Parlamentarische Anfrage des Abgeordneten zum Vorarlberger Landtag Dr. Hubert F. Kinz, Vorarlberger Freiheitliche

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1 Parlamentarische Anfrage des Abgeordneten zum Vorarlberger Landtag Dr. Hubert F. Kinz, Vorarlberger Freiheitliche Herrn Landesrat Ing. Erich Schwärzler Landhaus 6900 Bregenz Bregenz, am 9. Jänner 2013 Betrifft: Anfrage gemäß 54 GO d LT Umsetzung von geothermischer Nutzung in Vorarlberg Sehr geehrter Herr Landesrat! Energieautarkie, die Unabhängigkeit von Importen dafür ist heute in aller Munde und wird vielerorts propagiert. Da viele Gemeinden finanziell ausgeblutet sind, sucht man nach möglichen Umsetzungen. Vorarlberg ist geographisch gut für geothermische Nutzung gelegen. Dennoch zögern das Land und die dafür gegründete Tochtergesellschaft der VKW AG, konkrete Umsetzungsschritte zu setzen. Fast täglich liest man in den Medien vom derartigen Projekt in St. Gallen, bei dem nach Durchführung der 3D Seismik nun zu bohren begonnen wird. Aktuell gibt es zahlreiche Projekte in der Schweiz und Deutschland, aber auch in Österreich. Dabei gibt es nur wenige Fachfirmen, welche über geeignete Kenntnisse auf dem Gebiete der Seismik verfügen und müssen die Bohrtürme lange Zeit vorab reserviert werden. Die umfangreichen Maschinen und Materialen sind im Antransport extrem teuer. Es wäre daher ein Gebot der Stunde, die im Raume St. Gallen tätigen Firmen derart zeitnah für die Vorarlberger Vorarbeiten zu buchen, dass diese langen und teuren Anreisewege vermieden werden können. Das wäre längst überfällig. Die Kenntnisse der St. Galler Bodenverhältnisse ebenso wie das Bohrergebnis sind ohne Präjudiz für die Vorarlberger Situation. Deshalb ist es wichtig, nachzuprüfen, welche Gegebenheiten in Vorarlberg herrschen und die vorbereitenden Maßnahmen zur Erkundung des Bodens im Rahmen der von der Landesverwaltung dafür vorgesehenen Gesellschaft nun rasch zu ergreifen. Ich erlaube mir deshalb an Sie, gem. 54 der Geschäftsordnung des Landtages, nachfolgende zu richten: ANFRAGE

2 1. Wann werden seismische Bodenuntersuchungen für Geothermie in Vorarlberg und wo werden diese durchgeführt? 2. Gibt es dafür erste Kostenschätzungen? 3. Wer hat sie erstellt? 4. Auf Grund welcher Grundlagen sind sie erfolgt? 5. Welche Kontakte sind zu den in St. Gallen tätigen Firmen bereits erfolgt? Gibt es Anfragen für mögliche an St. Gallen zeitlich anschließende Tätigkeiten? 6. Wie hoch sind die bereits zur Verfügung gestellten Mittel (Gesamtvolumen) für die Geothermie in Vorarlberg? 7. Wann haben sich die zuständigen Aufsichtsräte der VKW AG damit befasst? Welche Beschlusslage ist dort gegeben? 8. Welche Anfragen an die Aufsichtsbehörde hat es für solche Projekte gegeben und welche Genehmigung der Aufsichtsbehörden ist bereits beantragt worden? 9. Welche Vorabklärungen über deren Zulässigkeit gibt es? 10. Ist sichergestellt, dass die geothermische Nutzung nur über die Landes(tochter)gesellschaft VKW AG erfolgen wird und keine ausländischen Betreiber diese Projekte erhalten können? 11. Wie ist die weitere Vorgangsweise bei den gegebenen Projekten? Ich bedanke mich im Voraus für die fristgerechte Beantwortung meiner Anfrage und verbleibe mit freundlichen Grüßen LAbg. Dr. Hubert F. Kinz

3 BEANTWORTUNG DURCH LANDESRAT ING. ERICH SCHWÄRZLER Herrn LAbg. Dr. Hubert F. Kinz Landtagsklub Vorarlberger Freiheitliche Landhaus 6901 Bregenz Bregenz, am 28. Jänner 2013 Betrifft: Umsetzung von geothermischer Nutzung in Vorarlberg Bezug: Ihre Anfrage vom 9. Jänner 2013, Zl Sehr geehrte Herr LAbg. Dr. Kinz, zu Ihrer Anfrage gemäß 54 der Geschäftsordnung des Vorarlberger Landtages nehme ich wie folgt Stellung: Vorweg ist festzuhalten, dass in den 101 enkeltauglichen Maßnahmen für die Energieautonomie Vorarlberg festgelegt ist, dass die illwerke vkw die Möglichkeiten der Nutzung der Tiefengeothermie intensiv prüft. Aufgrund dieser Prüfung ist vorgesehen, im Jahr 2014 eine Neubewertung der Situation der Nutzungsmöglichkeiten im Land Vorarlberg vorzunehmen. Laut Mitteilung der illwerke vkw hat sich die Situation der Tiefengeothermie in Mitteleuropa in den letzten Monaten verändert. Österreich ist zur Zeit, verglichen mit den Nachbarländern Schweiz und Deutschland, nur eingeschränkt ein Hoffnungsgebiet für derartige Projekte. Aktuell ergibt sich laut Auskunft der illwerke vkw folgende Situation: Rechtliche Rahmenbedingungen Die Rechtssituation in Österreich sichert bei Geothermie den betroffenen Grundstückseigentümern, verglichen mit der Situation in Deutschland und der Schweiz, erhebliche Einspruchs- und Mitbestimmungsrechte zu. Alle von der Bohrung betroffenen Grundstückseigentümer sind, ähnlich wie auch bei Tunnelvorhaben, zivilrechtlich in das Genehmigungsverfahren eingebunden.

4 - 2 - Wirtschaftliche Rahmenbedingungen In Österreich wird derzeit die Verstromung nicht über erhöhte Ökostrom- Einspeisetarife und/oder Risikoabsicherungen für die Projektbetreiber gefördert (anders ist die Situation in Deutschland über die EEG Förderung). Die Verstromung kann Volllaststunden pro Jahr und mehr aufweisen und trägt damit wesentlich zur Wirtschaftlichkeit derartiger Projekte bei. Ein Fernwärmenetz kann, selbst wenn man neben der Wärme für Heizungen eine gewisse Auslastung durch Brauchwasserbereitstellung und gegebenenfalls Kühlung berücksichtigt, kaum mehr als Volllaststunden erreichen. Ausnahmen sind bestehende, große Fernwärmenetze auf Basis von Abfallverbrennungsanlagen oder KWK- Wärmeauskopplung (wie etwa in Wien oder St. Gallen), wo die Wärmeaufbringung durch die Geothermie nur einen kleineren Teil der gesamten Nutzlast darstellt und damit ebenfalls bis zu Vollaststunden für die Wärmeseite erzielt werden können. In Österreich waren in diesem Jahrtausend zwei größerer Projekte in Planung und Ausführung (Aspern und Ried im Innkreis). Beide wurden ohne Stromauskopplung geplant. Geologische Rahmenbedingungen Bisher wurden hydrothermale Geothermieprojekte beinahe ausschließlich nur in den typischen Hoffnungsgebieten wie etwa dem Oberrheingraben, dem süddeutschen Molassebecken (wozu auch der oberösterreichische Ausläufer zählt) und den Thermenregionen durchgeführt. St. Gallen versucht, eine lokal begrenzte Störstelle im Untergrund anzubohren. Auch wir haben nach derzeitigem Erkenntnisstand nur eine solche Störstelle als Hoffnungsgebiet. Aus der Bohrung St. Gallen erwarten wir deshalb auch erhebliche Zusatzerkenntnisse bezüglich des Bohrrisikos und der Durchlässigkeit der Schichten. Die Bohrung in Aspern musste Ende Dezember 2012 in einer Tiefe von rund m wegen geologischen Problemen abgebrochen und aufgegeben werden. Die reinen Bohrkosten für diese eine Bohrung inkl. Baustelleneinrichtung betrugen rund 12 Millionen Euro. Der Bohrabbruch kam völlig überraschend, da das Bohrrisiko als sehr gering eingeschätzt wurde. Dies resultierte einerseits aus der bekanntermaßen allgemein guten Geothermiesituation im Wiener Becken (aus zahlreichen Bohrungen als Hoffnungsgebiet bekannt, wie etwa auch die oberösterreichische Thermenregion rund um das Innviertel). Zudem hat die OMV Ende des vorigen Jahrhunderts in unmittelbarer Umgebung der heutigen Bohrstelle gebohrt. In exakt derselben Tiefe in rund m, nicht einmal m entfernt vom neuen Zielpunkt, hatte die OMV Lagerstättenwasser gefunden und auch Pumpversuche durchgeführt. Das geologische Risiko wurde im Vorfeld von mehreren Geologen als sehr gering eingestuft, trotzdem hatte das Projekt erhebliche Mühe, eine Fündigkeitsversicherung abzuschließen. Es gab dazu schließlich nur einen Versicherungsanbieter. Es ist, hierzu gab es bereits Erstkontakte zu internationalen Projektentwicklern, derzeit nicht zu erwarten, dass ein Versicherungsanbieter für ein weiteres Projekt in Österreich zu gewinnen ist. Selbst St. Gallen konnte für sein Projekt das ja wie auch wir nur eine Störstelle in der Geologie anfahren

5 - 3 - will und kein großflächiges Hoffnungsgebiet darstellt trotz intensiver Suche keine Versicherung abschließen. Allerdings ist in St. Gallen für 50 % der Risikosumme der Bund eingesprungen, das restliche Risiko muss die Stadt selbst tragen. Tiefengeothermie ist auch heute noch mit erheblichen Investitionen, technischen und finanziellen Risiken behaftet. Die Technik ist noch immer in der Entwicklung. Vorarlberg ist kein klassisches Hoffnungsgebiet für Geothermie. Gerade deshalb gilt es die Risiken sehr sorgfältig zu analysieren. Dazu sollen auch die Ergebnisse aus St. Gallen für eine Bewertung herangezogen werden. Zusätzlich wird versucht, die förder- und versicherungstechnische Situation zu verbessern. Dazu gibt es Kontakte zu entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten des Bundes. Durch ein zu wenig vorbereitetes Projekt könnten die Chancen für Geothermie in Vorarlberg nachhaltig gefährdet werden. 1. Wann werden seismische Bodenuntersuchungen für Geothermie in Vorarlberg und wo werden diese durchgeführt? Laut Information der illwerke vkw wurden bereits in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Vorarlberg zahlreiche Seismikuntersuchungen und auch Bohrungen zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen durchgeführt. Diese Untersuchungen wurden und werden auch für die Geothermie-Projektbeurteilung in Vorarlberg herangezogen. Übrigens sind Erkenntnisse davon auch in St. Gallen und Liechtenstein eingeflossen, wie umgekehrt Ergebnisse aus Seismik- Untersuchungen aus diesen Regionen auch für Vorarlberg genutzt wurden. Ob und wann noch weitergehende Seismikuntersuchungen durchgeführt werden, ist derzeit noch offen. Allerdings muss erwähnt werden, dass aufgrund der Geologie in inneralpinen Lagen eine 3D-Seismik, wie etwa in St. Gallen, in Vorarlberg nicht überall möglich und zielführend ist. 2. Gibt es dafür erste Kostenschätzungen? 3. Wer hat sie erstellt? 4. Auf Grund welcher Grundlagen sind sie erfolgt? Laut Auskunft der illwerke vkw wurden für die 3D-Seismik in St. Gallen und die Vorprojektierung der Anlage und des zugehörigen Fernwärmenetzes (Erweiterung des bestehenden Netzes der Kehrrichtverbrennungsanlage) in St. Gallen ca. 10 Millionen Euro genehmigt und nach gegenwärtigem Wissensstand in etwa auch benötigt. Der spezifische Aufwand für eine Seismik-Untersuchung in Vorarlberg (z.b. Bregenz) ist aufgrund der vergleichbaren Besiedelungsstruktur sehr ähnlich einzuschätzen. 5. Welche Kontakte sind zu den in St. Gallen tätigen Firmen bereits erfolgt? Gibt es Anfragen für mögliche an St. Gallen zeitlich anschließende Tätigkeiten? Laut Mitteilung der illwerke vkw bestehen zu dem in St. Gallen und in Liechtenstein tätigen Unternehmen (DMT GmbH & Co. KG) für die Seismik-

6 - 4 - Untersuchung seit längerem Kontakte. Dieses ist der einzige Anbieter aus dem deutschsprachigen Raum, ein weiteres Gespräch über eventuell mögliche Seismik- Untersuchungen findet demnächst statt. Es wird eine internationale Ausschreibung vorbereitet. Die Vorgehensweise ist, dass die geologischen Erkenntnisse aus den Bohrungen in St. Gallen in die Ausschreibung mit einfließen. Möglichst viel Detailwissen über den Untergrund zu haben, ist entscheidend. Das negative Ergebnis aus Aspern bestätigt dies eindrücklich. Die Projektbetreiber in St. Gallen raten aus ihrer Erfahrung davon ab, zum jetzigen Zeitpunkt Kapazitäten für eine Seismik-Untersuchung zu reservieren. 6. Wie hoch sind die bereits zur Verfügung gestellten Mittel (Gesamtvolumen) für die Geothermie in Vorarlberg? Laut Information der illwerke vkw wurden bei der Illwerke-Alternativenergie GmbH seit 2009 Sachleistungen von rund Euro für Tiefengeothermie beauftragt. 7. Wann haben sich die zuständigen Aufsichtsräte der VKW AG damit befasst? Welche Beschlusslage ist dort gegeben? Laut Auskunft der illwerke vkw wurden die Aufsichtsräte in verschiedenen Sitzungen über das Thema informiert, mit dem Ergebnis, dass die Nutzung der Tiefengeothermie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse aus der Schweiz weiterverfolgt werden soll. 8. Welche Anfragen an die Aufsichtsbehörde hat es für solche Projekte gegeben und welche Genehmigung der Aufsichtsbehörden ist bereits beantragt worden? Laut Mitteilung der illwerke vkw hat es durch die Illwerke-Alternativenergie GmbH noch keine Anfragen an Aufsichtsbehörden gegeben. 9. Welche Vorabklärungen über deren Zulässigkeit gibt es? Laut Information der illwerke vkw wurde die Genehmigungssituation für eine Geothermieanlage geprüft. Nach derzeitigem Kenntnisstand dürfte ein UVP- Verfahren nicht notwendig sein. Die illwerke vkw ist auch in einem Forschungsprojekt, das von der TU Graz getragen wird, engagiert, welches sich mit Verbesserungsmöglichkeiten für Rahmenbedingungen von Tiefengeothermie- Vorhaben in Österreich befasst. 10. Ist sichergestellt, dass die geothermische Nutzung nur über die Landes(tochter)gesellschaft VKW AG erfolgen wird und keine ausländischen Betreiber diese Projekte erhalten können? Laut Auskunft der illwerke vkw ist Österreich derzeit, bedingt durch die rechtliche, fördertechnische, geologische, ökostromtarifliche und

7 - 5 - versicherungswirtschaftliche Situation, kein wirkliches Zielgebiet für Investoren. Durch den Abbruch der Bohrung in Aspern wo beste geologische Vorkenntnisse vorlagen hat sich diese Auffassung selbst für solche Hoffnungsgebiete wie das Wiener Becken bestätigt. Vorarlberg ist nach derzeitigem Untersuchungsstand kein großes Hoffnungsgebiet für hydrothermale Geothermienutzung wenn auch zwei lokal begrenzte Hoffnungsgebiete vorhanden sind. Für ausländische Betreiber sind derart lokal begrenze Hoffnungsgebiete mit nach heutigem Wissensstand erheblichem Risikopotential bezüglich Fündigkeit und Wirtschaftlichkeit bei weitestgehend fehlenden Förderungs- und Versicherungsmöglichkeiten kaum interessant. Zudem würden diesen potentiellen Projektbetreibern die Anfangsdaten fehlen, deren Erarbeitung sich für diese Interessenten kaum lohnen würde. 11. Wie ist die weitere Vorgangsweise bei den gegebenen Projekten? Laut Information der illwerke vkw werden derzeit die vorhandenen Daten hinsichtlich einer hydrothermalen Geothermienutzung in Vorarlberg aufgearbeitet und mit den möglichen Umsetzungsfirmen Gespräche geführt, um auch aufbauend auf den Erkenntnissen von St. Gallen bei einer möglichen Umsetzung das bestehende Risiko zu minimieren. Mit freundlichen Grüßen Landesrat Ing. Erich Schwärzler