Durchsetzung von Sekundärzielen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge
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- Alexander Kerner
- vor 8 Jahren
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1 Durchsetzung von Sekundärzielen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge IHK Düsseldorf, Rechtsanwalt Dr. Hendrik Röwekamp Kapellmann und Partner Rechtsanwälte, Düsseldorf Kapellmann und Partner Rechtsanwälte
2 Primäre Zwecke des Vergaberechts: Wirtschaftliche Beschaffung/möglichst sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung Sicherung eines fairen/chancengleichen und transparenten Wettbewerbs Sekundäre Zwecke: Politische Sachziele wie die Verbesserung der Umweltbedingungen, soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung von Männern und Frauen, Förderung von Auszubildenden, Integration von Migrantinnen und Migranten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Förderung von Innovation sog. vergabe-/beschaffungsfremde Zwecke 2
3 Verfolgung sekundärer Zwecke wird bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte grds. als zulässig und auch erwünscht angesehen: Vgl. Erwägungsgrund 33 zur Richtlinie 2004/187EG sowie Art. 26 VKR: Die öffentlichen Auftraggeber können zusätzliche Bedingungen für die Ausführung des Auftrags vorschreiben, sofern diese mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben werden. Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags können insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen. 3
4 97 Abs. 4 Satz 2 GWB: Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. Zur Berücksichtigung von Energieverbrauch und Umweltauswirkungen bei der Beschaffung von Waren siehe insbes. 4 Abs. 4 ff. VgV. 4
5 Für Vergaben unterhalb der Schwellenwerte finden sich Regelungen zur Verfolgung von Sekundärzielen in diversen Landesgesetzen und ministeriellen Runderlässen, siehe in NRW: RdErl. zur Berücksichtigung von Aspekten des Umweltschutzes und der Energieeffizienz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vom Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen, vgl. 1: Zweck dieses Gesetzes ist es, einen fairen Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Sozialverträglichkeit, Umweltschutz und Energieeffizienz sowie Qualität und Innovation der Angebote zu fördern und zu unterstützen. 5
6 Nach 17 TVgG NRW sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, bei der Vergabe von Aufträgen Kriterien des Umweltschutzes und der Energieeffizienz zu berücksichtigen: im Rahmen der Bedarfsanalyse/ Bestimmung des Beschaffungsgegenstandes bei der Beschreibung des Auftragsgegenstandes im Rahmen der Eignungsprüfung bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots als zusätzliche Bedingung für die Ausführung des Auftrags Nach 18 TVgG NRW dürfen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge keine Waren angewendet werden, die unter Missachtung der in den ILO-Kernarbeitsnormen festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind. 6
7 Nach 19 TVgG NRW sollen bei Auftragsvergaben Aspekte der Frauenförderung/ Vereinbarkeit von Beruf und Familie berücksichtigt werden. Nach 4 TVgG NRW dürfen Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe verpflichten, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Ausführung des Auftrags wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die durch einen für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder eine nach den 7 oder 11 des AEG erlassene Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden ( Tariftreuepflicht ). 7
8 Sinnhaftigkeit von Sekundärzwecken: 1. Innovationspotential des öffentlichen Auftragswesens Auftragsvergabe führt zu technologischen / sonstigen (z.b. sozialen) Neuerungen Chance für Gesamtwirtschaft 2. Notwendige Absicherung von sozialen Mindeststandards 3. Berücksichtigung von Kriterien der Nachhaltigkeit 8
9 Kritik: 1. Einschränkung des Leistungsbestimmungsrechts des Auftraggebers Nach der Rechtsprechung etwa des OLG Düsseldorf (vgl. Beschl. v VII-Verg 42/09) ist die Festlegung des Beschaffungsgegenstandes der ausschließlichen Bestimmung durch den öffentlichen Auftraggeber unterworfen, der genauso wie Private allein die Art der zu vergebenden Leistung und den Auftragsgegenstand bestimmt. Entschließt er sich zur Beschaffung, ist er frei in seiner Entscheidung, welchen Auftragsgegenstand er für erforderlich oder wünschenswert hält. 9
10 Gesetzliche Regelungen zur Berücksichtigung von Sekundärzielen schränken Auftraggeber bei Festlegung des Auftragsgegenstandes ein. 2. Berücksichtigung von Sekundärzwecken kann zur Einschränkung des Wettbewerbs und zur Verteuerung/ Verzögerung der Beschaffung führen 3. Erhöhter Vergabeaufwand bei verringerten personellen Ressourcen 4. Gefahr der Intransparenz/ fehlenden Kontrollierbarkeit und Sanktionierbarkeit; Begründung von Rechtsunsicherheiten 10
11 Fazit: Die Durchsetzung von Sekundärzielen bei der öffentlichen Beschaffung von Waren und Leistungen muss den primären Zwecken des Vergaberechts nicht widersprechen, sondern kann diese je nach Gegenstand der Beschaffung sogar sinnvoll ergänzen. Die Vergabepraxis benötigt aber praktikable Leitlinien/ Arbeitshilfen, um unangemessenen Mehraufwand, zeitliche Verzögerungen oder Rechtsunsicherheiten bei der Auftragsvergabe zu vermeiden. Dies gilt insbesondere, wenn ihr die Berücksichtigung von Sekundärzwecken gesetzlich vorgeschrieben wird. Potentielle Bieter sollten durch die Berücksichtigung von Sekundärzwecken nicht abgeschreckt/ in ihren Möglichkeiten unnötig beschränkt werden. 11
12 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Hendrik Röwekamp Rechtsanwalt Stadttor Düsseldorf Telefon: +49 (0) Telefax: +49 (0) hendrik.roewekamp@kapellmann.de Kapellmann und Partner Rechtsanwälte
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