Issues Management als strategische Aufgabe für die Unternehmenskommunikation



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Transkript:

(erschienen in: poli-c.de Der Infopool für Politische Kommunikation, Public Affairs, Campaigning und Politikberatung, September 2003 - http://www.poli-c.de/) Ralf Langen Issues Management als strategische Aufgabe für die Unternehmenskommunikation Issues Management ist im deutschsprachigen Raum derzeit sehr en vogue. Der Trend verweist auf einen immer stärker spürbar werdenden Bedarf nach Orientierungswissen und Techniken der Frühaufklärung und Früherkennung in Unternehmen. Das unternehmerische Umfeld ist nicht zuletzt aufgrund des Globalisierungsschubes und der damit einhergehenden Digitalisierung in den 90er Jahren komplexer geworden. Hinzu kommt ein enorm gestiegener Legitimationsdruck für die Unternehmen und deren Hauptakteure auf Vorstands-, Geschäftsführungs- und Managementebene. Nachhaltigkeitsprinzipien, Prinzipien guter Unternehmensführung (Corporate Governance) und eine bislang unbekannte Transparenz und Informationsverfügbarkeit stellen die Reputation von Unternehmen und Akteuren tagtäglich auf die Probe. Die Dynamik des Mediensystems lässt mit ungeahnter Geschwindigkeit aus Themen Issues werden, die sich rasch zum Risikofaktor für die Reputation entwickeln. Der Unternehmenskommunikation wächst angesichts dieser Dynamik eine gestiegene Bedeutung zu: Als strategisch ausgerichtete Funktion im Unternehmen leistet sie einen wesentlichen Beitrag zur aktiven Steuerung und Sicherung der Reputation. Issues Management, in der Doppelfunktion als Chancenkommunikation und Krisenprävention betrieben, wird zum wesentlichen Kernprozess des Kommunikationsmanagements. Unternehmenskommunikation, verstanden als strategisches Kommunikationsmanagement und Management der Reputation, kann aus dieser Perspektive tatsächlich als wertschöpfend und werterhaltend in den Fokus des Top-Management gelangen. Professionell betriebenes Issues Management entfaltet das konkrete Nutzenpotential der Kommunikation und sorgt im Idealfall für die Engführung von Strategischer Planung, Strategieentwicklung und Kommunikationspolitik im Unternehmen ein seit Jahren von den PR-Professionals formuliertes Desiderat.

Wie aber ist es derzeit um die Praxis des Issues Management in europäischen Unternehmen bestellt? Welches sind die Erfolgsfaktoren für ein exzellent betriebenes und optimal organisiertes Issues Management? Dieser Frage geht eine aktuelle Benchmarking-Studie zum strategischen Issues Management des Instituts für Medien und Kommunikationsmanagement (=mcminstitute) der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Kommunikationsberatung ECC Kohtes Klewes nach. Im Fokus der Studie standen Best Practice-Ansätze und Prozesse zur Organisation und Steuerung von Issues Management in den Unternehmen. Zusammenhang von Issues Management und Reputation Eine der wesentlichen Erkenntnisse der Studie, an der sich Unternehmen wie Aventis, Bertelsmann, DaimlerChrysler, The Dow Chemical Company, Nestlé, Novartis, Shell, UBS, u.a. beteiligten, ist der Zusammenhang zwischen strategisch verstandenem Reputationsmanagement und differenziertem Vorgehen im Bereich des Issues Management. Professor Dr. Beat Schmid, Mitbegründer und geschäftsführender Direktor des Instituts für Medien und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen, erläutert diesen Zusammenhang wie folgt: Bei allen Unternehmen, die wir im Rahmen der Studie untersucht haben, konnten wir einen klaren Zusammenhang erkennen zwischen dem hohen Organisationsgrad von Issues Management, der exzellenten Wirksamkeit dieses Kernprozesses der Unternehmenskommunikation und einem avancierten Verständnis von Reputation Management als Schlüsselfaktor für den unternehmerischen Erfolg. Mit anderen Worten: Wer als Unternehmen dem Management der Reputation als einem wesentlichen Asset einen strategisch hohen Stellenwert einräumt, betreibt Issues Management in aller Regel auf einem höheren Level. Einsatz moderner Technologien im Issues Management Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist die klar erkennbare Schlüsselfunktion von intelligenten Systemen, wie sie von den führenden Unternehmen für das Issues Management eingesetzt werden. Die Studie zeigt deutlich, wie sich durch den Einsatz moderner Technologien der komplexe Prozess der Beobachtung, Selektion und Weiterverarbeitung von Issues optimal gestalten lässt, um kommunikativ handlungsfähig zu bleiben. Das Spektrum der eingesetzten Lösungen reicht dabei von

Issues-Datenbanken auf Basis gängiger Groupware wie Lotus Notes bis hin zu Eigenentwicklungen auf Basis avancierter Webtechnologien, die sowohl das permanente Abtasten von Informationsströmen im World Wide Web, das Scanning von Mediendatenbanken als auch die Auswertung von Expertenwissen innerhalb und ausserhalb des Unternehmens gewährleisten. Einige der untersuchten Unternehmen haben inzwischen einen technologischen Stand erreicht, der den Issues- Management-Prozess zum Anwendungsfall von Wissensmanagement im Unternehmen par excellence macht. Dabei bleiben die Unternehmen, bei denen solche Systeme zum Einsatz kommen, keinesfalls bei der rein kommunikativen Bearbeitung von Issues stehen: Exzellenz im Issues Management bedeutet auch, dem Top-Management Handlungsoptionen zur Verfügung zu stellen, die zentrale Issues im Kontext definierter Marktumgebungen zu beleuchten und Business-Entscheidungen zu erleichtern und abzusichern. Erfolgsfaktoren für ein exzellentes Issues Management Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren, die sich aus den Analysen des St. Galler Forscherteams um die Projektleiterin Diana Ingenhoff ergeben, gehören folgende Aspekte einer gelungenen internen Gestaltung von Issues Management im Unternehmen: - Unternehmenskultur Eine partizipative Unternehmenskultur, die auf Offenheit, Transparenz und direkte Kommunikationswege abzielt und das eigenständige Zusammenarbeiten in abteilungs- und bereichsübergreifenden Strukturen fördert, hat offensichtlich eine positive Auswirkung auf den Erfolg des im Unternehmen betriebenen Issues Management. Johannes Frey, Head of Corporate Affairs Novartis, betont in diesem Zusammenhang: Ein erfolgreiches IM beruht auf einer offenen Gesprächskultur, in der Risiken und Chancen aus allen Perspektiven betrachtet werden können. Die Studie zeigt auf, wie sich dieser Typus von Unternehmenskultur auf die Qualität des Issue-Management-Prozesses auswirkt und diesen nachhaltig stützt. Er bildet die Basis für die Etablierung von sozialen Netzwerken im Unternehmen, mittels derer relevante Informationen bereits frühzeitig von den Mitarbeitern wirksam in den Prozess integriert werden können.

- Vernetzung und Synergien Interne und externe Netzwerke zu schaffen, um frühzeitig auf mögliche Entwicklungen und Themen zu stossen, ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren im Issues Management. Der Einbezug und die Motivation der Mitarbeiter zur aktiven Teilnahme am Issues Management ist erfolgsentscheidend, wenn es darum geht, eine möglichst große Informationsvielfalt bei gleichzeitiger größter Unternehmensrelevanz zu erzeugen. Wer es versteht, die Mitarbeiter aktiv in den IM Prozess einzubinden und durch explizite Zuweisung von Verantwortungsbereichen in die Issue-Suche zu integrieren, nutzt wertvolle Expertise und Direktkontakt zu Stakeholdern in einem unternehmensübergreifenden Netzwerk. Exzellente Unternehmen benennen hierzu eigens eine Vielzahl von Networkern oder Scannern, die in den verschiedenen Geschäftsbereichen und Funktionen Themen scannen und so über potenzielle Issues informieren. Ein hoher Standard im Issues Management im Sinne einer exzellenten Best Practice wird zudem überall dort vorgefunden, wo Unternehmen es verstehen, die einhergehenden Arbeitsprozesse des Issues Management mit den Aktivitäten der strategischen Planung und dem Bereich Public Affairs zu vernetzen. Die besten Unternehmen betreiben herausragendes Issues Management, indem sie Strategien der Umfeldanalyse mit strategischen Planungsansätzen wie der Szenario-Planung über ein Issues-Management-Programm integrieren. Die Einbindung in die Unternehmensstrategie ist dabei unabdingbar und wird meist über einen direkten Draht zum Top Management gewährleistet. - Steuerungssysteme Grundlage für eine exzellente Issues-Management-Praxis bildet meist ein intelligentes, IT-gestütztes Steuerungssystem, das den gesamten Prozess von der Informationssammlung über die Selektion und Priorisierung von Issues bis hin zur Positionsentwicklung und Handlungsumsetzung abbildet und dokumentiert. Es erlaubt zum einen, schnell die relevanten Informationen aufzufinden und zentral im Unternehmen zu bündeln und zu koordinieren, um so Duplizitäten zu vermeiden und Ressourcen zu verteilen. Zum anderen gewährleistet ein unternehmensweiter Einsatz des Systems den Zugriff aller Beteiligten auf den aktuellen Entwicklungsstand der Issues und ihrer Positionierung. Dies ist insbesondere für international tätige Unternehmen wich-

tig, die einen Überblick über alle das Unternehmen betreffenden Issues behalten wollen, unabhängig von Zeitverschiebungen und Länderspezifika. Im Idealfall unterstützt das IT-System zudem die Kommunikation der meist international und interdisziplinär zusammengestellten Teams, die sich als Task Force um die effiziente Bearbeitung eines Issues kümmern. - Klarheit in der Definition von Rollen, Funktionen und Aufgaben Der Einsatz avancierter Steuerungssysteme auf elektronischer Basis geht einher mit einer bei den Excellence-Unternehmen zu beobachtenden Klarheit in der Definition unterschiedlicher Rollen, Funktionen und Aufgaben der Prozessbeteiligten. Exzellente Unternehmen, die ein erfolgreiches Issues Management praktizieren, machen genaue Vorgaben und legen großen Wert auf die systematische Einübung von Rollenverständnis und Funktion der beteiligten Mitarbeiter. Entsprechend hoch ist der hier erkennbare Schulungsaufwand, aber auch die Qualität der Dokumentation des IM- Prozesses. - Klarheit in der Definition von Auswahlkriterien Eine ausgewogene Entscheidung über die Selektion der unternehmensrelevanten Issues und damit eine Reduktion der in der Scanning-Phase erzeugten Komplexität wird durch zuvor festgelegte Analyse-Dimensionen erleichtert. Somit muss nicht in jedem Diskussionsprozess neu entschieden werden, anhand welcher Kriterien die Auswahl erfolgen soll. Erfolgreiche Unternehmen verlassen sich dabei nicht auf die Intuition eines einzelnen, sondern gewährleisten die Beteiligung eines crossfunktionalen und hierarchieübergreifenden Teams. Zusätzlich haben exzellente Unternehmen häufig ein Gremium auf unternehmensübergreifender Ebene gebildet, das im Entscheidungsprozess beratend zur Seite steht und die Task Force auf höchster Ebene unterstützt. - Evaluation als integraler Prozessbestandteil Exzellentes Issues Management erfordert zum einen die systematische Wirkungsmessung der Einzelmaßnahmen zum Monitoring, zur Selektion und zur Aufbereitung und Steuerung von Issues, aber auch die permanente Evaluierung des Gesamtsystems. Bei den untersuchten Unternehmen mit Exzellenz-Standard finden sich beide Aspekte als integraler Bestandteil des aufgebauten Systems. Die Auswertungen er-

geben wertvolle Hinweise für den Umgang mit zukünftigen Issues und Optimierungschancen, wie der Prozess als Ganzes verbessert werden, um den Nutzen weiter zu steigern. Reputationsanalysen vervollständigen die externe Sicht auf den erfolgreichen Umgang mit Issues und ermöglichen einen Vergleich zu anderen vom jeweiligen Issue betroffenen Unternehmen. Aktuelles Bild exzellenter Praxis des Issues Management: Eine Typologie Betrachtet man die konkrete Unternehmenspraxis in den untersuchten Unternehmen, so lassen sich vier Typen der Umsetzung in Bezug auf die Issue-Suche, Auswahl, Interpretation und Entscheidung abgrenzen. Je nachdem, ob diese auf der Basis eines oder einiger weniger Individuen oder auf der Basis eines Teams erfolgt sowie auf die Unterstützung von IT-Steuerungssystemen oder sozialer Netzwerke fokussiert, lassen sich vier Umsetzungsformen in einer idealttypischen Ausprägung erkennen. Der Issues Manager als Fädenzieher Issues Management wird hier ausschließlich für und durch das Top-Management betrieben. Entscheidungen werden im kleinen Kreis und oft intuitiv getroffen, i.d.r. werden keine weiteren IT-Tools zur Unterstützung und Dokumentation eingesetzt. Zwar ist hierdurch der Entscheidungsweg kurz, birgt aber die Nachteile der Zufälligkeit der Themengenerierung, der Personenabhängigkeit der Entscheidung sowie der fehlenden Dokumentation und Transparenz in sich. Der Issues Manager als Technikfreak Auch hier ist Issues Management stark auf das Top-Management ausgerichtet, wird allerdings durch ein IT-Tool, zu dem nur ein kleiner Kreis exklusive Zugangsrechte besitzt, unterstützt. Issue-Suche, Selektion und Interpretation findet meist im Vorfeld auf individueller Ebene statt, geprägt durch die Formalisierung der Dateneingabe. Dies gewährleistet zwar die Dokumentation und Archivierung der Issues, der fehlende Einbezug von verschiedenen Perspektiven und Personen führt jedoch oft zur reinen Technikzentriertheit und Betriebsblindheit. Der Issues Manager als Networker Bei diesem Umsetzungstyp nutzt das Unternehmen in hohem Maße die Intelligenz sozialer Netzwerke innerhalb des Unternehmens, die professionell koordiniert werden. Auch Personen, die nicht unmittelbar mit Kommunikationsaufgaben befaßt sind

und in ihrem jeweiligen Expertisegebiet Scanning- und Monitoring-Funktionen wahrnehmen, werden als sog. Scanner oder Networker in den Prozess integriert. Somit wird eine hohe Informationsvielfalt in relevanten Bereichen garantiert, die allerdings in partizipativen Diskussionsstrukturen reduziert werden muß. Steht hier kein zentrales IT-Steuerungssystem zur Verfügung, das die Dokumentation und den Austausch unterstützt, ist dieser Prozess langwierig und abhängig von der Güte des Netzwerkes. Der Issues Manager als Koordinator einer Tech-Community Ein hoher Grad an Formalisierung und klar definierte Prozesse zeichnet die Tech- Community aus. Issue-Suche, Selektion und Interpretation werden durch ein intelligentes, auf den Gesamtprozess abgestimmtes IT-Steuerungssystem unterstützt, zu dem ein breiter Kreis Zugang hat. Es dient als Dokumentations- und Kommunikationsplattform und beinhaltet bereits vordefinierte Analysedimensionen, die den Diskussionsprozess unterstützen. Die unternehmensinterne Organisation erfolgt oft in Task Forces, der Verantwortliche aus verschiedenen Unternehmensbereichen und hierarchien angehören. Dieser Typus hat den Vorteil eines einheitlichen IM Verfahrens mit formalisierten Rollen, transparenten Entscheidungskriterien und Dokumentationen, wodurch der Prozess erheblich beschleunigt wird. Wichtig ist hierbei, die Leitung nicht der Technik zu überlassen, um Spielraum für Feinabstimmungen zu behalten. Die erfolgversprechendste Umsetzungspraxis liegt in einer Kombination vom Tech- Community und Networker -Modell. Nur so kann eine hohe Informationsvielfalt und anschließende Selektion auf breiter Basis gewährleistet werden, die gleichzeitig durch ein IT-Steuerungssystem koordiniert und transparent dokumentiert wird. Dieses ist notwendig, um die einheitliche Bearbeitung von Issues zu gewährleisten und zum jeweiligen aktuellen Status der Issues Zugang zu haben und bildet die Basis zur Entwicklung einer unternehmensweiten One-Voice-Policy. Die Studie Auf der Basis der relevanten Forschungsliteratur sowie durch eine Voruntersuchung mit Experten aus Wissenschaft und Praxis wurde deutlich, dass erfolgreiches Issues Management vor allem abhängig ist von

- der Gestaltung und Implementierung der internen Prozesse zur Generierung, Selektion und Positionierung von Issues - der organisatorischen Einbindung in das strategische Management. Aus den hierzu gewonnenen Erkenntnissen wurden zehn Exzellenz-Kriterien für die Auswahl der Unternehmen festgelegt, die über ein gut implementiertes Issues Management verfügen. Die beteiligten Unternehmen standen dann in der Hauptuntersuchung dem St. Galler Forscherteam mit ihren verantwortlichen Mitarbeitern für umfangreiche Tiefeninterviews zur Verfügung, in denen der Prozess des Issues Management anhand eines strategisch relevanten, unternehmensweiten Issues nachvollzogen wurde. Die Interviews wurden transkribiert, kodiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Untersuchung ist Bestandteil der Dissertations-Studie von Diana Ingenhoff, der Projektleiterin des Center for Corporate Communication am =mcminstitute. Weitere Informationen zur Studie: Diana Ingenhoff, M.A. Project Manager Center for Corporate Communication CCC =mcminstitute for Media and Communications Management University of St. Gallen, Switzerland Blumenbergplatz 9, CH-9000 St. Gallen Tel. +41 71 224 34 22, Fax +41 71 224 30 20 Diana.Ingenhoff@unisg.ch Autoreninfo: Ralf Langen (41) ist Managing Partner der ECC Kohtes Klewes GmbH, zuständig für die Practice-Organisation der gesamten Agenturgruppe sowie Leiter der Practice Group Crisis & Issues Management. Ralf Langen verfügt über langjährige Erfahrung im Kommunikationsmanagement auf Industrie- und Beratungsseite. Er ist Autor der Corporate Agenda Kommunikation in Zeiten unternehmerischer Transformation, die 2001 im Luchterhand Verlag erschienen ist.