ARBEITSHILFE. Beleihungsmanagement für Immobilienunternehmen



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Transkript:

ARBEITSHILFE Beleihungsmanagement für Immobilienunternehmen

Inhalt Vorwort des Vorstandes des vtw. 1 1. Vorab 2 2. Beleihungsmanagement 5 2.1 Bestandsaufnahme 2.1.1 Beleihungswertermittlung für das Immobilienportfolio 2.1.2 Prüfung der Kreditvertragsbedingungen / Sicherheiten 2.1.3 Erstellung von Beleihungsübersichten 2.2 Analyse des Beleihungsportfolios 2.3 Strategien und Lösungen für die Neustrukturierung des Beleihungsportfolios 3. Fazit und Ausblick 31 4. Anlagen 32 Seite Literaturverzeichnis 40 Abkürzungsverzeichnis 42

Vorwort des Vorstandes des vtw. Zins- und Tilgungsleistungen stellen bei vielen Unternehmen die größten Ausgabenpositionen dar. Der Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.v. (vtw.) hat seit mehr als einem Jahrzehnt seine Mitgliedsunternehmen zum Thema Rating/ Finanzierung in zahlreichen Veranstaltungen informiert. Die vorliegende Arbeitshilfe ist ein weiterer wichtiger Baustein, die Unternehmen beim Beleihungsmanagement praxisnah zu unterstützen. Viel Erfolg bei der Anwendung der Arbeitshilfe Beleihungsmanagement für Immobilienunternehmen. Recht herzlichen Dank an die Autorin, Frau Waltraud Hermann Immobilienbetriebswirtin / Bankkauffrau Lehrbeauftragte des Freistaates Thüringen. H.-J. Ruhland J. Elfrich (WP) - Vorstand vtw. - 1

1. Vorab Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist sehr kapitalintensiv und wie kaum eine andere Branche auf Fremdkapital angewiesen. Zins- und Tilgungsleistungen stellen bei vielen Unternehmen die größten Ausgabenpositionen im Unternehmen dar. Die zu leistenden Kapitaldienste beeinflussen maßgeblich die Liquidität der Unternehmen und damit die Zahlungsfähigkeit. Die Unternehmensfinanzierung ist somit eine der wichtigsten Herausforderungen an das Management. Durch veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen, Basel II und nunmehr Basel III, diverse Umsetzungsverordnungen, wie z. B. eine neue Verordnung zur Wertermittlung grundbuchlicher Sicherheiten, sowie die Finanzmarktkrise haben sich die Finanzierungsbedingungen und Möglichkeiten für die Wohnungsunternehmen verändert bzw. stehen vor weiteren neuen Veränderungen. Zur Sicherung des Unternehmenserhaltes sind daher viele Wohnungsunternehmen gefordert, dem Management ihrer Finanzierungen und Beleihungen eine herausragende Rolle beizumessen. Durch die neuen bankaufsichtsrechtlichen Regelungen (Basel III) werden Kredite künftig durch mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen. Die Kreditkosten werden damit noch abhängiger vom Ausfallrisiko, das einerseits durch das Rating und andererseits durch die Beurteilung der Sicherheiten bewertet wird. Kreditkosten abhängig vom Ausfallrisiko risikoadjustierte Margenkalkulation Bonität = Rating Beurteilung der Sicherheiten Wichtigstes Ziel beim Finanzierungs-/ Beleihungsmanagement ist deshalb, das Risiko für die Bank so gering wie möglich zu gestalten. Denn je geringer das Risiko für die Bank, umso geringer sind die Kreditkosten. 2

Zins und Tilgung (risikoabhängig) Kreditsumme 1 Mio. Euro wenig Risiko Kreditkosten (5%) + Tilgung (1%) = 6 % Zahlungspflicht an Bank 60.000,00 p.a. hohes Risiko Kreditkosten (8,5%) + Tilgung (5 %) = 13,5 % Zahlungspflicht an Bank 135.000,00 p.a. Auf die Möglichkeit, das Unternehmensrating positiv zu beeinflussen, sei an dieser Stelle nur hingewiesen. Zielsetzung dieser Arbeitshilfe ist, durch aktives Beleihungsmanagement Risiken aus der Bewertung von Sicherheiten zu verringern. Dies ist umso wichtiger aufgrund der Änderungen bei der Bewertung von Grundbuchsicherheiten durch die Beleihungswertermittlungsverordnung (in Kraft getreten am 22.05.06) und die Berücksichtigung von Grundschuldzinsen bei der Bewertung nachrangiger Grundschulden. Änderung: Bewertung der Sicherheiten Beleihungswertermittlungsverordnung Berücksichtigung 10 ZVG Die Finanzmarktkrise, Basel III und die Änderungen bei der Bewertung von Grundbuchsicherheiten haben bzw. werden wesentliche Folgen für Wohnungsunternehmen mit sich bringen: 3

Folgen: Margenaufschläge für Finanzierungen zwischen 60 % und 80 % Beleihungsauslauf. Wenn überhaupt Finanzierungen über 80 % Beleihungsauslauf, hohe Margen und hohe Tilgungssätze. Zukünftig werden Banken kaum zweitrangige Besicherungen akzeptieren. Forderungsverkäufe der Banken zur Bereinigung der Risiken werden zunehmen. Das bislang vernachlässigte Thema Beleihungsmanagement wird deshalb in den Fokus des Managements von Immobilienunternehmen treten. Ausgangslage in den Unternehmen ist häufig ein wild gewachsenes Beleihungsportfolio mit unübersichtlichen, im Unternehmen wenig transparenten Sicherheitenverhältnissen, mit Mehrfach-, Gesamt- und Querhaftungen bei den grundbuchlichen Sicherheiten. Die Beleihungssituation und das fehlende Sicherheitenmanagement sind für Wohnungsunternehmen ein enormes Gefahrenpotenzial für die Finanzierung des gesamten Unternehmens. Drastische Konditionenverschlechterungen, Aufforderungen der Banken zur Verstärkung der Sicherheiten bis hin zum Verkauf der Darlehensforderungen durch die Kreditinstitute können die Folgen sein. Der Verkauf von Darlehensforderungen kam mit der Finanzmarktkrise zum Erliegen und scheint nun wieder in Fahrt zu kommen. Bislang erachten viele Unternehmen die vorhandenen Beleihungsstrukturen und erheblichen Probleme im Sicherheitenmanagement für unlösbar. In den folgenden Kapiteln soll aufgezeigt werden, dass es möglich ist, die notwendige Transparenz zu schaffen, Risiken zu analysieren und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, um somit Zins- und Tilgungsstruktur nachhaltig zu optimieren und damit einen wesentlichen Beitrag zur Zukunftssicherung des Unternehmens zu leisten. 4

2. Beleihungsmanagement für Immobilienunternehmen Ziel der Arbeitshilfe ist es, das Beleihungsmanagement in 3 Schritten möglichst praxisnah zu erläutern: Schritt 1: Bestandsaufnahme Schritt 2: Analyse Schritt 3: Strategien und Lösungen 2.1 Bestandsaufnahme 2.1.1 Beleihungswertermittlung für das Immobilienportfolio Erläuterung der Unterschiede Beleihungswert / Verkehrswert zum besseren Verständnis: In vielen Diskussionen zwischen Bankmitarbeitern und Kunden kommt es immer wieder zu Irritationen hinsichtlich der Begriffe Verkehrswert und Beleihungswert. Immobilienkredite sind wegen der üblichen Tilgungsvereinbarungen relativ lang laufende Kredite. Die vollständige Rückzahlung erfolgt oft erst nach 15, 20 oder mehr Jahren. Über diesen Zeitraum dient die Immobilie als Sicherheit und sichert den Rückzahlungsanspruch. Daher kommt es bei der Beleihungswertermittlung auf die nachhaltige Werthaltigkeit der Immobilie über die Laufzeit des Kredites an und z. B. nicht auf den aktuellen Marktwert (= Verkehrswert) z. B. zum Erwerbsoder Beleihungszeitpunkt. Der Beleihungswert ist daher ein eigenständiger Wert und Wertbegriff. Der Begriff des kreditwirtschaftlichen Beleihungswertes ist im 16 des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) verankert und bildet über das Kreditwesengesetz (KWG) die Grundlage für die Beleihung aller auf Immobilien besicherten Kredite. Im PfandBG 16 Absatz 2 ist der Begriff des Beleihungswertes wie folgt definiert: Der Beleihungswert darf den Wert nicht überschreiten, der sich im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung der zukünftigen Verkäuflichkeit einer Immobilie und unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objektes, der normalen regionalen Marktbegebenheiten sowie der derzeitigen und möglichen anderweitigen Nutzungen ergibt. Spekulative Elemente dürfen dabei nicht berücksichtigt werden. Im Unterschied zum Marktwert (der bei Banken stets ergänzend ermittelt wird), der den auf den Wertermittlungsstichtag bezogenen Gegenwartswert (z. B. für eine Veräußerung) darstellt, ist somit festzuhalten, dass der Beleihungswert auf einen sehr langen Zeitraum seine Gültigkeit und Belastbarkeit haben muss. Ergänzende Informationen hinsichtlich Beleihungswert: http://www.pfandbrief.de/cms/_internet.nsf/tindex 5

Objektkonkrete Wertermittlung Grundlage für die Entwicklung eines wertoptimierenden Beleihungsmanagements ist die umfassende Analyse der Ausgangssituation. Der erste Baustein der Analysetätigkeit ist die Bewertung des Immobilienbestandes. Die Bewertung ist durch die Unternehmen selbst vorzunehmen, da Banken sehr zurückhaltend mit Auskünften über ihre internen Beleihungswerte sind und aufgrund der neuen Beleihungswertermittlungsverordnung der Sicherheitenbestand kontinuierlich neu eingewertet wird. Der Beleihungswert wird gesetzlich durch das Pfandbriefgesetz (PfandBG) und die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) definiert. 1 Für Immobilienunternehmen ist die Bewertung ihres Objektbestandes notwendig, um die Beleihungspotenziale optimal auszunutzen und Risiken in bestehenden Beleihungen frühzeitig erkennen zu können. Die Ermittlung der objektkonkreten Beleihungswerte im Wohnungsunternehmen sollte daher gemäß den neuen gesetzlichen Verordnungen und Bedingungen erfolgen. Nach 4 (1) und (3) BelWertV sind zur Ermittlung des Beleihungswertes der Ertragswert und der Sachwert des Beleihungsobjektes getrennt zu ermitteln. Maßgeblich für die Ermittlung des Beleihungswertes ist regelmäßig der Ertragswert, der nicht überschritten werden darf. 2 Für die Ermittlung eines Beleihungswertes für unternehmensinterne Zwecke ist deshalb der Verzicht auf die Ermittlung des Sachwertes möglich. Für die Beleihungswertermittlung in den Wohnungsunternehmen kann daher folgende Berechnungssystematik angewendet werden: Parameter: 1 Jahresrohertrag 2./. = Bewirtschaftungskosten (Verwaltung, Mietausfallwagnis, laufende Instandhaltung, Modernisierung) Grundstücksreinertrag 3./. = Bodenwertverzinsung Reinertrag der baulichen Anlagen 4 x = 5 + = Vervielfältiger (Kapitalisierungszinssatz / wirtschaftliche Restnutzungsdauer) Ertragswert der baulichen Anlagen Bodenwert Ertragswert der Immobilie 6 1 Trotz, Raymond, Immobilienbewertung aus Bankensicht, Serie Wertermittlungsverfahren, Teil 10, Immobilienzeitung, Seite 10, 21.06.07 2 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006, Teil I Nr. 24, ausgegeben zu Bonn am 22. Mai 2006

Der Inhalt der einzelnen Berechnungsschritte soll wie folgt erklärt werden: Höhe der objektkonkreten, nachhaltigen Mieteinnahmen (Jahresrohertrag) (1) Grundlage der Bemessung des Beleihungswertes bildet die nachhaltig zu erzielende Nettokaltmiete, wobei nach 10 (1) BelWertV die vertraglich vereinbarte Miete als Obergrenze fixiert ist (Ausnahme: Nach geplanten Modernisierungsmaßnahmen umlegbare Modernisierungsumlagen, sofern diese die Marktmieten nicht übersteigen.). Bezogen auf die einzelnen Immobilien ist im Unternehmen daher objektkonkret die Höhe der nachhaltig erwarteten Mieteinnahmen zu definieren. Höhe der objektkonkreten, langfristigen Bewirtschaftungskosten (2) Nach 11 BelWertV ist der ermittelte Jahresrohertrag um die üblicherweise beim Vermieter verbleibenden Bewirtschaftungskosten zu kürzen. 3 Für die einzelnen Positionen sind daher Feststellungen zu treffen. Die in der BelWertV vorgegebenen Mindestwerte sollen hierbei Orientierung geben und keinesfalls unterschritten werden. Bewirtschaftungskosten Verwaltungskosten Mietausfallwagnis (Erlösschmälerung) Instandhaltungskosten (Pauschale / m 2 / Wfl. / p. a.) Beispiele 300 je Wohnungseinheit p. a. (zu erhöhen bei verwaltungsintensiven Beständen, erfolgt auch bei Bankgutachten) derzeitige Erlösschmälerung, zzgl. z. B. 2 % bei Objekten ohne Leerstand 2 % 10 / m 2 / Wohnfläche bei voll sanierten Häusern 12 / m 2 / Wohnfläche bei teilsanierten Häusern 15 / m 2 / Wohnfläche bei unsanierten Häusern Modernisierungsrisiko Objektkonkret nach Sanierungsstand und Ausstattung festlegen. Hierbei sind neben Wohnungsgrößen, Zuschnitten, Barrierefreiheit, Ausstattung, Energiestandard etc. einzupreisen. Die umlagefähigen Betriebskosten werden im Rahmen der Beleihungswertermittlung als duchlaufende Posten behandelt und bleiben somit unberücksichtigt. 3 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006, Teil I Nr. 24, ausgegeben zu Bonn am 22. Mai 2006 7

Bodenwertverzinsung (3) In Anlehnung an 9 (2) BelWertV wählt das Wohnungsunternehmen eine Verzinsung anlehnend an den Kapitalisierungsfaktor aus. Der Kapitalisierungsfaktor entspricht dem angenommenen Zinssatz, mit dem künftig erzielbare Reinerträge nach vorsichtiger Schätzung erfahrungsgemäß diskontiert werden. 4 Sonderfälle ergeben sich lediglich bei größeren Grundstücken, für die eine gesonderte Bewertung erforderlich und sinnvoll ist. Wirtschaftliche Restnutzungsdauer (4) In Abhängigkeit des Sanierungsstandes, der Bauweise und der zukünftigen Vermietungsaussichten wird die wirtschaftliche Restnutzungsdauer des Gebäudebestandes festgelegt. An dieser Stelle sei besonders hingewiesen, dass nicht die technische Lebensdauer der Immobilie maßgeblich ist, sondern die wirtschaftliche Restnutzungsdauer, somit der Zeitraum, in dem die Immobilie rentierlich bewirtschaftet werden kann. Die BelWertV gibt hier für Wohnhäuser ein breites Spektrum von 25 bis 80 Jahren vor. Die Wohnungsunternehmen sind daher gefordert, sehr qualifiziert und differenziert die wirtschaftliche Restnutzungsdauer ihres Gebäudebestandes festzulegen (Beispielwerte siehe bei Vorschlägen zur Clusterung des Gebäudebestandes). Kapitalisierungszins (4) Ein Vervielfältiger zur Ermittlung des Ertragswertes der baulichen Anlagen ergibt sich aus der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer sowie eines objektkonkreten Kapitalisierungszinses nach 12 Abs. 4, Anlage 3 der BelWertV. Auch bei der Auswahl der Kapitalisierungszinssätze zur Bildung dieses Verfielfältigers gibt die BelWertV in Anlage 3 für Wohnbauten hohe Bandbreiten zwischen 5 % bis 8 % an. Der Kapitalisierungsfaktor entspricht dem angenommenen Zinssatz, mit dem künftig erzielbare Reinerträge nach vorsichtiger Schätzung erfahrungsgemäß diskontiert werden. 5 Die Vorschläge für Cluster beinhalten eine Auflistung von Vervielfältigern, die für eine nachhaltige Beleihungswertermittlung und Beispiele in der Zusammenarbeit mit Bankgutachtern Orientierung geben können. Bei der Neubewertung der Immobilien im Zuge der BelWertV durch die Gutachter der Banken kann man hier tendenziell von einer Verschlechterung ausgehen. In früheren Jahren wurden Wohngebäude sehr häufig pauschal mit 5 % bis 5,5 % Kapitalisierungszinssatz bewertet. Eine derartige Spreizung, wie nun gesetzlich vorgesehen, entspricht nicht der früheren Praxis. Folge: Tendenziell schlechtere Beleihungswerte, vor allem bei großen Wohnanlagen, Hochgeschossern (> 5 Geschosse) und teilsanierten Bauten aus industrieller Fertigung. 4 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006 Teil I Nr. 24, ausgegeben zu Bonn am 22. Mai 2006 5 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006 Teil I Nr. 24, ausgegeben zu Bonn am 22. Mai 2006 8

Bodenwert (5) Die Ermittlung der Bodenwerte ist für die Wohnungsunternehmen in der Regel schwierig, da keine repräsentativen Vergleichswerte vorliegen und die Liegenschaften häufig über sehr große Grundstücke verfügen. Richtgrößen können die veröffentlichten Bodenrichtwerte der Kommunen sein. Bei sehr großen Grundstücken und wesentlichen Grundstücksüberhängen muss jedoch eine Differenzierung hinsichtlich Bau- und Gartenland erfolgen. Vereinfachte Wertermittlung Bei sehr heterogenen und kleinen Wohnungsbeständen empfiehlt sich eine objektkonkrete Einzelbewertung. Eine Clusterung des Gebäudebestandes kann bei homogenen Gebäudebeständen das Bewertungsverfahren vereinfachen. Ebenso können die einzelnen Parameter, die in die Bewertung einfließen, standardisiert werden. Inwieweit dies möglich und sinnvoll ist, ist im Einzelfall zu prüfen. Möglichkeiten für Cluster (Standardisierung, Vereinfachung): Kapitalisierungszinssatz Bandbreite nach BelWertV für Wohngebäude: 5,00 % bis 8,00 % Clusterung nach Bauweise und Sanierungsstand (Beispiele) Objektgruppe Vervielfältiger Mauerwerksbau (neu) 5,50 % Mauerwerksbau (saniert) 5,50 % Mauerwerksbau (unsaniert) 6,50 % Kapitalisierungszinssatz Bandbreite nach BelWertV für Wohngebäude: 5,00 % bis 8,00 % Clusterung nach Bauweise und Sanierungsstand (Beispiele) Objektgruppe Vervielfältiger Blockbau (saniert, teilsaniert und unsaniert) 6,00 % Blockbau (saniert, teilsaniert und unsaniert) 6,50 % > 5 Geschosse 9

Kapitalisierungszinssatz Bandbreite nach BelWertV für Wohngebäude: 5,00 % bis 8,00 % Clusterung nach Bauweise und Sanierungsstand (Beispiele) Objektgruppe Vervielfältiger Platte (saniert) < 5 Geschosse 6,50 % Platte (saniert) > 5 Geschosse 6,75 % Platte (teilsaniert) < 5 Geschosse 7,00 % Platte (teilsaniert) > 5 Geschosse 7,50 % Platte (unsaniert) 8,00 % Industriell gefertigte Bauweise wird vereinfachend als Platte bezeichnet. Eine Beispielrechnung ist in der Anlage 1 dargestellt. Sonderfälle: Objekte mit negativem Ertragswert Vorschläge: Bewertung = 0 Grundstückswert./. Abrisskosten Mit der Ermittlung der Beleihungswerte hat das Unternehmen die erste Grundlage für ein qualifiziertes Beleihungsmanagement geschaffen. Sofern Beleihungswerte der Banken im Unternehmen bekannt sind, können diese bereits einer ersten Abweichungsanalyse unterzogen werden. Tendenziell muss in Folge der aktuellen gesetzlichen Vorgaben mit sinkenden Beleihungswerten gerechnet werden, da insbesondere in den Faktoren der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer und Vervielfältigern nach der Beleihungswertermittlungsverordnung eher vorsichtigere Ansätze als in der Vergangenheit zu erwarten sind. Die in der Praxis nunmehr stattfindende sukzessive Neubewertung der Sicherheiten bestätigt diese Annahmen. Die Wohnungsunternehmen mit industriellen Bautypen wird dies insbesondere bei nicht und teilsanierten industriell gefertigten Immobilien treffen. Wertrückgänge bei den Beleihungswerten, insbesondere bei un- oder teilsanierten Beständen bis zu 50 bis 60 % dürften keine Seltenheit sein (Beispiel Anlage 2). 10

2.1.2 Prüfung der Kreditvertragsbedingungen/Sicherheiten Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Inventur aller Grundbuchdaten sowie der vorhandenen Darlehensverträge, hier im Speziellen die Erfassung und Kontrolle der vereinbarten grundbuchlichen Sicherheiten und der hierzu vereinbarten Bedingungen und Auflagen. Bei der Analyse der Grundbücher sind alle grundbuchlichen Sicherheiten zu erfassen und objektkonkret und nach Rangklassen geordnet den Immobilien unter Benennung des Gläubigers zuzuordnen. Die praktische Umsetzung auf MS Excel- Basis ist der Anlage 3 zu entnehmen. Im Zuge der Inventarisierung ist es sinnvoll, einen Abgleich mit den entsprechenden Flurkarten der Objekte vorzunehmen. Insbesondere bei den Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern zeigen sich hier nicht selten fehlerhafte Eintragungen, die bislang weder im Unternehmen noch bei den Banken transparent waren und nunmehr einer Beordnung zugeführt werden können. Ebenso stößt man auf so genannte schlummernde Grundschulden, die in der Vergangenheit auf Vorrat bestellt, jedoch nicht bzw. nicht mehr für Finanzierungszwecke eingesetzt sind. In Absprache mit dem begünstigten Kreditinstitut können diese abgetreten oder gelöscht werden. Somit können sich bereits Beleihungsspielräume ergeben. Bei der Analyse der vorhandenen Darlehensverträge sind insbesondere die vertraglichen Absprachen hinsichtlich der grundbuchlichen Sicherheiten eingehend zu prüfen. Interessant ist auch, bei der Durchsicht der Darlehensverträge in den Vereinbarungen zu prüfen, welche Konsequenzen es hat, wenn sich der Wert der Sicherheiten (aus Bankensicht) ändert. Hier enthalten die meisten Darlehensverträge Vereinbarungen zu Nachbesicherungen etc. Besonderheiten: Bei der Prüfung der Grundschuldsicherheiten sind folgende Punkte besonders zu beachten: Gesamtgrundschulden Zweckbestimmungserklärung Einmalvalutierungserklärung Ansprüche auf Rückgewähr 11

Gesamtgrundschulden Klassische grundpfandrechtliche Besicherung erfolgt nach der Systematik ein Darlehen und Belastung eines Finanzierungsobjektes. Man trifft häufig auf die Problematik der Gesamtgrundschulden. Ursachen für Gesamtgrundschulden insbesondere in den neuen Bundesländern sind: in der Nachwendezeit aufgenommene Darlehen und grundbuchliche Besicherungen vor Vermessung der Flurstücke, Altschulden aus DDR-Zeiten, die aufgrund ihrer Höhe auf einer Vielzahl von Objekten zur gesamten Hand abgesichert wurden. Nach 1132 BGB i.v.b.m. 1192 BGB ist die Bestellung von Gesamtgrundschulden möglich mit der Konsequenz, dass jedes (belastete) Grundstück für die gesamte Forderung (vereinbarte Darlehen) haftet. In der Praxis der Wohnungsunternehmen finden sich eine Vielzahl von Finanzierungsfällen, die durch Gesamtgrundschulden besichert wurden, was bedeutet, dass mehrere Flurstücke gleichzeitig mit einer Gesamtgrundschuld deutlich über den Wert der einzelnen Immobilie belastet wurden. Gesamtgrundschulden haben grundsätzlich die Konsequenz, dass eine nachrangige Belastung, z. B. bei der Finanzierung anfallender Investitionen, in der Regel schwer möglich ist, da die Beleihungsspielräume völlig ausgeschöpft sind. Gesamtgrundschulden sind daher als gesonderter Problembereich im Zuge der Inventarisierung zu erfassen. Beispiel für Gesamtgrundschulden: Für Investitionen in Höhe von T 350 stellt das Wohnungsunternehmen der Bank folgende Objekte als Sicherheit zur Verfügung: Dresdner Str., Moritzstr. und Frauensteiner Str. Die Bank belastet diese Objekte mit einer Gesamtgrundschuld in Höhe von T 350. Die Grundschuld ist mit 15 % Zinsen und 10 % Nebenleistung ausgestattet. Konsequenz: Die Bank kann sich bei einer Verwertung bei jedem Objekt bis zur vollen Höhe der Grundschuld nebst Grundschuldzinsen und Nebenleistung befriedigen. Gesamtgrundschulden sollten möglichst bei der Beleihung vermieden werden. 12

Zweckbestimmungserklärung (Bedeutung, Auswirkung) Nach 1191 BGB ist die Grundschuld das subjektiv persönliche Recht, aus einem Grundstück die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zu verlangen. Die Grundschuld ist abstrakt, d. h. sie besteht unabhängig von einer Forderung. 6 Durch Vereinbarung zwischen Grundstückseigentümer (Wohnungsunternehmen) und Kreditinstitut im Rahmen der Zweckbestimmungserklärung wird festgelegt, für welchen Zweck die Grundschuld dienen soll. Grundsätzlich unterscheidet man in der Finanzierungspraxis zwischen der engen und weiten Sicherheitenabrede. Zweckbestimmungserklärung Weiter Sicherungszweck Enger Sicherungszweck Die Grundschuld dient für sämtliche gegenwärtige und künftige Ansprüche aus der Geschäftsverbindung. Die Grundschuld dient nur zur Besicherung von Forderungen aus einem bestimmten Kredit. Die Form der vertraglich vereinbarten Zweckbestimmungserklärung hat für Bank und Kunden entscheidende Bedeutung. So ist z. B. durch die weite Zweckbestimmungserklärung der Kreditgeber nicht verpflichtet, bei Rückführung eines Darlehens die objektbezogene Grundschuld freizugeben. Er kann auch andere Grundstücke freigeben. 7 Die vertraglich festgelegte Sicherheitenabrede ist somit ebenfalls bezogen auf jede Grundschuld zu erfassen. 6 Gödde, Walter, o. J., Grundpfandrechte, Dr. Gabler Verlag, Wiesbaden, Seite 30 7 Finanzierung in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.v., Arbeitshilfe 50, 09/2006, Seite 21 13

Beispiele für Formulierungen: Weite Sicherheitenabrede: Die Grundschuld dient zur Sicherung aller bestehenden und zukünftigen Ansprüche der Sparkasse gegen den Darlehensnehmer aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung. Enge Sicherheitenabrede: Die Grundschuld dient zur Sicherung aller Ansprüche, die der Sparkasse (HVB oder andere Bank) aus dem Darlehen mit der Konto-Nr. 12345 über nominal 10 Mio. vom 05. 07. 2001 zustehen. Auswirkungen Sicherheitenabrede: Weite Sicherheitenabrede Beispiel: Sparkasse Weimar, Postplatz Die Sparkasse hat folgende Forderungen gegenüber dem Wohnungsunternehmen: T 1.000 langfristiges Darlehen T 500 Kontokorrentkredit Die Sparkasse verfügt über eine Grundschuld zu Lasten des Objektes Postplatz über T 1.000, die Grundschuld ist mit 15 % Zinsen und 10 % Nebenleistung ausgestattet. Die Sparkasse erhielt diese Grundschuld im Zuge der Absicherung des langfristigen Darlehens mit weiter Sicherheitenabrede. Für den Kontokorrentkredit wurden keine gesonderten Sicherheiten bestellt. Welchen Erlösanspruch kann die Sparkasse bei einer Verwertung des Objektes Postplatz geltend machen? Grundschuld T 1.000 Grundschuldzinsen (3 Jahre) T 450 Nebenleistung T 100 Gesamt T 1.550 Aufgrund der weiten Sicherheitenabrede kann sie sowohl das Darlehen über T 1.000 als auch den Kontokorrentkredit über T 500 mit dem Erlös abdecken. T 50 Übererlös muss sie auskehren. 14

Auswirkungen Sicherheitenabrede: Enge Sicherheitenabrede Beispiel: Sparkasse Weimar, Postplatz Die Sparkasse hat folgende Forderungen gegenüber dem Wohnungsunternehmen: T 1.000 langfristiges Darlehen T 500 Kontokorrentkredit Die Sparkasse verfügt über eine Grundschuld zu Lasten des Objektes Postplatz über T 1.000, die Grundschuld ist mit 15 % Grundschuldzinsen und 10 % Nebenleistung ausgestattet. Die Sparkasse erhielt diese Grundschuld im Zuge der Absicherung des langfristigen Darlehens mit enger Sicherheitenabrede. Für den Kontokorrentkredit erfolgt keine Sicherstellung. Welchen Erlösanspruch kann die Sparkasse bei einer Verwertung des Objektes Postplatz geltend machen? Grundschuld T 1.000 Grundschuldzinsen (3 Jahre) T 450 Nebenleistung T 100 Gesamt T 1.550 Aufgrund der engen Sicherheitenabrede kann sie jedoch nur das langfristige Darlehen abdecken, nicht den Kontokorrentkredit. Der Mehrerlös in Höhe von T 550 muss an andere Gläubiger ausgekehrt werden. 15

Ansprüche auf Rückgewähr Aufgrund der Abstraktheit der Grundschuld besteht für den Kreditnehmer und Sicherheitengeber der gesetzliche Anspruch auf Rückübertragung der geleisteten Sicherheit nach vollständiger oder auch teilweiser Tilgung der Kreditforderung. Hier stoßen Kundeninteresse (freie Grundschuldanteile) und Bankinteresse (Absicherung so lange wie möglich vollständig) häufig aufeinander. Dies gilt in besonderem Maße bei Grundbüchern, die von mehreren Gläubigern belastet wurden. Jeder Sicherungsnehmer hat den Wunsch, die eigene Grundschuld so lange wie möglich zu behalten. Der nachrangige Gläubiger möchte so schnell wie möglich an den Sicherheiten des Vorranggläubigers partizipieren. Daher wird seitens der Sicherungsgeber (Kunden) folgendes erklärt: Ansprüche auf Rückgewähr beschränken sich auf die Abgabe einer Löschungsbewilligung oder Abgabe einer Verzichtserklärung. Falls dem bestehenden Grundpfandrecht gegenwärtig oder künftig andere Grundschulden im Range vorgehen, tritt der Sicherheitengeber hiermit der/dem Begünstigten die Rechte auf Rückgewähr hinsichtlich der vorhergehenden Rechte ab. Ergebnis: Der Sicherungsnehmer (Bank) sichert sich auch die freien Teile der vorhergehenden Grundschulden und stellt somit eine schrittweise Verbesserung seiner eigenen Position her. Der Kunde geht bis zur vollständigen Rückführung seiner Verbindlichkeiten einstweilen leer aus. Diese Problematik verstärkt sich bei der Abgabe von weiten Sicherheitenabreden ggf. über große Teile des Immobilienportfolios. Hauptargument der Banken für die Abgabe weiter Zweckbestimmungserklärungen ist die Bewertung des gesamten Kreditportfolios. Schwierige Engagementteile können mit guten Engagementteilen kompensiert werden und manche Finanzierung bzw. dessen Prolongation erst möglich machen. Diese Argumentation ist aus Bankensicht schlüssig und sollte daher seitens des Immobilienunternehmens individuell bewertet werden. Einmalvalutierungserklärungen Insbesondere Förderbanken, die nur nachrangig bei Immobilienfinanzierungen grundbuchlich abgesichert werden können, holen sich bei Vorranggläubigern zur Verbesserung ihrer Sicherheitenposition (ergänzend zur Lösung über die Rückgewähransprüche) eine schriftliche Bestätigung ein, dass ohne ihre Zustimmung die Grundschuld nur einmal valutiert werden darf. Dies schränkt die Beleihungsmöglichkeiten der Vorranggläubigerbanken deutlich ein. In der Praxis ist den Wohnungsunternehmen dies oft nicht transparent, da Einmalvalutierungserklärungen zwischen den Banken ohne Einbeziehung des Grundstückseigentümers erfolgen können. Seine Zustimmung ist hierfür nicht erforderlich. Bei Finanzierungen mit nachrangig abgesicherten Förderkrediten ist daher eine Rückfrage bei diesem bzw. den vorrangigen Grundschuldgläubigern sinnvoll. Vorhandene Erklärungen sollten mit Bezug auf die betroffenen Grundschulden ebenfalls dokumentiert werden. 16

Berücksichtigung von Grundschuldzinsen (Zinsanhang) Gemäß der Solvabilitätsverordnung i. V. m. KWG sind Grundschuldenzinsen und Nebenleistungen vorrangiger Grundschuldrechte (Zinsanhang) bei der Bewertung von grundbuchlich besicherten Darlehen zu berücksichtigen. Im letzten Schritt der objektkonkreten Inventarisierung der grundbuchlichen Sicherheiten sind die Zinsanhänge vorrangiger Grundschulden bei Objekten zu ermitteln, die mit Grundpfandrechten unterschiedlicher Banken belastet sind. Nach 1191 (2) BGB kann die Belastung eines Grundbuches mit einer Grundschuld auch in der Weise erfolgen, dass Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind. Von dieser rechtlichen Möglichkeit machen alle Banken Gebrauch, indem Grundschulden in der Regel mit 15 % bis 20 % Zinsen zuzüglich einer Nebenleistung von 5 % bis 10 % ausgestattet sind. Gemäß 10 ZVG stehen dem Gläubiger einer Grundschuld im Falle eines Zwangsversteigerungsverfahrens nach der gerichtlichen Beschlagnahme des Grundstückes Ansprüche aus den Grundschuldzinsen und den Nebenleistungen zu. Banken berücksichtigen mit dem Betrag, wie es in der Grundschuldbestellungsurkunde und nicht im Darlehensvertrag vereinbart ist, den Zinsanhang je nach Institut unterschiedlich für einen Zeitraum von 2 bis 4 Jahren. Es empfiehlt sich, bei der Erstellung der Beleihungsübersicht Grundschuldzinsen für 3 Jahre, bezogen auf die einzelne Grundschuld, zu berücksichtigen. Öffentlich rechtliche Kreditinstitute wie Landesbanken und Sparkassen berechnen als Vorrang häufig 4 Jahre Grundschuldzinsen und die vereinbarten Nebenleistungen. 17

Auswirkungen 10 ZVG Bewertung der Sicherheiten bislang: Beleihungswert (80 %) 10 Mio. 2. Rang 1. Rang 5 Mio. GS-Voba 5 Mio. GS-HRE Wertansatz: Voba 5 Mio. HRE 5 Mio. Sicherheitenbewertung: 10 Mio. Bewertung der Sicherheiten neu: Berücksichtigung des Zinsanhangs bei Grundschulden nach 10 ZVG Beleihungswert (80 %) 10 Mio., Grundschuldzins 15 % 2. Rang 1. Rang 5 Mio. GS-Voba 2.250 Mio. Zinshang HRE 5 Mio. GS-HRE Wertansatz: Voba 2.750 Mio. HRE 5.000 Mio. Sicherheitenbewertung: 7.750 Mio. 18