Interdisziplinäre Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der. extrazerebralen Amyloidosen. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für



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Transkript:

Interdisziplinäre Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der extrazerebralen Amyloidosen Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Amyloid-Krankheiten e.v. (www.amyloid.de) Autoren: HS-Doz. Dr. med. Christoph Röcken, Dr. med. Jutta Ernst, Dr. med. Hartmut Michels, Dr. med. Jolanta Perz, Prof. Dr. med. Wolfgang Saeger, PD Dr. med. Hartmut Schmidt, PD Dr. med. Orhan Sezer, Dr. med. Reinhard Singer, PD Dr. med. Simone Spuler, Prof. Dr. med. Friedrich Willig Korrespondenz: HD Dr. med. Christoph Röcken (Schriftführer) Institut für Pathologie Otto-von-Guericke-Universität Leipziger Str. 44 D-39120 Magdeburg Germany Tel: +49 - (0) - 391-67 - 13179 Fax: +49 - (0) - 391-67 - 190188 email: christoph.roecken@medizin.uni-magdeburg.de

1. Einleitung In den vergangenen Jahrzehnten hat es eine Reihe neuer Erkenntnisse gegeben bezüglich der Pathogenese, Diagnostik und Therapie der Amyloidosen. Wir haben gelernt, dass die Amyloidose keine einzelne Erkrankung ist, sondern eine Gruppe sehr verschiedener Erkrankungen mit sehr unterschiedlichen Ursachen und Folgeleiden. Einige Amyloidosen sind sekundär erworben, bei anderen liegt eine genomische Mutation kausalpathogenetisch zu Grunde. Dem Arzt obliegen dabei mehrere Aufgaben: er hat den Nachweis des Amyloids zu führen oder eine Amyloidose auszuschließen, er muss das Amyloid klassifizieren lassen und einer Krankheitsentität, der Amyloidose im engeren Sinne, zuordnen. Die methodisch-technischen Entwicklungen haben weder vor der Diagnostik noch der Therapie Halt gemacht. Die frühzeitige Diagnose und korrekte Klassifikation des Amyloids ist unverändert von größter Relevanz, da sich daraus teilweise sehr unterschiedliche klinische und therapeutische Konsequenzen ableiten. Diese reichen von klinisch unbedeutend bis potentiell lebensbegrenzend. Das therapeutische Spektrum ist sehr vielfältig und schließt Organtransplantationen und Chemotherapie ein. 1.1 Definition Amyloid ist definiert als Ablagerungen eines homogen eosinroten Materials im Gewebe, das in der Kongorotfärbung und im polarisierten Licht eine charakteristische grüne Doppelbrechung erkennen lässt. Elektronenmikroskopisch finden sich starre, nichtverzweigte Fibrillen unterschiedlicher Länge, mit einem Durchmesser von ca. 10 nm (6). Darüber hinaus weist Amyloid ein distinktes Röntgenbeugungsspektrum auf, das mit einer β- Faltblatt-Sekundärstruktur vereinbar ist. Amyloid ist unterschiedlicher Herkunft. Es wurden bisher über 26 verschiedene Proteine identifiziert, die Amyloid bilden können (Tabelle 1). Es ist zu erwarten, dass noch weitere Proteine identifiziert werden. Die

Vorläuferproteine der Amyloidproteine unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Primärstruktur und Funktion. Den einzigen gemeinsamen Nenner, den sie alle aufweisen, ist ihre Fähigkeit, unter bestimmten, meist pathologischen Bedingungen Amyloid zu bilden. 1.2 Epidemiologie Es gibt nur wenige epidemiologische Angaben zur Inzidenz und Prävalenz der Amyloidosen. Die Häufigkeitsverteilungen der hereditären Amyloidosen zeigen z.t. deutliche regionale Unterschiede. Die hereditäre ATTR Amyloidose findet sich gehäuft in Portugal und Nordschweden, die ACys und AGel Amyloidosen befallen bevorzugt Isländer und Finnen. Die AA Amyloidose stellte eine wichtige Komplikation des familiären Mittelmeerfiebers dar. Die Inzidenz der sekundären AA Amyloidose kann bei der Tuberkulose bis zu 17% betragen. Die Prävalenz der AA Amyloidose bei dem Morbus Bechterew, dem Morbus Crohn und der rheumatoiden Arthritis beträgt 0.5 bis 13% (39). Bislang gibt es keine Aussagen zur geographischen oder ethnischen Verteilung der senilen Amyloidosen und der AL Amyloidose. Jenseits des 85. Lebensjahr findet sich seniles Amyloid bei jedem Individuum. Die Inzidenz der AL Amyloidose beträgt 8 pro 1,000,000 Einwohner pro Jahr (15). Es fehlen konkrete epidemiologische Angaben zur Inzidenz und Prävalenz der verschiedenen Formen der Amyloidosen in der Bundesrepublik. 2. Klinische Symptomatik Amyloid befällt beide Geschlechter und kann in jedem Lebensalter auftreten. Auch Kinder können, wenngleich sehr selten, bereits an einer Amyloidose erkranken. Die Amyloidose beschreibt den Krankheitszustand, der aus der Ablagerung des Amyloids resultiert. Die Symptomatik und Klinik hängt von der Verteilung und dem Ausmaß der Amyloidablagerungen ab. Amyloid kann jedes Organ und jeden Gewebetyp befallen. Es tritt lokal und systemisch auf. Das Verteilungsmuster des Amyloids hängt maßgeblich von

der Grunderkrankung bzw. dem Typ des abgelagerten Amyloidproteins ab (siehe auch Tabelle 1). Die systemischen Amyloidosen sind durch die ubiquitäre Ablagerung eines bestimmten Amyloidproteins in zahlreichen Organen und Geweben charakterisiert. Im Allgemeinen ist die Klinik der verschiedenen Amyloidosen so unterschiedlich und unspezifisch zu gleich, dass eine Amyloidose leicht übersehen werden kann. Darüber hinaus kann ein einzelner Patient gleichzeitig an verschiedenen Amyloidosen erkranken (12). Nicht selten ist es der Pathologe, der die Amyloidose als erster diagnostiziert. Eine bestimmte Konstellation klinischer Symptome kann aber auch den Verdacht auf das Vorliegen einer Amyloidose erheben. Die häufigen amyloidassoziierten klinischen Symptome sind, unterteilt nach den Amyloidformen, nachfolgend aufgeführt: 2.1 Klinik der AA Amyloidose [Ernst/Michels] 2.2 Klinik der AL Amyloidose [Perz/Sezer/Singer] Der Amyloid Leichtketten- (AL)- Amyloidose liegt eine klonale Plasmazellerkrankung also eine Erkrankung der Zellen der blutbildenden Systems zugrunde, daher ist die Diagnostik und die kausale Behandlung die Domäne der Hämatologen. Pathophysiologisch kommt es nach der klonalen Expansion eines Plasmazellklons im Knochenmark zur Bildung von monoklonalen Leichtketten oder Leichtkettenfragmenten. Diese werden im Interstitium verschiedener Organe zu Fibrillen zusammengelagert und bilden eine amorphe, unlösliche Substanz, die zur Störung der Organfunktion und schliesslich zum Organversagen führt. Die am häufigsten befallenen Organe sind Niere, Herz, Darm, Leber und autonomes Nervensystem (Falk 1997). Allerdings ist das klinische Bild nicht selten sehr unterschiedlich, da das Muster des Organbefalls sehr vielfältig sein kann. Dies kann mitunter die Diagnosestellung sehr erschweren. Hinzu kommt,

daß es sich um eine seltene Erkrankung mit der Inzidenz von 5-13 Personen pro Million im Jahr in der nordamerikanischen Bevölkerung (Kyle 1992) handelt, für die europäische Bevölkerung existieren keine epidemiologischen Daten. Die häufigste Erstmanifestation der Erkrankung ist das nephrotische Syndrom mit Beinödemen, Proteinurie, später Pleuraergüssen und Aszites. Im Frühstadium ist die Nierenfunktion nicht beeinträchtigt, bei Progreß kann es zur Niereninsuffizienz mit Fortschreiten bis zur Dialysepflichtigkeit kommen. Beinödeme unklarer Ursache können ein Frühsymptom sein. Bei der führenden kardialen Beteiligung ist die Belastungsdyspnoe das führende Erstsymptom. Unklarer Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit wie plötzliches Unvermögen Treppen zu steigen aber auch Belastungsdyspnoe sind hier die Frühsymptome. Herzrhythmusstörungen, insbesondere hochgradige ventrikuläre Herzrhythmusstörungen (Lown IVa und Lown IVb mit ventrikulärer Extrasystolie und Pausen) können mit Synkopen als Frühsymptom auftreten. Im Spätstadium kommt es zur rasch fortschreitenden Herzinsuffizienz. Nicht selten ist die myokardiale Funktionsstörung mit einer Störung des autonomen Nervensystems gepaart, was zur besonders schweren Hypotonie und zur vagalen Regulationsstörung führt. Bei der anderen Form mit führender gastrointestinalen Amyloidose kommt es als erstes Symptom zu Durchfällen (meistens breiig, selten mit Blutbeimengungen), zum Völlegefühl und zum raschen Gewichtsverlust. Die Leberamyloidose manifestiert sich in der Regel mit Hepatomegalie und führt zur Mangelernährung und Aszites. Die seltene Milzamyloidose äußert sich in der Organvergrößerung und bringt die Gefahr der Ruptur. Die Lungenamyloidose ist selten und hat keine spezifischen Symptome, sie kann sich mit Hämoptysen, Reizhusten äußern aber auch zur restriktiven Ventilationsstörung führen. Senso-motorische Polyneuropathie und die autonome Polyneuropathie bieten relativ typische Polyneuropathiezeichen wie distal betonte sensorische und motorische Ausfälle (die häufige betont sensorische Polyneuropathie kann besonders

schmerzhaft sein), Völlegefühl bis zur Gastroparese, Störung der Harnblasen- und Darmentleerung, erektile Funktionsstörung, Blutdruckregulationsstörung, Neigung zu vagalen Synkopen. Von der Amyloidpolyneuropathie sollte die seltenere Amyloidmyopathie mit Muskelschwäche abgegrenzt werden. Selten fällt die AL - Amyloidose in Form von Lymphknotenschwellungen durch den Befall peripherer Lymphknoten auf. Ebenso selten ist das Carpaltunnel - Syndrom das erste Zeichen der Erkrankung, sollte aber den Anlaß zur weiteren Diagnostik geben, weil es der systemischen AL - Amyloidose meistens zeitlich deutlich vorausgeht. 2.3 Klinik der hereditären ATTR Amyloidose [Schmidt/Spuler/Willig] 2.4 Klinik der senilen kardiovaskulären ATTR Amyloidose [Willig] 2.5 Klinik der hereditären systemischen Amyloidosen (AFib, AApoAI, AApoAII Amyloidose) [Schmidt/Röcken] 2.6 Klinik der kornealen Amyloidosen (Auge) [N.N.]

3. Differentialdiagnosen [Alle Autoren vielleicht zunächst einmal eine Liste erstellen, jeder der Autoren kann hier etwas eintragen]. AL Amyloidose: Klonale Plasmazellerkrankung: multiples Myelom (Abgrenzung nach der Definition von Salmon and Durie: Anzahl der Osteolysen, Plasmazellanteil im Knochenmark) Klonale lymphoproliferative Erkrankung: M. Waldenström, B Zell Non Hodgkin Lymphome (Lymphknoten oder Knochenmark - Histologie) Nephrotisches Syndrom: Glomerulonephritis (entzündlich oder autoimmun bedingt), Lupus Nephritis, IgA Nephritis, diabetische Nephropathie (Nierenbiopsie Histologie) Kardiomyopathie: hypertensive Herzerkrankung, primäre restriktive Kardiomyopathie, hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie, entzündliche Kardiomypathie, Kardiomyopathie bei Hämochromatose und bei Spreicherkrankheiten (Myokardbiopsie - Histologie) Herzinsuffizienz: koronare Herzerkrankung, hypertensive Herzerkrankung Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen: ischämische Herzerkrankung, Kardiomyopathien Lungenerkrankung: restriktive oder obstruktive Lungenerkrankungen, Hämoptysen oder Raumforderung bei maligner Lungenerkrankungen Chronischer Durchfall: M. Crohn, Colitis ulcerosa, einheimische Sprue, Darmparasitose, M. Whipple Hepatopathie: Hepatomegalie mit Hepatopathie bei Autoimmunerkrankungen, bei viraler, bei alkoholische Hepatitis, bei Hämochromatose PNP: diabetisch, toxisch, entzündlich, autoimmun, paraneoplastisch Myopathie: autonome Ursache

Diagnostik Klinische Untersuchungsverfahren 4.1 Bei Verdacht auf systemische Amyloidose [Alle Autoren vielleicht zunächst einmal eine Liste erstellen, jeder der Autoren kann hier etwas eintragen]. Leichtketten Amyloidose AL: Der diagnostische Nachweis ist histologisch. Die aufwendige Diagnostik dient zur Beurteilung der systemischen Ausbreitung, zur Einschätzung der Prognose und zur Festlegung der optimalen Therapiemodalität. Basisdiagnostik: Anamnese einschließlich Familienanamnese genauer körperliche Untersuchung Blutbild inklusive Differentialblutbild Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Gesamteinweiß, Albumin, Bilirubin, AP, GGT, AST, ALT, TSH, FT3, FT4, CRP EKG, Röntgen Thorax Spezifische Diagnostik: 24 Stunden Urinanalyse für Kreatinin Clearance, Proteinurie, Albuminurie, BJ Proteinurie, Proteinelektrophorese und Immunfixation im Urin Proteinelektrophorese im Serum, Immunfixation im Serum, qunatitative Immunglobuline Gerinnungsuntersuchung: unter anderem Faktor VIII Aktivität Knochnemarkzytologie und Histologie: Plasmazellanteil, lymphoproliferative Erkrankung (M. Waldenström, B - NHL), Amyloidnachweis im Knochenmark Im Rahmen von klinischen Untersuchungen:

o frei Serum Leichtketten (serum free light chain) zur Diagnostik und als Verlaufsparameter, rascher Abfall bei Therapieansprechen (Lachmann 2003) o Serum Amyloid P SAP Amyloidszintigraphie Tc 99 (Screening und Therapieverlauf) Organbezogene Diagnostik: o Röntgen des Skeletts (Pariser Schema, nicht Knochen Szintigraphie, diese meist unergiebig) o Echokardiographie mit Beurteilung der Herzwanddicke, der linksventrikulären Pumpfunktion und insbesondere der diastolische Funktion (restriktive Funktionsstoerung?), der myokardialen Texturstörung? o Kardio MRT im Rahmen von klinischen Untersuchungen o Kardiale Labordiagnostik: kardiale Troponine TNT, TNI, N terminales pro BNP haben nach neuesten Studien prognostische Bedeutung und ermöglichen Risikostratifizierung o Kipptischuntersuchung (RR Verhalten zur Beurteilung der vagalen Regulationsstörung) o Langzeit EKG (ventrikuläre Herzrhythmusstörungen, Frequenzvariabilität?) o eventuell Elektrophysiologische Untersuchung EPU (in klinischen Untersuchung zur Überprüfung der Indikation zur ICD Anlage) o Lungenfunktionsprüfung (restriktive Lungenfunktionsstörung?) o Sonographie des Abdomens: Lebergröße und -struktur?, Milzgröße?, Nierengröße und Nierenparenchymstruktur? Restharnvolumen? Aszites? o Nervenleitgeschwindigkeitsuntersuchung o Myographie

Organbiopsie bei Verdacht auf Organbefall: Nierenbiopsie (führt am häufigsten zur Erstdiagnose), Myokardbiopsie, tiefe Rectumbiopsie, Leberbiopsie, Nervenbiopsie, Muskelbiopsie, Lymphknotenbiospie, Knochenmarkbiopsie 4.2 Bei Verdacht auf hereditäre Amyloidose [Schmidt/Spuler/Willig] 4.3 Bei Verdacht auf AA Amyloidose [Ernst/Michels] 4.4 Bei Verdacht auf AL Amyloidose [Perz/Sezer/Singer] Die Diagnostik der lambda (λ) oder kappa (κ) Leichtkettenamyloidose beruht auf histologischer Untersuchung des Biopsiematerials aus den betroffenen Organen, es sollte sowohl die Congorot Färbung als auch die Immunhistochemie durchgeführt werden. Die Diagnose wird unterstützt durch den systemischen Nachweis der klonalen Plasmazellerkrankung mittels positiver Immunfixation im Serum bei auffälliger Serumproteinelektrophorese oder im 24 Stunden Sammelurin. Der Nachweis einer klonalen Plasmazellvermehrung im Knochenmark oder der Nachweis einer pathologischen Verteilung der freien Serumleichtketten können ebenfalls zur Diagnostik beitragen. Die Diagnostik der systemischen Ausbreitung und der Organbeteiligung ist eine interdisziplinäre Aufgabe. Alle Patienten sollen durch den Facharzt für Hämatologie,

Kardiologie, Nephrologie, Hepatogastroenterologie und Neurologie und je nach Bedarf durch Fachärzte anderer Disziplinen untersucht werden. Spezielle Hinweise zur oben genannten Diagnostikliste: Anamnese: Ruhe- oder Belastungsdyspnoe, körperliche Belastbarkeit, Leistungsknick, Gehstrecke, Fähigkeit zum Treppensteigen, Nykturie, Völlegefühl, Diarrhoe, Gewichtsverlust, Gewichtszunahme bei Ödemen, erektile Dysfunktion, vagale Synkopen, tachykarde HRS, kardiale Synkopen mit Herzstillstand, Carpaltunnel Syndrom, DeCurvain Syndrom, schmerzhafte Polyneuropathie, Muskelschwäche Familienanamnese: bekannte familiäre Amyloidose Körperlichen Untersuchung: Beinödeme, Anasarka, Aszites, Pleuraergüsse, Hepatosplenomegalie, Lymphknotenvergrößerung, Makroglossie, submentale Weichteilschwellung, Carpaltunnelsyndrom, Hautveränderungen (subkutane Blutungen), Blutungsneigung, Nageldystrophie, Haarwuchsstörung, Bestimmung des performance status nach WHO, Bestimmung des Ernährungsstatus inklusive BMI Diagnostische Kriterien für das Vorliegen einer Organbeteiligung bei AL Amyloidose: o Kardiale Beteiligung ist wahrscheinlich, wenn in der Echokardiographie die Septumdicke oder die Hinterwanddicke von mehr als 12 mm in Abwesenheit einer hypertensiven oder valvulären Herzerkrankung gefunden wird und/oder wenn im EKG eine ungeklärte Niedervoltage < 0.5 mv in den Brustwandableitungen vorliegt. o Renale Beteiligung ist wahrscheinlich bei Vorliegen von peripheren Ödeme und Proteinausscheidung im Urin von mehr als > 500 mg/day und/oder Serum Kreatinin von mehr als 170 mmol/l in Abwesenheit einer anderen Nierenerkrankung.

o Gastrointestinale Beteiligung ist wahrscheinlich bei einem ungewollten Gewichtsverlust von mehr als 10% des Körpergewichts und/oder bei ungeklärter, therapierefraktärer Diarrhoe. o Leberbeteiligung ist wahrscheinlich, wenn eine Hepatomegalie von > 4 cm unterhalb des rechten Rippenbogens und/oder eine Erhöhung der alkalische Phosphatase (AP) auf mahr als das Zweifache der Norm vorliegt. o Neurologische Beteiligung ist wahrscheinlich bei Zeichen einer distal betonten sensomotorischen Polyneuropathie oder bei Zeichen einer autonomen Polyneuropathie, insbesondere bei orthostatischer Hypotension, Störung der Herzfrequenzvariabilität, Herzfrequenzstarre, Magenentleerungsstörung mit Völlegefühl und Übelkeit, chronischer Diarrhoe, Harnblasenentleerungsstörung, erektiler Dysfunktion. Haematologische und organbezogene Remissionskriterien zur Erfassung des Therapieansprechens o Komplette haematologische Remission (CR) liegt vor, wenn die Plasmazellerkrankung im Knochenmark nicht nachgewiesen werden kann (weniger als 5% Plasmazellen und kein Nachweis einer klonalen Dominanz der kappa oder lambda Leichtketten) und wenn gleichzeitig die monoklonalen Gammopathie im Serum und Urin nicht nachgewiesen werden kann (unauffällige Proteinelektrophorese, negative Immunfixation im Serum und Urin). Der negative Nachweis im Serum und Urin wird in zweifacher Untersuchung im Abstand von 4 Wochen gefordert (siehe auch Blade 1998).

o Partielle haematologische Remission (PR) ist definiert als mindestens 50% Reduktion des in der Höhe des monoklonalen Proteins im Serum und/oder Urin bei Persistenz der monoklonalen Gammopathie (Blade 1998) oder Persistenz der klonalen Plasmazellvermehrung im Knochenmark. o Klinisches Ansprechen wird für den performance status nach WHO und für jedes Organ gesondert betrachtet: o Ansprechen der Amyloid - Herzerkrankung ist definiert als die klinische Verbesserung um mindestens einen Grad in der NYHA Klassifikation der Herzinsuffizienz oder als die Abnahme der Wandverdickung des Septums oder der Hinterwand in der Echokardiographie um mindestens 2 mm. o Ansprechen des nephrotischen Syndroms ist definiert als die Abnahme der Eiweissausscheidung im 24 Stunden Sammelurin um mehr als 50% bei gleichzeitigem Fehlen einer Verschlechterung der Kreatinin Clearance um mehr als 25%. o Ansprechen der Amyloid - Lebererkrankung ist definiert als die Abnahme der Konzentration der Alkalischen Phosphatase (AP) im Serum um mehr als 50% oder als die Reduktion der Lebergroesse um mindestens 2 cm im Ultraschalluntersuchung des Abdomens.

4. Diagnostik Histologische Untersuchungsverfahren Per definitionem kann Amyloid nur morphologisch diagnostiziert werden. Es gibt bislang keinen klinischen, serologischen oder radiologischen Test, der die Untersuchung einer zytologischen oder histologischen Gewebeprobe ersetzen kann. 5.1 Die Kongorotfärbung Die Kongorotfärbung gilt als Goldstandard für den Nachweis des Amyloids. Puchtler's Kongorotfärbung in Verbindung mit der Polarisationsmikroskopie ist hochspezifisch für den Nachweis des Amyloids. Es hat jedoch eine begrenzte Sensitivität. Kleine und feine Amyloidablagerungen werden leicht übersehen. Die Sensitvität lässt sich durch Anfertigen dickerer Paraffinschnitte steigern (5-10 µm anstatt der 2-5 µm dicken Schnitte). Die kongorotgefärbten Schnittpräparate können auch im Fluoreszenzmikroskop ausgewertet werden: Amyloid weist eine gelb-orange Fluoreszenz auf (30). Es muss jedoch ausdrücklich angemerkt werden, dass die Fluoreszenz nicht spezifisch ist und eine grüne Doppelbrechung im polarisierten Licht gesucht werden sollte. 5.2 Elektronenmikroskopie Elektronenmikroskopisch besteht Amyloid aus starren, nichtverzweigten Mikrofibrillen variabler Länge, mit einem Querdurchmesser von 10 nm. Der Nachweis extrazellulärer Mikrofibrillen wurde lange als diagnostisch für Amyloid gewertet. Inzwischen ist bekannt, dass eine Reihe von Erkrankungen mit biochemisch unterschiedlichen Ablagerungen von Mikrofibrillen einhergehen (27). Einige dieser Erkrankungen weisen Ähnlichkeiten mit "typischen" Amyloidfibrillen auf. Die Kongorotfärbung und der immunhistologische Nachweis von Amyloid P component erlauben die Unterscheidung zwischen Amyloid und anderen, nichtamyloidogenen Fibrillopathien (27).

5.3 Fettaspirationsbiopsie (FAB) Die Diagnose Amyloid kann prinzipiell an jedem amyloidhaltigen Gewebe gestellt werden. 1973 führten Per Westermark und Björn Stenkvist (49) die Fettaspirationsbiopsie (FAB) ein, die seitdem durch zahlreiche Nachfolgestudien validiert worden ist. Subkutanes Fettgewebe wird mit Hilfe einer Einmalspritze und einer Kanüle mit einem Innendurchmesser von 0.7 bis 1.2 mm aspiriert, auf einem Glasobjektträger ausgestrichen, getrocknet und mit Kongorot gefärbt. Eine Lokalanästhesie ist i.d.r. nicht erforderlich. Es sollte darauf geachtet werden, dass auch wirklich Fettgewebsfragmente gefasst werden und nicht nur "Fettaugen". Die FAB wird meistens von der Bauchdecke entnommen. Für den Nachweis von Amyloid ist die FAB eine einfache Methode. Man benötigt keine spezielle apparative Ausstattung und kann eine Probe unter ambulanten Bedingungen gewinnen. Auch wiederholte Probennahmen sind möglich. Die FAB birgt bei korrekter Anwendung lediglich die Gefahr eines Hämatoms. Amyloid wurde mit einer Inzidenz von 6% bis 11% (1;9;14;32) in FABs nachgewiesen. Die FAB ist somit nicht als genereller Screeningtest geeignet (14;28). Der große Vorzug der FAB liegt in ihrem prediktiven Wert (nahezu 100%) für das Vorliegen einer systemischen Amyloidose. Die FAB kann auch dann noch eingesetzt werden, wenn die Leber- oder Nierenbiopsie wegen eines zu hohen Komplikationsrisikos schon kontraindiziert ist. Nachteilig ist, dass die FAB eine geringere Sensitivität aufweist, als die Nieren- und Rektumbiopsie (Tabelle 3). Studien mit angemessenen Kontrollen wiesen der FAB eine Sensitivität für das Vorliegen einer systemischen Amyloidose von 35 bis 84% zu. Die Sensitivität der FAB hängt dabei von der Menge des gewonnenen Gewebes ab. Verschiedene Amyloidtypen ließen sich bislang mit der FAB nachweisen. Hierzu zählen die AA-, AApo AI-, AApoAII- (51), AFib- (46), AL-, ALys- (36) und ATTR Amyloidose. Bestimmte Formen systemischer Amyloidosen scheinen dem Nachweis zu entgehen, wie z.b. das Aβ2M Amyloid (35;47) und die mit dem familiären Mittelmeerfieber einhergehende AA Amyloidose (44). Das mit einer FAB gewonnene Material kann auch

elektronen- and immunelektronenmikroskopisch (2) untersucht werden. Es gestattet den Einsatz der Immunhistologie, Immundiffusion (48), des enzymgekoppelten Immunabsorptionsassays (20;34;35), der Gelelektrophorese und des Western Blots (24). Die begrenzte Anzahl an Objektträgern, die mit einer FAB gewonnen werden kann, begrenzt den Einsatz von Zusatzuntersuchungen, wie z.b. der Immunhistologie. 5.4 Biopsien aus der Mundhöhle und dem Gastrointestinaltrakt Für den Nachweis von Amyloid bieten sich auch Bioptate aus der Mundhöhle und dem Gastrointestinaltrakt an. Die Biopsie der Gingiva (8;29) und kleinen Speicheldrüsen (7;8;10;11) benötigt kein Endoskopiebesteck. Dahingegen benötigt man für die Biopsie der Magen-, Dünndarm-, Dickdarm- und Rektumschleimhaut wahlweise ein starres oder flexibles Endoskopiebesteck. Bezüglich der Sensitivität des Amyloidnachweises liegen Magen-, Duodenum- und Rektumbiopsien höher, als die Fettaspirationsbiopsie subkutanen Gewebes. Weiterhin sind umfangreichere immunhistologische Untersuchungen möglich (3;10;28). Amyloid liegt vaskulär und interstitiell vor und kann in allen Schichten der Magen-Darmwand auftreten. Amyloid findet sich dabei häufiger in der Submukosa als in der Muscularis mucosae und Mucosa (40;41;50). Die Rektumbiopsie wurde 1960 von Joseph Gafni und Ezra Sohar eingeführt (13). Es ist seitdem ein Standardverfahren für den Nachweis von Amyloid geworden. Die Sensitvität des Nachweises schwankt von 69% bis 97% und wird maßgeblich von der Menge des gewonnen Bioptates beeinflusst (3;10;16;25;29). Es ist in bis zu 60% der Fälle mit einem falsch negativen Nachweis zu rechnen, wenn die Submukosa nicht enthalten ist (41). Amyloid läßt sich auch in Bioptaten des Magens und Duodenums nachweisen. Ca. 7 bis 13.3% der Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis lagern hier Amyloid ab (26;28).

5.5 Die Suralnerv- und Muskelbiopsie Zur Abklärung einer amyloidinduzierten peripheren Neuropathie werden häufig Suralnervbiopsien eingesetzt. Amyloid findet sich in etwa 1.2% aller Suralnervbioptate, die zur Untersuchung einer peripheren Neuropathie entnommen worden sind (38). Amyloid findet sich in Gefäßwänden und interstitiell im Endoneurium, Perineurium und Epineurium (22;23;38;43). Es kann in etwa einem Drittel der Fälle mit einem Verlust der myelinisierten Axone, axonaler Degeneration und einem chronischen Entzündungsinfiltrat verknüpft sein (23;38). Die Amyloidproteine können sich bei den familiären Polyneuropathien von Transthyretin, Apolipoprotein AI oder Gelsolin ableiten. Serum Amyloid A (22) und Leichtketten- Immunglobuline finden sich bei der systemischen AA- bzw. AL Amyloidose (22;23). 15-35% der Patienten mit einer systemischen AL Amyloidose leiden an einer peripheren Neuropathie und weisen u.u. Amyloidablagerunen in den peripheren Nerven auf. Bislang liegt jedoch keine systematische Studie vor, die die Sensitvität der Suralnervbiopsie in der Erkennung einer Amyloidpoylneuropathie untersucht hat. Simmons et al. (43) berichten von sechs Fällen amyloidassoziierter peripherer Neuropathien, bei denen das initiale Bioptat kein Amyloid nachwies. Wie bei allen anderen Biopsieverfahren, so unterliegt auch die Suralnervbiopsie der Gefahr eines Probensammelfehlers. Amyloid kann auch in einem Muskelbioptat nachgewiesen werden. Prayson fand Amyloid in 16 (0.004%) von 3,937 untersuchten Mukslebioptaten (37). Amyloid findet sich wiederum in den Gefäßwänden, sowie im Peri- und Endomysium. Der Nachweis von Amyloid kann mit einer neurogenen Atrophie und seltener mit verstreuten degenerierten Muskelfasern und einem chronischen Entzündungsinfiltrat vergesellschaftet sein (37). Der gleichzeitige Nachweis von Amyloid im Nerven und Muskel ist beschrieben worden (37;38).

5.6 Nierenbiopsie Amyloid wird häufig in einem Nierenbioptat nachgewiesen. Man kann Amyloid in etwa 0.002% bis 8.4% der Nierenbioptate erwarten (5;10;42;45). Bei nichtdiabetischen Erwachsenen mit nephrotischen Syndrom findet sich Amyloid als Ursache in immerhin 12% der Bioptate (4). Amyloid liegt als glomeruläre, tubulointerstitielle und vaskuläre Ablagerungen vor. Jede Form einer systemischen Amyloidose kann die Niere befallen. Die Nierenbiopsie ist außerdem die sensitivste Methode zum Nachweis einer nichtneuropathischen hereditären Amyloidose. Die meisten Nierenamyloidosen sind jedoch auf eine AA- oder AL Amyloidose zurückzuführen. Bei der systemischen AA- und AL Amyloidose ist die Niere nahezu immer betroffen (15). Nierenamyloid findet sich bei 19% bis 30% der Patienten mit rheumatoider Arthritis und pathologischem Urinbefund und/oder Niereninsuffizienz (21;33). In einer fortlaufenden, nichtselektierten Autopsieserie fand sich renales AA Amyloid mit einer Prävalenz von 0.86% (31). 5.7 Zytologie Amyloid kann auch an zytologischen Präparaten diagnostiziert werden (18) (19). Die Kongorotfärbung kann auf zytologische Proben angewendet werden. Wiederum ist der Nachweis der grünen Doppelbrechung gefordert (17;19). Bislang liegen jedoch keine systematischen Studien vor, die die Sensitivität in ausreichendem Maße hinterfragt haben. 5.8 Weitere Gewebe Amyloid kann an jeder amyloidhaltigen Gewebeprobe diagnostiziert werden. In der Tat gibt es wohl keinen Gewebetyp und kein Organ, in dem Amyloid nicht auftreten kann. Im Einzelfall ist es die Aufgabe des Pathologen und Klinikers, die Bedeutung des nachgewiesenen Amyloids abzuklären. Es muss überpüft werden, ob es sich um eine lokale oder systemische Erkrankung handelt. Es muss die Grundererkankung eruiert werden (z.b.

Plasmozytom bei AL Amyloidose; ggf. genomische Mutation zum Nachweis einer hereditären Amyloidose), um dann weitere diagnostische und therapeutische Konseqeunzen ableiten zu können. Man muß sich auch darüber im klaren sein, dass nicht alle Amyloidablagerungen klinisch relevant sind. Als Faustregel sollte man sich merken, dass Amyloid in Fettaspirationsbioptaten, im Bioptat aus dem Gastrointestinaltrakt, Herzen (ausgenommen Herzvorhöfe) und den parenchymatösen Organen (Leber, Lunge, Milz, Niere) bis zum Beweis des Gegenteils als eine systemische Erkrankung angesehen werden muß. 5. Klassifikation Nachdem Amyloid diagnostiziert worden ist, muss das Amyloid klassifiziert werden, d.h. das abgelagerte Amyloidprotein muss identifiziert werden (Tabelle 1) (41). Damit kann die zu Grunde liegende Erkrankung zugeordnet und die klinische Relevanz abgeschätzt werden. Es gibt keine verlässlichen histomorphologischen Kriterien, die es erlauben, die 26 verschiedenen Amyloidproteine und fast 30 verschiedenen Amyloidosen voneinander zu unterscheiden. Die früher gebräuchliche Unterscheidung in Kaliumpermanganat-resistente und -nichtresistente Formen ist angesichts der Vielfalt der Amyloidproteine verlassen worden. Auch die Unterteilung in periretikuläre und perikollagenäre Amyloidbalagerungen reicht bei weitem nicht mehr aus. Es sind eine ganze Reihe spezifischerer Methoden entwickelt worden, die eine Identifikation des Amyloidproteins erlauben. Hierzu zählen die Immunhistologie, der Western Blot, ELISA, und die Aminosäuresequenzierung aufgereinigter Amyloidproteine. Jede dieser Methoden hat Vor- und Nachteile. 6.1 Immunhistologische Verfahren In zahlreichen Studien ist der Nutzen der Immunhistologie und Immunelektronenmikroskopie für die Klassifikation des Amyloids belegt worden (41). Da jedoch die Zahl der

Amyloidproteine stetig gestiegen ist, stellt sich die Frage nach ihrer Relevanz für die klinische Pathologie. Viele Amyloidproteine treten nur streng lokal auf. Es ist nicht sinnvoll, diese Amyloidproteine bei einer systemischen Amyloidose zu überprüfen (Tabelle 1). Wiederum kann als eine Faustregel definiert werden, dass die häufigsten potentiell systemisch auftretenden Amyloidosen ausgetestet werden sollten. Hierzu zählen das AA-, AApoAI-, AFib-, AL-, ALys, ATTR-, and Aβ2M Amyloid. Weiterhin empfehlen wir eine immunhistologische Färbung mit gegen Amyloid P component gerichteten Antikörpern. Diese Immunreaktion hilft bei der Zuordnung des Amyloids in immunhistologisch gefärbten Schnitten und hilft bei der Unterscheidung Leicht- und Schwerkettenablagerungskrankheit von Amyloid. Die immunhistologische Klassifikation des Amyloids sollte durch erfahrene Pathologen erfolgen. 6.2 Proteinbiochemische Verfahren Die zweifelsfreie Identifizierung des Amyloidproteins gelingt nur mit biochemischen Verfahren. Das Amyloidprotein muss aus dem Gewebe extrahiert und seine Primärstruktur sequenziert werden. In den meisten Fällen werden biochemische Verfahren zum Erfolg führen, sind jedoch nicht für die klinische Routinediagnostik einsetzbar. 6.3 Molekularbiologische Verfahren Eine hereditäre Amyloidose kann durch eine humangenetische Beratung eruiert werden. Voraussetzung ist, dass das Amyloidprotein zweifelsfrei identifiziert und die genomische Mutation nachgewiesen worden ist. Eine ausschließliche molekularbiologische Untersuchung ohne morphologisches oder proteinbiochemisches Korrelat für das Vorliegen einer Amyloidose sollte mit äußerster Vorsicht gewertet werden. Der Nachweis einer genomischen Mutation in einem ein Amyloidvorläuferprotein codierenden Gen ist kein Beweis für das Vorliegen einer hereditären Amyloidose. Stets ist zuerst der Nachweis des Amyloids an einem Bioptat oder Resektat zu führen.