Landtag von Baden-Württemberg. Antrag. Stellungnahme. Drucksache 12 / Wahlperiode. der Abg. Dr. Eva Stanienda u. a. CDU.
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1 Landtag von Baden-Württemberg 12. Wahlperiode Drucksache 12 / Antrag der Abg. Dr. Eva Stanienda u. a. CDU und Stellungnahme des Sozialministeriums Situation der Unfall in Baden-Württemberg Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, l. wie sich Belegung und Verweildauer an den baden-württembergischen unfallchirurgischen Zentren in den Jahren 1990 bis 1995 entwickelt haben und wie im Vergleich dazu die Stellenbesetzung mit ärztlichem und Pflegepersonal aussieht; 2. ob auf der Basis dieser Zahlen a) Sonderentgelte für die Behandlung Polytraumatisierter einzuführen sind, b) es möglich ist, das Budget für unfallchirurgische Kliniken aufzusplitten in ein Notfall- und ein Planungsbudget; 3. wie die Landesregierung die Tatsache beurteilt, daß a) in Baden-Württemberg die Zahl der Wege- und Arbeitsunfälle zugenommen hat, während die Zahl der Straßenunfälle in Baden-Württemberg und im Bundesgebiet allgemein abgenommen hat (mit Ausnahme der LKW- Unfälle), b) die Zahl der stationär behandelten verunfallten Kinder in Baden-Württemberg um 40 % zugenommen hat, c) die 36 in Baden-Württemberg verteilten unfallchirurgischen Kliniken regional sehr unterschiedlich konzentriert sind und Deckungslücken in bestimmten Regionen bestehen, d) im Krankenhaus-Bedarfsplan III unfallchirurgische Kliniken nicht gesondert aufgeführt sind und diese im fortgeschriebenen Landeskrankenhausbedarfsplan festgeschrieben werden sollten Dr. Eva Stanienda, Ruder, Schuhmacher, Roland Schmid, Zimmermann CDU Eingegangen: / Ausgegeben:
2 Begründung Die Unfall hat in den vergangenen Jahren eine vehemente Verbesserung sowohl in der Technik, als auch im Bereich des Angebots aufzuzeigen. Doch längst noch nicht sind regionale Traumazentren in Baden-Württemberg flächendeckend eingerichtet. Um die Versorgung Schwerst- und Mehrfachverletzter zu optimieren, sollte einerseits eine qualifizierte Grundlagenforschung betrieben werden, andererseits eine Vernetzung mit unfallversorgenden Kliniken erfolgen. Es sollte sichergestellt werden, Polytraumatisierte nach einem Schlüssel (SCORE) aufzulisten und dafür entsprechende Sonderentgelte festzulegen. Dies erfordert auch entsprechende strukturelle Veränderungen. Stellungnahme Mit Schreiben vom 10. März 1997 Nr /12/1062 nimmt das Sozialministerium zum Antrag wie folgt Stellung: Zu 1.: Die nachstehenden Belegungsdaten beruhen auf den Meldungen der Krankenhausträger an das Statistische Landesamt Baden-Württemberg entsprechend der Krankenhausstatistikverordnung. Bei der Interpretation dieser Daten ist zu berücksichtigen, daß auch Allgemeinchirurgische Abteilungen und Orthopädien in wesentlichem Umfang an der Unfallversorgung teilnehmen. Zahl der Kran- Betten Durchschnitt- Bettennutzung kenhausab- liche Verweil- (%) teilungen dauer (Tage) 1990 Chirurgie ,5 85,6 davon Unfall ,5 92, Chirurgie ,3 85,4 davon Unfall ,4 90, Chirurgie ,0 84,4 davon Unfall ,2 88, Chirurgie ,6 82,7 davon Unfall ,0 87, Chirurgie ,5 81,4 davon Unfall ,8 86,9 2
3 Zur ärztlichen Besetzung der chirurgischen und unfallchirurgischen Krankenhausabteilungen liegen folgende Daten vor: Chirurgen Unfallchirurgen 1990 keine Angaben Die Zahl der Pflegekräfte wird in den Angaben der Krankenhäuser als Gesamtzahl aufgeführt und nicht nach den einzelnen Fachabteilungen gegliedert. Hieraus ergibt sich folgende Entwicklung: Beschäftigte im Pflegedienst Zu 2. a): Der Landesregierung ist rechtlich keine Möglichkeit eingeräumt, Sonderentgelte für Polytraumatisierte einzuführen. Für die bundesweit geltende Einführung von Fallpauschalen und Sonderentgelten ist bis Ende 1997 der Bundesgesetzgeber zuständig. Im Gesetzentwurf zum 2. GKV-Neuordnungsgesetz ist vorgesehen, daß die Bundesverbände der Kassen und Krankenhäuser ab 1998 die Weiterentwicklung der bundesweit anzuwendenden Entgeltkataloge übernehmen. Der Bundesgesetzgeber wird 1997 im Hinblick auf die beabsichtigte Rechtsänderung voraussichtlich keine Änderungen an den heute maßgeblichen Entgeltkatalogen vornehmen. Die Einführung von Sonderentgelten für die Behandlung von Polytraumatisierten könnte jedoch jederzeit durch eine Vereinbarung der Selbstverwaltungspartner auf Landesebene beschlossen werden. 16 Abs. 2 Bundespflegesatzverordnung (BPflV) ermächtigt die Verbände der Krankenkassen und die Landeskrankenhausgesellschaft, landesweit geltende Sonderentgelte für bestimmte Leistungen zu vereinbaren. Zu 2. b): Eine Budgetaufsplittung in ein Notfall- und ein Planungsbudget ist nach Auffassung des Sozialministeriums entbehrlich. Sofern die Selbstverwaltungspartner entsprechende Sonderentgelte vereinbaren, werden diese pauschalierten Entgelte nach der derzeitigen Konzeption des Pflegesatzrechts ab 1998 keiner Budgetierung mehr unterliegen, d. h. die Mengeneffekte werden sich dann in vollem Umfang zu Gunsten oder zu Lasten des Krankenhauses auswirken. Im übrigen erscheint eine pflegesatzrechtliche Budgetaufsplittung auch deshalb nicht erforderlich, da es dem Krankenhaus schon heute unbenommen ist, interne Budgets aufzustellen. In diesem Fall kann die Wirtschaftlichkeit einzelner Abteilungen genau festgestellt werden, nach außen besteht jedoch ein Gesamtbudget. Dies bietet den Vorteil, daß Erlösdefizite des einen Bereichs mit Erlösüberschüssen eines anderen Bereichs verrechnet werden können, bevor gegenüber den Kostenträgern Ausgleichspflichten wegen Budgetüber- oder unterdeckungen entstehen. Zu 3. a): Im Zeitraum von 1990 bis 1995 waren, wie die folgende Übersicht für Baden- Württemberg zeigt, die Arbeitsunfälle (ohne Wegeunfälle) in der allgemeinen Unfallversicherung kontinuierlich rückläufig, während in der Schüler-Unfallver- 3
4 sicherung die Schulunfälle (in Schulgebäuden und auf Pausenhöfen) bis einschließlich 1994 steigende Tendenz aufwiesen und 1995 leicht zurückgingen. Bei den Wegeunfällen in der allgemeinen und in der Schüler-Unfallversicherung sind die Fallzahlen schwankend. Die Arbeits- und Wegeunfälle insgesamt nahmen bis einschließlich 1992 zu und sind seit 1993 rückläufig. Jahr Arbeitsunfälle Wegeunfälle Zusammen Allgem. UV Schüler-UV Allgem. UV Schüler-UV (Sp. 1 4) Der statistisch aufgezeigte Verlauf des Unfallgeschehens in Baden-Württemberg muß vor folgendem Hintergrund gesehen werden: Die Zahl der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen nahm im Zeitraum von 1990 bis 1995 zu, was hauptsächlich auf die gestiegenen Schülerzahlen zurückzuführen ist. Neben den insbesondere vom Verkehrsministerium, dem Innenministerium, den landesunmittelbaren Krankenversicherungsträgern und Unfallversicherungsträgern zur Verbesserung der Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr durchgeführten Aufklärungsveranstaltungen und sonstigen Maßnamen werden zusätzliche Anstrengungen unternommen, um den Unfallgefahren, denen Kinder außerhalb des Straßenverkehrs ausgesetzt sind, entgegenzuwirken. Zu nennen sind hierbei vor allem die Aufklärungs- und Beratungsmaßnahmen der Gemeindeunfallversicherungsverbände und der Ausführungsbehörden für Unfallversicherung des Landes, die kraft Gesetzes u. a. dafür zu sorgen haben, daß die Baulichkeiten, Einrichtungen und Geräte für Kindergärten und Schulen den Unfallverhütungsvorschriften entsprechen, in Kindergärten und Schulen von den Verantwortlichen alle organisatorischen Maßnahmen für eine wirksame Unfallverhütung und Erste Hilfe getroffen werden und Kindergartenkinder und Schüler zu sicherheitsbewußtem Verhalten erzogen werden. Zur Erreichung dieser Ziele werden in der Hauptsache Seminare (z. B. für Kindergartenleiter/innen und Erzieher/innen, für Bauplaner von Schulen und Kindergärten, für Fachberater/innen im Schulsport und Sportlehrer/innen) angeboten und Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Information der Schulen zu Themen der Unfallverhütung und Sicherheitserziehung, Verteilung von Broschüren in Seminaren, regelmäßige Veröffentlichungen im Info-Blatt der Oberschulämter) betrieben. Die Landesregierung begrüßt die vorstehend genannten Maßnahmen der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherungsträger in Baden-Württemberg als geeignete Mittel zur Verhütung von Unfällen bei Kindern, insbesondere auch außerhalb des Straßenverkehrs. Ein sinnvoller Vergleich zwischen Arbeitsunfällen einerseits und Straßenunfällen andererseits läßt sich nicht anstellen, weil diese Unfallarten unterschiedlichen Gefährdungsbereichen zuzuordnen sind. Wegeunfälle bilden zudem einen Teil der Straßenunfälle und können diesen daher nicht vergleichend gegenübergestellt werden. Zu 3. b): Hinsichtlich der Zahl der stationär behandelten verunfallten Kinder in Baden- Württemberg verfügt das Sozialministerium über Daten nur in bezug auf die ge- 4
5 setzliche Schüler-Unfallversicherung. In der folgenden Aufstellung sind daher neben den in der Landtagsdrucksache genannten Kindern (Kinder in Kindergärten und Schüler an allgemein- oder berufsbildenden Schulen) auch Studierende (an Hochschulen) mitberücksichtigt, deren Anteil an den insgesamt (im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen) stationär behandelten versicherten Personen nach Angaben des Badischen Gemeindeunfallversicherungsverbands bei ca. 3 v. H. liegt; der genaue Anteil könnte nur mit unverhältnismäßig hohem Verwaltungsaufwand ermittelt werden. Nicht erfaßt sind die Behandlungsfälle aus dem häuslichen und dem Freizeitbereich. Insoweit besteht kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Auf Grund von Arbeitsunfällen (Kindergarten-, Schul- und Schulwegunfällen) stationär behandelte Jahr Kinder in Kindergärten, Schüler und Studenten Der aus der vorstehenden Aufstellung ersichtliche leichte Rückgang der Behandlungsfälle seit 1993 ist als Erfolg der Bemühungen insbesondere der Krankenund Unfallversicherungsträger zur Unfallverhütung zu werten. Zu 3. c): Unfallchirurgische Abteilungen werden durch den Krankenhausplan nicht festgelegt (vgl. Stellungnahme zu 3. d). Die Krankenhausträger haben jedoch die Möglichkeit, in Abstimmung mit den Krankenkassen unfallchirurgische Abteilungen oder Funktionsbereiche an ihren Krankenhäusern einzurichten, wenn dies zur Versorgung der Bevölkerung erforderlich erscheint. Dies wird vor allem in den Ballungsräumen Baden-Württembergs angebracht sein, in denen ein hohes Fallaufkommen eine eigene Abteilung rechtfertigt. Für einen Flächenstaat wie Baden-Württemberg wird daraus zwangsläufig eine geographisch ungleichmäßige Verteilung resultieren; dies ist jedoch nicht zu beanstanden, da auch alle allgemeinchirurgischen Abteilungen in der Lage sein müssen, Unfälle sachgerecht zu versorgen oder mindestens die Patienten nach der Erstversorgung soweit zu stabilisieren, daß diese in ein geeignetes größeres Krankenhaus verlegt werden können. Für die 90 chirurgischen Abteilungen ab der Leistungsstufe Regelversorgung gilt dies auch für die in der Begründung zum Antrag genannten Schwerst- und Mehrfachverletzten. Der Krankenhausplan III (Spezieller Teil, Ziff Notfallversorgung von Mehrfachverletzten und Hirnverletzten ) trifft hierzu die nötigen Feststellungen. Deckungslücken sind daher nicht zu befürchten. Zu 3. d): Die Unfall wird in der ärztlichen Weiterbildungsordnung nicht als Fachgebiet, sondern als Schwerpunkt innerhalb der Chirurgie geführt. Die Krankenhausplanung des Sozialministeriums legt jedoch grundsätzlich Fachabteilungen an Krankenhäusern nur insoweit fest, als die ärztliche Weiterbildungsordnung entsprechende Fachgebiete ausweist. Von diesem Planungsprinzip wird allenfalls dann abgewichen, wenn die Art der Versorgungsleistungen dies verlangt. Dabei geht es in der Regel um Leistungen, die besondere ärztliche Qualifikationen verlangen, hohe Kosten verursachen, nur in verhältnismäßig beschränkter Zahl nötig werden, aber gleichzeitig größere Fallzahlen erfordern, um die nötige Erfahrung und Routine der Behandler zu sichern. In solchen Fällen ist es aus Gründen der Leistungsqualität und Wirtschaftlichkeit erforderlich, die Leistungen auf eine beschränkte Zahl von Standorten zu 5
6 konzentrieren und diese auch im Krankenhausplan gesondert aufzuführen. Dies war z. B. der Fall bei der Intensivversorgung von Neugeborenen, bei der Versorgung von Schwerst-Schädel-Hirnverletzten oder der Kinderherz. Auf die Unfall treffen die genannten Kriterien überwiegend nicht zu. Es wurden daher im Krankenhausplan III die Unfalln nicht gesondert ausgewiesen. Vesorgungslücken im Bereich Unfall sind, wie unter 3. d) ausgeführt, nicht zu befürchten. Dem Sozialministerium liegen bisher auch keine Hinweise auf Versorgungsdefizite vor. Es ist daher beabsichtigt, die beschriebenen Planungsprinzipien auch bei der Fortschreibung des Krankenhausplans III beizubehalten. Dr. Vetter Sozialminister 6
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