Grüne Gentechnik Weg in die Zukunft oder ins Verderben? 1 Prof. Dr. Bernd Müller-Röber MPI - MP
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1 Grüne Gentechnik Weg in die Zukunft oder ins Verderben? 1 Prof. Dr. Bernd Müller-Röber MPI - MP
2 Verwendung von Pflanzen P f l a n z e n Tiere für die menschliche Ernährung (Nahrungsmittel) für die industrielle Nutzung (Holz, Öl, Ethanol, Baumwolle, etc.) 2
3 Begrenztes Ackerland steigende Weltbevölkerung bebaubares Land weltweit begrenzt ha pro Kopf ha pro Kopf ha pro Kopf -> die Richtung nachhaltige Sicherstellung und Intensivierung der Pflanzenproduktion ist vorgezeichnet Nahrungspflanzen versus stoffliche Verwertung 3
4 Umweltveränderungen: Wasserknappheit, Trockenheit Quelle: 4 Und andere Probleme: Veränderung von Pathogenspektren Erhöhung der Nachttemperatur: Abnahme von Fertilität, Ertrag Einfluss auf stoffliche Zusammensetzung, Ertrag
5 Verbesserte Biomasseproduktion durch gezielte Pflanzenzüchtung Erhöhte Biomasseproduktion durch Veränderung der photomorphogenetischen Reaktion (R/FR-System) Erhöhte Photosynthese; Optimierte Photoperiode; Optimierte Kronen-/ Blattarchitektur Pathogenresistenzen; Kälte-/Trockentoleranz; Blütensterilität Regulierte Dormanz; Verzögerte Blattalterung Leicht prozessierbare Cellulose, Hemicellulose, Lignin; zielgerichtete Biomasse-Zusammensetzung und wertgesteigerte Chemikalien Bessere Kohlenstoff- Verteilung: Stammdurchmesser vs. Höhenwachstum Reduktion des Wurzelsystems: Maximierung der oberirdischen Biomasse; Optimierte Stickstoffaufnahme und - nutzung 5 Q: Ragauskas et al. (2006) Science, 311, ; verändert
6 Genomanalyse: Identifizierung von Genen Jede Pflanze hat Gene Zellwachstum, Zellteilung Stoffwechsel Transkription Verteidigung, Alterung zelluläre Kommunikation nicht klassifiziert weitere Funktionen Was ist die Funktion dieser Gene? Wie koordinieren sie das pflanzliche Wachstum? Wie Ackerschmalwand tragen sie zu Reis, Mais, Gerste, Kaffee,... agronomisch relevanten Eigenschaften (Arabidopsis thaliana) bei? 6
7 Sequenzierung pflanzlicher Genome Brachypodium distachyon Manihot esculenta (Cassava) Gossypium (cotton) Populus trichocarpa (poplar) Mimulus guttatus Aquilegia formosa Arabidopsis lyrata Capsella rubella Sorghum spp. Physcomitrella patens (moss) Arabidopsis thaliana Oryza sativa (rice) Vitis vinifera (grapevine) Carica papaya (papaya) temperate grass; model for energy plants important food crop; grows under diverse conditions great relevance for e.g. textile industry model tree; compact genome ecological and evolutionary studies; speciation studies ecological and evolutionary studies same genus as A. thaliana; speciation studies same order as A. thaliana; tropical crop; C4 photosynthesis simple morphology; homologous recombination possible molecular and genomics model plant (dicot) important crop; C3 photosynthesis wine production nutritional benefits and medicinal applications 7 Einige Pflanzengenome sehr groß: Sequenzierung genreicher Regionen oder aktiver Genabschnitte
8 Ultraschnelle Sequenzierung Enorme Steigerung der Sequenziergeschwindigkeit! Neue Gene können gefunden werden, z.b. in Wildarten. Wird unser Wissen über Gene und ihre Varianten wesentlich vertiefen! 8
9 Zahlreiche Technologien zu Charakterisierung molekularer und biochemischer Prozesse qrt-pcr mrna Genchips Genomsequenzierung Proteine Mass spec: Metabolite 9
10 Breeding by Design: Hochdurchsatz-Phänotypisierung Automatische Bestimmung unterschiedlicher Wachstumsparameter: Wachstumsrate Größe der Pflanzen Anzahl der Blätter Abstand der Blätter Wachstumsarchitektur anhand von genetischen Varianten: Identifizierung von lead genes z.b. LemnaTec CropDesign Metanomics
11 Smart Breeding genomische Nutzung natürlicher Diversität Unterschiedliche Varianten (Allele) von Genen sind entscheidend für Leistung, Fitness und Evolution Identifizierung von Loci und Genen Kreuzung, z.b. mit Elite-Linie Transcriptome Proteome Metabolome Population Informatik Qualität Ernährung Agronomische Merkmale
12 Präzisionszüchtung (Smart Breeding) Wenn man die Funktion eines Gens kennt, kann man rascher und zielgerichteter züchten. Wichtig: die Funktion eines Gens wird heute fast ausschließlich mittels grüner Gentechnik ermittelt.
13 Smart Breeding: Überflutungstoleranz beim Reis Identifizierung des Sub1 Gens: 10 Jahre Arbeit Sub1 Chr. 9 RM316 RM219 RM524 tolerant RM6051 Sub1C Sub1B Sub1A RM434 RM242 RM107 RM215 Sub1C Sub1B empfindlich Sigrid Heuer, IRRI
14 Smart Breeding: Überflutungstoleranz beim Reis Identifizierung des Sub1 Gens: 10 Jahre Arbeit Sub1 Chr. 9 RM316 RM219 RM524 tolerant RM6051 Sub1C Sub1B Sub1A RM434 RM242 RM107 RM215 Die grüne Gentechnik leistete einen ERHEBLICHEN Beitrag zur Identifizierung dieses Gens!!! Sub1C Sub1B empfindlich Nur durch grüne Gentechnik konnte die Funktion des Gens eindeutig gezeigt werden. Sigrid Heuer, IRRI
15 Sub1: macht Reis überflutungstolerant Samba Samba-Sub1 Samba Samba Samba-Sub1 submergence for 17d IRRI, DS 2007 Samba Samba-Sub Q.: Sigrid Heuer
16 Identifizierung wichtiger Gene durch Pflanzengenomik Hier: basierend auf Aktivierung von Genen nach Trockenstress (multi-parallele quantitativer RT-PCR >2.200 TFs, ~400 weitere Gene Caldana et al., 2007; Ruzicic et al., nicht publ. Auswahl von Genen für pflanzliche Optimierung
17 Verbesserung der Toleranz gegenüber Trockenheit Ausgangspflanze optimierte Pflanze 17 Reis Hier: Gentechnik Alternativ: Smart Breeding
18 Einblick in wichtige regulatorische Netzwerke Neue Kandidaten für Optimierungsansätze
19 Cis-gene Pflanzen: Gezielte Optimierung arteigener Gene Gene, Genbestandteile, etc. arteigenen Ursprungs Aber: Technisch relevante Enzyme nicht integrierbar zurück übertragene (eigene) DNA Pflanze mit neuen Eigenschaften z.b. für Kartoffel berichtet (Rommens et al.); lat. cis, diesseitig zukünftige Entwicklung noch offen Modified from:
20 Steigerung der pflanzlichen Biomasse Biomasse-Gene Ausgangspflanze genetisch modifizierte Pflanze Modellpflanze: Ackerschmalwand Veränderung eines pflanzeneigenen Gens führt zu erhöhter Biomasse
21 Umfangreiches Methodenspektrum für die moderne Pflanzenzüchtung Gentechnik Vergleichende Genomforschung Plastidentechnologie Ultraschnelle Sequenzierung Copyright: rkm.com.au Somatische Hybridisierung Smart Breeding Lycopersicon Lycopersicon pennellii esculentum 21
22 Spektrum möglicher Veränderungen Aminosäuren, Öl-Zusammensetzung, Öl-Gehalt, modifizierte Stärke (veränderte Verzeigungsmuster, veränderte Phosphatgehalte), Fruktane in, langkettige PUFAs, Vitamin E, Carotin / Provitamin A, Zeaxanthin, Flavonoide, Indolglucosinolate, andere sekundäre Pflanzenstoffe (z.b. Coffein), Pathogenresistenzen verbesserte Trocken-, Salz- Phytophthora-Resistenz und Kältetoleranz, in reduzierter N-Bedarf,... Kartoffel Golden Rice 2011 Philippinen Verbesserte K-Aufnahme in Baumwolle, China Trockentoleranter Mais, 2012 Reis mit verbesserter Überflutungstoleranz, Asien
23 Nachwachsende Rohstoffe Pflanzenoptimierung Verarbeitung pflanzlicher Biomasse
24 Lignocellulose: die am meisten vorhandene Biomasse 24 Besser angepasste Pflanzen und neue Ansätze in der Biotechnologie könnten helfen, den Zugang zu diesem Biomaterial zu verbessern Lignin komplex, variabel, hydrophob, resistent gegenüber chemischem und enzymatischem Abbau
25 Schlussfolgerungen Grüne Gentechnik ist essentiell für die Identifizierung und Charakterisierung neuer Gene von agrarischer Relevanz. Zunehmend werden Gene identifiziert, die das Wachstum der Pflanzen, ihre Toleranz gegenüber problematischen Umweltbedingungen und Fraßfeinden oder ihre stoffliche Zusammensetzung beeinflussen. Moderne Pflanzenzüchtung verfolgt einen integrativen Ansatz: Smart Breeding, genomische Selektion, Gentechnik, Cisgen-Technologie. 25
26 Schlussfolgerungen Es wäre unangemessen, dabei auf die jeweils beste Methode (oder Kombination von Methoden) zu verzichten. Welches Verfahren sinnvoll ist, muss sich am Züchtungsziel orientieren sowie an der Verfügbarkeit geeigneter Gen-Sequenzen. Genetische Varianten (egal, wie gewonnen) müssen im Feld getestet werden. Sortentests werden auch nicht im Labor durchgeführt. 26 Grüne Gentechnik: alles andere als ein Weg ins Verderben; vielmehr ein sehr hilfreiches und sinnvoll einsetzbares Verfahren in Kombination mit anderen Methoden der Pflanzenzüchtung um die Züchtungsziele der Zukunft zu erreichen.
27 27 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
28 28
29 Ein Dilemma Natur (im Sinne von großer Biodiversität) versus Uniformität (einheitlich wachsende und abreifende, hohen Ertrag liefernde Pflanzen für die Ernährung und energetische oder stoffliche Biomasse-Nutzung) 29 Pieter Bruegel der Ältere, biodieselworld.net/images_beitraege/rapsfeld img2.allposters.com/images/lpipod/bn9552_3-fb
30 Forschungsrichtungen in der modernen Pflanzenzüchtung Funktionelle Genomforschung, Genomsequenzierungen Neue Werkzeuge: Genomik, Proteomik, Metabolomik,... Mehr Biomasse: vegetatives Wachstum Sicherere Biomasse: erhöhte Stresstoleranz Modifizierte / neue Pflanzen Grüne Fabriken Nährwert, FF: Fettsäuren, Vitamine,... Bessere und neue Polymere: Stärke, Zellwand, Lignin, Cyanophycin, PHA,... Besserer Zugriff auf Biomasse: Zellwand- oder Lignin-abbauende Enzyme PMPs - Plant-made Pharmaceuticals: Wachstumshormone, Antikörper,... PMIPs - Plant-made Industrial Proteins: Laccase, Lactoferrin, Spinnenseidenprotein,... Erweiterung des Spektrums nutzbarer Pflanzenarten
31 Nachhaltige Lösungen schaffen Ökonomie N a c h h a l t i g k e i t Ökologie Soziale Akzeptanz Balance zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialer Akzeptanz lokal, regional, global
32 Nachhaltige Lösungen schaffen Hohe und stabile Erträge, geringer Herbizid- und Pestizideintrag, bessere Düngerverwertung, Kosten für Saatgut, Diesel, Transport N a c h h a l t i g k e i t Biodiversität Ökosystem-Stabilität geringer Wasserverbrauch geringe Bodenerosion geringer Herbizid-/Pestizideintrag optimierte Düngerverwertung Nahrungsmittelqualität, Preise, Passfähigkeit zu lokalen Anbau- und Essgewohnheiten, Ernährung vs. technischer Verwendung
33 Künstliche Selektion hat den heutigen Mais hervorgebracht Teosinte nicht abgereift gute Samenverbreitung reife Samen moderner Mais, mit essbaren Körnern
34 34 Vielfalt durch Züchtung
35 P f l a n z l i c h e B i o m a s s e Genomforschung / Systembiologie genetische Optimierung neue Enzyme (pilzlich, bakteriell) Anbau /Ernte Consumer Products - neue stoffliche Eigenschaften - verbesserter Aufschluss - erhöhte Trockentoleranz - gesteigerte Biomasse Aufarbeitung, Ligninspaltung, Fermentation, Biotransformation, chemische Analytik und Synthese Biomaterialien (Fein- und Basischemikalien, pharmarelevante Metabolite und Proteine, technische Enzyme) neue Enzyme neue Chemie 35 Stoffkreisläufe Life Cycle Assessment Life Cycle Costing
36 Agrobacterium tumefaciens als Gen-Ingenieur T-DNA Chromosom Ti-Plasmid T-DNA Kern Tumor- Induktion Chromosom Agrobacterium tumefaciens Transformierte Pflanzenzelle Wurzelhalsgalle Taiz & Zeiger, Plant Physiology
37 Gentransfer: mittels Agrobacterium tumefaciens Callus Tabakblatt, in kleine Scheiben geschnitten, in Agrobacterium - Suspension inkubiert
38 Die Bioraffinerie als Konzept für die Zukunft Nachhaltigkeit
39 Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen 2008: 125 Mio. ha weltweit 13,3 Mio. Landwirte in 25 Ländern bauen GVP an (davon sind 12 Mio. kleine, ressourcenarme Bauern) Soja, Mais, Baumwolle, Raps (ISAAA, 2007;
40 Metabolomics in Lotus spp. unter Salzstress Si O O Si O N Si O O Si O Si (q t_msri_id _eigtms_142) M000040_A _METB-METB_ _TRUE_Glucose, D- (1MEOX) (5TMS) Diego H. Sanchez, AG Kopka GC-TOF L. japonicus Gifu Salz-behandelt Kontrolle
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