Bin ich Dir wichtig? Die Paarbeziehung als Bindung und Emotionally Focused Couple Therapy (EFT)
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- Max Baumgartner
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1 Symposium: Bindung, Beziehung und Gesundheit. Aalen, 5. Februar 2011 Bin ich Dir wichtig? Die Paarbeziehung als Bindung und Emotionally Focused Couple Therapy (EFT) Prof. Dr. Christian Roesler Psychol. Psychother., Psychoanalytiker (C.G.Jung-Institut Zürich) Professur für Klinische Psychologie und Arbeit mit Familien Katholische Hochschule Freiburg
2 Bindungstheorie und Paarbeziehung Bindungstheorie bei Kindern wissenschaftlich hoch ausdifferenziert und empirisch gut bestätigt (z.b. Grossmann & Grossmann 2004, Brisch et.al. 2006) neu: Anwendung der Bindungstheorie auf Erwachsene (Strauss et.al. 2002), zahlreiche Meßinstrumente (AAI, BFPE, BoBi u.a.) Paarbeziehung ist eine Bindungsbeziehung emotionale Abhängigkeit in Beziehungen ist etwas Normales und Gesundes Suche nach emotionaler Sicherheit beim Partner (ein sicherer Hafen, z.b. bei Belastungen, Stress usw.) emotionale Basis, von der aus Exploration möglich
3 Paarprobleme als Störung der Bindung Paarprobleme werden als Ausdruck einer Unterbrechung der Bindungsbeziehung konzeptionalisiert (v. Sydow 2002, Johnson 2006) es haben Verletzungen von Bindungsbedürfnissen stattgefunden Partner finden keine Bindungssicherheit mehr beim anderen Streit unter Partnern als Ausdruck davon, daß Partner keine Verbindung mehr zum anderen bekommen und sich emotional abgetrennt fühlen (beim Kind: Protest gegen Unterbrechung der Bindung)
4 John Gottmann (1994): Entscheidende Rolle des negativen Affekts unzufriedene Paare: negativer Affekt dominiert ihre Äußerungen in verschiedenen Bereichen können negative Sequenzen nicht verlassen Hörer bezieht sich vor allem auf die negative Affektkomponente (= negative Reziprozität) häufig schon Beginn von Interaktionen mit stark negativem Affekt (startup) Ausbreitung: negative Sequenzen rauben den Partnern im Alltag mehr Freude Dazu gehören folgende Verhaltensweisen: Kritik, Verachtung, Abwertung, Stonewalling (Schweigen, Rückzug) Gottmann bestätigt, daß EFT die konsequente Umsetzung seiner Forschungsergebnisse darstellt (Johnson, S; Gottmann, J. et.al. 2003)
5 Beziehungsgefährdung Individuum/Partner Lebensgesch. erworbene Vulnerabilitäten/Ressourcen Neurotizismus Depression/psych. Befinden Bindungserfahrungen Scheidung d. Eltern eigene Scheidung Bildungsstand Berufsausbildung Werte/Ziele Berufl. Aufstiegsorientierung Kirchl. Bindung Ehe der Eltern als Vorbild Kognitiv-emotional-soziale Regulation Äußere Faktoren/Stressoren Kritische Lebensereignisse Leben in Großstadt Wohnung bei Eltern Berufl. u. Alltagsstress Arbeitslosigkeit Kinder aus Vorehen in Familie Geringes Einkommen Dyadisches Coping Paarinteraktion Interaktionsverhalten Pos./neg. Reziprozität Entwertung/Gewalt Materielle Ressourcen Berufl. Stellung Soziale Stellung Einkommen Beziehungsqualität Zufriedenheit in der Paarbeziehung Erlebte Gemeinsamkeit Investitionen Kinder Eigene Immobilie Ehedauer Beziehungsstabilität Kommunikationskompetenz Problemlösefertigkeiten Offenheit Bindungsstil/-typ Erwartungen an die Partnerschaft Änderungswunsch an den Partner Beziehungsbezogene Selbstwirksamkeitserwartung, Wir-Gefühl Paar Ressourcen/Belastungen Vorehel. Zusammenleben Geringes Heiratsalter Voreheliche Elternschaft Kirchl. Trauung Gemeinsame Freizeit Partnerunterstützung Altersunterschied Bildungsheterogamie Heterogenität Kinderwunsch Barrieren Getrennte Finanzen Jeder eigenes Einkommen Gemeinsame Kinder Scheidungserfahrung Christan Roesler 9/2007
6 Bindungsperspektive bei Paarproblemen Anstatt Problemlöseverhalten zu trainieren Förderung der Bindungsbeziehung zwischen Partnern Partner werden kompetenter, emotionale Unterstützung beim anderen zu suchen bzw. zu geben Mikroanalysen von Paartherapieprozessen: stärkste Veränderung durch Momente der Wiederherstellung der Bindungsbeziehung ( change moments ) Direkter Einfluß auf Lebensqualität Indirekter Einfluß auf körperliche Prozesse, Immunsystem usw. (Maurischat et.al. 2005; Whisman & Uebelacker 2006)
7 Emotionally Focused Couple Therapy Entwickelt von Susan Johnson, Ottawa/Canada Verknüpft Bindungstheorie mit systemischen und experientiellen Methoden Basiert auf den Forschungsergebnissen von Gottmann Empirisch sehr gut bestätigt bei versch. Klientengruppen Auflösung von Paarproblemen in Sitzungen
8 EFT- Basics Grundlegendstes Bedürfnis in Paarbeziehungen ist sichere emotionale Verbindung Suche nach sicherem Hafen ist Zeichen von Gesundheit, nicht von Abhängigkeit oder Verstrickung Sichere Verbindung ist Basis für Auseinandersetzung mit Welt Paarkonflikte und Streit handeln eigentlich von der emotionalen Verbindung, Zugänglichkeit und Resonanz Verunsicherungen der Bindung folgen typischem Muster: Prostest (Ärger), Anklammern, Verlassenheitswut Emotionen organisieren die Paarinteraktionen Affektive Interaktion (z.b. visueller Kontakt) ist viel entscheidender als verbale Kommunikation
9 4 Bindungsmuster = Strategien Paarbeziehung zu gestalten Kombinationen > Paartypen Beide Partner sicher gebunden > stabilster Paartyp (Lösel & Bender 2003) Sicherer Partner kann unsicheren ausgleichen Bindungstypen - Paartypen häufigstes Muster bei Paarproblemen: Pursue withdraw V. Sydow, K. (2002): Bindung und gestörte Paarbeziehung. In: Strauß, B. et.al. (Hg.): Klinische Bindungsforschung. Stuttgart: Schattauer. Johnson, S. (2006): Attachment processes in couple and family therapy. New York [u.a.]: Guilford. Gloger-Tippelt, G. (2000): Familienbeziehungen und Bindungstheorie. In: Schneewind, K.A. (Hg.) (2000): Familienpsychologie im Aufwind. Göttingen: Hogrefe.
10 Partner 1 Partner 2 Vermeider Rückzug/Verteidigung Handlung: Schweigen, Nur Äußerliches erzählen Sekundäre Emotion Taubheit Primäre Emotion: Wertlosigkeit Bindungsbedürfnis: Angenommen werden Verfolgerin Anklage, Vorwürfe Handlung: Bohren, Kritik, Abwerten Sekundäre Emot. Wut, Enttäuschung Primäre Emot. Angst vor Abgeschnittensein Bindungsbedürfnis: Nähe, Verbindung zum Partner
11 Langfristige Entwicklung Frustration von Bindungsbedürfnissen führt zu hohem psychischem und physiologischem Stress Unter Stress reduziert sich Beziehungsfähigkeit Weiteres problematisches Beziehungsverhalten (Anklage bzw. Rückzug) Weitere gegenseitige Frustration Erhöhter Stress Partner verliert Bedeutung als sicherer Hafen, sondern wird als Stressquelle (Feind) erlebt Rückzug vom Partner oder Angriff/Vorwürfe Rückzug/Vorwürfe des Partners wird als Unterbrechung der Bindungsbeziehung erlebt Frustration > Stress >>>>>
12 Ziel von Paartherapie (EFT, Johnson 2004) Teufelskreis verdeutlichen > Dies ist Ihr gemeinsamer Feind Reframing: Streit als verzweifelte Suche nach Wiederherstellung der Bindung Vermeidung/Rückzug als Versuch, sich und Beziehung vor Verletzungen zu schützen Die Bindungsbeziehung wiederherstellen: Momente der Begegnung auf der Bindungsebene herbeiführen Partner finden im anderen wieder Bindungssicherheit
13 3 Phasen der Intervention Phase 1: Deeskalation Negativen Interaktionszyklus identifizieren > Reframing Nicht-anerkannte (primäre) Emotionen zugänglich machen Phase 2: Bindung wiederherstellen Wiederaneignung der Bindungsbedürfnisse fördern Akzeptanz der Erfahrung des Partners fördern Neustrukturierung der Interaktion ( change moments choreographieren): Ausdruck von Bedürfnissen und sich damit an Partner wenden Phase 3: Konsolidierung der neuen Interaktion
14 EFT-Ergebnisforschung Manualisiertes Behandlungsprogramm (S. Johnson 2006: How to become an emotionally focused couple therapist) Signifikante Besserungsrate von 86-90% mit Sitzungen 70-75% bezeichnen sich als komplett erholt im follow-up (fortwirkende Effekte nach Therapieende) Stabile Resultate auch bei neuem Stress Depression wird signifikant reduziert Dies gilt für unterschiedliche Klientenpopulationen und Settings
15 Wirksamkeitsstudien Johnson, S. & Greenberg, L.. (1985): Emotionally focused couples therapy: An outcome study. Journal of Marital and Family Therapy, 11, Johnson, S. et.al. (1999): Emotionally focused couples therapy: Status and challenges (A meta-analysis). Journal of Clinical Psychology: Science and Practice, 6, Talitman, E. & Johnson, S. (1997): Predictors of outcome in emotionally focused marital therapy.journal of Marital and Family Therapy, 23, Baucom, D. et.al. (1998): Empirically supported couple and family interventions for marital distress and adult mental health problems. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 58, Denton, W. et.al. (2000): A rationalized trial of emotionally focused therapy for couples. Journal of Marital and Family Therapy, 26, Dessaulles, A. et.al. (2003): Emotion focused therapy for couples in the treatment of depression: A pilot study. American Journal of Family Therapy, 31,
16 EFT-Ergebnisse: Prädiktoren von Erfolg Kein Zusammenhang mit anfänglichem Level von Stress und Paarkonflikt Kein Zusammenhang mit anfänglichem Mangel an emotionaler Wahrnehmung Besonders effektiv bei emotional zurückgezogenen Männern über 35 Jahre Frau braucht ein Mindestmaß an Glauben, daß Partner sich wirklich kümmert Prädiktor vor allem starke therapeutische Allianz und Bereitschaft zum Engagement in Therapie
17 Paarbindung als Ressource bei chronischen Erkrankungen Pilotprojekte der Abt. für Psychosomatik am Uniklinikum Freiburg Bei Prostatakarzinom Bei koronarer Herzerkrankung Paarinterventionsprogramm auf EFT-Basis für Patienten und Partner/in Ziel: Verbesserung der Bindungsqualität der Paarbeziehung Einfluß auf Gesundungsprozesse Verbesserung Lebensqualität
18 Was also läßt sich aus Einschätzung der Bindungsbeziehung über Therapieerfolg vorhersagen? Pilotstudie: Paarinterviews mit je 4 Paaren, die sich nach Paarberatung getrennt haben bzw. zusammen blieben, Zustand bei Beginn der Beratung Bindungsmuster lassen sich bei Erwachsenen valide mit Interviewverfahren erfassen (z.b. Adult Attachment Interview) Paarinterview zur Beziehungsgeschichte (Saßmann 2001), dt. Adaption des Oral History Interview von Gottmann: Fragen zur Beziehungsgeschichte und zur Ehephilosophie, wird vom Paar gemeinsam beantwortet > Interpretation der eigenen Beziehung(sgeschichte) > vorhandene Gefühle > Paarinteraktion beobachtbar Dimensionen des Kodiermanuals:
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20
21 Ausbildung in EFT am Weiterbildungsinstitut der Kathol. Hochschule Freiburg Anfängerkurse: Externship Aufbaukurse: Core Skills Training (Advanced level) Mit Yolanda v. Hockauf, Vancouver Family Therapy Institute und Ausbildern aus Holland und Deutschland Führt zur License (Akkreditierung) bei ICEEFT Informationen:
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