Praktikum Struktur und Funktion von Materialien. Versuch Nr. 3. Silizium als Werkstoff für die Mikrostrukturtechnik.
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- Elke Esser
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1 Praktikum Struktur und Funktion von Materialien Versuch Nr. 3 Silizium als Werkstoff für die Mikrostrukturtechnik anisotropes Ätzen thermische Oxidation Grundlagen Winzige Ventile, Düsen, Sensoren für verschiedene Anwendungen und viele andere mechanische Systeme können in Plättchen aus einkristallinem Silizium geätzt werden. Die hierfür erforderliche Siliziumtechnologie fasst sowohl die Materialeigenschaften von Silizium und dessen Verbindungen wie auch die spezifischen Verfahren zur Bearbeitung dieser Materialien zusammen. Ähnlich wie die verwandten, mikroelektronischen Schaltkreise lassen sich mittlerweile auch diese mikromechanischen Bauelemente trotz komplexer Technologie, billig und in großen Stückzahlen herstellen. Die Mikromechanik benutzt zum Teil die gleichen Techniken, die auch für die Herstellung von Schaltkreisen in der Mikroelektronik (integrierte Schaltungen) aus Silizium Anwendung finden. Silizium, ein Element der 4. Hauptgruppe und der 3. Periode des Periodensystems, ist ein Halbleiter mit Eigenschaften, die zwischen denen von Metallen und Nichtmetallen stehen. Elementares Silizium ist chemisch sehr reaktionsfähig, wird aber durch die Bildung zusammenhängender, dünner Siliziumdioxidschichten rasch passiviert. Diese Oberflächenschutzschichten aus Si02 haben in der Siliziumtechnologie große Bedeutung, da hierdurch Bereiche der Siliziumoberfläche gezielt geschützt werden können. Für Elektronik und Mikromechanik wird Silizium in Form stabförmiger Einkristalle gezüchtet, die mit Diamantsägen in 0,2...0,5 Millimeter dünne Scheiben, Wafers, geschnitten werden. Um Unebenheiten auszugleichen, wird eine Seite des Wafers auf Hochglanz poliert. Die homogene Kristallstruktur, Kristalltyp wie Diamant, gibt dem Material die gewünschten Eigenschaften. Die Herstellung von mikromechanischen oder mikroelektronischen Elementen
2 2 beginnt zunächst gleich, mit der Photolithographie, einem Verfahren zum Übertragen des Schaltkreis- oder Baumusters auf die Siliziumscheibe. Dazu wird zuerst die Oberfläche des Wafers mit einer dünnen Oxidschicht überzogen, indem man sie in reinem Sauerstoff oder in Wasserdampf (schnellere Aufwachsgeschwindigkeit) auf C erhitzt. Es werden Si02-Schichten von ca ,5 µm Dicke erzeugt. Dann wird die Photoschicht (Photolack), ein für UV-Licht empfindliches organisches Polymer, aufgebracht. Die Maske, im allgemeinen eine Glasplatte mit dem in Metall aufgedruckten Bauplan, wird direkt auf den Wafer gelegt und ausgerichtet. Nach dem Belichten werden mit einer Entwicklerflüssigkeit je nach Lacktyp die belichteten oder unbelichteten Stellen der Lackschicht abgelöst. Das auf dem Wafer entstehende Muster aus mit Photolack bedecktem Si02 und blankem Oxid kommt in ein Flusssäurebad. Hier wird das ungeschützte Si02 ab gelöst. Die mit Photolack überzogenen Oxidstellen und das elementare Silizium werden hierbei nicht angegriffen. Anschließend wird die nicht mehr benötigte Photolackschicht ebenfalls abgelöst. Man erhält so ein Oxidmuster auf der Scheibenoberfläche, das eine negative oder positive Kopie des Originals auf der Photomaske darstellt. Dieses Muster dient seinerseits als Maske für die nachfolgenden Fertigungsschritte. Ab hier unterscheiden sich die Produktionsverfahren mikroelektronischer und mikromechanischer Elemente. Bei der Herstellung eines elektronischen Bauelementes dient das Oxidmuster als Maske für nachfolgende Dotierprozesse. In der Mikromechanik hingegen wird das Oxid als Maske für Ätzprozesse gebraucht. Hier sind verschiedene Nassätzmethoden gebräuchlich. Man unterscheidet dabei zwischen sogenannten isotropen Ätzverfahren, die in alle Richtungen gleichmäßig abtragend wirken, und anisotropen Ätzverfahren, bei denen die Ätzrate (Abtrag pro Zeit; Einheit µm/h) eine ausgeprägte Abhängigkeit von der Kristallrichtung des einkristallinen Siliziums aufweist. Anisotrope Ätzverfahren Die anisotropen Ätzverfahren haben sich zur Schlüsseltechnologie der Mikromechanik entwickelt. Der weitaus größte Teil der veröffentlichten mikromechanischen Bauelemente wurde mit ihrer Hilfe hergestellt.
3 3 Beim anisotropen Ätzen macht man sich die Tatsache zunutze, daß spezielle Ätzmittel den Silizium-Einkristall entlang der Hauptkristallebenen unterschiedlich schnell abtragen, wobei sich die Abtragsgeschwindigkeit je nach Kristallorientierung um mehrere Größenordnungen unterscheiden kann (Abb. 1). Abb. 1: Elementare Gitterebenen mit Millerschen Indizes Damit wird es möglich, bei entsprechender Wahl der Einkristallscheiben und ihrer Hauptkristallebenen Strukturen herzustellen, die von sehr langsam ätzbaren Hauptkristallebenen - meist (111)-Ebenen - eingefasst sind (Abb. 2). Abb. 2: Masken und resultierende Ätzstruktur
4 4 Alle bekannten anisotropen Ätzlösungen für Silizium sind basisch. Hierzu zählen insbesondere die Alkalihydroxide Kaliumhydroxid und Natriumhydroxid. Die ablaufenden komplexen Reaktionen können durch folgende Gesamtbruttogleichung beschrieben werden: Si + 2 OH H 2 O = [SiO 2 (OH) 2 ] H 2 Die auf dem Si-Wafer aufgebrachte Siliziumdioxidschicht wird nur geringfügig angegriffen. Bei vielen Anwendungen in der Mikrotechnologie ist es notwendig, definierte Kanäle herzustellen, wobei in der Regel alle Strukturen aus geraden bzw. rechtwinklig abknickenden Kanalverläufen elementar aufgebaut werden müssen. Mit Hilfe entsprechender Layouts entstehen die schon aus dem ersten Versuch bekannten V- förmigen Kanäle (Sargdeckel, Abb. 2 Struktur d; Abb. 3). Ein hierbei auftretendes Problem ist das beim Verbinden der Einzelelemente an den konvexen Ecken, an denen schnell ätzende Kristallebenen auftreten, wodurch Defekte durch unerwünschten Si-Abtrag in die Breite resultieren können. Diesem Phänomen wird mit Hilfe einer sog. Ätzkorrektur entgegengewirkt. Hierzu werden an den Übergangspunkten speziell angeordnete Siliziumdioxid-Strukturen erzeugt an denen der Ätzvorgang langsamer abläuft (Abb. 4 und 5).!"#$%"& '(
5 5 Abb. 5: Ätzvorgang bei konvexen Ecken. Überätzt (2 letzten von rechts) In einer Anwendung im medizinischen Bereich wurde unter anderem die Einstellung eines definierten, äußerst kleinen (µl/min.), pulsationsfreien Durchflusses mit Hilfe einer Drosselkapillare realisiert: Wafer: Drosselkapillare (Abbildungen 6a und 6b) Abb. 6a: Wafer, Drosselkapillare: Ausschnitt mit Elementvergrößerung (unten)
6 ) * #+,,,*! Aufgabenstellung 1. Anisotropes Ätzen zweier unterschiedlich vorbereiteter Si-Waferstücke mit Kalilauge Erforderliche Geräte und Chemikalien Anisotropes Ätzen Wasserbad, Temperaturfühler, Bechergläser 250 ml, Teflonhalterung für Si-Waferstück, Stoppuhr, Kalilauge, ω (KOH) = 20 % (ω Massenanteil)
7 - Versuchsdurchführung Anisotropes Ätzen Zuerst ca. 160 ml Kalilauge im Becherglas vorlegen, die Teflonhalterung in das Becherglas stellen und im Wasserbad auf 85 C temperieren. Anschließend wird das vorbereitete SiWaferstück mittels Pinzette vorsichtig in einen der beiden vertikalen Schlitze der Teflonhalterung eingesetzt. Nach 30, 60, 70, 80 und 90 Minuten wird der Ätzvorgang unterbrochen und unter dem Mikroskop beurteilt. Anmerkungen Für den Versuch anisotropes Ätzen wurden auf einem der zwei Si-Wafer rechteckige Öffnungen (Abmessung: 100 x 760 µm) in der Siliziumdioxidschicht erzeugt und der Wafer anschließend geviertelt. Ein weiterer Wafer wurde mit der Maskenstruktur Drosselkapillare (s. o.) versehen und an schließend ebenfalls geviertelt. Beide Waferstücke werden nach dem Betrachten unter dem Mikroskop in oben genannter Versuchsanordnung vertikal geätzt. Achtung: Die heiße, ölartige konzentrierte Kalilauge wirkt bei Hautkontakt extrem ätzend! Daher beim Umgang Gesichtsvollschutz tragen. zu erarbeitende Begriffe Chemie des Siliziums, Diffusionsprozesse und Ficksche Gesetze, Hauptkristallebenen im Kristallgitter des Siliziums (Diamantgitter).
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