Leitlinien zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße im Saarland
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- Ingelore Neumann
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1 Leitlinien zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße im Saarland 1. Vorbemerkung Am 3. Dezember 2009 tritt die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl L 315 S. 1, im Folgenden: Verordnung) in Kraft. Diese Verordnung gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Eine rechtzeitige Anpassung des deutschen Personenbeförderungsgesetzes PBefG vor Inkrafttreten der Verordnung konnte aufgrund divergierender Bewertungen nicht erreicht werden. Obwohl die Verkehrsministerien der Länder versucht haben, eine in Grundzügen einheitliche Vorgehensweise und Interpretation der bestehenden Gesetzeslage in den Ländern zu erarbeiten, konnten in einigen Bereichen lediglich mehrheitliche Grundpositionen der Länder erzielt werden. Soweit das nationale Recht der Verordnung entgegensteht, hat die Verordnung Anwendungsvorrang. Das nationale Recht ist daher im Lichte des Gemeinschaftsrechtes auszulegen, um festzustellen, welche Vorschriften des PBefG von der Verordnung verdrängt werden und wie sachgerechte Verfahrensabläufe sichergestellt werden können. Dies ist erforderlich, um die Rechtsunsicherheit für Verkehrsunternehmen, Aufgabenträger des ÖPNV und die Genehmigungsbehörde möglichst weitgehend zu reduzieren. Auf der Grundlage der gemeinsamen Positionen der Länder zur Anwendung der Verordnung hat das Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft des Saarlandes in Abstimmung mit der VGS Verkehrsmanagement Gesellschaft Saar mbh als Genehmigungsbehörde nachfolgende Leitlinien für die Anwendung der Verordnung im Saarland erarbeitet. Diese Leitlinien sollen eine möglichst rechtssichere einheitliche Anwendung des neuen Rechts im Saarland gewährleisten. Sie sind für die Genehmigungsbehörde
2 2 verbindlich und sollen Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen als Handlungsempfehlungen dienen. 2. Anwendungsbereich der Verordnung Die Verordnung greift nur dann ein, wenn die öffentliche Hand intervenieren möchte, insbesondere durch finanzielle Ausgleichsleistungen zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen. Soweit und solange Verkehrsleistungen ohne Kompensation durch die öffentliche Hand erbracht werden (kommerzielle Verkehre), greift die Verordnung nicht ein. Die Gewährung ausschließlicher Rechte im Sinne der Verordnung sieht das deutsche Recht gegenwärtig nicht vor. Aus verfassungsrechtlicher Sicht wäre hierfür als Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) eine Gesetzesgrundlage erforderlich. Die Linienverkehrsgenehmigung nach 13 PBefG stellt kein ausschließliches Recht für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen in diesem Sinne dar. Die Verordnung gilt für den Bereich des öffentlichen Personenverkehrs. Hierunter fallen Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden. Nicht betroffen sind daher grundsätzlich freigestellte Schüler- und Werksverkehre. Bei Sonderformen des Linienverkehrs ( 43 PBefG) ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Verkehrsleistungen für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei erbracht werden. 3. Zuständigkeit Zuständige Behörden im Sinne der Verordnung sind die Aufgabenträger des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nach 5, 6 und 7 ÖPNV-Gesetz des Saarlandes. Dies sind derzeit das Land für den Schienenpersonennahverkehr sowie für den übrigen ÖPNV die Landkreise, der Zweckverband Personennahverkehr auf dem Gebiet des Regionalverbandes Saarbrücken, der Zweckverband Personennahverkehr Saarland, sowie die Städte Saarbrücken und Völklingen. Darüber hinaus kann zuständige Behörde im Sinne der Verordnung auch eine Gruppe von Behörden sein.
3 4. Kommerzielle Verkehre 3 Der in 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG festgelegte Rechtsgedanke, wonach Verkehrsleistungen im ÖPNV vorrangig ohne öffentliche Mittel zu betreiben sind, gilt auch weiterhin. Kommerzielle Verkehre haben demnach wie bisher Vorrang vor Verkehren, die im Rahmen öffentlicher Dienstleistungsverträge vergeben werden. Die Verordnung kennt kommerzielle und nichtkommerzielle Verkehre (vgl. Erwägungsgrund 5 der Verordnung), hat aber deren Verhältnis nicht geregelt. Insoweit gilt mangels vorrangigen europäischen Rechts der Rechtsgedanke des 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG fort. Nur wenn eine ausreichende Verkehrsbedienung durch kommerzielle Verkehre nicht möglich ist, können die Aufgabenträger im Sinne der Verordnung intervenieren und einen nichtkommerziellen Verkehr veranlassen. Der Begriff kommerzieller Verkehr ist jedoch nicht identisch mit dem Begriff eigenwirtschaftlicher Verkehr ( 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG). Kommerzielle Verkehre, die nicht im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags vergeben werden, sind - unabhängig von Rechtsform oder Trägerschaft des Verkehrsunternehmens - Verkehrsleistungen, die grundsätzlich ohne öffentliche Mittel betrieben werden. Verkehrsdienstleistungen sind auch dann als kommerziell anzusehen, wenn sie neben Fahrgeldeinnahmen finanziert werden durch - Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr ( 45a PBefG), - Ausgleichsleistungen für die unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten ( 145 SGB IX) oder - Beihilfen nach primärem Gemeinschaftsrecht nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung. Dies gilt auch dann, wenn Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen auf Grundlage allgemeiner Vorschriften nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung gewährt werden. Dies betrifft insbesondere die Ausgleichsleistungen für verbundbedingte Nachteile im saarländischen Verkehrsverbund saarvv (Ausgleich von Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverlusten). Hierzu haben die im Saarland zuständigen Aufgabenträger die Höchsttarife diskriminierungsfrei für alle öffentlichen Personenverkehrsdienste derselben Art festgelegt und gewähren den Betreibern des ÖPNV eine Ausgleichsleistung für die finanziellen Auswirkungen auf die Kosten und Einnahmen, die auf die Erfüllung dieser tariflichen Verpflichtung zurückzuführen sind.
4 4 Bei kommunalen Unternehmen, die sich im Rahmen eines Querverbundes finanzieren, ist grundsätzlich kein kommerzieller Verkehr gegeben. 5. Beihilferechtliche Fragen Die beihilferechtliche Verantwortung tragen die Aufgabenträger. Das BVerwG hat in seinem Urteil vom C ausgeführt, dass die Genehmigungsbehörde nicht die Beihilfenkonformität zu überprüfen hat. Die VGS führt daher keine inhaltliche Prüfung des Beihilfe- oder Vergaberechts durch, sondern sieht sich an den vom Aufgabenträger abgeschlossenen öffentlichen Dienstleistungsauftrag gebunden, sofern dieser nicht den öffentlichen Verkehrsinteressen widerspricht. Die Prüfung der geringsten Kosten nach 13 a PBefG entfällt, da keine Auferlegung im Sinne der früheren EG-Verordnung 1169 stattfindet. Die beihilferechtliche Zulässigkeit einer Ausgleichsleistung richtet sich nach Art. 4 und 6 und dem Anhang zur Verordnung. Nicht mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbarende Ausgleichszahlungen können von den Zuwendungsempfängern zurückgefordert werden. Die Aufgabenträger müssen insbesondere eine übermäßige Ausgleichsleistung vermeiden (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung). Deutschland hat von der Möglichkeit nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Gebrauch gemacht, allgemeine Vorschriften über die finanzielle Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die dazu dienen, Höchsttarife für Schüler, Studenten, Auszubildende und Personen mit eingeschränkter Mobilität festzulegen, aus dem Anwendungsbereich der Verordnung auszunehmen. Im Bereich des Straßenpersonenverkehrs betrifft dies die Ausgleichsleistungen für den Ausbildungsverkehr nach 45a PBefG sowie für die Beförderung Schwerbehinderter nach 145 SGB IX. Mit Schreiben vom 18. März 2009 hat der Bund diese Vorschriften als Nichtbeihilfe bei der Europäischen Kommission notifiziert; das Verfahren ist derzeit jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Aufgabenträger im Saarland haben auf dieser Grundlage im Anwendungsbereich des saarvv allgemeine Vorschriften über die finanzielle Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Bereich Ausbildungsverkehr, Schwerbehindertenbeförderung und Semesterticket festgelegt.
5 6. Vergabe 5 Der Aufgabenträger ist Behörde im Sinne der EU-Verordnung 1370/2007 als Nachfolge- VO der VO 1191/69 ( 5 Abs. 4 ÖPNVG-Saarland) und somit für den Abschluss öffentlicher Dienstleistungsaufträge sowie deren Finanzierung zuständig. Es wird auf der Grundlage der in Art. 8 der Verordnung enthaltenen Übergangsregelung den Aufgabenträgern empfohlen, ab dem 3. Dezember 2009 im Interesse der Rechtssicherheit bei neuen Dienstleistungsaufträgen die neuen Vergaberegeln der Verordnung anzuwenden. Zur Sicherung der Daseinsvorsorge durch die Aufgabenträger mit vertretbaren finanziellen Mitteln ist im neuen Ordnungsrahmen eine Verzahnung von kommerziellen und nicht kommerziellen Verkehren durch Bündelung von Linien zu empfehlen. Die Zusammenfassung von Linien zu Linienbündeln soll dabei die Voraussetzung für eine wirtschaftliche, kundengerechte und betrieblich sinnvolle Verkehrsgestaltung sowohl im Hinblick auf die derzeit geübte Organisations- und Finanzierungspraxis im ÖPNV als auch im Hinblick auf die Vergabe von Nahverkehren im Wege des Wettbewerbs schaffen. Da sich weder aus wirtschaftlicher Sicht noch aus Gründen der Verkehrsintegration die Größe der zu bildenden Linienbündel eindeutig bestimmen lässt, empfiehlt es sich, zur Erstellung eines Linienbündelungskonzepts die vielfältigen Möglichkeiten, Netze oder Teilnetze zu definieren, systematisch zu untersuchen. Abzuwägen ist hierbei die - Bildung verkehrlicher Einheiten (Netz) - Bildung betrieblicher Einheiten (Betrieb) - Bildung wirtschaftlicher Einheiten (Wirtschaftlichkeit) - Berücksichtigung mittelständischer Interessen (Wettbewerb). Durch Bündelung von kommerziellen und nicht kommerziellen Linien kann somit der erforderliche finanzielle Ausgleich durch den Aufgabenträger gemindert werden. Darüber hinaus ermöglicht eine Linienbündelung eine leichtere Handhabung der Vergabe nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung. Bei den Linienbündelungskonzepten ist die Laufzeit bestehender Genehmigungen auf ein gemeinsames Datum zu fixieren. (Beispiel: Es bestehen die Genehmigungen L1 (kommerzieller Verkehr) bis , L2 (nicht kommerzieller Verkehr) bis und L3 (nicht kommerzieller Verkehr) bis Die drei Linien sollen
6 6 zu einem Linienbündel zusammengefasst und durch den Aufgabenträger mit Wirkung ab dem vergeben werden. Deshalb erteilt die Genehmigungsbehörde die Genehmigungen für L1 und L2 nur bis zum ). Die Linienbündelungskonzepte sind als verbindliche Bestandteile in die Nahverkehrspläne aufzunehmen, damit sie die Genehmigungsbehörde gemäß 7 PBefG rechtsverbindlich berücksichtigen kann. Sofern nicht das allgemeine Vergaberecht anzuwenden ist und keine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung erfolgt, müssen die öffentlichen Dienstleistungsaufträge in einem wettbewerblichen Verfahren vergeben werden, das allen Betreibern offen steht, fair ist und den Grundsätzen der Transparenz und Nichtdiskriminierung genügt (Art. 5 Abs. 3 der Verordnung). Der Aufgabenträger gewährleistet, dass das von ihm gewählte Verfahren diesen Voraussetzungen entspricht. Orientierung für Aufgabenträger bieten die im allgemeinen Vergaberecht normierten Vergabeverfahren (offenes Verfahren, Verhandlungsverfahren, wettbewerblicher Dialog) und die vergaberechtlichen Grundsätze. 6.1 Öffentliche Dienstleistungsaufträge Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden wie folgt vergeben: a) Handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen oder Straßenbahnen im Sinne der Vergaberichtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG, greifen die Regelungen des Art. 5 Abs. 2 bis 6 der Verordnung nicht (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Verordnung). Es gilt das allgemeine Vergaberecht ( 97 ff. GWB, VgV, VOL/A). In der Regel ist eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen ( 3 Abs. 1 VOL/A). Darüber hinaus können sog. Inhouse -Geschäfte nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil des EuGH vom 18. November 1999, Rs. C- 107/98, Teckal; Urteil des EuGH vom 13. November 2008, Rs. C-324/07, Coditel) ohne Ausschreibung vergeben werden. b) Ist der Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien nicht eröffnet, insbesondere wenn der vergaberechtliche Schwellenwert (derzeit ) unterschritten wird oder es sich um eine Dienstleistungskonzession handelt, sind öffentliche Dienstleistungsaufträge nach den Vorschriften des Art. 5 Abs. 2 bis 6 der Verordnung zu vergeben.
7 7 6.2 Dienstleistungskonzessionen Dienstleistungskonzessionen sind Vertragskonstellationen, bei denen die Gegenleistung nicht in einem vorher festgelegten Preis sondern in dem Recht besteht, die zu erbringende eigene Leistung zu nutzen oder entgeltlich zu verwerten. Wesentliches Kennzeichen einer Konzession ist, dass der Konzessionär ganz oder zum überwiegenden Teil das wirtschaftliche Nutzungsrisiko trägt. Bei reinen Bruttoverträgen (Einnahmen verbleiben beim Aufgabenträger) wird regelmäßig keine Dienstleistungskonzession vorliegen; bei reinen Nettoverträgen (Einnahmen verbleiben beim Verkehrsunternehmen) wird eine solche zu bejahen sein. Mischformen, wie Nettoanreizverträge, sind im Einzelfall anhand der wirtschaftlichen Risikoverteilung zu beurteilen. Kriterien für die Ausgestaltung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages als Dienstleistungskonzession: Es muss ein Nettovertrag oder Nettoanreizvertrag vorliegen, bei dem - die Fahrgelderlöse dem Verkehrsunternehmen zustehen, - der Zuschussbetrag des Aufgabenträgers an das Verkehrsunternehmen weitgehend fix ist, - das Verkehrsunternehmen die wirtschaftliche Entwicklung der von ihm durchzuführenden Verkehrsdienstleistungen bei Vertragsabschluss zu kalkulieren und zum überwiegenden Teil für die Richtigkeit dieser Prognose sowie für zukünftige Änderungen der Ertragslage einzustehen hat, - die Fahrgeldeinnahmen die Ausgleichsleistungen überwiegen, - dem Unternehmen selbständige Handlungsspielräume bei Angebots- und Tarifgestaltung zugestanden werden, - das Risiko des wirtschaftlichen Verlustes nicht durch eine Ausfallbürgschaft oder durch die Übernahme eines Verlustrisikos abgedeckt wird. Hier gilt, dass, ähnlich wie bei der Co-Finanzierung, zumindest der überwiegende Teil eines solchen Verlustes beim Verkehrsunternehmen bleiben muss, da es sonst an der entsprechenden Übernahme des wirtschaftlichen Risikos mangelt, - das Verkehrsunternehmen nicht nur oder nicht überwiegend Zwangskunden zu befördern hat, - das Verkehrsunternehmen seitens des Aufgabenträgers keine feste laufende Vergütung erhält, die vom wirtschaftlichen Erfolg des Konzessionsnehmers bei der Erbringung der Dienstleistung unabhängig ist. Eine Dienstleistungskonzessi-
8 8 on ist bei Zahlung einer festen laufenden Vergütung zu verneinen, wenn der Konzessionsnehmer dann kein wirtschaftliches Risiko übernimmt; - auch bei der Finanzierung im steuerlichen Querverbund das überwiegende wirtschaftliche Risiko beim Unternehmer verbleibt, weil Verluste nicht vollständig ausgeglichen werden. 6.3 Direktvergabe an einen internen Betreiber Hinsichtlich der Direktvergabe an einen internen Betreiber nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung ist zu beachten, dass der interne Betreiber und jede andere Einheit, auf die dieser Betreiber einen auch nur geringfügigen Einfluss ausübt, ihre öffentlichen Personenverkehrsdienste nur innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde ausführen dürfen. Ausgenommen sind abgehende Linien und sonstige Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter Aufgabenträger führen. Diese Ausnahmevorschrift ist eng auszulegen. Abgehende Linien berühren die Direktvergabe regelmäßig dann nicht, wenn der überwiegende Teil der Verkehrsleistung im Innenbereich erbracht wird und das befriedigte Verkehrsinteresse mehrheitlich dem Innenbereich zuzurechnen ist. Im Fall der Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung ist der interne Betreiber bei Unteraufträgen verpflichtet, den überwiegenden Teil des öffentlichen Personenverkehrsdienstes selbst zu erbringen. 6.4 Direktvergabe aufgrund von Schwellenwerten Nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung können Aufgabenträger öffentliche Dienstleistungsaufträge, die bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten, direkt vergeben. Für kleine und mittlere Unternehmen, die nicht mehr als 23 Fahrzeuge betreiben, gelten höhere Schwellenwerte. Die angegebene Anzahl an Fahrzeugen bezieht sich auf alle Fahrzeuge, die unmittelbar der Personenbeförderung dienen, jedoch keine sonstigen Betriebsfahrzeuge oder privaten Pkw.
9 9 7. Ablauf des PBefG-Genehmigungsverfahrens nach Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1370/2007 zum 03. Dezember 2009 Für das Genehmigungsverfahren bei Linienverkehren nach 42, 43, 52, 53 PBefG im Saarland gelten analoge Verfahrensregelungen wie in Rheinland-Pfalz, um Verkehrsunternehmen, die Nahverkehrsleistungen in beiden Bundesländern erbringen, durch eine abgestimmte Verwaltungspraxis eine einheitliche Anwendung des neuen Rechts und damit Verfahrenserleichterungen zu ermöglichen. In dem als Anlage beigefügten Ablaufschema sind das Genehmigungsverfahren sowie ggf. von den ÖPNV-Aufgabenträgern durchzuführende Vergabeverfahren im jeweiligen zeitlichen und kausalen Ablauf dargestellt. Für diese Verfahren werden die folgenden Festlegungen getroffen: - Das deutsche Linienverkehrsgenehmigungsrecht nach PBefG besteht unbeschadet der EU-Verordnung fort. Die Erteilung einer Liniengenehmigung durch die VGS ist weiterhin erforderlich. Anträge sind frühestens 12 Monate vor Auslaufen einer Genehmigung zu stellen. - Bereits vor dem erteilte Genehmigungen genießen Bestandsschutz nach 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG. Verkehrsverträge bleiben unter den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung gültig. - Liegen mehrere kommerzielle Anträge vor, führt die VGS einen Genehmigungswettbewerb durch. Das Genehmigungsverfahren muss im Sinne eines wettbewerblichen Verfahrens den Grundsätzen der Offenheit für alle Unternehmen, der Fairness und der Transparenz genügen. Die Entscheidung hat sich an den Kriterien der öffentlichen Verkehrsinteressen, in Konkurrenzfällen an der besseren Verkehrsbedienung auszurichten. - Die VGS beteiligt bei Vorliegen von Linienanträgen im Rahmen des Anhörverfahrens nach 14 PBefG den Aufgabenträger. Dieser kann dann Stellung nehmen, ob er die bisherige Verkehrsbedienung für ausreichend hält. Grundlage sind die Festlegungen im Nahverkehrsplan oder in neueren Rats-/ Kreistagsbeschlüssen. Grundsätzlich stützt sich die VGS bei ihrer wertenden Entscheidung wesentlich auf die Festlegungen zu Tarif, Fahrplan und Integration der Angebote im Nahverkehrsplan. Da die Aufgabenträger vor dem Hintergrund der ihnen durch die Verordnung gegebenen Handlungsoptionen stärker einzubinden sind, werden durch die VGS Rats- oder Kreistagsbeschlüsse, die letztlich auf eine Änderung
10 10 des Nahverkehrsplanes hinauslaufen und substantiiert auf Vorhandenes aufbauen, im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums berücksichtigt. - Die VGS setzt im Falle der beabsichtigten Ausschreibung/Vergabe durch den Aufgabenträger verfahrensleitende Fristen für die Abgabe kommerzieller Anträge. Solche Anträge sind innerhalb von 3 Monaten nach der Veröffentlichung der Vergabeabsicht zu stellen. Die VGS setzt im Rahmen eines Genehmigungswettbewerbs den Unternehmen eine 2-wöchige Frist nach Einleitung des Anhörverfahrens, innerhalb derer diese eine einmalige Nachbesserung ihres Angebotes einreichen können. - Die VGS erteilt die Genehmigung nach 13 PBefG, auch für gemeinwirtschaftliche Verkehre auf der Grundlage von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen. - Die Höchstlaufzeit der Liniengenehmigung beträgt gemäß 16 Abs. 2 PBefG weiterhin 8 Jahre. 8. Besondere Hinweise - Die beihilferechtlichen Vorgaben der Verordnung gelten zwingend ab dem Es gilt daher: - Jede Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift oder einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag gewährt wird, entspricht den in Art. 4 der Verordnung festgelegten Anforderungen. - Jede Ausgleichsleistung hinsichtlich eines direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder einer allgemeinen Vorschrift unterliegt darüber hinaus den Regelungen des Anhangs. - Die vergaberechtlichen Vorgaben sollen nach dem Willen des EU- Verordnungsgebers schrittweise bis eingeführt werden. Das bedeutet, die Aufgabenträger müssen die neuen Vergabevorschriften noch nicht sofort ab dem anwenden, sie können es aber. Es wird auf der Grundlage der in Art. 8 der EU-Verordnung enthaltenen Übergangsregelung den Aufgabenträgern jedoch empfohlen, ab dem 3. Dezember 2009 im Interesse der Rechtssicherheit bei neuen Dienstleistungsaufträgen im Saarland die neuen Vergaberegeln der Verordnung anzuwenden. - Soweit der kommunale Aufgabenträger die Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens beabsichtigt (Art. 5 Abs. 3 EU-VO), hat er diese Absicht gemäß den Vorgaben in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung spätestens ein Jahr vor Einleitung des
11 11 Verfahrens im EU-Amtsblatt zu veröffentlichen. Da das Vergabeverfahren selbst regelmäßig 1 Jahr vor Aufnahme des Verkehrs begonnen werden sollte, ist die Ankündigung der Vergabeabsicht in der Regel ca. 2 Jahre vor Verkehrsbeginn zu publizieren. Ist zu diesem Zeitpunkt nicht klar, ob die Kriterien für eine Dienstleistungskonzession erfüllt sind, und liegt der vergaberechtliche Schwellenwert über z.zt EURO, wird in der Vergabeankündigung die Vergabeabsicht auf der Basis der Richtlinie 2004/18/EG empfohlen. - Bei Durchführung einer Direktvergabe genügt gemäß Art. 7 Abs. 2 die Veröffentlichung 1 Jahr vor der konkreten Vergabe. - Die Aufgabenträger haben nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung erstmals spätestens zum und dann jährlich einen Gesamtbericht über die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die ausgewählten Betreibern eines öffentlichen Dienstes sowie die diesen Betreibern zur Abgeltung gewährten Ausgleichsleistungen und ausschließlichen Rechte öffentlich zugänglich zu machen (nichtkommerzielle Verkehre). Die VGS wird zentral die Meldungen der einzelnen Aufgabenträger auf ihrer Webseite einstellen, so dass die Aufgabenträger lediglich mittels einer Verlinkung auf ihren Webseiten auf die Webseite der VGS verweisen müssen. - Die beabsichtigte Erteilung eines Dienstleistungsauftrags soll der VGS zur Kenntnis gegeben werden (vgl. 8 Abs. 3 S. 1 PBefG). Beim Abschluss von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen sollten die Aufgabenträger diese von der Erteilung einer Liniengenehmigung auflösend bedingt abhängig machen. - Es wird empfohlen, die Finanzierungsvereinbarung an die Laufzeit der bestehenden Genehmigung anzupassen. 9. Rechtsschutz Gegen Entscheidungen der Genehmigungsbehörde ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ( 40 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Unabhängig hiervon ist der Rechtsschutz gegen die Vergabeentscheidung des Aufgabenträgers. Die Frage nach dem Rechtsweg beurteilt sich im Einzelfall nach den allgemeinen Vorschriften ( 13 GVG, Art. 19 Abs. 4 GG für die allgemeine Zivilgerichtsbarkeit; 40 VwGO für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
12 10. Geltungsdauer 12 Diese Leitlinien gelten bis zu einer Anpassung des nationalen Rechtsrahmens durch den Bundesgesetzgeber an die EU-Verordnung. Saarbrücken, den 15. September 2009 Der Minister für Wirtschaft und Wissenschaft Joachim Rippel Anlage: Ablaufschema
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