Es gilt das gesprochene Wort. Meine sehr verehrten Damen und Herren,
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- Michael Hoch
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1 Einführendes Statement von Armin Knauer, Präsident des Verbandes Südwesttextil e.v., auf der Jahrespressekonferenz am 13. Juli 2010 im Hotel Steigenberger Graf Zeppelin, Stuttgart Es gilt das gesprochene Wort Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus Gründen der Aktualität möchte ich meiner wirtschaftlichen Lagebeurteilung eine spezielle positive Nachricht voranstellen: Der Verlauf der Fußballweltmeisterschaft hat unseren Unternehmen, die Fahnenstoffe herstellen und ausrüsten, eine schöne Sonderkonjunktur beschert. Ein Unternehmen berichtete uns, dass es nach dem Viertelfinalspiel der Deutschen gegen Argentinien noch kurzfristige Nachbestellungen für Fahnen in den Farben Schwarz-Rot-Gold reinbekommen habe. Aber nicht nur die Hersteller von Fahnenstoffen freuen sich derzeit über eine gute Auftragslage. Auch in nahezu allen anderen Bereichen unserer Branche erleben wir in diesen Wochen eine spürbare Aufwärtsbewegung. Das Geschäft zieht deutlich an, wie ich in meiner folgenden Lagebeurteilung ausführen möchte. Lassen Sie mich aber eines bereits vorwegnehmen: So froh wir über die positive Entwicklung sind, so groß ist zugleich die Unsicherheit darüber, ob die Trendwende wirklich nachhaltig ist. Im Einzelnen: Im Rahmen unseres vierteljährlichen Geschäftsklimaindex befragen wir unsere Mitglieder, zu denen Unternehmen der gesamten textilen Kette gehören. Spinnereien, Webereien, Ausrüstungsbetriebe und Bekleidungshersteller. Sie decken im Wesentlichen die drei Sparten Haus- und Heimtextilien, Bekleidungstextilien sowie technische Textilien ab. Nach dem zweiten Quartal 2010 ist der Index von 4,11 Punkten bei der letzten Befragung auf einen Wert von aktuell 18,53 Punkten geklettert. Damit liegt der Wert noch über dem Wert aus dem zweiten Quartal 2007, als er mit 12,58 Punkten bereits außergewöhnlich gut war. Besonders hervorzuheben ist die Zufriedenheit unserer Industrie mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Dieser Wert liegt jetzt bei 25 Punkten und war noch vor drei Monaten im negativen Bereich. Allerdings schaute man schon damals optimistisch auf das nächste Halbjahr.
2 Hauptgrund für die sehr gute Bewertung ist die Kapazitätsauslastung, die fast zwei Drittel der Unternehmen als gut angeben. Nur knapp 2,5 Prozent sagen, die Kapazitätsauslastung sei schlecht. 44 Prozent der Befragten bewertet die Umsätze im Inland mit gut. Fasst man die Bewertungen gut und befriedigend zusammen, so sind 90 Prozent der Unternehmen mit den im Inland erzielten Umsätzen derzeit zufrieden. Im Vergleich zur Erhebung nach dem ersten Quartal ist dies nochmal eine deutliche Verbesserung. Damals gaben knapp 76 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie mit ihren im Inland erzielten Umsätzen zufrieden waren. Auch mit den erzielten Auslandsumsätzen zeigen sich laut unseres Stimmungsbarometers immer mehr Unternehmen zufrieden. Werteten im April nur 18,5 Prozent der Befragten ihre Auslandsumsätze als gut, so sind dies im Juli immerhin schon 39,5 Prozent. Insgesamt gehen die Unternehmen von einer anhaltenden wirtschaftlichen Konsolidierung aus. Denn ihre Erwartungen an die wirtschaftliche Entwicklung sind auf dem gleichen guten Niveau wie bei der ersten Befragung dieses Jahres. Auch die harten statistischen Daten wie zum Beispiel die Umsatzentwicklung bestätigen den Aufwärtstrend. So weisen die ersten sechs Monate dieses Jahres ein Umsatzplus für die Textil- und Bekleidungsindustrie in Baden-Württemberg von 6,74 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aus. Auf dem Wege der Besserung sind auch die tatsächlichen Ausfuhrumsätze. Diese sind in den ersten fünf Monaten dieses Jahres um 3,1 Prozent gestiegen, womit die oben erwähnte gute Stimmungslage untermauert wird. Im Bereich der technischen Textilien, die im letzten Jahr besonders von der Krise der Automobilindustrie getroffen wurden, konnte in den ersten fünf Monaten ein Umsatzzuwachs von 7,4 Prozent erzielt werden. Der Inlandsumsatz wuchs bei den technischen Textilien sogar um 20,4 Prozent. Zu den technischen Textilien zählen Gewebe, Vliese oder Filze, die für den Automobilbau verwendet werden, textile Dämmstoffe, Geotextilien, Agrartextilien, Verpackungen oder auch Schutzbekleidung. Blicken wir nach vorne und wagen eine Umsatzprognose, dann erwarten wir in diesem Jahr für beide Branchen Textil und Bekleidung ein Umsatzplus von 5 Prozent. Für die Textilindustrie könnte der Umsatzzuwachs am Ende des Jahres sogar durchaus im zweistelligen Bereich liegen. Diese Tendenz spiegelt sich auch in dem steigenden Auftragseingang wider. Die Textilindustrie hat in den ersten fünf Monaten des Jahres im Vergleich zum Vor- 2
3 jahr ein Auftragsplus von 10,9 Prozent erzielt und die Bekleidungsindustrie ein Plus von 31,7 Prozent. In der Auslastung der Produktion ist unsere Industrie im letzten Jahr von 94,9 auf etwa 75,2 Prozent zurückgefallen. Dies ist ein Rückgang von 20,7 Prozent. Trotzdem hat die Zahl der Beschäftigten lediglich um 16,9 Prozent abgenommen. Wir haben in der Krise also rund 4 Prozent mehr Mitarbeiter an Bord gehabt als die Auftragslage erfordert hätte. In Zahlen: Ende 2009 haben wir rund Mitarbeiter in unseren Inlandsbetrieben in Baden-Württemberg beschäftigt. Dass der Beschäftigungsrückgang nicht größer ausgefallen ist, lag sicher an den massiven Bemühungen der Unternehmen, ihre Beschäftigten über das Instrument der Kurzarbeit und durch betriebliche Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit zu halten. Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch auf drei Themenfelder eingehen, die uns momentan besondere Sorgen bereiten: Da ist zum einen die Rohstoffsituation, und zwar sowohl bei der Baumwolle als auch bei der Beschaffung von Chemie- und Viskosefasern. Der Preis für die Baumwolle befindet sich auf einem Höhenflug und ist seit dem letzten Herbst um über 50 Prozent gestiegen. Da Baumwolle in US-Dollar gehandelt wird, hängen die Preise zudem vom tagesaktuellen Wechselkurs ab. Für einen starken Euro bekommt ein Einkäufer viel, für einen schwachen Euro weniger Faserballen. Gleichzeitig hat auch das Optionsgeschäft mit Baumwolle (den Cotton Futures) angezogen. Das heißt, an den Rohstoffbörsen wetten Akteure darauf, wo der Preis in Zukunft stehen wird. Bis zu 20 Prozent der Preissteigerungen sind allein auf diese Spekulationen zurückzuführen. Hinzu kommt, dass die Rohbaumwolle am Weltmarkt künstlich verknappt wird. Indien, wo fast ein Viertel der weltweit verfügbaren Baumwolle angebaut wird, hat jüngst ein Exportverbot verhängt. Pakistan belegte seine Garnausfuhren zum Schutz der heimischen Weiterverarbeiter mit einem Exportzoll. Und China, der größte Baumwollerzeuger, nahm seine Produktion massiv zurück. China exportiert im Übrigen keine Baumwolle, denn das Land ist auch weltgrößter Verbraucher und Importeur dieses für uns so wichtigen Rohstoffs. Entsprechend massiv wirkt sich diese Situation inzwischen auf unsere heimische Textilindustrie aus. Die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Fasern und Garnen schlagen auch auf die nachfolgenden Produktionsstufen durch. Zudem werden die Lieferzeiten immer länger. 3
4 Fasern wie Polyamid, Polyester oder Viskose werden nicht nur in der Bekleidung und der Heimtextilindustrie eingesetzt, sondern mit einem Anteil von knapp 60 Prozent zunehmend im Bereich der technischen Textilien. Grund für die Verteuerung im Chemiefaserbereich sind vor allem die mit dem wirtschaftlichen Aufschwung verbundenen ansteigenden Energie- und Rohölpreise. Daher wird es einerseits für unsere Betriebe in den nächsten Monaten darum gehen, überhaupt noch ihren Rohstoffbedarf zu decken zu welchem Preis auch immer. Denn das Schlimmste wäre doch, wenn eine Spinnerei aus Rohstoffmangel und eine Weberei oder Strickerei aus Garnmangel schließen müsste. Ein Hersteller hochwertiger Maschenstoffe von der Alb hat jüngst erzählt, dass er aufgrund der Rohstoffsituation jetzt eine große Lagerhalle plant, um sich dort einen eigenen Garnvorrat anzulegen aus Sorge, er könne seine Kunden in Zukunft nicht mehr zeitgerecht beliefern. Zum anderen laufen die Betriebe aufgrund der unausgeglichenen Marktsituation Gefahr, nicht mehr die Rohstoffqualitäten zu bekommen, die sie für ihr Produkt üblicherweise verwenden. Es wird also schwieriger werden, die eigenen Qualitätsansprüche zu halten und die Kontinuität des Produktes zu gewährleisten. Im Bereich der Herstellung von technischen Textilien bereitet uns neben den steigenden Rohstoffpreisen gegenwärtig auch der nochmals stärker gewordene Preisdruck auf die Lieferantenkette große Sorgen. Insbesondere im Automobilbau werden von den textilen Zulieferfirmen erhebliche Preiszugeständnisse abverlangt. Das trifft etwa die Hersteller von Airbaggeweben ebenso wie die Bandweber, die Sicherheitsgurte produzieren. Gleiches gilt für die Hersteller von Sitzbezügen oder Fahrzeuginnenverkleidungen. Für dieses Verhalten der großen Automobilunternehmen habe ich kein Verständnis. Es ist auch deshalb verwunderlich, weil sich wie wir in den letzten Tagen ja vermehrt gehört haben die Situation auf den Automärkten der Welt erheblich verbessert hat und unsere Zulieferer in der Krise noch eng mit den Herstellern zusammengerückt sind. Der Preiswettbewerb ist ohnehin schon so massiv, dass unsere textilen Zulieferer jedes Jahr rund zwei Prozent Produktivitätssteigerung erzielen müssen, um angesichts des harten Preiswettbewerbs überhaupt im Geschäft bleiben zu können. Der Druck ist natürlich gerade jetzt, wo wir auch von steigenden Rohstoffkosten belastet sind, alles andere als hilfreich. Deshalb appelliere ich an unsere Autobauer, den Zusammenhalt in der Lieferkette nicht mutwillig aufs Spiel zu setzen. Lassen Sie mich noch auf die hohen Energiekosten in Deutschland zu sprechen kommen. Das ist ein Thema, das uns leider nicht los lässt. Aber wir müssen es 4
5 immer wieder ansprechen, weil uns die Kosten nach wie vor massiv in unserer Wettbewerbsfähigkeit einschränken. Wir zahlen in Deutschland für die Energie fast die höchsten Preise innerhalb Europas, nur Italien ist geringfügig teurer. Grund dafür sind die zahlreichen nationalen Stromzusatzkosten wie die EEG-Umlage, die Stromsteuer, die Kosten für den Emissionshandel sowie die Konzessionsabgabe und die KWK-Umlage. Die Belastungen der Stromverbraucher durch das Erneuerbare-Energien-gesetz (EEG) werden im nächsten Jahr auf über 3 ct/kwh steigen und betragen damit bereits mehr als die Hälfte des Börsenpreises für Energie. Diese Zusatzbelastung ist ein klarer Standortnachteil für alle energieintensiven Betriebe. Deshalb fordern wir, dass spätestens mit der Überprüfung des EEG eine Deckelung der Fördersumme eingeführt wird analog zum Kraft-Wärme- Kopplungsgesetz. Und schließlich treiben uns die Praktiken an der Leipziger Strombörse um. Hier besteht schon seit längerem der Verdacht, dass Spekulationsgeschäfte in großem Stil verhindern, dass der Handel dort zu einem günstigen und marktgerechten Preis führt. Wenn wir hier nicht entgegenwirken, darf man sich nicht wundern, wenn energieintensive Industriezweige die Industrie auf andere Standorte außerhalb Deutschlands auszuweichen versucht. 5
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