Konzeption des Trainingsraumes an der Regens-Wagner-Schule
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- Karsten Bachmeier
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1 Bestehen wird, wer sich verändern kann! (Roman Herzog) Konzeption des Trainingsraumes an der Regens-Wagner-Schule 1. Geschichtlicher Hintergrund Der Ursprung des Trainingsraumprogramms liegt in Phoenix, Arizona. Dort wurde es zuerst 1994 von dem Sozialarbeiter Edward E. Ford auf der Basis der Wahrnehmungskontrolltheorie von William T. Powers eingeführt. Mittlerweile erfreut es sich wachsender Beliebtheit in Amerika, Australien und seit 1996 auch in Deutschland. Die Anwendung des Programms führt für alle Beteiligten (Schüler, Lehrer und Schulleitung) dazu, dass sie neue Möglichkeiten und Freiräume gewinnen. Dieses win/win Verhältnis begründet die hohe Akzeptanz des Programms in der Schulpraxis. Die lernbereiten Schüler/innen können ungestörter lernen, die Lehrer/innen können ungestörter und gelassener unterrichten und die häufig störenden Schüler/innen erhalten pädagogisch sinnvolle Unterstützung. Die Schulleitung wird nicht mehr als andauernde Clearing-Stelle übermäßig in Anspruch genommen Ausgangslage an der Regens-Wagner-Schule Durch die Aufnahme von Schülern (die männliche Form schließt auch Schülerinnen mit ein) mit z. T. extrem schwierigem Verhalten im Wohnbereich St. Franziskus haben Regelverstöße und Gewaltereignisse im Alltag an unserer Schule qualitativ und quantitativ zugenommen. Besonders häufig festzustellen sind: o Unterrichtsstörungen (verbale Störungen, Herumlaufen im Klassenzimmern, Verlassen des Lernortes, Verursachen von störenden Geräuschen, usw.) o Gewaltereignisse als Sachbeschädigung (Beschädigung und Zerstörung des Unterrichtsmaterials und der Einrichtung, teilweise auch des Eigentums von Mitschülern und Lehrkräften) o Verbale Gewalt (Beschimpfung und Beleidigung von Mitschülern und Bezugspersonen) 1
2 2 o Körperliche Gewalt (tätliche Übergriffe auf Schüler, Lehr- und Pflegepersonal) 3. Trainingsraum als ergänzender Baustein in unserem pädagogischen System 3.1 Pädagogische Maßnahmen in der Klasse In der pädagogischen Arbeit im Klassenverband werden bereits folgende Methoden erfolgreich verwendet: 3.2 Schulgesetz o Sozialtrainingsprogramme (Verstärkerpläne, Tokensysteme, Soziale Förderansätze nach dem SOFA-Pogramm 2 ) o Verhaltenstherapeutische Ansätze o Individualisierende Lernangebote o Schulgesetz o Klassenregeln- bzw. Stufenregeln o Klassensprecher o Streitschlichter Zu Beginn des Schuljahres 2005/2006 verabschiedeten das Kollegium, der Schülerrat und das Schulforum das Schulgesetz, das in einer pädagogischen Konferenz erarbeitet wurde. 2 entwickelt am Förderzentrum II in Bad Windsheim
3 3 3.3 Konzeptionsunterricht Im so genannten Konzeptionsunterricht werden Schüler in unterschiedlichem Ausmaß einzeln oder in Kleingruppen außerhalb des Klassenverbandes unterrichtet. Dabei sind individuelle Absprachen über den Stundenumfang mit dem Wohnbereich notwendig. Auf diese Weise konnten Schüler mit herausforderndem Verhalten bereits erfolgreich wieder in die Schulgemeinschaft eingebunden werden. Nachteil dieses Ansatzes ist, dass die betroffenen Schüler zeitweise ein stark reduziertes Unterrichtsangebot haben und folglich die Schwelle zu dieser Maßnahme relativ hoch angesetzt werden muss. 3.4 Grenzen der bisherigen pädagogischen und konzeptionellen Maßnahmen Trotz der oben beschriebenen pädagogischen Maßnahmen und Konzepte konnten Unterrichtsstörungen und Gewaltereignisse nur teilweise reduziert werden. Es blieben weiterhin die Forderungen nach: o Recht auf störungsfreien Unterricht für alle Lehrer und Schüler o Gewährleistung eines angstfreien Schulbesuchs o Zusätzliche pädagogische Unterstützung für Schüler mit herausforderndem Verhalten o Reduzierung der Gewaltbereitschaft und Aggressivität an der Schule o Entlastung des Wohnbereiches durch Reduzierung der Schulausschlüsse und des Konzeptionsunterrichts Folglich brauchte es eine Möglichkeit, auf störendes Verhalten und Konflikte zeitnah und individuell reagieren zu können, was im Klassenverband oft nicht geleistet werden kann. 4. Modell Trainingsraum 4.1 Personelle Besetzung Für den Trainingsraum ist durchgängig eine Lehrkraft (z. Zt. eine Heilpädagogin oder ein Mitglied der Schulleitung in Vertretung) präsent, bzw. abrufbar. Für diese Lehrkraft gibt es einen individuellen Stundenplan, d. h. wenn kein Trainingsbedarf besteht, wird diese für Differenzierungsmaßnahmen eingesetzt. 4.2 Räumlichkeiten Es gibt einen speziell dafür eingerichteten, zentral gelegenen Trainingsraum, der bewusst reizarm gestaltet ist. Wichtige Elemente sind: o Eine Beruhigungsecke o Ein Besprechungstisch, auf dem die Schulregeln liegen o Computer, Schreib- und Malutensilien o Freiarbeitsangebote
4 4 4.3 Schüler, die den Trainingsraum besuchen Bei Verstößen gegen das Schulgesetz und die Klassenregeln entscheiden die jeweiligen Lehrkräfte, ob und wann für die betreffenden Schüler das Angebot des Trainingsraumes sinnvoll und notwendig ist. 4.4 Informationswege Bei einem Regelverstoß ruft die Lehrkraft der Klasse bei der Trainingslehrkraft an, um den Trainingsbedarf eines Schülers anzukündigen. Die Erreichbarkeit ist durch ein Bereitschaftshandy gewährleistet. Notwendige Informationen über Art, Umfang und Zeitpunkt des Regelverstoßes werden schriftlich in Form eines sog. Laufzettels der Trainingslehrkraft mitgeteilt (siehe Anlage 1). Je nach individuellen Möglichkeiten der Schüler gehen sie alleine in den Trainingsraum, werden durch Mitarbeiter begleitet oder von der Trainingslehrkraft im Klassenzimmer abgeholt. 5. Inhalte des Trainingsraumes Die Inhalte im Trainingsraum sind stark vom Regelverstoß, von der individuellen Befindlichkeit und von der Art der Behinderung abhängig. o Eine Phase der Beruhigung zu Beginn der Trainingszeit ist meist notwendig. Diese kann in Form von Bewegung, Themenwechsel oder Entspannung erfolgen. o Anhand des Schulgesetzes wird der Regelverstoß thematisiert. Dabei soll dem Schüler sein Verhalten bewusst gemacht werden, damit er es einordnen und reflektieren kann. Um die Einsicht in den Regelverstoß zu wecken, ist in Anbetracht der unterschiedlichen Schülerschaft ein breites Methodenrepertoire notwendig: - Methoden der themenzentrierten Gesprächsführung - Rollenspiel - Bearbeitung des Rückkehrvertrags (siehe Anlage 2 und Anlage 3) - Analyse des Regelverstoßes - Suche nach alternativen Konfliktlösungen o Wenn der Schüler einsichtiges Verhalten zeigt, soll er möglichst selbstständig eine Wiedergutmachung finden, die in Form einer Vereinbarung auf dem bereits erwähnten Rückkehrvertrag festgehalten wird. o Die Trainingslehrkraft spricht bewusst keine Strafen aus, sondern soll beim Schüler die Bereitschaft wecken, ausgesprochene Konsequenzen der Klassenlehrkraft zu akzeptieren. o Häufiger Inhalt des Gesprächs ist, wie der Vorfall für die Zukunft vermieden werden kann. Dabei soll der Schüler mit seinen Vorschlägen und Handlungsalternativen einbezogen werden. Manchmal werden hier
5 5 Unzufriedenheiten mit der aktuellen Schul- oder Lebenssituation offenkundig, die die Trainingslehrkraft wieder bei den Bezugspersonen anspricht. Im Idealfall kann dem Schüler eine Erklärung oder eine Änderung für seine aktuelle Situation in Aussicht gestellt werden, wenn von seiner Seite deutliche Zeichen des Bemühens erkennbar sind. o Um der Trainingslehrkraft und den betreffenden Schülern eine klare Struktur vorzugeben, wird das Gespräch zur Klärung des Regelverstoßes und zur Erarbeitung möglicher Wiedergutmachungsmaßnahmen anhand des Rückkehrvertrags geführt. Dazu wurden zwei unerschiedliche Versionen für Schrift- und Bildleser (siehe Anlage 2 und Anlage 3) erarbeitet. 6. Der Weg aus dem Trainingsraum Nach Beendigung der Trainingssituation geht der Schüler selbständig oder mit Unterstützung in die Klasse zurück. Wichtig ist es, dass dabei das erarbeitete und ausgefüllte Formular der Lehrkraft übergeben wird. Diese muss mit den Vereinbarungen einverstanden sein, unabhängig von den eventuell noch zu verhängenden Sanktionen. Aufgabe der Trainingslehrkraft bleibt es weiterhin, die vereinbarte Wiedergutmachung zu begleiten und zu überprüfen. Die Trainingsmaßnahme ist dann abgeschlossen, wenn alle Vereinbarungen erledigt sind. Dies wird durch eine nochmalige Unterschrift von Schüler und Trainingslehrkraft auf dem Rückkehrvertrag dokumentiert. 7. Grenzen des Trainingsraumes o Einige Schüler sind auf Grund ihrer Behinderung nicht oder nur unzulänglich in der Lage, über ihr Verhalten zu reflektieren. Hier könnte der Trainingsraum als Möglichkeit der Einzelzuwendung gesucht werden. o Einzelne Schüler sind in Krisensituationen nicht in der Lage oder nicht bereit den Trainingsraum anzunehmen. Weigert sich ein Schüler das von der Klassenlehrkraft ausgesprochene Trainingsangebot anzunehmen, bzw. eskaliert das Verhalten im Trainingsraum erneut, wird umgehend die Schulleitung eingeschaltet. o Erreichen die Regelverstöße ein Ausmaß, das nicht mehr im Trainingsraum gelöst werden kann, muss umgehend die Schulleitung informiert werden. In diesem Fall hat die Trainingslehrkraft eine wichtige unterstützende Funktion im Dialog zwischen Schulleitung, dem betroffenen Schüler und der Klassenlehrkraft. Sie begleitet auch den Schüler oder die Schülerin beim Akzeptieren der Sanktionen und beim Bereinigen des Vorfalles.
6 6 8. Unterstützungssysteme für die Trainingslehrkraft 8.1 Unterstützung durch die Klasse Im Einzelfall kann es notwendig sein, dass ein Schüler durch eine Person aus dem Klassenteam begleitet wird. Darüber hinaus ist die Trainingslehrkraft auf einen aktiven Informationsaustausch angewiesen. Die Trainingslehrkraft wird durch die Bemerkungen auf dem zurückgegebenen Laufzettel über das Gelingen des durchgeführten Trainings schriftlich informiert. Daneben ist aber auch ein direkter Austausch zwischen der Klassen- und Trainingslehrkraft wichtig. 8.2 Sonstige Unterstützungsmöglichkeiten Die Person, die die Aufgabe der Trainingslehrkraft übernimmt, soll verschiedene Unterstützungsangebote erhalten: o Supervision: Die Teilnahme an einer Supervisionsgruppe wird durch unseren Träger finanziell unterstützt. o Teamanbindung: Die Lehrkraft kann bei Bedarf an den Teamsitzungen der Klassen, Stufen oder ES-Teams (Team der Lehrkräfte, die den Konzeptionsunterricht anbieten) teilnehmen. o Fortbildung: Neben den in unserer Schule entwickelten Ansätzen für den Umgang mit schwierigem Verhalten soll der Lehrkraft ein bevorzugter Zugang zu einschlägigen Fortbildungen ermöglicht werden. Weiterführende Literatur Balke, S. ²2003. Die Spielregeln im Klassenzimmer. Karoi-Verlag. Bielefeld Henrichs A./ Schneider B.: Trainings- und Inselraum. In: Lernen Konkret Z. März Heft 1 Dillingen, den 17. Oktober 2006 Christina Fischer und Alexandra Maier Regens-Wagner-Schule Dillingen a. d. Donau, privates Förderzentrum, Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Prälat-Hummel-Straße Dillingen Telefon: Telefax: Adresse: rw-schule-dlg@regens-wagner.de Internet-Adresse:
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