Infoblatt für Frauenhäuser. Gerichtszuständigkeit in Zivilverfahren
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- Gerrit Fuchs
- vor 8 Jahren
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1 RIGG Materialien Nr.7 Juli 2002 Infoblatt für Frauenhäuser Gerichtszuständigkeit in Zivilverfahren Herausgegeben von Rheinland-pfälzisches Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen Koordinierungsstelle RIGG Schneider & Kappenstein Bürogemeinschaft für Sozialplanung und Beratung Rheinstraße Mainz Tel 06131/ Mail: 1
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3 Information zur Gerichtszuständigkeit Welches Gericht ist in welchem Zivilverfahren örtlich und sachlich zuständig? 1. Familiensachen?? Grundsätzlich ist das Gericht zuständig, an dem die Ehesache anhängig ist ( 606 ZPO).?? Wenn keine Ehesache anhängig ist und eine andere Familiensache verhandelt werden soll (z. B. Sorgerecht), was im Frauenhaus ja die Regel sein dürfte, gelten die Ausführungen unter 1.1.?? Wird an dem nach 606 ZPO zu bestimmenden Gericht eine Scheidung anhängig, geben alle anderen zuvor mit Familiensachen dieser Familie befassten Sachen an das Gericht, das die Scheidungssache führt, ihre Verfahren ab. FOLGE: Hat das Ehepaar keine Kinder oder lebt ein Teil der Kinder beim Mann, kann der Mann durch Einreichung einer Scheidungsklage die Zuständigkeit in seinen Heimatort ziehen, da dann das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt war Sorge- und Umgangsrecht?? Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Kind seinen Wohnsitz hat ( 36 Abs. 1 FGG).?? Der Wohnsitz des Kindes ( 11 BGB) ist ein rechtlicher Begriff und ist nicht mit dem Aufenthaltsort des Kindes gleichzusetzen. Der Wohnsitz des Kindes ist eine Frage der elterlichen Sorge, die, wenn beide Elternteile sorgeberechtigt sind, von beiden Elternteilen einvernehmlich entschieden werden muss. 3
4 ?? Es ist grundsätzlich (Ausnahmen wird es immer geben) unzulässig, die Kinder ohne Zustimmung des anderen Elternteils bei einer Trennung (z.b. ins Frauenhaus) mitzunehmen. Da die Zustimmung des Vaters wohl kaum vorher eingeholt wird, kann die Mutter auch schon vor der Trennung gem BGB beim Familiengericht des Heimatortes beantragen, dass ihr für die Frage der Bestimmung des Wohnsitzes des Kindes das alleinige Entscheidungsrecht übertragen wird.?? Nach der Trennung kann ein Antrag gestellt werden, die elterliche Sorge insgesamt oder in Teilen (z.b. das Aufenthaltsbestimmungsrecht) zu regeln.?? Bei Sorge- bzw. Umgangsrechtsverfahren handelt es sich um Verfahren nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG). In solchen Verfahren sind die RichterInnen nicht an das vorgebrachte Beweismaterial gebunden, sondern verfügen über Ermittlungsfreiheit, d.h. sie können selbstständig Informationen einholen (z. B. bei den Frauenhausmitarbeiterinnen). Frauenhausmitarbeiterinnen können sich auch direkt an das Gericht wenden, um z.b. ihren Eindruck der Situation zu schildern. 4
5 1.2. Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt?? In Fragen der elterlichen Sorge ist der Wohnsitz maßgebend (Meldung beim Einwohnermeldeamt)?? bei Ehesachen ist es der gewöhnliche Aufenthalt (ga) (tatsächlicher Lebensmittelpunkt).?? In einem Frauenhaus kann aufgrund des vorübergehenden Charakters der Unterkunft kein ga begründet werden. Anders ist es, wenn die Frau sich am Ort des FH`s auf Wohnungs- und/oder Arbeitsplatzsuche befindet und dort polizeilich gemeldet ist. Dann kann durchaus von einem ga ausgegangen werden. Hierzu reicht es aus, wenn die Frau bspw. Stellen- oder Wohnungsanzeigen liest oder die Absicht, im Ort des FH`s zu bleiben, äußert. Beweise wie z.b. Meldungen beim Arbeitsamt oder die Vorlage von Bewerbungsschreiben bei örtlichen Firmen sind nicht notwendig. Dadurch, dass die Frau selbst bestimmt, wo sie ihren ga hat, kann sie die Zuständigkeit des Gerichts beeinflussen und so entweder vermeiden, dass der Mann Post vom Gericht am Ort des FH`s bekommt oder dass sie weite Strecken zum Gericht des Heimatortes zurücklegen muss. 2. Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz?? Bei Anträgen auf Schutzanordnungen gem. 1 GewSchG oder Wohnungszuweisungen gem. 2 GewSchG oder 1361b BGB ist das Familiengericht zuständig, wenn die Parteien einen gemeinsamen Haushalt führen oder in den letzten sechs Monaten geführt haben.?? Dies sind Verfahren nach dem FGG. Das bedeutet, es ist keine AnwältIn notwendig. Das Gericht kann zudem Beschlüsse fassen, die über den Antrag hinausgehen, wenn es dies im Zuge seiner Ermittlungen für notwendig erachtet. 5
6 ?? In Fällen, in denen kein gemeinsamer Haushalt geführt wird oder innerhalb der letzten sechs Monate geführt wurde, ist die allgemeine Prozessabteilung der Amts- oder Landgerichte zuständig.?? Welches Gericht dann zuständig ist, hängt ab vom Streitwert.?? Im Regelfall wird bei Schutzanordnungen ein Streitwert maßgeblich sein, der die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet (derzeit EUR).?? Insbesondere aber wenn wie in Wohnungszuweisungssachen die Miete (i.d.r. der Jahresmietwert) streitwertbestimmend ist, kann in entsprechenden Fällen die landgerichtliche Zuständigkeit in Betracht kommen.?? Beim Landgericht herrscht Anwaltszwang?? Örtlich zuständig ist das Gericht, in dem der Verfahrensgegner seinen Wohnsitz hat oder in dessen Bezirk die Tat statt gefunden hat. Sind dies zwei verschiedene Orte (z. B. wenn die Tat in der Wohnung der Frau nach erfolgter Trennung statt gefunden hat), kann die Frau das Gericht auswählen.?? Bei Verfahren wg. Wohnungszuweisung richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Ort der Wohnung.?? Die Rechtsantragstellen der Gerichte sind verpflichtet, alle Anträge entgegenzunehmen und sie ggf. an das zuständige Gericht weiterzuleiten. Sie können in Zweifelsfällen auch Auskunft über die Zuständigkeit geben. 6
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