2 Grundlagen der Bilanzierung nach HGB
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- Lucas Beckenbauer
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2 12 2 Grundlagen der Bilanzierung nach HGB zusätzlich geschützt. Dieses Schutzbedürfnis besteht bei in der Haftung nicht beschränkten Unternehmen in dieser Form nicht, da die grundsätzliche Möglichkeit existiert, neben der Gesellschaft auch die dahinterstehenden Gesellschafter direkt in Anspruch zu nehmen. Für sämtliche Unternehmen und Einzelkaufleute ist das dritte Buch des HGB ( 238 bis 263 HGB) einschlägig. Daneben ist für haftungsbeschränkte Gesellschaften und Konzerne der zweite Abschnitt des Dritten Buchs des HGBs ( 264 bis 335b HGB) von zentraler Bedeutung. Zusätzlich sind ebenfalls die rechtsformspezifischen Gesetze (u.a. GmbH-Gesetz, Aktiengesetz, Genossenschaftsgesetz) für die jeweiligen Rechtsformen zu beachten. Große Personengesellschaften und Einzelunternehmen können ggf. aufgrund des Publizitätsgesetzes mit vergleichbaren Normen wie Kapitalgesellschaften belegt werden. Da große Kapital- und Personengesellschaften eine erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung aufweisen und auf ein breites Interesse der Öffentlichkeit stoßen, haben sie sich anspruchsvollen und weiterreichenden Rechnungslegungsvorschriften zu unterwerfen. In der Praxis sind die Grenzen zwischen den einzelnen Gesetzen und Büchern des HGBs fließend. So besteht für in ihrer Haftung nicht beschränkte Gesellschaften beispielsweise kein Gliederungsschema für Bilanz und GuV. Dieses existiert nur für haftungsbeschränkte Gesellschaften. Allerdings richtet sich die Praxis regelmäßig auch bei haftungsunbeschränkten Gesellschaften an den in den 266 und 275 HGB niedergelegten Gliederungsschemata aus und nimmt eine entsprechende Gliederung vor. Die zentralen Rechnungslegungsvorschriften sind sowohl in den einfach gesetzlichen Kodifizierungen des HGB sowie den rechtformspezifischen Einzelgesetzen (AktG, GmbHG etc.) als auch in gewohnheitsrechtlichen Bestimmungen, Unternehmen ohne Haftungsbeschränkung Unternehmen mit Haftungsbeschränkung Einzelunternehmen/PersG mit natürlicher Person als Vollhafter PersG ohne natürliche Person als Vollhafter GmbH AG/KGaA HGB, Drittes Buch, Erster Abschnitt ( ) HGB, Drittes Buch, Zweiter Abschnitt ( b) PublG ( 5) GmbHG ( 41 42b) AktG ( ) Abb.9: Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
3 2.4 Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses 13 die sich durch ständige Anwendung herausgebildet und manifestiert haben (Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung; GoB), niedergelegt. Gesetze sind als Teil der deutschen Gesamtrechtsordnung abstrakt-generelle Regelungen, die für eine Vielzahl von Lebenssachverhalten für eine Vielzahl an Personen gelten. Sie werden durch den formellen Gesetzgeber im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen und binden die betroffenen Personen unmittelbar. Der Gesetzgeber ist für den Erlass der Normen zuständig, da er durch die Regelungen in die Rechte der Betroffenen eingreift und ihre Vermögensposition verändert bzw. beeinträchtigt (bspw. Handelsbilanz als Basis für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage). Die GoB als unbestimmter Rechtsbegriff sind auslegungsbedürftig. Sowohl die im Gesetz niedergelegten und beschriebenen GoB (kodifizierte GoB) als auch die im Gesetz genannten, aber nicht explizit beschriebenen GoB (nichtkodifizierten GoB) dienen zum einen der Fortentwicklung der Rechnungslegung und halten das Gesetz für neuere Entwicklungen der Praxis offen. Zum anderen sieht der Gesetzgeber bei zu extensiver Anwendung der GoB den Interessenschutz der Koalitionäre des Unternehmens in Gefahr, weshalb die GoB durch Rechtsprechung, Literatur und die Fachvertreter standardisiert, vereinheitlicht und weiterentwickelt werden. Zu den GoB zählen auch die deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS). Der Gesetzgeber vertritt bei den DRS die grundsätzliche Auffassung, dass die Regelungen für den Einzelabschluss aufgrund des Interessenschutzes durch die Gesetze und GoB ausreichend detailliert sind, die Konzernrechnungslegungsvorschriften allerdings nur rudimentär ausgebildet und niedergelegt sind. Da der Konzernabschluss allerdings nur eine reine Informationsfunktion übernimmt und schutzwürdige Interessen Dritter in den Hintergrund treten, können mit der entsprechenden gesetzlichen Genehmigung Regelungen zur Konzernrechnungslegung durch ein privatrechtliches Gremium Handelsgesetzbuch HGB Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Deutsche Rechnungslegungsstandards (DRS) Weitere gesetzliche Kodifizierungen Dies sind beispielsweise Alle Gesellschaften die zur Jahresabschlusserstellung verpflichtet sind Aktiengesetz GmbH Gesetz Publizitätsgesetz International Financial Reporting Standards (IFRS) Alle Gesellschaften, die die erweiterten gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Einzelgesetze erfüllen Abb.10: Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
4 14 2 Grundlagen der Bilanzierung nach HGB erlassen werden. Die DRS sind somit Regelungen zur Konzernrechnungslegung, die durch ein privatrechtliches Standardsetting-Gremium (DRSC) erlassen werden und denen die Qualität von GoB beigemessen wird. Sie sind bei der Konzernabschlusserstellung grundsätzlich vollständig zu beachten. Daneben spielen auch, sofern diese einschlägig sind, Kaufmannsbräuche (z.b. Tegernseer Gebräuche) für die Rechnungslegung eine wichtige Rolle. In der praktischen Arbeit ist eine Vielzahl an Rechtsquellen bei der Abschlusserstellung zu berücksichtigen. Neben diesen zivilrechtlichen Normen kommen des Weiteren noch die öffentlich rechtlichen Normen der Steuergesetze ggf. zur Anwendung. Größenklassen des 267 HGB und des 1 PublG Neben der Rechtsform des Unternehmens ist auch die Größe des Unternehmens ein zentraler Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften. Die Unternehmensgröße hat damit wesentlichen Einfluss auf den Detaillierungsgrad der Rechnungslegung. Das Gesetz knüpft die Größenbestimmung an die drei messbaren Kriterien Bilanzsumme Umsatzerlöse Durchschnittliche Arbeitnehmerzahl. Die absoluten Werte können dem Schaubild entnommen werden. Überschreitet das Unternehmen an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen zwei der drei genannten Größenkriterien, wird die nächste Größenstufe erreicht und die Rechnungslegungsvorschriften damit detaillierter und umfassender. Der Grundgedanke dieser Regelung liegt in den vorherrschenden Machtverhältnissen innerhalb der Unternehmen. Diese Machtverhältnisse können ent- Größenklassen des 267 HGB und des 1 PublG Größenklasse Kleine Kap.Ges/atyp.PhG Mittelgroße Kap.Ges/atyp.PhG Große Kap.Ges/atyp.PhG Rechtsgrundlage Bilanzsumme in Mio. Umsatzerlöse in Mio. Arbeitnehmer durchschnittliche Zahl 267 Abs. 1 HGB 4,84 9, Abs. 2 HGB > 4,84 und 19,25 >9,68und 38,5 > 50 und Abs. 3 HGB > 19,25 > 38,5 > 250 Für die Klassifikation ist regelmäßig entscheidend, ob an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei der drei vorstehenden Kriterien vorliegen 267 Abs. 4 HGB. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften gelten stets als große Kapitalgesellschaft ( 267 Abs. 3 HGB). Großunternehmen 1 PublG > 65,0 > 130,0 > Für die Klassifikation ist regelmäßig entscheidend, ob an drei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei der drei vorstehenden Kriterien vorliegen ( 1 Abs. 1 PublG). Abb. 11: Größenklassen
5 2.4 Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses 15 sprechend der Unternehmensgröße unterschiedlich ausgeprägt sein. Während bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen eine personelle Einheit (Identität) aus Unternehmensleitung und Unternehmenseigentum besteht, liegt diese Einheit bei großen Unternehmen meist nicht vor. Hier werden regelmäßig Fremdorgane für die Unternehmensleitung bestellt; die Gesellschafter/Aktionäre werden meist keine Funktion in der Unternehmensleitung einnehmen. Die Einteilung der Unternehmen in die unterschiedlichen Größenklassen, soll diesem Umstand Rechnung tragen und die Interessen der Gesellschafter und der weiteren Stakeholder gegenüber der Unternehmensleitung durch verschärfte Regelungen schützen. So haben mittelgroße und große Gesellschaften u.a. ihre Bilanz und GuV tiefer zu untergliedern ( 266, 275 HGB) und ihren Jahresabschluss durch einen unabhängigen Abschlussprüfer prüfen zu lassen ( 316 ff. HGB). Des Weiteren muss der Jahresabschluss beim elektronischen Bundesanzeiger offengelegt werden ( 325 ff. HGB). So soll die Vermögensposition der Anteilseigner, die ihre Ressourcen der Unternehmensleitung zur Verfügung überlassen, vor schadensstiftenden Managementverhalten geschützt werden. Das Management muss somit standardisiert Rechenschaft über das unternehmerische Verhalten ablegen. Den Anteilseigner werden auf der anderen Seite Informationen eingeräumt, um über eine Fortsetzung des Engagements des Managements zu entscheiden. Diese Informationen liegen der Unternehmensleitung regelmäßig frühzeitig vor, allerdings besteht für das Management kein Anreiz, diese Informationen an die Eigentümer weiterzugeben, inbesondere wenn diese negativ für sie sind. Da diese Macht- bzw. Informationsasymmetrie bei kleineren Gesellschaften regelmäßig nicht vorliegt und die Anwendung dieser Regelungen diese Unternehmen unverhältnismäßig i.s.d. Kosten-Nutzen-Postulats belasten würde, sieht das Gesetz für sie gewisse Erleichterungen in den genannten Bereichen vor. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Da der Gesetzgeber das formelle Gesetz im Rahmen der Rechnungslegung möglichst schmal halten möchte, bedient er sich der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Diese werden durch die Rechtsprechung, die Literatur und die ständige Übung fortwährend weiterentwickelt. Durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung kann sich die Rechtsauslegung an die Fortentwicklung des Bilanzrechts anpassen. Gründe für den Einsatz unbestimmter Rechtsbegriffe sind somit: die Interpretation und Auslegung von Rechtsfragen, das Ausfüllen von Gesetzeslücken, die Ergänzung von gesetzlichen Freiräumen.
6 16 2 Grundlagen der Bilanzierung nach HGB Rahmengrundsätze Richtigkeit Vollständigkeit Klarheit Bilanzkontinuität Wesentlichkeit Sachliche Richtigkeit und rechnerische Richtigkeit. In der Bilanz sind sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden zu erfassen ( 246 Abs. 1 HGB). Sachlich unterschiedliche Posten dürfen nicht zusammengefasst und in einer Position ausgewiesen werden ( 243 Abs. 2 HGB). Für aufeinanderfolgende Abschlüsse ist die Darstellungsform beizubehalten ( 265 Abs. 1 HGB). Entscheidungsrelevanz für Anlageentscheidungen der Investoren. Abb.12: Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) Rahmengrundsätze Man unterscheidet die induktive Fortentwicklung, durch die sich die Auslegung an die praktische Handhabung in der Praxis anpasst, und die deduktive Fortentwicklung, durch die die Auslegung des Rechtsbegriffs an den Zielen des Gesetzes orientiert ist. Das Ziel des Gesetzes (teleologische Rechtsfortbildung) wird bezogen auf das Recht der Rechnungslegung in 264 Abs.2 HGB gesehen, wonach der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung werden als unbestimmter Rechtsbegriff immer dann im Gesetz ausdrücklich erwähnt, wenn der Interessenschutz der Außenstehenden in Gefahr scheint, z.b. in 238 Abs. 1, 239 Abs. 4, 243 Abs. 1, 256, 264 Abs. 2 HGB, 5 Abs. 1 EStG). Inhaltlich handelt es sich um Regeln, nach denen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen sind und der Jahresabschluss darzustellen ist. Man unterscheidet Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zur Bestimmung der formellen Ordnungsmäßigkeit, z.b. systematischer Aufbau der Buchführung (Richtigkeit, Übersichtlichkeit, Zeitgerechtheit, Zeitfolgegemäßheit, Geordnetheit),
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