligung, sie arbeiten häufiger als Männer in Teilzeit oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen (z.b. geringfügige Beschäftigung) und sie arbeiten in bestimmten Segmenten des Arbeitsmarktes, die weniger Einkommens- und Aufstiegschancen bieten (KOM 2008). Benachteiligungen zeigen sich allerdings auch in den gleichen beruflichen Segmenten und Erwerbspositionen, weshalb auch Diskriminierung einen entscheidenden Einfluss haben dürfte. Allerdings kehren jüngere Entwicklungen die öffentliche Diskussion über das Geschlechterverhältnis am Arbeitsmarkt um: Die gestiegene Erwerbsquote der Frauen und die gesunkene der Männer sowie auch die Feststellung, dass Frauen zeitweise zu einem leicht geringeren Anteil arbeitslos waren und von Maßnahmen der Arbeitsförderung stärker profitieren (Bothfeld 2005), 17 führt nicht selten dazu, dass Frauen als eigentliche Gewinnerinnen am Arbeitsmarkt gesehen werden. Dagegen sprechen jedoch nicht nur die erwähnten beruflichen Positionen und geringeren Verdienstmöglichkeiten, sondern auch der Umstand, dass Frauen deutlich häufiger als Männer in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu finden sind (Bothfeld 2005, Notz 2004). Hierzu gehört, dass Frauen bei zunehmender Flexibilisierung des Beschäftigungssystems in stärkerem Umfang auf Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung und befristete Arbeitsverhältnisse verwiesen sind (STABU 2006, Notz 2004). Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA 2007) stellen Frauen drei Viertel der so genannten Midijobber und 68% der geringfügig Entlohnten. Insgesamt zeigt sich trotz gestiegener Erwerbsbeteiligung von Frauen, dass das von Frauen geleistete Arbeitsvolumen seit Beginn der 1990er Jahre sogar gesunken ist (Wanger 2005). Eine weitere Problematik für Frauen auf dem Arbeitsmarkt ergibt sich daraus, dass die Rahmenbedingungen in Deutschland, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und gleichzeitig Kinder zu haben, noch nicht ausreichend erfüllt sind. Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben werden nach wie vor zumeist als Frauenproblem diskutiert. Einen entscheidenden Faktor zur Verbesserung der Vereinbarkeit bildet die Betreuungsinfrastruktur, die regional sehr unterschiedlich gelagert ist. 2.1. Beschäftigung Die Geschlechterungleichheiten am Arbeitsmarkt stellen sich in Ulm in ähnlicher Weise wie oben beschrieben dar. Bezogen auf die Beschäftigungsquoten ist folgendes festzuhalten: Die Beschäftigungsquote für Frauen und Männer am Arbeitsort liegt wie im überwiegenden Teil der Stadtkreise über und diejenige am Wohnort unter dem baden-württembergischen Durchschnitt. Während die Beschäftigungsquoten von Frauen und Männern am Arbeitsort in Ulm 16 Die übergreifenden gleichstellungspolitischen Ziele in der Prioritätsachse C können der Anlage 1 Ermittlung der regionalen Bedarfslage der Arbeitshilfe zur Entwicklung einer regionalen ESF-Arbeitsmarktstrategie durch die ESF-Arbeitskreise im Rahmen der regionalisierten Umsetzung des Operationellen Programms, die bis Ende Januar 2010 erscheinen soll, entnommen werden. 17 Wenn bspw. Gesterkamp (2004) die Beschäftigungskrise bei Frauen in Anbetracht günstigerer Entwicklungen der Arbeitslosenquote relativiert, ist hinzuzufügen, dass hierbei die Veränderung der Stillen Reserve bzw. die Abgänge in die Stille Reserve unberücksichtigt bleiben (vgl. Bothfeld 2005, 147f.). Hinzukommt, dass Frauen deutlich länger arbeitslos sind (ebd.).

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 13 nahezu gleich hoch liegen, liegt - ähnlich wie in Baden-Württemberg gesamt - die Frauenquote am Wohnort mit 46% unter derjenigen der Männer von 54% (Tab. I.2.1.b). Aus der Differenz der Beschäftigtenzahlen am Arbeits- und Wohnort ergibt sich der Pendlerüberschuss bzw. das Pendlerdefizit. Der Pendlerüberschuss macht bei den Frauen in Ulm ca. 50% aller Beschäftigten am Arbeitsort aus, bei den Männern dagegen 48%. D.h. anteilig an den Beschäftigtenzahlen am Arbeitsort pendeln mehr Frauen als Männer nach Ulm ein. Darüber hinaus zeigt sich ein Frauenanteil unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 46%, in Vollzeit sind sogar nur 38% weiblich (Tab. I.6.1.b; Grafik 5). Grafik 5: Partizipation an einzelnen Beschäftigungsformen in Ulm Sozialversicherpfl. Besch. 46 54 SVB Vollzeit 38 62 SVB Teilzeit 84 16 Ausschließlich GFB 68 32 darunter 45 bis 54 J. darunter 35 bis 44 J. 86 88 14 13 darunter 25 bis 34 J. 69 31 ExistenzgründerInnen 29 71 Frauen Männer 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% *) roter Balken: Trennlinie zwischen Frauen-/Männeranteil an der Bevölkerung 15-64 Jahre. Quelle: Statistisches Landesamt, Bundesagentur für Arbeit (Bevölkerungsfortschreibung 2008, Beschäftigtenstatistik 2008, Gewerbeanzeigenstatistik 2008), Berechnungen ifm Universität Mannheim Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Auch wenn die formal schulische Qualifikation von jungen Frauen wie bereits erwähnt höher ist als die der Männer, schlägt sich dies bisher noch wenig in der beruflichen Qualifikation nieder: So besitzen proportional weniger beschäftigte Frauen als Männer einen Hochschul-/Universitätsabschluss (11% : 21%), während Frauen häufiger als Männer eine Berufsausbildung (69% : 61%) und nach wie vor leicht häufiger als Männer ohne Berufsausbildung beschäftigt sind ( 21% : 19%) (Tab. I.1.6.b). Um zu beurteilen, in welchen Berufsgruppen Beschäftigungsperspektiven für junge Frauen und Männer in Ulm bestehen, dienen die Entwicklungszahlen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Tab. II.2.5.a, II.2.6.a). Zwischen 2000 und 2007 haben die Beschäftigtenzahlen in Ulm leicht zugenommen, was sich im Jahr 2008 weiter gesteigert hat, so dass im gesamten Zeitraum 2000-2008 eine Zunahme der Zahl beschäftigter Frauen von 13% (Männer: 7%) festzustellen ist. Die Zahl der Auszubildenden in Ulm ist im gleichen Zeitraum weniger stark gestiegen (Frauen: 6%, Männer: 10%) (Tab. II.2.3.a, II.2.4.a). Besonders in männlich dominierten Berufsgruppen 18 wie Rechnungskauf-/Datenverarbeitungsfachleute, IngeneurInnen und MechanikerInnen hat die Zahl beschäftigter Frauen und Männer überdurchschnittlich zugenommen (Anhang: Tabelle 1). Unter den IngenieurInnen und MechanikerInnen ist der Zuwachs der Zahl beschäftigter Frauen prozentual deutlich stärker als die der Männer gestiegen, wenn auch auf niedrigem Ausgangsniveau der Zahl beschäf- 18 Vgl. Fußnote 12.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 14 tigter Frauen und einem entsprechend unterdurchschnittlichen Frauenanteil zwischen 8% und 3%. Auf lange Sicht zeichnet sich unter den MechanikerInnen in Ulm ein Fachkräftemangel ab, da im Zeitraum zwischen 2000 und 2008 die Zahl der Auszubildenden insgesamt um 21% gesunken ist (Tab. II.1.1.a, II.1.2.a). Auch in einigen weiblich dominierten Berufsgruppen (wie sozialpflegerische Berufe, Reinigungsberufe, technische Sonderfachkräfte, im Nachrichtenverkehr) sind Zuwächse (2000-2008) der Zahl beschäftigter Frauen und Männer zu verzeichnen (Anhang: Tabelle 1). Überwiegend zeigt sich diese Entwicklung auch bei den Auszubildenden. Insgesamt weisen diese günstigen Entwicklungen auf Beschäftigungspotenziale in den beschriebenen Berufsgruppen. Als äußerst ungünstig stellt sich die Gesamtentwicklung in zahlreichen Männerberufen wie MaurerInnen, TechnikerInnen, ChemikerInnen/PhysikerInnen, SchlosserInnen, Berufe im Landverkehr, DruckerInnen, Back-/KonditorwarenherstellerInnen, BauausstatterInnen und InstallateurInnen dar. Jedoch zeigt sich unter TechnikerInnen, Chemiker/PhysikerInnen und SchlosserInnen ein gegenläufiger Trend der Beschäftigtenzahlen von Frauen und Männern. Die Zahl beschäftigter Frauen hat in diesen Berufen zugenommen, die der Männer ist erheblich zurückgegangen. Aufgrund der ungünstigen Gesamtentwicklung können diese Berufe nicht als zukunftsträchtig angesehen werden. Nimmt man eine etwas andere Perspektive ein und betrachtet die Beschäftigungsentwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Branchen (Tab. II.1.3.a, II.1.4.a), so findet sich zwischen 2000 und 2007 eine ungünstige Entwicklung im Großhandel, im Maschinenbau, im Ernährungsgewerbe, im Baugewerbe und in der Herstellung von Kraftwagen und -teilen, die auch durch die günstigere Arbeitsmarktsituation des Jahres 2008 kaum abgefangen werden konnte (nicht abgebildet). 19 Hiervon waren Frauen wie Männer betroffen. Ergänzend bleibt zu erwähnen, dass der Beschäftigungszuwachs von Frauen und Männern zwischen 2000 und 2008 in Ulm auf eine Zunahme von Voll- und Teilzeitbeschäftigten (Tab. I.6.1.a) und geringfügig Beschäftigten (Tab. I.3.1.a) (besonders im Nebenjob) zurückzuführen ist (Tab. I.6.1.a). Allerdings übersteigen die Zunahmen der Beschäftigtenzahl der Frauen in Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung (absolut) die in Vollzeit erheblich, während bei Männern die Zahl der Zuwächse in Vollzeitbeschäftigung überwiegt. Die Bedeutung der geringfügigen Beschäftigung zeigt sich zudem in der Struktur der Gesamtbeschäftigung: So sind von allen erwerbstätigen Frauen in Ulm rund 53% in Vollzeit und 26% in Teilzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Männer: 82% VZ, 4% TZ) und 17% (Männer: 8%) ausschließlich geringfügig beschäftigt (Tab. I.5.1.b, Grafik 6). 20 19 In den Tab. II.1.3.a und II.1.4.a im Tabellenband konnte die Entwicklung über alle dargestellten Wirtschaftszweige (Zweisteller) nicht abgebildet werden, weil sich eine erhebliche Änderung der Klassifikation der WZ 2003 auf die WZ 2008 ergeben hat. Für einzelne Branchen (s. obigen Text) ist eine Interpretation möglich. 20 Hinzu kommen 3% Beamtinnen und 1% Existenzgründerinnen (Männer: 5% Beamte, 2% Existenzgründer; Tab. I.5.1.b, Grafik 6). Diese Gesamtbeschäftigungsstruktur ist allerdings insofern nicht ganz vollständig, dass nicht alle Erwerbstätigen erfasst sind. Auf Kreisebene gibt es keine weiteren Daten zu den Selbständigen.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 15 Grafik 6: Beschäftigungsstruktur in Ulm 3 1 Frauen Männer 5 2 17 8 4 53 26 SVB VZ SVB TZ Ausschl. GfB BeamtInnen ExistenzgründerInnen Quelle: Statistisches Landesamt, Bundesagentur für Arbeit (Beschäftigtenstatistik 2008, Personalstandsstatistik 2008, Gewerbeanzeigenstatistik 2008), Berechnungen ifm Universität Mannheim 82 Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Dies zeigt sich ebenfalls daran, dass die geringfügige Beschäftigung mit einem Frauenanteil von 68% und auch die Teilzeitbeschäftigung mit 84% eine Frauendomäne ist (vgl. Grafik 5; Tab. I.3.1.b, I.7.1.b). Dies ist in Baden-Württemberg sehr ähnlich. Die Beschäftigungssituation von Frauen erscheint insofern problematisch, da häufig mit der Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung und insbesondere mit einer geringfügigen Beschäftigung kein existenzsicherndes Einkommen erzielt werden kann, so dass Frauen damit ein erhöhtes Verarmungsrisiko, insbesondere im Alter, tragen. Die von der EU geforderte gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit von Männern und Frauen wird damit für Frauen keinesfalls möglich. Ein ebenfalls nicht nur in Ulm zu beobachtendes Phänomen ist die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung im Nebenjob. Innerhalb der letzten Jahre ist ein sehr starker Zuwachs der Zahl von Frauen und Männern zu verzeichnen, die einer solchen zusätzlichen Erwerbstätigkeit nachgehen (Tab. I.3.1.a). Hier stellt sich insbesondere die Frage, in welchem Umfang eine geringfügige Beschäftigung als notwendiger Zuverdienst ausgeübt wird bzw. werden muss. AusländerInnen sind in Ulm unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit knapp 11% (Tab. I.1.1.b; Grafik 7) seltener vertreten als es ihrem Anteil in der erwerbsfähigen Bevölkerung (20%) nach zu erwarten wäre (Tab. bev.4.b). Hingegen sind Personen ohne deutschen Pass unter den Arbeitslosen mit 34% überrepräsentiert (Tab. I.7.2.b). Gravierende Geschlechterunterschiede zeigen sich hierbei nicht (Grafik 7).

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 16 Grafik 7: Ausländerinnen und Ausländer am Arbeitsmarkt in Ulm Bevölkerung (15-64J.) soz-vers-pflichtig Besch. Auszubildende (SVB) Auschließlich GfB GfB im Nebenjob Arbeitslose 2007 Arbeitslose 2008 Bevölkerung (15-64J.) soz-vers-pflichtig Besch. Auszubildende (SVB) Auschließlich GfB GfB im Nebenjob Arbeitslose 2007 Arbeitslose 2008 10 9 12 10 14 20 20 19 33 67 Frauen Männer Ausländerinnen Ausländer Deutsche Deutsche 21 80 27 34 35 34 90 91 88 90 86 81 80 82 73 66 65 66 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Quelle: Statistisches Landesamt, Bundesagentur für Arbeit (Bevölkerungsfortschreibung 2008, Beschäftigtenstatistik 2008, Leistungsempfängerhistorik 2007, 2008), Berechnungen ifm Universität Mannheim Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Ein wesentlicher Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Beschäftigten zeigt sich darin, dass fast die Hälfte aller AusländerInnen keine Berufsausbildung hat, auf Deutsche trifft dies auf nicht einmal ein Fünftel zu (Tab. I.1.7.b, I.1.8.b). Anzumerken ist, dass die Geschlechterunterschiede in der beruflichen Qualifikation unter Deutschen wesentlich auffälliger sind als unter AusländerInnen. Zwar hat die günstige Beschäftigungslage des Jahres 2008 noch zu einem deutlichen Rückgang der Zahl ausländischer Arbeitsloser geführt (2008: 990 ausländische Arbeitslose; Tab. I.7.2.a), Ende 2008 sind AusländerInnen als eine der ersten von der Arbeitsmarktkrise betroffen gewesen. Im Jahresdurchschnitt 2009 gibt es entsprechend 1.219 ausländische Arbeitslose in Ulm (Anstieg 23% zum Vorjahr; BA 2010a). Ein hohes Maß an beruflicher Segregation zwischen den Geschlechtern zeigt sich nicht nur am Ausbildungsmarkt, 21 sondern auch im Beschäftigungssystem: Im Jahr 2008 arbeiten in Ulm rund 73% aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in den Top-10-Berufen (Tab. II.2.5.b); dagegen 58% (Tab. II.2.6.b) aller Männer. Die berufliche Tätigkeit von Frauen konzentriert sich auf weit weniger Segmente als dies bei Männern zu beobachten ist. 22 Die Folgen der geschlechtstypischen Berufsorientierung sind in Kapitel 1.2 ausführlich erläutert. Ein Grund für die ungünstigere Position von Frauen am Arbeitsmarkt ist die Tatsache, dass ihnen nach wie vor die Hauptverantwortung in der Zuständigkeit für die Familie zugeschrie- 21 Vgl. Erläuterungen unter den Ergebnissen im Kapitel 1.2. 22 Ein Aufholprozess von Frauen unter sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zeigt sich in Ulm anhand der gestiegenen Zahl an Ingenieurinnen und Mechanikerinnen. Auch bei den technischen Sonderfachkräften ist ein Anstieg der Beschäftigtenzahl zu verzeichnen (Anhang: Tabelle 1). Die Frauenanteile in diesen Berufen liegen jedoch mit 3% unter MechanikerInnen und 8% unter IngenieurInnen auf sehr geringem Niveau (Tab. II.2.6.b). Zu bedenken ist, dass gerade in hochqualifizierten Männerberufen selbst in Zeiten des Fachkräftemangels Frauen nach wie vor häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Die Frauen-Arbeitslosenquote liegt hier in etwa doppelt so hoch wie die der Männer (Biersack et al. 2007). Auch bei Männern deuten sich Veränderungsprozesse an: So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer in den frauentypischen Berufsgruppen der sozialpflegerischen Berufe zwischen 2000 und 2008 stärker gestiegen als die Zahl der Frauen (Anhang: Tabelle 1).

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 17 ben wird, weswegen sehr viele Frauen zur so genannten Stillen Reserve zu zählen sind. 23 In Baden-Württemberg ist mehr als die Hälfte aller Mütter mit Kindern unter 3 Jahren nicht erwerbstätig. Auch geht ein Drittel aller Mütter mit Kindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren keiner Erwerbstätigkeit nach. Exkurs: Arbeitslosigkeit und Stille Reserve Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass vor allem Frauen und darunter vorwiegend Frauen mit jüngeren Kindern dem Arbeitsmarkt fernbleiben. Diese Frauen gehören zur Gruppe der sogenannten Stillen Reserve, also denjenigen Menschen, die zwar keiner bezahlten Arbeit nachgehen, aber auch nicht arbeitslos gemeldet sind. Eine exakte statistische Erfassung der Stillen Reserve ist bisher nicht gelungen, weswegen z.t. stark von einander abweichende Zahlen vorliegen. Für 2007 zeigt sich nach Berechnungen des ifm folgendes Bild (Tabelle 1): Von den rund 27 Mio. Frauen in Deutschland zählen im Jahr 2007 etwa 20,9 Mio. zum Erwerbspersonenpotenzial. Rund 18,7 Mio. Frauen (89%) davon gehen einer Erwerbstätigkeit nach, 1,9 Mio. (ca. 9%) sind als arbeitslos registriert, zur Stillen Reserve zählen ca. 674 Tsd. Frauen (3%). Nicht berücksichtigt bleiben nach diesem Konzept die rund 5,2 Mio. Frauen, die in der Altersgruppe zwischen 15 bis 64 Jahren nicht zu den vorgenannten Gruppen gehören (hier: Nichterwerbspersonen). Dies sind immerhin 20% der weiblichen Bevölkerung, während bei den Männern deutlich weniger, nämlich 12% männliche Nichterwerbspersonen, festzustellen sind. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der letztgenannten Personengruppen zu den sogenannten verdeckten Arbeitslosen gehört, in der Frauen mit 63% deutlich überrepräsentiert sind und die über kein existenzsicherndes eigenes Einkommen verfügen. Tabelle 1: Arbeitskräftebilanz Deutschland 2007 Frauen Männer Frauenanteil in Tsd. in % in Tsd. in % in % Bevölkerung 15-64 Jahre 1) (ohne StudentInnen) 26.193 100,0 26.623 100,0 49,6 Nichterwerbspersonen (Differenz = Bevölkerung - Erwerbspersonenpotenzial) 5.239 20,0 3.121 11,7 62,7 Erwerbspersonenpotenzial 2) 20.954 100,0 23.502 100,0 47,1 Erwerbstätige 3) 18.657 89,0 21.111 89,8 46,9 Registrierte Arbeitslose 1.873 8,9 1.903 8,1 49,6 Stille Reserve 4) 674 3,2 684 2,9 49,6 darunter Stille Reserve im engeren Sinne 308 1,5 264 1,1 53,8 Stille Reserve in Maßnahmen 366 1,7 420 1,8 46,6 1) Quelle: Mikroszensus: Bevölkerung 15-64 J.; Hochschulstatistik: StudentInnen WS 2006/07; Berechnungen ifm Universität Mannheim 2) Ohne Arbeitslose mit Nebenjob (Doppelzählung mit Arbeitnehmern) 3) Einschließlich Arbeitslose mit Nebenjob (weniger als 15 Stunden in der Woche). Da Angaben nur für Leistungsempfänger vorliegen, handelt es sich um eine Untergrenze. Diese Personengruppe ist in den geringfügig Beschäftigten enthalten 4) Die Stille Reserve wird untergliedert in zwei Gruppen: Die Stille Reserve in Maßnahmen und die Stille Reserve im engeren Sinne. Die letzte Gruppe umfasst alle Personen, die entweder nach Arbeit suchen, ohne als Arbeit suchend gemeldet zu sein, oder die bei der derzeitigen Situation auf dem Arbeitsmarkt die Suche aufgegeben haben, aber bei einer Verbesserung der Lage wieder auf den Arbeitsmarkt zurückkehren würden. (http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/download/ziffer/z191_192j05.pdf, S. 129) 2) bis 4) Quelle: Statistisches Bundesamt; Bundesagentur für Arbeit; Berechnungen des IAB (FG AZ) 23 Zwar ist die Datenlage problematisch und es lässt sich auf Kreisebene keine Aussage zur Stillen Reserve treffen. Zumindest für Baden-Württemberg kann gezeigt werden, dass 26% aller Frauen zwischen 25 und 55 Jahren nicht erwerbstätig sind und auch nicht als Arbeitslose gemeldet sind (Männer: 6%). Besonders hoch ist die Anzahl von Müttern, die nicht erwerbstätig sind. Vor allem diejenigen mit Kindern unter 3 Jahren. In Baden-Württemberg gingen 2005 58% der Mütter mit Kindern unter 3 Jahren keiner Erwerbstätigkeit nach (diejenigen, die sich in Elternzeit befinden, zählen hierzu nicht). Zur Messung der Stillen Reserve vgl. Exkurs Arbeitslosigkeit und Stille Reserve.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 18 Das Problem mangelnder Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben hängt maßgeblich mit der Betreuungsinfrastruktur zusammen. In Ulm liegt die Betreuungsquote von unter dreijährigen Kindern mit 17,3% im Jahr 2009 leicht über dem baden-württembergischen Durchschnitt (Tab. IV.1.1.b), dennoch nach wie vor weit unter der von der EU-geforderten Benchmark von 33%. Aber auch für Krippen- und Kindergartenkinder ist insbesondere das Angebot an Ganztagesbetreuung mit 41% bzw. 17,6% an allen betreuten Kindern ausbaubedürftig (Tab. IV.1.2.b). 2.2. Arbeitslosigkeit Auch im längerfristigen Rückblick lag die Arbeitslosenquote in Ulm über dem Baden- Württemberg-Durchschnitt; so auch im Jahr 2009 mit 5,8% (BW: 5,1%; BA 2010b). 24 Die Arbeitslosenquote der Frauen in Ulm liegt bei 5,3% und setzt sich zusammen aus SGB III 2,1% und SGB II 3,2% (Männer: SGB III 3,2%, SGB II 3,1%; BA 2010b, 2009a). 25 Insgesamt sind im Jahr 2008 zwar noch Rückgänge in der Zahl der Arbeitslosen zu verzeichnen. Seit Beginn des Jahres 2009 steigen die Arbeitslosenzahlen jedoch erheblich (BA 2009a). Männer haben von den Boomjahren 2007 und 2008 stärker profitiert und entsprechend ist die Zahl der arbeitslosen Männer stärker gesunken als die der Frauen. Die Arbeitslosenquote der Männer lag in diesen Jahren unter derjenigen der Frauen. In der Krise steigt die Zahl der arbeitslosen Männer stärker als die der Frauen. Hierzu ist anzumerken, dass es einen grundlegenden Geschlechterunterschied beim Ab- bzw. Aufbau von Arbeitslosigkeit gibt: Im Aufschwung sinkt die allgemeine Arbeitslosigkeit, die Zahl der arbeitslosen Frauen baut sich weniger ab als die der Männer und der Frauenanteil an den Arbeitslosen steigt. Anders bei wachsender Arbeitslosigkeit wie auch in der Krise ab Ende 2008 zu beobachten ist: Der Bestand arbeitsloser Männer wächst schneller als der der Frauen und der Frauenanteil an den Arbeitslosen sinkt. Der ungünstigste Monat im Jahr 2009 ist bei den Männern im April mit einer Arbeitslosenquote von 6,8%. Die Krise hat die Frauen erst verzögert erreicht, die höchste Arbeitslosenquote von 5,8% findet sich im August 2009 (BA 2009a). Deutliche Zunahmen in der Zahl der Arbeitslosen von 2008 auf 2009 finden sich unter den AusländerInnen, den unter 25-Jährigen und den Älteren ab 55 Jahren (bzw. auch den über 50-Jährigen) (Tab. I.7.2.a; BA 2010a). Eine Entspannung in diesen Gruppen zeigt sich seit August / September 2009, eine Prognose zum weiteren Verlauf der Krise ist nicht möglich. 26 24 Bis zum Jahr 2008 einschließlich ist die Arbeitslosenquote nach Geschlecht an allen abhängigen zivilen Erwerbspersonen in den Angaben der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesen. Dies hat sich ab 2009 geändert und bedeutet, die Arbeitslosenquote nach Geschlecht bzw. auch nach weiteren Personengruppen wird nun als Anteil an allen zivilen Erwerbspersonen ausgewiesen. Das bedeutet: Unabhängig davon, wie sich die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 2009 verändert, ist die Zahl der zugrunde liegenden Grundgesamtheit zivile Erwerbspersonen höher als die der zivilen abhängigen Erwerbspersonen. Damit verringert sich die Arbeitslosenquote. Lediglich die Arbeitslosenquote insgesamt wird bis 2008 für beide Berechnungsgrundlagen ausgegeben (vgl. http://www.pub.arbeitsagentur.de/hst/services/statistik/interim/grundlagen/berechnung-aloquote/index.shtml). Deswegen kann keinesfalls die Differenz der Arbeitslosenquoten nach Geschlecht oder von bestimmten Zielgruppen der Jahre 2008 und 2009 gebildet werden bzw. diese beiden Arbeitslosenquoten verglichen werden. Im Folgenden werden die Arbeitslosenquoten in % an allen zivilen Erwerbspersonen angegeben! 25 Die Zahl der arbeitslosen Frauen beträgt 1.555, die der Männer 2.035 (BA 2010a). Die Unterscheidung nach SGB III und SGB II ist aus vorliegenden Dokumenten mit Jahresdurchschnittswerten möglich (BA 2009a: Berechnungen ifm Universität Mannheim). 26 Ergänzung April 2010: Bis März 2010 schwanken die Zahlen arbeitsloser Frauen und Männer weiter. Im März 2010 ergibt sich beispielsweise im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Rückgang der Zahl arbeitsloser Männer und eine Zunahme der Zahl arbeitloser Frauen. Dies bestätigt die im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen konjunkturellen Schwankungen. Die Krise hat auch in Ulm zunächst vorwiegend Männerarbeitsplätze vernichtet, Höchststände in der Zahl der Arbeitslosen finden sich bereits Anfang des Jahres 2009. Die Zahl der arbeitslosen Frauen ist wenige Monate später gestiegen, hält aber weiter an, so dass der Vergleich zum Vorjahresmonat im März 2010 eine günstigere Situation für Männer und eine ungünstigere für Frauen widerspiegelt.

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 19 Seit März 2010 werden in den Heften Arbeitsmarkt in Zahlen der Bundesagentur für Arbeit Monatsberichte Frauen und Männer für die Kreise, die Bundesländer, West- und Ostdeutschland sowie Gesamtdeutschland bereitgestellt (BA 2010c). 27 Im Folgenden werden Ergebnisse aus diesem Bericht sowie dem ifm inzwischen zur Verfügung stehende Jahresdaten für 2009 für Ulm ergänzt. Eine Benachteiligung von Frauen zeigt sich daran, dass Frauen in Ulm lediglich 46% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stellen, dagegen unter den registrierten Arbeitslosen in den Jahren 2007 und 2008 rund 52% ausmachen (Tab. I.1.1.b, I.8.2.b; Grafik 8). 28 Hinzu kommt, dass die Situation für Frauen ungünstiger als die der Männer ist, wenn sie erst einmal langzeitarbeitslos sind. Dann scheinen ihre Möglichkeiten noch geringer als die von Männern zu sein, wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Darauf deutet zumindest der hohe Frauenanteil von 56% (2007) unter den Langzeitarbeitslosen 29 hin (Tab. I.7.2.b; Grafik 8). Entsprechend waren deutlich über ein Drittel aller arbeitslosen Frauen (37%) über 25 Jahre alt und langzeitarbeitslos (Männer 33%; Tab. I.7.2.b). Für das Jahr 2008 liegen entsprechende Daten nicht vor. Im Jahresdurchschnitt 2009 zeigt sich, dass der Frauenanteil unter den Langzeitarbeitslosen über 25-Jährigen mit 58% auf nahezu gleich hohem Niveau wie 2007 besteht. 30 Eine erneute Steigerung auf höhere Anteile der Langzeitarbeitslosen ist zu befürchten, da in wirtschaftlichen Krisenzeiten Menschen mit steigender Dauer der Arbeitslosigkeit schwerer in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln sind. Grafik 8: Arbeitslosigkeit in Ulm 2007 / 2008 2007 Beschäftigung 46 54 Arbeitslose insgesamt *) 52 48 Schwerbehinderte AL 44 56 Arbeitslose über 25 52 48 AL ü25 + länger als 12 Monate 55 45 Arbeitslose unter 25 50 50 AL u25 + länger als 6 Monate 56 44 2008 2007 Beschäftigung 46 Frauen Männer 54 Arbeitslose insgesamt *) 53 47 SGB II 53 47 SGB III 53 47 Arbeitslose über 25 54 46 Arbeitslose unter 25 46 54 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Quelle: Statistisches Landesamt, Bundesagentur für Arbeit (Beschäftigtenstatistik 2007, 2008, Leistungsempfängerhistorik 2007, 2008), Berechnungen ifm Universität Mannheim Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Vergleiche zum Vorjahresmonat sind deshalb nicht unproblematisch. Langfristige Entwicklungen (auch über mehrere Jahre mit Jahreswerten) sind aufschlussreicher. 27 Quelle: http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/services/statistik/detail/a.html 28 Aufgrund der Krise am Arbeitsmarkt ist der Frauenanteil in Arbeitslosigkeit - wie oben beschrieben - rückläufig und nähert sich dem in Beschäftigung an. 29 Die Definition für Langzeitarbeitslosigkeit wird nach Altersgruppen unterschieden. Jüngere unter 25-jährige Arbeitslose gelten als langzeitarbeitslos, wenn sie länger als sechs Monate arbeitslos sind. Ältere über 25- jährige Arbeitslose gelten als langzeitarbeitslos, wenn sie länger als zwölf Monate arbeitslos sind. 30 Anders für die unter 25-jährigen Langzeitarbeitslosen (länger als sechs Monate arbeitslos; vgl. weiter unten).

ifm (Universität Mannheim): Auswertung und Interpretation der Ergebnisse für Ulm 20 Betrachtet man die Verteilung der Frauen und Männer auf die beiden Rechtskreise, dann fällt auf, dass im Jahresdurchschnitt 2009 rund 60% aller arbeitslosen Frauen SGB II- Bezieherinnen sind (40% SGB III; 2008: 65% : 35%). Anders bei den Männern: Die Hälfte der arbeitlosen Männer bezieht Leistungen aus dem SGB III bzw. II (2008: 65% : 35%; BA 2009a). 31 Die Grafiken 9 und 10 zeigen die Anteile verschiedener Arbeitslosengruppen nach Geschlecht an allen Arbeitslosen im Rechtskreis SGB III bzw. SGB II im Jahr 2008. Grafik 9: SGB III-Bezieherinnen und -Bezieher in Ulm Alleinerziehende 1 6 Frauen Männer Behinderte 7 7 AusländerInnen 22 30 über 55 Jahre 15 15 unter 25 Jahre 14 18 0 5 10 15 20 25 30 35 Quelle: Bundesagentur für Arbeit (Leistungsempfängerhistorik 2008), Berechnungen ifm Universität Mannheim in % Maria Lauxen-Ulbrich, Stefan Berwing, April 2010 Aus Grafik 9 (und auch 10) lässt sich deutlich die Betroffenheit ausländischer Frauen und Männer von Arbeitslosigkeit ablesen. Auch wenn es zunächst so aussieht, als seien ausländische Frauen weniger betroffen im SGB III lediglich 22% aller arbeitslosen Frauen (ausländische Männer: 30% aller arbeitlosen Männer; Grafik 9) 32 sind die Frauenanteile unter den AusländerInnen im SGB III und SGB II zu vergleichen. Dabei ist festzuhalten, dass der Frauenanteil unter den ausländischen SGB III-EmpfängerInnen mit 45% einem Frauenanteil im SGB II von 55% gegenübersteht (Tab. I.7.3.-I.7.4.b). Darüber hinaus sind ausländische Frauen unter den ausländischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit 41% deutlich unterrepräsentiert (Tab. I.1.1.b). 33 Die in Kapitel 2.1 geschilderte Problematik einer geringeren 31 Im Jahr 2008 überwiegt auch unter den Männern der SGB II-Bezug, der deutlich gewachsene Anteil der SGB III-Bezieher ist auf die zunächst stärkere Betroffenheit der Männer in Zusammenhang mit der Arbeitsmarktkrise zurückzuführen. 32 Auch der Anteil weiblicher und männlicher AusländerInnen an allen SGB II-BezieherInnen von 39% bzw. 37% bestätigt die erwähnte Problematik für ausländische Personen am Arbeitsmarkt (Grafik 10). 33 Die Arbeitslosenquote der AusländerInnen liegt im Jahr 2009 bei 11,5% (BA 2010a). Nach wie vor hat jede/r dritte Arbeitslose eine ausländische Staatsangehörigkeit. Zwar haben AusländerInnen von der günstigen Arbeitsmarktsituation im Jahr 2008 kurzzeitig profitiert, die aktuelle Entwicklung seit Beginn des Jahres 2009 weist sie als eine der am stärksten von Arbeitsplatzverlusten betroffenen Gruppen aus (BA 2009a). Trotz der insgesamt etwas günstigeren Beschäftigungslage im Jahr 2008 und einem damit verbunden deutlichen Rückgang der Arbeitslosenzahlen (2008: 990 ausländische Arbeitslose), liegt die Zahl ausländischer Arbeitsloser im Jahresdurchschnitt 2009 bei 1.219 (BA 2010a). Der Jahreshöchststand war bereits im April 2009 mit 1.306 ausländischen Arbeitslosen erreicht, d.h., AusländerInnen waren als eine der ersten von der Arbeitsmarktkrise betroffen. Entspannt hat sich die Situation seit September 2009 (BA 2009a), so dass im Dezember noch 1.082