Mädchenpolitik der Berufsberatung. PD Dr. Helga Ostendorf
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- Beate Blau
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1 Mädchenpolitik der Berufsberatung PD Dr. Helga Ostendorf
2 Mädchenpolitik der Berufsberatung Relevanz und Aufgaben der Berufsberatung Fragestellung und Vorgehensweise der Untersuchung Ergebnisse Aktuelle Reform der Bundesagentur Ausblick
3 Anteil der Mädchen in männlich dominierten metall- und elektrotechnischen Berufsausbildungen in % 1977 (insges.) 2006 (neue Verträge) Industrie- u. Handel Metallberufe Elektroberufe Handwerk Metallberufe Elektroberufe Copyright: H. Ostendorf 0,1 0,5 0,1 0,2 4,1 5,1 1,7 1,4
4 Fragestellungen 1. Warum vermittelt die Bundesagentur so wenige Mädchen in gewerblich-technische Berufe? 2. Warum vermitteln unterschiedliche Agenturen verschieden viele Mädchen in diese Berufe, obwohl die Agenturen doch alle zentral aus Nürnberg geleitet werden?
5 Theoretische Zugänge Wesen des Staates Staat als Männerbund Staat als Patriarch Staat als Vielfalt von Diskursarenen Erklärung des Handelns der Staatsapparate Rahmentheorie politischer Institutionen Neuer Institutionalismus Organisationstheorien Advocacy-Koalitionsansatz Wissenspolitologie Wesen von Mädchen und Frauen Differenztheorie Konstruktionstheorie
6 Ergebnisse (1) 1. Die Berufsberatung bremst die Erschließung geschlechtsuntypischer Berufe für Mädchen. 2. Die Berufsberatung steuert das Geschlechterverhältnis, indem sie am Resonanzboden der Adoleszenz anknüpft. 3. Die BA monopolisiert das Wissen der Beratungsfachkräfte. Diese haben Defizite hinsichtlich der Zukunftsaussichten von Berufen, der Laufbahn- und Karriereberatung, der Eignung von Mädchen für Jungenberufe und der Wünsche von Mädchen.
7 Wichtige Merkmale (DJI-Jugendsurvey 2003, 16- bis 23-Jährige; Noten 1-6)) Einen sicheren Arbeitsplatz haben Ein gutes Betriebsklima Interessante Tätigkeit Selbstständig arbeiten können Genügend Zeit für die Familie Hohes Einkommen Gute Aufstiegsmöglichkeiten Leitungs- und Führungsaufgaben Viel Freizeit Anderen helfen m 5,7 5,4 5,4 5,2 4,9 4,9 4,8 4,4 4,4 4,1 w 5,7 5,6 5,5 5,2 5,0 4,6 4,7 4,3 4,2 4,7 Quelle: Cornelißen, Waltraud; Gille, Martina: Lebenswünsche junger Menschen und die Bedeutung geschlechtsstereotypischer Muster. In: Zeitschrift für Frauenforschung & Geschlechterstudien 4/2005, S. 58.
8 Damenschneider/-in Immer dem jeweiligen Modetrend angepasst, werden Stoffe ( ) und zahlreiches modisches Zubehör verarbeitet. Sowohl bei Neuanfertigungen als auch bei Änderungen gehören eine individuelle Kundenberatung, exakt errechnetes Zuschneiden ( ) zu den Aufgaben. Werkzeugmechaniker/-in Mit hoher Maßgenauigkeit werden die Produkte in Handarbeit oder maschinell nach Muster oder Zeichnungen hergestellt. Alle Arbeiten werden in Einzelfertigung von den Werkzeugmechanikern selbstständig ausgeführt. Quelle: BA: Beruf Aktuell, Ausgabe 2001/2002, S. 73 u. 159.
9 Regelungen / Gesetze / Vorschriften Chemische / synthetische Stoffe / Kunststoffe Menschen Zeichen- / Schreibgeräte Quelle: BA: Baustoffe
10 Den Mädchen wichtige berufliche Bedingungen und die Meinung der BerufsberaterInnen dazu BB Mädchen BB Mädchen BB Mädchen BB Mädchen BB Mädchen BB Mädchen Nette KollegInnen Sichere Beschäftigungschancen Möglichkeiten zum Wiedereinstieg Aufstiegschancen Finanzielle Unabhängigkeit Viel Kontakt m. Menschen 0% 20% 40% 60% 80% 100% sehr wichtig teils/teils nicht so wichtig
11 Die wichtigsten Informationsquellen der BerufsberaterInnen ibv CoBer Dienstbesprechungen Erlasse Materialien aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung BA-interne Fortbildungen Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Beiträge aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Praxiskontakte (Betriebe, Schulen, Kammern usw.) Tagespresse, Magazine, Bekanntenkreis Fachbücher, die nicht von der BA herausgegeben werden Fachzeitschriften, die nicht von der BA herausgegeben werden Fachtagungen/Kongresse Fortbildungen anderer Träger 0% 20% 40% 60% 80% 100% sehr häufig öfters manchmal selten nie
12 Ergebnisse (2) 4. Berufsberatungen, in denen die BeraterInnen häufiger als anderswo Kontakte zu Betrieben haben und ihr individuell gewonnenes Erfahrungswissen häufig untereinander austauschen, vermitteln mehr Mädchen in geschlechtsuntypische Berufe. 5. Die Berufsberatung ignoriert politische Vorgaben der Bundesregierung(en) und handelt häufig entgegengesetzt dazu.
13 Ergebnisse (3) 6. Die Berufsberatung ist eine verselbstständigte Organisation, die keiner demokratisch legitimierten Kontrolle unterliegt.
14 Reformen Verringerung der Nachfrage von 2,1 Mio. 2002/03 auf 1,6 Mio. 2005/06. 80% der Anliegen sollen durch ein Call-Center erledigt werden. Verringerung der Zahl der Beratungsfachkräfte (1994: 3.660; 2002/03: 2.800; 2006: 2.700). Einführung eines Bachelor-Abschlusses anstelle eines FH-Diploms. Berufsausbildung und Erwerbstätigkeit sind keine Voraussetzungen mehr für die Aufnahme des Studiums. BerufsberaterInnen suchen die Betriebe nicht mehr auf und haben daher keine Informationen mehr über das Geschehen in den Betrieben.
15 Handlungsprogramme und Programmziele Marktkunden Beratungskunde Aktivieren Beratungskunde Fördern Beratungskunde Fördern Betreuungskunde Zügige Vermittlung bei größtmöglicher Eigenaktivität des Bewerbers Perspektivenänderung: Entwicklung von Engagement, Motivation und realisierbarer beruflicher Alternativen Abbau von Ausbildungshürden: Ermittlung und Beseitigung von Vermittlungshemmnissen im Umfeld des Bewerbers Qualifizierung: Anpassung und Entwicklung von Kenntnissen und Fertigkeiten für die angestrebte Ausbildung Schaffung der Voraussetzungen für eine berufliche Ausbildung
16
17 Handlungsprogramme Erst wird der Kunde konstruiert, dann wird er nach diesem Konstrukt erzogen. ( ) Beratung reduziert sich in diesem Kontext auf eine direktive Interaktion zur Annahme der in den Handlungsprogrammen angelegten Handlungsschritte seitens des Kunden. Quelle: Bender, Gerd u.a.: Organisatorischer Umbau der Bundesagentur für Arbeit -Evaluationsbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), Saarbrücken 2006, S. 181: der massnahmen hartz arbeitspaket 2g.html
18 Vorbild: privatwirtschaftliche Holding Zentrale strategische Steuerungsinstanz Regionaldirektionen erfolgsverantwortliche Regionalunternehmen Agenturen unternehmerische Filialen Quelle: Verschiedene Papiere der BA, zitiert nach Bender u.a. 2006, a.a.o., S. 58.
19 Evaluation der Organisationsreform Die neue BA beansprucht, ( ) einen Beitrag zur Dezentralisierung geleistet zu haben. Paradoxerweise sehen die Arbeitsagenturen ihren Handlungs- und Entscheidungsspielraum eingeschränkt wie nie zuvor und sich auf den Status von Filialbetrieben zurückgestuft ( ). Die Systemstrukturen der Steuerung haben die Agenturen in ihrer geschäftspolitischen Substanz gleichsam entmachtet. Die BA verkennt, dass die Ressource für dringend notwendige Innovationen nicht allein im Planungsapparat einer Zentrale verortet werden kann, sondern dass hierfür Erfahrung und Kreativität ihrer Praktiker vor Ort aktiviert werden müssen. Quelle: Bender u.a. 2006, a.a.o., S. 97f.
20 Windows of Opportunity Das privatwirtschaftliche Auftreten der BA wurde zurechtgestutzt: Die BA ist kein privatwirtschaftlicher Betrieb und hat daher gegenüber der Bundesregierung keine weitergehenden Rechte als eine öffentlich-rechtliche Verwaltungseinrichtung, die nicht mitgliedschaftlich organisiert ist (Sozialgericht Nürnberg ). Die BA muss - wieder - neu organisiert werden: Arbeitsgemeinschaften gemäß 44b SGB II (Jobcenter) widersprechen dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung von Bund und Kommunen. Der Gesetzgeber muss bis zum eine Neuregelung treffen (Bundesverfassungsgericht ). 64% der Landkreise lehnen eine Zusammenarbeit mit der BA in Form einer gemeinsamen Organisation ab (Hesse u.a. Nov. 2007: 7).
21 Mädchen in männlich dominierten metallund elektrotechnischen Ausbildungen Durchschnittliche jährliche Steigerungsraten des Mädchenanteils in %-Punkten 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05 0-0, Copyright: H. Ostendorf
22 Anforderungen an eine mädchengerechte Berufsberatung 1. Entrümpelung der Handlungsabläufe und Informationsmaterialien vom Leitbild der Geschlechterdifferenz! 2. Aktualisierung des Wissens der Beratungsfachkräfte und vermehrte Berufsforschung! 3. (Re-)Organisation der Berufsberatung: Ermöglichung und Gewährleistung einer responsiblen Beratungstätigkeit! 4. Demokratisch legitimierte Kontrolle der Berufsberatung! Vielen Dank! Veröffentlichungen der Referentin:
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