Entwicklung eines Konfliktassistenzsystems fu r die Disposition bei der DB Netz AG
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- Friedrich Eberhardt
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1 Entwicklung eines Konfliktassistenzsystems fu r die Disposition bei der DB Netz AG Univ.-Prof. Dr.-Ing. Andreas Oetting Roland Kaufmann Tibor Weidner Adresse aller Autoren: DB Netz AG, I.NVT 7, Theodor-Heuss-Allee 7, D Frankfurt/Main Die Disposition des Eisenbahnbetriebs erfolgt gegenwärtig erfahrungsbasiert durch die Disponenten in den Betriebszentralen. Momentan entwickelt die F&E-Abteilung FreeFloat der DB Netz AG effiziente Algorithmen, die in einem Konfliktassistenzsystem zur Anwendung kommen sollen. Zusätzlich zur Verbesserung von Qualität und Effizienz wird die Objektivität und Transparenz der Dispositionsentscheidungen erhöht. Die Rechenzeitanforderungen an die KL-Algorithmen sind sehr hoch. In 95 % der Fälle sollen die geforderten Lösungen innerhalb von zwei Sekunden berechnet und bewertet werden. Aufbauend auf einer automatischen Konflikterkennung kann der Disponent Zwei-Zug-Konflikte auswählen und hierfür Konfliktlösungen (KL) anfordern. Im Gegensatz zu herkömmlichen Simulations- und Optimierungsverfahren soll nicht nur die beste Lösung gesucht werden, sondern der Disponent soll mit Hilfe seines Zusatzwissens die beste Lösung aus den angebotenen Lösungen auswählen. Die verschiedenen Lösungsarten beinhalten Reihenfolge beibehalten, stehende Überholungen/Kreuzungen in Bahnhöfen, Warten an Einfädelungen, Wegänderungen in Bahnhöfen und großräumige Wegänderungen durch Gegengleisfahrten und vordefinierte Umleitungen. Alle diese Lösungsarten können bzw. müssen mit zeitlichen Anpassungen kombiniert werden. Die Größe des Lösungsraums bedingt schnelle Algorithmen und intelligente Heuristiken, um eine hohe Lösungsqualität zu gewährleisten. Die Bewertung der Konfliktlösungen beinhaltet die gewichteten Zuwachsverspätungen der am Konflikt beteiligten Züge. Zusätzliche Elemente wie die Pönalisierung von Bahnsteigwechseln und die Änderung der Betriebslage, d. h. Folgekonflikte, werden ebenfalls berücksichtigt. Die entwickelten Algorithmen wurden in einem Prototyp umgesetzt, der mit Echtdaten aus den Dispositionssystemen versorgt wird. Dieser Prototyp wird momentan in einem Feldtest in drei Betriebszentralen der DB Netz AG getestet.
2 1 Einleitung und Grundlagen 1.1 Ziele eines Konfliktassistenzsystems Ziel der Disposition im Eisenbahnbetrieb ist es, Konflikte frühzeitig zu erkennen und die entstehenden Folgeverspätungen durch Eingriffe in den Betriebsablauf zu minimieren. Mögliche Dispositionsmaßnahmen bei Konflikten sind im Wesentlichen Änderungen der Zugreihenfolge und die Nutzung alternativer Fahrmöglichkeiten. Wurde über Zugreihenfolge und alternative Wege entschieden, ist es in vielen Fällen zusätzlich sinnvoll, die Geschwindigkeit von Zügen dispositiv anzupassen. Die Disposition stützt sich gegenwärtig hauptsächlich auf Erfahrung und Wissen des Disponenten. Als Hilfsmittel stehen eine Prognose des Betriebsbildes und diverse Detailinformationen zur Verfügung. Konflikterkennung und -lösung ebenso wie die Kommunikation von Geschwindigkeitsanpassungen müssen auf Basis des gesammelten Wissens manuell erfolgen. Im Rahmen früherer Projekte wurde bereits die Laborversion eines vollautomatischen Dispositionssystems entwickelt (ASDIS/L, [4]) und anhand von Tests im Integrierten Eisenbahnbetriebslabor der TU Dresden die prinzipielle Funktionsfähigkeit der automatischer Dispositionsalgorithmen nachgewiesen. Aktuell entwickelt die DB Netz AG innerhalb der Strategie FreeFloat [3] effiziente Algorithmen, die in einem Konfliktassistenzsystem zur Anwendung kommen und den Disponenten bei seiner Arbeit unterstützen und entlasten sollen. Im Gegensatz zu ASDIS/L und den bekannten Optimierungslösungen (z. B. [1], [5]) ist dafür eine teilautomatische Disposition (Abarbeitung Konflikt für Konflikt) notwendig. Dies bedingt auch eine Abkehr vom asynchronen Ansatz, sodass ein Großteil der Algorithmen neu entwickelt wurde. Die Entwicklung wurde vom BMWi im Rahmen des Projekts FreeFloat 1 gefördert. Das zukünftige Konfliktassistenzsystem soll Konflikte automatisch erkennen und im Dispositionssystem visualisieren (z. B. im Zeit-Wege-Bild). Der Disponent kann dann einen Konflikt auswählen und Konfliktlösungsvorschläge anfordern. Da nicht das gesamte Disponentenwissen für die algorithmische Bewertung zur Verfügung steht und der Disponent nicht immer dieselbe Lösung auswählt, soll das System nicht nur die beste Lösung vorschlagen. Stattdessen wird dem Disponenten eine Vielzahl betrieblich möglicher Lösungen angeboten. Der Disponent entscheidet anschließend, welche Lösung umgesetzt wird und steuert die Reihenfolge der Bearbeitung der einzelnen Konflikte. Zur Beurteilung durch den Disponenten können die verschiedenen Lösungsvorschläge im Zeit-Wege-Bild visualisiert werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Bei der Umsetzung eines Lösungsvorschlags bilden die berechneten Zeit-Wege-Linien die Basis für eine automatische Geschwindigkeitsregelung der Züge durch Benachrichtigung der Triebfahrzeugführer (Zuglaufregelung, s. Kapitel 6.2). Neben der Verbesserung von Qualität und Effizienz der Disposition wird die Objektivität und Transparenz der Entscheidungen erhöht. Die Einarbeitungszeit für neue Disponenten wird reduziert; vorhandene Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen Disponenten werden ausgeglichen. 1.2 Zeitanforderungen an ein Konfliktassistenzsystem Aus Akzeptanzgründen soll die Antwortzeit der Konfliktlösungsalgorithmen (Berechnung, Bewertung und Ausgabe der Lösungsvorschläge) für einen Konflikt in 95% der Fälle nicht länger als 3 Sekunden dauern. Geeignete Maßnahmen zur Einhaltung dieser Vorgabe (Optimierung der Lösungssuche) wurden im Laufe des Projektes schrittweise umgesetzt. 2 Konflikterkennung 2.1 Belegungsrechnung und Erkennung von Belegungskonflikten Auf Grundlage der im Dispositionssystem prognostizierten Zeit-Weg-Linien werden die Belegungszeiten der Züge analog zur Fahrplanung berechnet. Dabei werden direkte Belegungen der befahrenen Gleisabschnitte und indirekte Belegungen von Durchrutschwegen und ebenerdigen Bahnsteigzugängen unterschieden. Geplante oder aktuell eingegebene Verfügbarkeitseinschrän- Footer 2
3 kungen (Gleissperrung, Weichensperrung) werden ebenfalls als direkte Belegungszeiten der Infrastruktur interpretiert. Ein Konflikt ist gekennzeichnet durch paarweise Überschneidung direkter Belegungen bzw. Überschneidung einer direkten und einer indirekten Belegung. Überschneidungen zweier indirekter Belegungen stellen hingegen keinen Konflikt dar, da zwei Züge in ihrem Durchrutschweg dieselben Infrastrukturelemente beanspruchen können. Es werden jeweils Konflikte zwischen zwei Zügen bzw. einem Zug und einem Infrastrukturbereich betrachtet. Alle relevanten Überschneidungen von Belegungszeiten desselben Zugpaares werden zu einem Konflikt aggregiert. Überschneiden sich Belegungen von mehr als zwei Zügen, wird jedes Zugpaar mit überschneidenden Belegungen als einzelner (2-Zug-)Konflikt behandelt. 2.2 Analyse der Konfliktsituation Bereits während der Konflikterkennung findet eine Analyse der Konfliktsituation statt. Bei der Berechnung der Konfliktlösungsvorschläge wird später auf diese Daten zurückgegriffen Fahrtrichtung der Züge zueinander Anhand der durchfahrenen Infrastrukturelemente wird festgestellt, ob die Züge den Ort der ersten Belegungszeitüberschneidung in gleicher oder entgegengesetzter Fahrtrichtung befahren Festlegung des Konfliktschwerpunktes Für Fahrten in gleicher Fahrtrichtung ist der Konfliktschwerpunkt das erste von beiden Zügen befahrene Infrastrukturelement, in welchem eine unzulässige Überschneidung von Belegungszeiten vorliegt (beim Auflaufen das Hauptsignal, sonst die Einfädelungsweiche). Für Fahrten in entgegengesetzter Richtung ist der Konfliktschwerpunkt der Ort mit der geringsten Differenz der Durchfahrtszeiten der beteiligten Züge (Schnittpunkt der Zeit-Weg-Linien). Bei Verfügbarkeitskonflikten ist der Konfliktschwerpunkt das erste durch den Zug befahrene konfliktbehaftete Infrastrukturelement Gemeinsame Wegabschnitte Durch Analyse der Wege beider Züge im Netz werden anschließend alle gemeinsamen Wegabschnitte identifiziert. Gemeinsame Wegabschnitte sind eine zusammenhängende Menge von Infrastrukturelementen, die von beiden Zügen in der Zukunft befahren werden sollen. Enden von gemeinsamen Wegabschnitten sind der Standort der Züge zur aktuellen Zeit, Ein- und Ausfädelungen sowie der Konfliktlösungshorizont (einstellbarer Parameter, z. B. 45 Minuten ab der aktuellen Zeit). Eine besondere Herausforderung stellte dabei die räumliche und zeitliche Unterscheidung zwischen gemeinsam befahrenen Wegabschnitten und gemeinsamen Durrutschwegabschnitten an Einfädelungen dar Konfliktweg Der Konfliktweg besteht aus einem oder mehreren gemeinsamen Wegabschnitten der am Konflikt beteiligten Züge. Er definiert den Raum, in welchem Konfliktlösungsvorschläge der Züge zueinander konfliktfrei berechnet werden. Der gemeinsame Wegabschnitt, in welchem sich der Konfliktschwerpunkt befindet, ist grundsätzlich Bestandteil des Konfliktweges. Nach den folgenden Regeln werden weitere gemeinsame Wegabschnitte in den Konfliktweg aufgenommen: - Gemeinsame Wegabschnitte, die von mindestens einem der Züge vor dem Konfliktschwerpunkt befahren werden, sofern dort keine Konfliktfreiheit garantiert werden kann. - Gemeinsame Wegabschnitte, die nach dem Konfliktschwerpunkt befahren werden, mit zeitlicher und räumlicher Begrenzung Bezeichnung der am Konflikt beteiligten Züge Bei Konflikten zwischen Zügen gleicher Fahrtrichtung wird anschließend geprüft, ob mindestens einer der Züge sich bereits innerhalb des Konfliktweges befindet oder eine Fahrstraße für einen Footer 3
4 Zug bereits bis in den Konfliktweg hinein eingestellt ist. In diesem Fall handelt es sich um einen Konflikt mit festgelegter Ausgangsreihenfolge. Es ist zwar Überholung des zuerst in den Konfliktweg eingefahrenen Zuges durch den folgenden möglich, umgedreht hingegen nicht. Der zuerst eingefahrene Zug wird als Zug 1 bezeichnet, der andere als Zug 2. Befindet sich noch keiner der beiden Züge innerhalb des Konfliktweges und sind auch noch keine entsprechenden Fahrstraßen gestellt, so handelt es sich um eine Einfädelung. Die Reihenfolge der Züge an der Einfädelung ist in diesem Fall (noch) frei wählbar. Ebenso ist theoretisch eine spätere Überholung jedes der beiden Züge durch den jeweils anderen. Ausgehend von der Prognoselinie und dem vorhandenen Kürzungspotential wird in diesem Fall der langsamere Zug als Zug 1 bezeichnet. In der Folge werden nur die sinnvollen Überholungen des langsamen durch den schnelleren Zug berechnet, nicht aber Überholungen des schnellen durch den langsamen Zug. Bei Gegenfahrten ist die Unterscheidung in Zug 1 und Zug 2 nicht relevant Maßgebendes Element Für Konflikte zwischen Zügen gleicher Fahrtrichtung wird das Belegungselement mit der größten Differenz aus Sperrzeitende Zug 1 und Sperrzeitbeginn Zug 2 ermittelt. Dies dient der Abschätzung der entstehenden Folgeverspätung bei Folgefahrtkonflikten ohne Einfädelung, wenn keine Überholung vorgenommen würde. 3 Konfliktlösung 3.1 Ablauf der Konfliktlösung Die Reihenfolge der Lösung der einzelnen Konflikte wird vom Disponenten bestimmt. Die angezeigten Konflikte kann der Disponent auswählen und hierfür Konfliktlösungsvorschläge (KL) anfordern. Es werden grundsätzlich mehrere betrieblich mögliche Konfliktlösungsvorschläge berechnet. Ein Konfliktlösungsvorschlag enthält konfliktfreie Lagen zunächst nur zwischen den beiden am Konflikt beteiligten Zügen. Dabei ist es möglich, dass durch den Konfliktlösungsvorschlag zulässige Folgekonflikte mit anderen Zügen entstehen, deren Lösung separat durch den Disponenten angestoßen werden muss. Bestimmte Folgekonflikte (z. B. Konflikte mit bereits in Bahnhöfen stehenden Zügen oder Konflikte mit vorausfahrenden Zügen beim Fahrzeit kürzen) werden jedoch ausgeschlossen, um Schleifen in der Abarbeitung der Konflikte zu vermeiden. Bei der programminternen Bewertung der Konfliktlösungsvorschläge werden zulässige Folgekonflikte als Malus berücksichtigt (s. Kapitel 5.2). 3.2 Konfliktlösungsstrategie für Zugfolgekonflikte Zur Lösung eines Konfliktes können Veränderungen am Weg sowie an den Fahr- und Haltezeiten der beteiligten Züge vorgenommen werden. Da es aus Rechenzeitgründen nicht möglich ist, alle denkbaren Konfliktlösungsmöglichkeiten durchzurechnen und zu bewerten, müssen sinnvolle Lösungsvorschläge mit einem heuristischen Ansatz abhängig von der vorliegenden Betriebssituation ermittelt werden. Nur für diese sinnvollen Alternativen werden die Realisierbarkeit überprüft und die notwendigen zeitlichen und örtlichen Veränderungen exakt ermittelt. Anschließend erfolgt programmintern eine Bewertung der betrachteten Lösungsalternativen zur Vorauswahl und Sortierung als Entscheidungsunterstützung für den Disponenten. Die berechneten Konfliktlösungsvorschläge lassen sich in drei algorithmisch unabhängige Zweige unterteilen: - Zug 2 folgt Zug 1: Reihenfolge beibehalten oder Warten vor der Einfädelung, - Zug 2 überholt/kreuzt Zug 1: stehende Überholung, Kreuzung in Bahnhöfen oder Warten vor der Einfädelung, - Wegänderungen zur Umfahrung/Reduzierung des Konfliktbereichs (Nutzung alternativer Fahrmöglichkeiten im Bahnhof oder auf der Strecke). Footer 4
5 Alle diese Lösungsarten können bzw. müssen mit zeitlichen Anpassungen kombiniert werden. Diese zeitlichen Anpassungen werden jeweils für einen Teil des Konfliktweges berechnet, in welchem sich die Reihenfolge nicht ändert. Dieser Bereich besteht erneut aus einem oder mehreren gemeinsamen Wegabschnitten und wird als Konfliktlösungsteilweg (KL-Teilweg) bezeichnet. Bei Überholungen und Kreuzungen befindet sich in der Regel ein KL-Teilweg vor und ein KL-Teilweg nach dem Reihenfolgewechsel. 3.3 Lösung Zug 2 folgt Zug 1 Diese Lösung wird nur bei gleicher Fahrtrichtung der Züge explizit berechnet. In Abhängigkeit von der Konfliktsituation führt der Algorithmus zu folgendem Ergebnis: - Befindet sich ein Zug bereits im Konfliktweg (bzw. Fahrstraße ist bereits gestellt), so wird die Reihenfolge der Züge bis zum Ende des Konfliktweges bzw. Erreichen eines zeitlichen Horizonts beibehalten. - Haben beide Züge den Konfliktweg noch nicht erreicht und steht noch keine Reihenfolge fest, so wird als Lösung festgelegt, dass der schnellere Zug dem langsameren folgt. Dieser Lösungsvorschlag wird betrieblich zwar relativ selten benötigt, aufgrund der einfachen Berechnung als Referenzfall aber immer berechnet. In diesem Lösungsvorschlag findet keine Wegänderung statt. Der komplette erkannte Konfliktweg wird als KL-Teilweg definiert, in welchem die Reihenfolge Zug 1 vor Zug 2 festgelegt ist. Die notwendigen zeitlichen Anpassungen werden anschließend gemäß einer einheitlichen Prozedur berechnet (vgl. Kapitel 4), dabei werden je nach Notwendigkeit Biegen, Stutzen und Änderungen an den Haltezeiten kombiniert. 3.4 Reihenfolgewechsel Unter dem Begriff Reihenfolgewechsel werden Überholungen und Kreuzungen innerhalb des Konfliktweges sowie eine Veränderung der Reihenfolge vor dem Konfliktweg zusammengefasst Zug 2 überholt/kreuzt Zug 1 Bei Überholungen und Kreuzungen ändert sich die Reihenfolge der betrachteten Züge zwischen den zwei KL-Teilwegen. Für den Reihenfolgewechsel wird daher entweder ein lokal begrenzter alternativer Weg (Überhol-/Kreuzungsgleis) gewählt, oder der Reihenfolgewechsel erfolgt an einem Ort, an dem die Züge bereits in der Prognose verschiedene Wege befahren. In beiden Fällen verbleiben in der Regel zwei KL-Teilwege, in denen die Reihenfolge unabhängig voneinander festgelegt werden kann Suche nach Überhol-/Kreuzungsmöglichkeiten Um möglichst wenig Folgeverspätung zu verursachen, soll ein Reihenfolgewechsel so nah wie möglich am Konfliktschwerpunkt stattfinden. Ausgehend vom Konfliktschwerpunkt wird daher in beiden Richtungen entlang des Konfliktweges nach Überhol- oder Kreuzungsgleisen gesucht. Ebenso werden in der Prognose bereits bestehende Lücken zwischen gemeinsamen Wegabschnitten (z. B. geplante unterschiedliche Bahnhofsgleise) auf die Möglichkeit zum Reihenfolgewechsel überprüft. Die Suche erfolgt schrittweise abwechselnd in jeder Richtung und wird abgebrochen, wenn - bereits eine vorgegebene Mindestanzahl Überholungen/Kreuzungen berechnet wurde - ein Anhalten des zu überholenden bzw. zu kreuzenden Zuges in dem Bahnhof nicht mehr sicher möglich ist (zeitliche Nähe oder gestellte Fahrstraße), - einer der betrachteten Züge den Bahnhof bereits durchfahren hat - bei gleicher Fahrtrichtung, wenn die Überholung jenseits des maßgebenden Elements der Konflikterkennung stattfinden würde (siehe Kapitel 2.2.6). In Abhängigkeit von der Konfliktsituation können sich daher unterschiedlich viele Lösungen mit Reihenfolgewechsel ergeben. Footer 5
6 Berechnung einer Überholung/Kreuzung Innerhalb jedes Bahnhofes werden die vorhandenen Überhol- und Kreuzungsgleise wie folgt priorisiert: 1. beide Züge verkehren auf ihren planmäßigen Gleisen, 2. der überholte Zug nutzt ein abweichendes, der durchfahrende Zug nutzt sein planmäßiges Gleis, 3. der überholte Zug nutzt sein planmäßiges, der durchfahrende Zug nutzt ein abweichendes Gleis. Innerhalb dieser Gruppen wird nach weiteren Kriterien sortiert (u. a. Notwendigkeit eines Bahnsteigwechsels, vordefinierte Fahrwegprioritäten, Anzahl abzweigend befahrener Weichen). Für jede festgelegte Gleiskonstellation beider Züge kann ein Reihenfolgewechsel getestet werden. Dabei werden entsprechend den im Kapitel genannten Regeln die gemeinsamen Wegabschnitte neu bestimmt. Anstelle des Konfliktweges werden die Wegabschnitte den KL- Teilwegen zu beiden Seiten des untersuchten Bahnhofs zugeordnet. Zwischen den KL-Teilwegen wird sofern nicht bereits in der Prognose vorhanden für den überholten bzw. den auf Kreuzung wartenden Zug ein Halt eingelegt. Es erfolgt die Festlegung der Reihenfolge der Züge und die Berechnung der notwendigen zeitlichen Anpassungen zunächst für den KL-Teilweg vor dem Reihenfolgewechsel (bei Gegenfahrten der Teilweg, welchen der wartende Zug zuerst durchfährt). Zu beachten sind hier auch ggf. während der Einfahrt in den Bahnhof belegte Durchrutschwegabschnitte, welche dem KL-Teilweg vor dem Reihenfolgewechsel zugeordnet werden. Anschließend kann auch die Durchfahrtszeit des überholenden/kreuzenden Zuges und damit seine Belegungen berechnet werden, woraus sich die früheste mögliche Abfahrtszeit und ggf. weitere zeitliche Anpassungen im zweiten KL-Teilweg ergeben (vgl. Abbildung 1). Die Berechnung einer Überholung/Kreuzung erfolgt zuerst für die höchst priorisierte Gleiskonstellation und sollte der Reihenfolgewechsel dort nicht möglich sein (z. B. wegen zu geringer Nutzlänge) oder zu einem Folgekonflikt führen entsprechend der Priorisierung für weitere Gleise. Grundsätzlich werden je Bahnhof nur ein bis zwei mögliche Überholungslösungen berechnet und ausgegeben. KL-Teilweg 2: gemeinsame Wegabschnitte a und c a b KL-Teilweg 1: gemeinsame Wegabschnitte b, d, e, f, g d e g Zug 2 c Zug 1 f Biegen Zug 2 zur Auflösungen von Belegungszeitüberschniedung im KL-Teilweg 1 (konfliktfreie Durchfahrt nach Auflösung des Durchrutschweges Halt Zug 1: Bestimmung der Abfahrtszeit so, dass keine Belegungszeitüberschneidungen im KL-Teilweg 2 mehr bestehen (Abfahrt nach Auflösung der Einfahrstraße von Zug 2) Im KL-Teilweg2 ist: Zug 1 der nachfahrende Zug Zug 2 der vorausfahrende Zug Im KL-Teilweg1 ist: Zug 1 der vorausfahrende Zug Zug 2 der nachfahrende Zug Abbildung 1: KL-Teilwege und Maßnahmen bei einer Zugkreuzung Footer 6
7 3.4.2 Zug 1 folgt Zug 2 (Reihenfolgewechsel vor dem Konfliktweg) Wird bei der Suche nach einer Überhol-/Kreuzungsmöglichkeit der Anfang (bei Gegenfahrten auch das Ende) des Konfliktweges erreicht, so ist an diesem Ort ein Reihenfolgewechsel vor dem Konfliktweg möglich. In diesem Fall wird die Lösung Zug 1 folgt Zug 2 ermittelt (bei Gegenfahrten auch der Fall Zug 2 folgt Zug 1 am Ende des Konfliktweges, der für Folgefahrten in Kapitel 3.3 beschrieben wurde). Die Berechnung erfolgt wie unter 3.3 beschrieben, jedoch bei Folgefahrten mit umgekehrter Zugreihenfolge. 3.5 Wegänderung zur Umfahrung oder Reduzierung des Konfliktbereichs Durch dispositive Änderung des Weges lassen sich bestimmte Konflikt vermeiden ( entflechten von Zugfahrten in Bahnhofsköpfen mit Umfahrstraßen) oder in ihren zeitlichen Auswirkungen vermindern (z.b. Nutzung von Parallelfahrmöglichkeiten an Ein- und Ausfädelungen oder fliegende Überholung durch Wahl eines anderen Streckengleises). Die besondere Herausforderung bei der automatischen Ermittlung solcher Konfliktlösungsvorschläge ist die Größe des potentiellen Lösungsraums. Daher wurden heuristische Verfahren entwickelt, um gute Lösungen effizient zu finden. Die detaillierte Beschreibung dieser Algorithmen bleibt einer Folgeveröffentlichung vorbehalten. 4 Berechnung zeitlicher Anpassungen Viele Konfliktlösungen beinhalten Anpassungen der zeitlichen Lage der beteiligten Züge. Ausschließlich durch zeitliche Änderungen werden zwei der im Kapitel 3 vorgestellten Lösungen berechnet: Zug 2 folgt Zug 1 (Beibehaltung der Reihenfolge) und Reihenfolgeänderung vor dem Konfliktweg. Weiterhin werden zeitliche Anpassungen grundsätzlich für fast alle Lösungen mit Reihenfolgewechsel im Konfliktweg und in bestimmten Fällen auch für Lösungen mit Wegänderungen benötigt. Zeitliche Anpassungen werden immer für einen KL-Teilweg berechnet. Diese können auch vor dem Beginn des betrachteten KL-Teilwegs liegen, sofern dadurch nicht ein neuer Konflikt mit demselben Zug verursacht wird. Entsprechend der im KL-Teilweg festgelegten Reihenfolge werden die Züge als vorausfahrender Zug und nachfolgender Zug bezeichnet. Nach der Berechnung der zeitlichen Anpassungen dürfen im KL-Teilweg keine Restkonflikte zwischen den beteiligten Zügen verbleiben (s. a. Abbildung 1). Eine Veränderung der Geschwindigkeit (allgemein Biegen ) kann in Richtung höherer Geschwindigkeiten (Fahrzeit kürzen) oder in Richtung niedrigerer Geschwindigkeiten (Fahrzeit verlängern) geschehen. Der berechnete Biegefaktor bezieht sich immer auf die technisch kürzeste Fahrzeit. D. h. bei einem Biegefaktor von 100 % soll der Zug seine technisch kürzeste Fahrzeit anstreben. Nach oben hin ist der Biegefaktor theoretisch nicht begrenzt, praktisch existieren insbesondere im Bereich von Bahnübergängen und Steigungsstrecken Mindestgeschwindigkeiten, die nicht unterschritten werden dürfen. Die Berechnung der zeitlichen Anpassung wird in folgenden Schritten durchgeführt: 1. Zunächst wird die Möglichkeit des Fahrzeit Kürzens für den vorausfahrenden Zug geprüft, und zwar im Abschnitt zwischen dem frühest möglichen Ort für das Kürzen und dem maßgebenden Belegungselement im KL-Teilweg. Dabei kann der Zug auch in den Vor-Plan- Bereich gebracht werden, wenn dem keine bestellten Abfahrtszeiten an Kundenhalten entgegenstehen. Wenn mit diesem Schritt bereits Konfliktfreiheit erreicht wurde, kann der folgende Schritt entfallen. 2. Anschließend findet ein Nachfahren des nachfolgenden Zuges statt. Dabei wird gleichzeitig die Heranführung des Zuges an den Konfliktschwerpunkt mit berechnet. Das Nachfahren wird am Ende des KL-Teilwegs beendet. Restkonflikte im Anschluss an den aktuell Footer 7
8 betrachteten KL-Teilweg sind zulässig und müssen in einem nachfolgenden Schritt gelöst werden. 4.1 Bestimmung der Biegebereiche Das Kürzen soll möglichst früh beginnen und nach dem Freifahren des maßgebenden Belegungselements (s. Kapitel 2.2.6) enden. Wenn vor dem Konfliktschwerpunkt ein Kundenhalt liegt, beginnt das Kürzen bei planmäßiger Fahrt frühestens mit der Abfahrt an diesem Halt (bei verspäteten Zügen sind die Haltezeiten bereits auf die Mindesthaltezeit gekürzt). Die Verkürzung von Haltezeiten hat dabei Vorrang vor der Verkürzung von Fahrzeiten. Wenn durch das Kürzen Folgekonflikte (z.b. mit einem vorausfahrenden Zug) entstehen, wird versucht, das Kürzen teilweise durchzuführen. Ist auch das nicht möglich, wird keine Fahr- oder Haltezeitkürzung vorgenommen. Fahrzeitverlängerungen sollen bei Folgefahrtkonflikten mindestens in dem Bereich zwischen Konfliktschwerpunkt und maßgebendem Belegungselement durchgeführt werden. Zudem muss der frühest mögliche Beginn ermittelt werden. Für den Bereich vor dem Konfliktschwerpunkt wird die Fahrzeitverlängerung nicht über Halte hinweg durchgeführt. In diesem Fall wird stattdessen die Haltezeit verlängert, um eine konfliktfreie Lage zu erreichen. 4.2 Fahr- und Haltezeiten kürzen Die Fahrzeit kann durch Nutzung der im Fahrplan vorhandene Biege- und Bauzuschläge gekürzt werden. Es wird jedoch nicht mit technisch kürzester Fahrzeit gerechnet, sondern mit der sogenannten betrieblich kürzesten Fahrzeit. Hierfür werden im Vergleich mit den Regelzuschlägen kleinere Fahrzeitzuschläge verwendet. Damit wird u. a. berücksichtigt, dass bei manueller Steuerung die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur punktuell erreicht werden kann und die mittlere Geschwindigkeit des Zuges etwas darunter liegt. Die Haltezeiten können bis auf die im Fahrplan vorgegebene Mindesthaltezeit reduziert werden. Trassenmanagementhalte (TM-Halte) können komplett ausgelegt werden; dies bedarf jedoch der konkreten Zustimmung durch den Streckendisponenten. Wenn möglich, wird dabei der Fahrweg in das durchgehende Hauptgleis verlegt. Beim Kürzen wird wie folgt jeweils rückwärts vom Endpunkt des Kürzens aus vorgegangen: Jeder TM-Halt im Bereich des Kürzens wird daraufhin überprüft, ob er ganz ausgelegt o- der teilweise gekürzt werden kann. Mindesthaltezeiten bei TM-Halten werden nicht berücksichtigt. Wenn das Auslegen eines TM-Haltes den ursprünglichen Konflikt löst, werden die weiteren Schritte nicht durchgeführt. Wenn TM-Halte nicht oder nicht vollständig gekürzt werden können, wird der Bereich des Fahrzeit-Kürzens auf den Abschnitt zwischen dem zuletzt untersuchten TM-Halt und dem Zielpunkt des Kürzens verkürzt. wenn der Ausgangskonflikt noch besteht, wird versucht, in dem verbleibenden Abschnitt die Fahrzeit ganz oder teilweise zu kürzen. Falls in einem der Schritte ein einziger Folgekonflikt mit einem dritten, weiter vorausfahrenden Zug entsteht, wird dieser auf der Basis des vorläufig umgesetzten Kürzens als neuer zu lösender Konflikt behandelt. Dabei wird die Fahrzeit des gekürzten Zuges wieder verlängert, bis Konfliktfreiheit mit dem dritten Zug besteht. Die Fahrzeitverlängerung erfolgt wie im Kapitel 4.3 beschrieben, der am Folgekonflikt beteiligte dritte Zug wird nicht gekürzt. Falls mehrere Folgekonflikte entstehen, wird die aktuelle Maßnahme nicht durchgeführt und die weitere Suche nach Kürzungsmaßnahmen abgebrochen. 4.3 Fahrzeit verlängern beim nachfolgenden Zug Beim engen Nachfahren wird die Fahrzeit des nachfolgenden Zuges zwischen frühest möglichem Biegebeginn und dem maßgebenden Belegungselement so angepasst, dass möglichst wenig Kapazität unnötig verbraucht wird. Dafür müssen relevante Geschwindigkeitsänderungen des vorausfahrenden Zuges möglichst genau detektiert werden. Zusätzlich muss aber auch die unterschiedliche Länge der Belegungselemente (Blöcke und Teilfahrstraßen) berücksichtigt werden, Footer 8
9 so dass die Berechnung auf Basis der Sperrzeiten der beiden am Konflikt beteiligten Züge durchgeführt wird. Die einzelnen Biegeabschnitte und deren Biegefaktoren müssen verschiedene Bedingungen erfüllen, um die Fahrbarkeit der neuen Zeit-Wege-Linie sicherzustellen Schritt 1: Möglichen Biegebeginn ermitteln und Biegen bis zum Konfliktschwerpunkt umsetzen Im ersten Schritt wird ein möglicher Biegebeginn gesucht. Ausgangspunkt für die Berechnung ist die Kilometrierung, die um eine Mindestlänge eines Biegeabschnitts vor dem Konfliktschwerpunkt liegt. Der mögliche Biegebeginn darf nicht zu nah an der aktuellen Zeit oder vor einem Halt liegen, so dass relativ große Biegefaktoren zugelassen werden, wenn der Biegebeginn nicht weiter vorverlagert werden kann. Wird allerdings der maximal zulässige Biegefaktor überschritten, muss vor dem Konfliktschwerpunkt ein Halt verlängert werden, oder, wenn auch das nicht möglich ist, vor dem letzten Hauptsignal bzw. LZB-Tafel vor dem Konfliktschwerpunkt gestutzt werden, so dass der Konfliktschwerpunkt konfliktfrei wird. Anschließend wird für den Bereich nach dem Biegevorgang, der Haltverlängerung bzw. nach dem Stutzvorgang eine Fahrzeitverlängerung wie im Folgenden beschrieben berechnet Schritt 2: Berechnung des maßgebenden Biegefaktors Im zweiten Schritt wird ausgehend von dem im vorigen Schritt bestimmten Endpunkt für alle in Fahrtrichtung folgenden Belegungselemente aus der jeweiligen Sperrzeitüberlappung der notwendige Biegefaktor berechnet, bis das Ende des Konfliktwegs erreicht wird. Anschließend wird das Biegen bis zum Ort des Maximums der notwendigen Biegefaktoren umgesetzt und das Ende dieses Biegevorgangs wird als Anfang des nächsten Biegevorgangs festgelegt (erneuter Schritt 2) Schritt 3: Unterteilung des Biegeabschnitts prüfen und Biegen umsetzen Wenn die Strecke eines Biegevorgangs mindestens doppelt so lang ist wie die Mindestlänge für Biegeabschnitte, so wird in einem dritten Schritt überprüft, ob der Biegeabschnitt einmalig in zwei Teile geteilt werden kann. Im ersten Teilabschnitt muss dabei der notwendige Biegefaktor signifikant kleiner sein als das vorher bestimmte Maximum der Biegefaktoren. Dazu wird für alle Belegungsabschnitte im aktuellen Biegeabschnitt die zeitliche Differenz zwischen dem Biegevorgang mit dem Maximum der Biegefaktoren und dem Biegevorgang mit dem für den betrachteten Belegungsabschnitt notwendigen Biegefaktor berechnet (s. Abbildung 2). Ein potentieller Teilungspunkt für die Aufteilung des Biegeabschnitts ist dann am Maximum dieser Differenzen. Die Bedingungen für die Unterteilung des gefundenen Biegeabschnitts sind: Die Entfernung zwischen Biegebeginn und dem Ort der maximalen Differenz ist länger als die Mindestlänge für Biegeabschnitte. Die Entfernung zwischen Ort der maximalen Differenz und dem Ende des untersuchten Biegeabschnitts ist länger als die Mindestlänge für Biegeabschnitte. Die Biegefaktoren vor und nach dem Teilungspunkt weichen signifikant voneinander ab. Das Maximum der zeitlichen Differenzen überschreitet eine Mindestgröße. Der Biegefaktor des verbleibenden Abschnitts muss die oben genannten Bedingungen einhalten. Wenn eine dieser Bedingungen nicht erfüllt ist, so wird der Punkt für die Unterteilung des Biegeabschnitts entgegen der Fahrtrichtung des Zuges auf den nächsten zulässigen Biegepunkt gelegt, solange dadurch nicht die übrigen Bedingungen des ersten Teilabschnitts verletzt werden, ansonsten wird die Unterteilung verworfen. Wenn die Bedingungen für die Unterteilung erfüllt sind, so wird für den ersten Teilabschnitt das Biegen umgesetzt. Der Endpunkt ist neuer Biegebeginn für den folgenden Bereich (erneuter Schritt 2). Footer 9
10 Abbildung 2: Berechnung des engen Nachfahrens 5 Bewertung von Konfliktlösungen Die Bewertung der Konfliktlösungen beinhaltet neben der gewichteten Zuwachsverspätung der am Konflikt beteiligten Züge zusätzliche Elemente wie die Pönalisierung von Bahnsteigwechseln und die Änderung der Betriebslage in Form von Folgekonflikten. 5.1 Mögliche Eingangsgrößen für die Bewertung In die Bewertung jeder einzelnen Konfliktlösungsvariante fließen folgende Größen ein: die Veränderungen der Relativlage der beiden am bearbeiteten Konflikt beteiligten Züge zu ihrem Fahrplan, die aus der jeweiligen Konfliktlösung entstehen (Zuwachsverspätung), die Veränderung der Betriebslage durch die Konfliktlösung (Folgekonflikte), sowie notwendige Bahnsteigwechsel bei Personenzügen als Malus und ggf. weitere Eingangsgrößen wie der Energieverbrauch. Die Relativlage kann als Verspätung des Zuges interpretiert werden, wobei eine negative Relativlage einer Verfrühung entspricht. Eine Veränderung der Relativlage entspricht daher einer Zuwachsverspätung bzw. einem Verspätungsabbau. Die genannten Größen sollen mit einem diskriminierungsfreien Funktionswert multipliziert und anschließend additiv verknüpft werden. 5.2 Bewertung von Folgekonflikten Die Betriebslage wird wesentlich bestimmt durch Anzahl und Schwere aktuell vorhandener (nicht gelöster) Zugfolgekonflikte. Die voraussichtlichen Auswirkungen einer aktuell untersuchten Konfliktlösung auf die Betriebslage sollen in die Bewertung der Konfliktlösung eingehen. Eingangsgröße ist daher die Veränderung in Anzahl und Schwere von Zugfolgekonflikten zwischen den am Konflikt beteiligten Zügen und dritten Zügen. Dabei werden sowohl neu entstehende Folgekonflikte als auch mit gelöste (durch die Lösung wegfallende) sowie in ihrer Schwere durch die Lösung veränderte Konflikte berücksichtigt. Als Maß für die Konfliktschwere wird die gewichtete erwartete Zuwachsverspätung eines Konfliktes verwendet. Sie soll bereits bei der Konflikterkennung für jeden Zugfolgekonflikt ermittelt werden. Die erwartete Folgeverspätung eines Folgekonfliktes wird anhand eines vereinfachten Verfahrens abgeschätzt. Zunächst wird eine wahrscheinliche Lösung des Folgekonfliktes durch Vergleich der Konfliktart, der Wege und der Gewichtung der beteiligten Züge ermittelt. Anschließend wird die Footer 10
11 entstehende Zusatzverspätung abgeschätzt. Diese Zusatzverspätung geht als Schwere des Folgekonfliktes in die Bewertung ein. 6 Aktueller Stand und Ausblick 6.1 Durchführung eines Feldtests Die entwickelten Algorithmen wurden in einem Prototyp umgesetzt, der mit Echtdaten aus den Dispositionssystemen versorgt wird. Dieser Prototyp wurde in 2012 in einem Feldtest in drei Betriebszentralen der DB Netz AG getestet. Dabei wurden in verschiedenen Teststadien die Konflikterkennung getestet und die Konfliktlösungsvorschläge mit den Dispositionsentscheidungen der Streckendisponenten verglichen. Ergebnisse dieses Feldtests sind Anforderungen an die Datenqualität, die Qualität und Performance der bestehenden Dispositionssysteme und die Weiterentwicklung der hier beschriebenen Algorithmen. Abgesehen von den gefundenen Schwächen in der Datenversorgung war die Akzeptanz bei den beteiligten Disponenten und den Spezialisten aus den Betriebszentralen sehr hoch. Aufgrund der laufenden und geplanten Überarbeitungen der vorhandenen Dispositionssysteme (Hard- und Software) ist die Umsetzung des Konfliktassistenzsystems noch nicht endgültig terminiert. 6.2 Generierung von Fahrempfehlungen Das beschriebene Konfliktassistenzsystem soll im Falle einer produktiven Implementierung als Basis für die sogenannte Zuglaufregelung dienen [2]. Dabei sollen dem Triebfahrzeugführer auf Basis der berechneten Fahrzeitanpassungen automatisch Fahrempfehlungen gegeben werden (langsamer fahren, Fahrzeit kürzen), so dass die Fahrt im Idealfall ohne betriebliche Signalhalte durchgeführt werden kann. Vor allem sollen damit Bremsvorgänge vor betrieblichen Engpässen vermieden werden, die zu Zusatzverspätungen und einem erheblichen Mehrverbrauch an Energie und Engpasskapazität führen können. 7 Literatur [1] Luethi, Marco; Weidmann, Ulrich; Laube, Felix; Medeossi, Giorgio: Rescheduling and Train Control: A New Framework for Railroad Traffic Control in Heavily Used Networks [2] Oetting, Andreas: Zuglaufregelung Optimierte Steuerung der Züge im Betrieb. In: Eisenbahntechnische Rundschau 57 (2008), Heft 10 [3] Oetting, Andreas; Glienicke, Jan: FreeFloat Technologische Innovationen zur Steigerung der Kapazität im bestehenden Netz. In: Eisenbahntechnische Rundschau 59 (2010), Heft 12 [4] Schaer, Thorsten; Jacobs, Jürgen; Scholl, Susanne; Kurby, Stephan; Schöbel, Anita; Güttler, Sabine; Bissantz, Nicolai: DisKon Laborversion eines flexiblen, modularen und automatischen Dispositionsassistenzsystems. In: Eisenbahntechnische Rundschau 54 (2005), Heft 12 [5] Wegele, Stefan: Echtzeitoptimierung für die Disposition im Schienenverkehr; Dissertation an der Technischen Universität Braunschweig; Braunschweig 2005 Footer 11
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