New Product Process (NPP) und Bewertung von Swing-Optionen
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1 New Product Process (NPP) und Bewertung von Swing-Optionen Torsten Wanka (Contowa), Martin Otzelberger (DEVnet) DEVnet 2012 devnet.de
2 Torsten Wanka Master of Arts (Finance and Banking) Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH) Bankkaufmann Selbständiger Unternehmensberater mit den Kernthemen Risikomanagement und IT- Consulting Martin Otzelberger Diplom-Mathematiker Partner bei DEVnet mit den Kernthemen Marktdaten und IT- Consulting 2
3 Agenda New Product Process (NPP) Swing-Optionen für Commodities Risikoanalyse und praktische Umsetzung Resümee 3
4 1 New Product Process (NPP) Was ist ein New Product Process (NPP)? Regulatorische Anforderungen gemäß MaRisk Zielkonflikte und Dysfunktionen Komponenten des NPP Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report 4
5 Was ist ein New Product Process (NPP)? Kreditinstitute unterliegen dem Druck, Produkte und Produktvariationen ständig neu bzw. weiter zu entwickeln, um ihre Wettbewerbsposition halten bzw. auszubauen Neuartige Produkte müssen in den Kreditinstituten einen New Product Process (NPP) durchlaufen Neue Produkte sind alle Geschäftsaktivitäten, zu deren Durchführung die Kreditinstitute noch über keine ausreichende Erfahrung verfügen Finanzinnovationen (derivative Finanzinstrumente wie z.b. strukturierte Produkte, exotische Optionen etc.) Erschließung neuer Märkte Implementierung bislang nicht genutzter Vertriebswege Durchführung des NPP wird von der Bankaufsicht in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) explizit gefordert Haupttreiber für den NPP Regulatorische Anforderungen an eine geregelte und sorgfältige Kontrolle Bestimmung des Risikogehalts neuer Geschäftsaktivitäten Sicherstellung der Abbildung in den verschiedenen Systemen (z. B. Rechnungswesen, Risikocontrolling) Zunehmende Produktkomplexität und Implementierung adäquater Kontrollmechanismen stellt enorme Herausforderung an interne Überprüfungsprozesse dar Es müssen sowohl die Machbarkeit entlang der bankinternen Wertschöpfungskette ermittelt als auch weitestgehende Fehlervermeidung und Transparenz garantiert werden Fazit: Die Einführung neuer Produkte und Erschließung neuer Märkte macht eine risikoorientierte Betrachtung notwendig 5
6 Regulatorische Anforderungen gemäß MaRisk Regulatorische Anforderungen an NPP ergeben sich aus den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) Die MaRisk berücksichtigen wesentliche qualitative Elemente der zweiten Säule des Baseler Akkords (Basel II), also des Supervisory Review Process (SRP) und setzen die qualitativen Regelungen der mit dem SRP korrespondierenden EU-Richtlinie (CRD) in deutsches Recht um, die vor allem auf das Management der Risiken abzielen Vorgaben zum NPP finden sich im Modul AT 8: Aktivitäten in neuen Produkten oder auf neuen Märkten 1) 1 Jedes Institut muss die von ihm betriebenen Geschäftsaktivitäten verstehen. Für die Aufnahme von Geschäftsaktivitäten in neuen Produkten oder auf neuen Märkten (einschließlich neuer Vertriebswege) ist vorab ein Konzept auszuarbeiten. Grundlage des Konzeptes muss das Ergebnis der Analyse des Risikogehalts dieser neuen Geschäftsaktivitäten sowie deren Auswirkungen auf das Gesamtrisikoprofil sein. In dem Konzept sind die sich daraus ergebenden wesentlichen Konsequenzen für das Management der Risiken darzustellen. 2 Bei der Entscheidung, ob es sich um Geschäftsaktivitäten in neuen Produkten oder auf neuen Märkten handelt, ist ein vom Markt beziehungsweise vom Handel unabhängiger Bereich einzubinden. 3 Bei Handelsgeschäften ist vor dem laufenden Handel in neuen Produkten oder auf neuen Märkten grundsätzlich eine Testphase durchzuführen. Während der Testphase dürfen Handelsgeschäfte nur in überschaubarem Umfang durchgeführt werden. Es ist sicherzustellen, dass der laufende Handel erst beginnt, wenn die Testphase erfolgreich abgeschlossen ist und geeignete Risikosteuerungs- und -controllingprozesse vorhanden sind. 4 Sowohl in die Erstellung des Konzeptes als auch in die Testphase sind die später in die Arbeitsabläufe eingebundenen Organisationseinheiten einzuschalten. Im Rahmen ihrer Aufgaben ist auch die Interne Revision zu beteiligen. NPP Konzept inkl. Risikoanalyse Einbindung eines vom Trading unabhängigen Bereiches Testphase und Prozessdefinition Einbindung Back-Office, Risiko- Controlling etc. Fazit: Die MaRisk liefern generische Beschreibung der inhaltlichen und prozessualen Ausgestaltung 1) Vgl. MaRisk AT 8 6
7 Zielkonflikte und Dysfunktionen Implementierung eines funktionierenden NPPs erfordert Auflösung eines Spannungsfeldes dreier konträrer Ziele Risikominimierung Minimale Time to Market Ressourceneffizienz Unterschiedliche Institutsgrößen, Geschäftsvolumina und individuelle Geschäftsarten machen die NPP einzelner Banken schwer vergleichbar. Entsprechend finden sich in den Banken äußerst unterschiedliche Varianten des NPP. Kommunikation Bewusstsein und Akzeptanz Qualitätsmängel Fehlende Vorlaufzeit Unzureichende Management-Einbindung Mangelnde Ressourcenausstattung One-size-fits-all-NPP Ungeklärte Engpassfaktoren Intransparenter Entscheidungsprozess Asynchronität NPP- Produktentwicklung Mangelnde Transparenz über Risikogehalt und Struktur von Produkten Schlechte Time to Market Konflikte Beanstandungen durch Prüfer Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten Unklare Eskalationswege Unzureichende Konzernabdeckung Fazit: Ein institutsindividuelles NPP-Konzept hilft zur Vermeidung von Zielkonflikten und dient als Grundlage für Transparenz und Fehlervermeidung bei Finanzinnovationen 7
8 Komponenten des NPP Ein NPP umfasst üblicherweise folgende Kernelemente Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report Die Entwicklung eines neuen Produkts erfolgt bereichsübergreifend Die Frontoffice-Einheiten und der Vertrieb übernehmen die Konzeption des Produkts Im Backoffice erfolgt die Risikoabschätzung und Genehmigung neu konzipierter Produkte; auch die Koordination des NPP ist üblicherweise hier angesiedelt 8
9 Beispiel: NPP in der UniCredit, Markets & Investment Banking 9
10 Identifizierung neuer Produkte Aus den MaRisk geht hervor, dass Neue-Produkte-Prozesse der Analyse des Risikogehalts neuer Geschäftsaktivitäten dienen sollen Demnach rücken risikobehaftete und komplexe Innovationen identifiziert werden, was durch ein Klassifizierungsmodell erreicht werden soll Bei neuen Finanzprodukten, Finanzinnovationen oder Kombiprodukten ist es immer schwerer zu beurteilen, ob es sich wirklich um ein neuartiges Produkt handelt oder ob es sich nicht in einfach nur aus bekannten Einzelprodukten zusammensetzt Wenn ein neues Produkt nicht als neu identifiziert wird, geht das Kreditinstitut möglicherweise Risiken ein, über die es sich nicht bewusst ist Beispiele für Klassifizierungsmodelle UniCredit, Markets & Investment Banking Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report 10
11 Produktkategorisierung Eine handelsunabhängige Einheit muss beurteilen, ob es sich um ein neuartiges Produkt handelt Dafür wird das Produkt mit bestehenden Produkten mit Hilfe eines Produktkatalogs verglichen, der sämtliche Produkte enthält, die bereits einen NPP durchlaufen haben Der Produktkatalog sollte von allen Mitarbeitern im Produkt- und Handelsumfeld verstanden werden Folgende Faktoren können bei der Definition eines neuen Produkts berücksichtigt werden Wesentliche Änderungen in Organisationsstrukturen, Prozessen oder IT-Systemen Produkte benötigen neu Bewertungsmethoden Buchungsmethoden Einfluss auf Risikomessung, -analyse, -management und -kontrolle Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report 11
12 Produktprofil Ein Produktprofil ist ein Grobkonzept, um dem Management einen Überblick zum neuen Produkt zu ermöglichen Es hat nicht die Detailtiefe eines NPP-Konzepts und umfasst in der Regel folgende Punkte Produktbeschreibung und Entwicklungen im Markt Ziele der Produktimplementierung (z.b. erwartete Profite) Zeitplan zur Produktimplementierung Ressourcendefinition und Einschätzung zu deren Verfügbarkeit Auswirkungen der Produkteinführung auf die Organisation (inkl. IT-Organisation) und Beschäftigten Risikobetrachtung und Auswirkungen auf das Risikomanagement Rechtliche Aspekte Auf Basis des Grobkonzepts entscheidet das Management über die weitere Implementierung des Produkts Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report 12
13 NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Im Falle der Einführung eines neuen Produkts ist ein detailliertes und umfassendes NPP-Konzept unter Mitwirkung aller betroffenen Einheiten anzufertigen Folgende Schwerpunkte müssen gemäß MaRisk adressiert werden Umfassende Risikoanalyse mit Beschreibung der Auswirkungen auf das Risikomanagement Beschreibung der Konsequenzen der Produkteinführung für Organisation, Belegschaft, Buchhaltung und steuerliche Gesichtspunkte Notwendige IT-Anpassungen Rechtlichte Gesichtspunkte Die Risikoanalyse ist die Grundlage eines NPP-Konzepts und hat den Zweck, dass das Management das Risikoprofil und die Auswirkungen neuer Produkte auf das Risikomanagement des Kreditinstituts versteht Dabei werden verschiedene Risikotypen unterschieden, die abhängig vom jeweiligen Produkt betroffen sind Credit risk Market risk Liquidity risk Operational risk Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report 13
14 Testphase und finaler Report Für Handelsprodukte ist eine Testphase zwingend vorzunehmen, bei Kreditprodukten ist dies optional Der Zweck der Testphase ist die Sicherstellung, dass das Kreditinstitut das Produkt beherrschen kann Nach Durchführung der Testphase ist ein Abschlussbericht anzufertigen, der auf Besonderheiten und Probleme während des NPP eingeht Probleme, die während der Testphase nicht gelöst werden konnten Anforderungen an die Qualifikation von Beschäftigten Lücken in der IT-Landschaft Buchhaltungsaspekte und steuerliche Gesichtspunkte Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report 14
15 2 Swing-Optionen für Commodities Definition Swing-Optionen Anwendungsszenarien und Motivation Beispiele für Swing-Optionen Einführung in das Preismodell einer Swing-Option 15
16 Definition Swing-Optionen Bestandteile der Swing - Option Future / Forward um eine Basis-Lieferung bzw. Grundlast (Base-Load) innerhalb eines Intervalls [T1, T2] abzudecken N Ausführungsrechte (meist innerhalb des Intervalls [T1, T2]) Strike-Preis für eine Einheit der Commodity Das gesamte Liefervolumen innerhalb des Intervalls [T1, T2] befindet sich meist innerhalb definierter Volumengrenzen [V1, V2] Werden die Volumengrenzen [V1, V2] verletzt, sind Strafzahlungen fällig Eine Pause zwischen den Ausführungen ist oftmals der Fall (refraction period) Eine mögliche Ausführung ist an definierte Tage gebunden {t1,... tn} mit T1 t1 < t2 <... < tn T2 Einer Volumenbeschränkung, in der Art, dass das Volumen nach Ausführung wieder auf das Volumen der Grundlast zurückgeht (local effect) das Volumen bis zu einer neuen Ausführung auf dem neuen Volumen verbleibt (global effect) 16
17 Definition Swing-Optionen Beispiel für Ausführungsrechte mit local effect Ein Ausführungsrecht verändert das Volumen der Basis-Lieferung des Underlyings Die Volumenänderung kann positiv oder negativ sein, d.h. ein positive Veränderung führt zu einer Erhöhung des Liefervolumens, eine negative Veränderung für zur Verringerung des Liefervolumens. Falls die Volumengrenzen [V1, V2] durch eine Ausführung verletzt werden, werden vorher definierte Strafzahlungen fällig, z.b. fest definiert, abhängig vom jeweilige Spotpreis, durchschnittlicher Sportpreis 17
18 Anwendungsszenarien und Motivation Reine Preisrisiken können mit Standard Derivaten (z.b. Futures, Optionen) gehedged werden. Im Fall von Commodities existiert jedoch auch ein volumenabhängiges Risiko auf Grund von veränderten Verbrauchsverhalten. Da bei rein finanziellen Produkten keine physische Lieferung zustande kommt, existiert das volumenabhängige Risiko nur bei Kontrakten, die auch zu einer physischen Lieferung führen. è Es besteht mit Swing-Optionen die Möglichkeit, Spikes, die Aufgrund von veränderten Verbrauchsverhalten erzeugt werden, zu hedgen è Swing-Optionen bieten Lieferflexibilität in Bezug auf Menge und Zeitpunkt der Lieferung eines bestimmten Underlyings 18
19 Beispiele für Swing-Optionen Gas Lieferung von 500 MWh Erdgas (Marktgebiet Gaspool) gehandelt an der EEX Gesamtvolumen muss zwischen 400 MWh und 600 MWh liegen Ausführungsintervall ist 05/ Ausführungsrechte Ausführungspause 5 Tage Strom Lieferung von 1000 MWh Strom Base Deutschland gehandelt an der EEX Gesamtvolumen muss zwischen 800 MWh und 1200 MWh liegen Ausführungsintervall ist Q2 / Ausführungsrechte Ausführungspause 7 Tage Beispiele aus anderen Bereichen Lagerfläche in Warenhäuser Variante Flexi-Optionen für Interest Rates Lieferpläne mit Ober- und Untergrenzen und einer Abnahmepflicht Kohle Kontrakte haben in aller Regel eine take-or-pay Pflicht 19
20 Einführung in das Preismodell einer Swing-Option Bewertung anhand von binomialen / trinomialen Bäumen Analog zu amerikanischen Optionen können binomiale bzw. trinomiale Bäume zur Bewertung herangezogen werden Auf Grund der zusätzlichen Bedingungen nimmt die Komplexität der Bäume stark zu Mehrfache Ausübung möglich Anzahl des Volumens pro Ausführung kann variieren Benötigte Zustandsvariablen zur Baumerzeugung Spotpreis des Underlyings (im Gegensatz zum Finance-Bereich, sind Commodities nicht speicherbar, daher erfolgt die Modellierung des Spotpreises) Anzahl der noch zu Verfügung stehenden Ausführungsrechte Verbrauchtes Volumen è Zur Bewertung wird damit ein binomialer / trinomialer Baum mit mehreren Ebenen verwendet 20
21 Einführung in das Preismodell einer Swing-Option Schritte der Bewertung (backward induction, rolling back) 1. Die Bewertung startet im letzten Knoten N in allen Bäumen. Der Payoff der Swing-Option wir in allen Bäumen ermittelt. 2. Im nächsten Schritt geht man zum Knoten (N 1) und berechnet in jedem Baum den Erwartungswert des Wertes der Option zum Expiration-Datum für das geeignete Paar der Swing-Rechte 3. Die Summe der Erwartungswerte aus Schritt 2 und die aktuellen Ausführungswerte werden miteinander verglichen. Damit vergleichen wir die Ausführung zum Zeitpunkt (N 1) und das Erreichen des Knotens N mit dann noch (k 1) verfügbaren Swing-Rechten und der nicht - Ausführung zum Zeitpunkt (N 1) und des Erreichens des Knoten N mit k verfügbaren Swing- Rechten. 4. Das Verfahren wird bis zum Startzeitpunkt (also N = 0) fortgeführt. 21
22 Einführung in das Preismodell einer Swing-Option K + 1 Ausführungsrechte verfügbar L verbrauchtes Volumen K Ausführungsrechte verfügbar L + 2 verbrauchtes Volumen K Ausführungsrechte verfügbar L + 1 verbrauchtes Volumen 22
23 Einführung in das Preismodell einer Swing-Option Komplexität des Preismodells Nach k Ausführungen von Swing Rechten, ist die Anzahl der möglichen Volumen damit: è Es wird für jede Kombination aus verbleibenden Ausführungsrechten und Verbrauchvolumen ein Baum konstruiert. Der jeweilige Baum basiert auf dem stochastischen Preisprozess für das Underlying. Für eine Swing-Option mit N Ausführungsrechten, ergibt sich damit eine Gesamtzahl B von Bäumen: Wenn für die möglichen Ausführungszeitpunkte, die Anzahl der möglichen Spotpreise kleiner oder gleich J ist, dann hat jeder Baum nicht mehr als n x J Knoten. Damit ergibt sich für die Gesamtzahl der Berechnungen: Vgl. Valuation of Commodity-Based Swing Options 23
24 Einführung in das Preismodell einer Swing-Option Preisfunktion einer einfachen Power Swing-Option mit fünf Swing-Rechten Grafik aus Energy Risk and Power Management, Alexander Eydeland, Krzysztof Wolyniey, 2003, John Wiley & Sons, Inc. 24
25 3 Risikoanalyse und praktische Umsetzung Exemplarische Ausgangssituation und Leitfragen Risikomatrix Auswirkungen auf Prozesse und Risikomanagement Bereitstellung von Marktdaten Anpassungen in der IT-Landschaft 25
26 Exemplarische Ausgangssituation und Leitfragen Ein großes Energieunternehmen erwägt den Einsatz von Swing-Optionen, um das Volumenrisiko abzusichern Da Swing-Optionen im Unternehmen bisher noch nicht im Einsatz sind, muss ein NPP durchlaufen werden Auf Basis dieser Eckdaten ergeben sich folgende Fragestellungen Welche Risiken ergeben sich aus dem Handel mit Swing-Optionen? Welche Auswirkungen hat die Produkteinführung auf Prozesse und Risikomanagement? Welche Marktdaten werden benötigt? Welche Anpassungen sind in der IT-Landschaft notwendig? Anmerkung: Energieunternehmen unterliegen nur dann den MaRisk, wenn sie mit einer Bankenlizenz operieren. Auch wenn dies nicht immer der Fall ist, werden in den weiteren Ausführungen die Vorgaben aus den MaRisk auf die Energiebranche adaptiert. 26
27 Risikomatrix Wie zuvor beschrieben ist eine Risikoanalyse integraler Bestandteil eines NPP-Konzepts Darstellung erfolgt mit Hilfe einer Risikomatrix, in der die Risiken einer Swing-Option auf die Risikotypen gemappt werden Product/ Risikotyp Credit Risk Market Risk Operational Risk Liquidity Risk Other Risk Counterparty Risk Credit Spread Risk Country Risk General Market Risk Specific Market Risk Operational Risk Model Risk Legal Risk Funding Risk Market Liquidity Risk Basis Risk Portfolio Risk Swing-Option û û û û û û û û û = Risiko ist vorhanden (Schriftgröße gibt Intensität an) 27
28 Risikomatrix Für folgende Risikoarten ergeben sich wesentliche Risiken aus der Einführung von Swing-Optionen Counterparty Risk: Swing-Optionen werden i. d. R. Over-the-Counter (OTC) gehandelt und enthalten daher das Risiko, dass der Vertragspartner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt Specific Market Risk: Risiko, dass sich der Wert der Swing-Option durch Marktpreisbewegungen im Underlying oder anderen Einflußfaktoren negativ verändert Operational Risk: Es bestehen Risiken, dass aufgrund der Produktkomplexität Fehler in Prozessen, IT-Systemen oder durch menschliches Versagen entstehen Model Risk: Es ergibt sich das Risiko, dass Bewertungsmodelle fehlerhaft sind oder falsche Annahmen enthalten Market Liquidity Risk: Es besteht das Risiko, dass aufgrund illiquider Märkte, eine Handelbarkeit des Produkts erschwert wird Fazit: Die Hauptrisiken liegen im Market Risk und Operational Risk 28
29 Auswirkungen auf Prozesse und Risikomanagement Vorüberlegungen zur Modelimplementierung von Swing-Optionen Welche Marktdaten werden zur Bewertung benötigt? Handelt es sich um Börsen oder OTC gehandelte Kontrakte? Welchen Umfang haben die Trades mit dem neuen Produkt? Wie oft muss eine Bewertung stattfinden? Ist eine ad-hoc Preisberechnung notwendig? Welche Abteilungen sind an dem Geschäft beteiligt? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen eingehalten werden? Ist ein regulatorisches Reporting notwendig? Auswirkungen auf Prozesse durch die Einführung von Swing-Optionen im Risikomanagement Aktualisierung der Prozessdokumentation und des Produktkatalogs Einführung/Anpassung von Bewertungsmethoden Sicherstellung, dass Risikosteuerungsprozesse und -controllingprozesse Swing-Optionen beinhalten Überprüfung der Risikoüberwachungsprozesse und Kommunikationsprozesse Review der Limite Anpassung des Reportings Analyse anderer betroffenen Bereiche (z.b. Handel, Backoffice, Accounting etc.) und Klärung der Handhabung von Swing-Optionen Fazit: Es ist ein Review der bestehenden Prozesse insbesondere im Risikomanagement erforderlich 29
30 Bereitstellung von Marktdaten Die Einführung von Swing-Optionen erfordert die Bereitstellung folgender Marktdaten Spotpreis des Underlyings Sollte im Model das Convenience Yield berücksichtig werden, kann dies relativ einfach durch die Verwendung von Futures bzw. Forward geschehen. Damit werden folgende Marktdaten benötigt: Spotpreise der Underlyings (für mögliche Forward Kurve) Futures des Underlyings (für mögliche Forward Kurve) Interest Rates Bereitstellung von Marktdaten und Integration in Systemlandschaft muss sichergestellt werden Review bestehender Verträge mit Marktdatenanbietern und ggfs. Anpassung bzw. Abschluss neuer Verträge Fazit: Es sind Anpassungen bei der Marktdatenversorgung durchzuführen ggf. müssen zusätzliche Forward Curves implementiert oder zumindest konfiguriert werden. 30
31 Anpassungen in der IT-Landschaft Abbildung und Integration von Swing-Optionen in die Systemlandschaft, u.a. Handelssystem (Front-Office/Back-Office) Limitsystem Risikomanagementsystem Internes und externes Reporting (z.b. P&L, Value at Risk, Liquiditätsvorausschau, Stress-Testing) Accounting Modellimplementierung (Standardfunktionalität vs. eigene Rechenkerne) und Anpassung von Schnittstellen Aufgrund der Bewertungskomplexität sind Hardwareanpassungen zu erwarten (um Performance zu gewährleisten) 31
32 Anpassungen in der IT-Landschaft Beispiel: IT-Plattform eines Risikomanagementsystems Bausteine Risikoplanung Reporting Monitoring Ad-hoc-Analysen, Produkt, Portfolio etc. Bewertung Simulationen Rechenkerne Datenplattformen Datenquellen Eigene Darstellung in Anlehnung an Modernes Risikomanagement (BearingPoint) Fazit: Es sind wesentliche IT-Anpassungen notwendig 32
33 4 Resümee Zusammenfassung 33
34 Zusammenfassung New Product Process (NPP) Die Einführung neuer Produkte und Erschließung neuer Märkte macht eine risikoorientierte Betrachtung notwendig Die MaRisk liefern generische Beschreibung der inhaltlichen und prozessualen Ausgestaltung Ein institutsindividuelles NPP-Konzept hilft zur Vermeidung von Zielkonflikten und dient als Grundlage für Transparenz und Fehlervermeidung bei Finanzinnovationen Ein NPP umfasst üblicherweise folgende Kernelemente Identifizierung neuer Produkte Produktkategorisierung Produktprofil NPP-Konzept mit integrierter Risikoanalyse Testphase und finaler Report Swing-Optionen für Commodities Es besteht mit Swing-Optionen die Möglichkeit, Spikes, die Aufgrund von veränderten Verbrauchsverhalten erzeugt werden, zu hedgen Swing-Optionen sind relativ aufwendig in der Berechnung und haben daher hohe Anforderungen an die Implementierung und die zugehörige IT-Landschaft Risikoanalyse und praktische Umsetzung Die Hauptrisiken bei der Einführung von Swing-Optionen liegen im Market Risk und Operational Risk Es ist ein Review der bestehenden Prozesse - insbesondere im Risikomanagement - erforderlich Es sind Anpassungen bei der Marktdatenversorgung durchzuführen Es sind wesentliche IT-Anpassungen notwendig 34
35 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quellen: Wenn Banken Neuland betreten - Risikomanagement im Neue-Produkte Prozess: C. H. Moerler, K. Fundulus in: Die Bank, H. 10/2009: S Der Einführungsprozess neuer Produkte und Märkte - Verfahren zur Reduzierung des operationellen Produktrisikos: H. Eberl, R. Schillings, Betriebswirtschaftliche Blätter, H. 12/2006: S Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht: Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Rundschreiben 11/2010, Bonn. Informationen zum Neuproduktprozess, M. Grießinger (UniCredit, Markets & Investment Banking), 1st European Forum on Property Index November 2007, Frankfurt. Risk Analysis of a Credit Default Swap for a New Product Concept: C. Lambert, 2007, Altdorf. Valuation of Commodity-Based Swing Options: Jaillet, Ronn, Tompaidis, 2003, Management Science Energy and Power Risk Management, Eydland, Wolyniec, 2003, Wiley 35
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