LÜHR FILTER. Ein- und mehrstufige Verfahren zur Gasreinigung hinter Verbrennungsanlagen. von Dipl. - Ing. Rüdiger Margraf
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1 LÜHR FILTER Ein- und mehrstufige Verfahren zur Gasreinigung hinter Verbrennungsanlagen von Dipl. - Ing. Rüdiger Margraf s November 2009, Hamburg November 2009, Hamburg 1
2 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Verfahren unter Verwendung von Ca-haltigen Additiven Trockensorption mit Gaskonditionierung Verfahrensbeschreibung Anwendungsbeispiele Chemisorption mit Partikelkonditionierung und ggf. Gaskonditionierung Verfahrensbeschreibung Anwendungsbeispiele Klärschlammverbrennung Hausmüllverbrennung Konditionierte Trockensorption mit gestufter Additivzugabe Ausführungsvarianten Anwendungsbeispiele EBS-Verbrennung Konzepte für niedrige Emissionsgrenzwerte unter Berücksichtigung von NO x Vorbemerkung Anwendungsbeispiel SNCR mit NH 3 -Abscheidung Trockensorptionsverfahren unter Verwendung von NaHCO Allgemeiner Aufbau, Vor- und Nachteile Anwendungsbeispiele Reifenverbrennung Hausmüllverbrennung Verfahrensauswahl November 2009, Hamburg 3
3 1 Einleitung Die trockene und quasitrockene Chemisorption saurer Schadgase wie HF, HCl und SO x ggf. unter Einbezug der Abscheidung von Dioxinen/ Furanen sowie Hg bzw. Hg- Verbindungen und anderer Schwermetalle hat im Anwendungsbereich der Verbrennungsanlagen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Weiterentwicklung der hierbei verwendeten Sorptionsverfahren hat diese Technik zu einer effektiven, zuverlässigen und kostengünstigen Alternative im Vergleich z. B. zu Nassverfahren gemacht. In dem BVT-Merkblatt über beste verfügbare Techniken der Abfallverbrennung (Juli 2005) werden diese Verfahren in Kapitel 5 als beste verfügbare Techniken genannt. Tabelle 1 zeigt für verschiedene Brennstoffe die zu erwartende Schadgaskonzentration im Abgas nach Kessel. Der große abzudeckende Bereich verdeutlicht, dass durch den Anlagenbauer auf die jeweilige Aufgabenstellung zugeschnittene, individuelle Konzepte in Bezug auf Anlagenaufbau und Additivmittelauswahl bereitgestellt werden müssen. Brennstoff ca. Bandbreite HCl [mg/m³ i.n.tr.] SO 2 [mg/m³ i.n.tr.] Holz Klasse A I-A IV Klärschlamm < Hausmüll Ersatzbrennstoffe Tab. 1: Konzentrationen saurer Schadgase für ausgewählte Brennstoffe Nachfolgend werden verschiedene Verfahren vorgestellt. Der Schwerpunkt wird dabei auf die Chemisorption saurer Schadgaskomponenten gelegt. Einschränkend sei angemerkt, dass neben den vorgestellten Varianten weitere Alternativlösungen auf dem Markt verfügbar sind, die in der Praxis eingesetzt werden November 2009, Hamburg 5
4 2 Verfahren unter Verwendung von Ca-haltigen Additiven 2.1 Trockensorption mit Gaskonditionierung Verfahrensbeschreibung Das Basisverfahren ist in Abbildung 1 dargestellt. Es besteht im Wesentlichen aus den Bauteilen filternder Abscheider sowie Additivmittel-Zugabe. Zur Steigerung der Effektivität werden diese häufig um die Bauteile Reaktor mit Partikelrückführung sowie Verdampfungskühler ergänzt. Abb. 1: Trockensorption mit Gaskonditionierung Als Additivmittel wird im Allgemeinen handelsübliches Kalziumhydroxyd Ca(OH) 2 mit einer spezifischen Oberfläche von ca. 18 bis 20 m 2 /g in den Rauchgasstrom vor Filter aufgegeben. Alternativ stehen hochreaktive Ca(OH) 2 -Qualitäten mit einer spezifischen Oberfläche von bis zu 40 m 2 /g bei gleichzeitig hohem Porenvolumen > 0,2 cm³/g zur Verfügung. Die Reaktionsgleichungen sowie die Zugabe- und Reststoffmengen bei 100%iger Additivmittelumsetzung sind in Tabelle 2 angegeben. Tab. 2: Reaktionsgleichnungen für Ca(OH) 2 In der Praxis muss zur gesicherten Unterschreitung der geforderten Reingaswerte das Additivmittel überstöchiometrisch (in der Regel 1,5 bis 3fach) zugegeben werden November 2009, Hamburg 6
5 Die Partikelrückführung führt insbesondere bei Realisierung hoher Additivpartikelumlaufraten nachweislich zu einer deutlichen Verbessung des Abscheidegrades für saure Schadgaskomponenten und/oder zu einer Reduzierung der Additivmittelzugabemenge. Die Aufenthaltszeit der Additivpartikel im System wird erhöht. Im Bereich des Reaktors vor Filter ergibt sich eine höhere Additivpartikeldichte (Reaktionszeit im Reaktor beträgt bis zu > 2 sec.). Es wird eine häufige räumliche Neuorientierung bei Wiederanlagerung der rückgeführten Additivpartikel an das Filtermaterial erreicht. Aufgrund der geforderten, notwendigen hohen Partikelumlaufraten ist zur Sicherstellung einer optimalen Additivmittelausnutzung der Einsatz von Rückführsystemen erforderlich, die betriebssicher große Umlaufmengen darstellen können auch dann, wenn problematische Partikel wie CaCl 2 in größeren Mengen im Partikelspektrum vorhanden sind. Abbildung 2 zeigt ein seit vielen Jahren erfolgreich für unterschiedlichste Anwendungsfälle eingesetztes Verfahren. Es zeichnet sich aus durch hohe Betriebssicherheit und eine homogene Verteilung der rückgeführten Partikel im Rauchgasstrom vor Filter. Auf die Verwendung häufig störanfälliger pneumatischer Fördersysteme wird komplett verzichtet. Abb. 2: Kugelrotor-Umlaufverfahren (KUV) In dem für filternde Abscheider üblichen Temperaturbereich zwischen 100 C und 220 C ergibt sich folgende Reaktivitätsreihenfolge: SO 3 > HF >> HCl >>> SO November 2009, Hamburg 7
6 Während die Abscheidung von SO 3 und HF in dem genannten Temperaturbereich unproblematisch ist, hat die Trockentemperatur sowie die absolute und relative Feuchte einen wesentlichen Einfluss auf die HCl- und SO 2 -Abscheidung. Zur Additivmitteleinsparung ist es deshalb häufig sinnvoll, die Gastemperatur vor Reaktor mittels rekuperativem Wärmetausch oder bevorzugt durch Einsatz eines Verdampfungskühlers auf optimale Reaktionstemperaturen abzusenken. Die minimal zulässige Betriebstemperatur muss so gewählt werden, dass Anbackungen und Verstopfungen insbesondere aufgrund der hygroskopischen Eigenschaften der CaCl 2 - Partikel in der Anlage vermieden werden. Den bevorzugten Arbeitsbereich in Abhängigkeit der Taupunkttemperatur zeigt Abbildung 3. Abb. 3: Zustandsdiagramm CaCl 2 x H 2 O Anwendungsbeispiele Diese Verfahrensvariante wird insbesondere für die Gasreinigung hinter Holzverbrennungen der Klasse A I A IV eingesetzt. Zur Unterstützung der Abscheideleistung kann hochreaktives Ca(OH) 2 eingesetzt werden. Bei dem Anwendungsbeispiel in Abbildung 4 ist deutlich der dem Filter vorge-schaltete Verdampfungskühler erkennbar. Aufgrund der gewählten Verfahrens-technik kann bei dieser Anlage ein handelsübliches Ca(OH) 2 mit günstigen Beschaffungskosten eingesetzt werden. Die Partikelrückführung wirkt sich zusätzlich positiv auf die Verbrauchsmengen für den Aktivkoks aus, der zur Abscheidung von Dioxinen/Furanen und Hg sowie Hg- Verbindungen zugegeben wird November 2009, Hamburg 8
7 Volumenstrom: m³/h i. N. f. Temperatur vor Quench: 210 C Temperatur vor Filter: 140 C Rohgaswerte nach Kessel: vom Kessel H 2 O + Druckluft Ca(OH) 2 Kugelrotor Reaktor KUV HOK Partikel : mg/m³ i. N. tr. HCl : 145 mg/m³ i. N. tr. HF : 20 mg/m³ i. N. tr. SO 2 : 195 mg/m³ i. N. tr. PCDD/PCDF : 2 ng/m³ i. N. tr. Hg : 0,15 mg/m³ i. N. tr. Gewährleistung: Partikel : 10 mg/m³ i. N. tr. HCl : 10 mg/m³ i. N. tr. HF : 1 mg/m³ i. N. tr. SO 2 : 50 mg/m³ i. N. tr. PCDD/PCDF : 0,1 ng/m³ i. N. tr. Hg : 0,03 mg/m³ i. N. tr. Abb. 4 : Anwendungsbeispiel: Chemisorption mit Gaskonditionierung und Partikelrückführung hinter Altholzverbrennung mit Rostfeuerung 2.2 Chemisorption mit Partikelkonditionierung und ggf. Gaskonditionierung Verfahrensbeschreibung Wie zuvor ausgeführt, hat die Gaskonditionierung durch Anhebung der absoluten und relativen Feuchte im Rauchgas einen positiven Einfluss auf das Sorptions-ergebnis. Jedoch lassen sich gute Additivmittelausnutzungen insbesondere für die SO 2 - Abscheidung nur dann erreichen, wenn mindestens zeitweise der Wasserdampfpartialdruck in unmittelbarer Nähe der Umlaufpartikel nahe dem Sättigungsdampfdruck liegt. Dies wird bei Einsatz der konditionierten Chemisorption mit Partikel- Konditionierung erreicht (Abbildung 5). Bei diesem Verfahren werden die Umlaufpartikel vor erneuter Zugabe in den Reaktor angefeuchtet. Die Befeuchtung bewirkt eine Erhöhung des Wasserdampfgehaltes an der Oberfläche der Additivpartikel und verbessert damit die Reaktivität gegenüber den sauren Schadgaskomponenten. Aufgrund der begrenzten prozentualen Anfeuchtung der Umlaufpartikel kann es abhängig von der Gastemperatur vor Reaktor sinnvoll sein, zur Einstellung der optimalen Reaktionsbedingungen dem Reaktor einen Verdampfungskühler vorzuschalten November 2009, Hamburg 9
8 Abb. 5: Chemisorption mit Partikel- und Gaskonditionierung Anwendungsbeispiele Klärschlammverbrennung Bei dem in Abbildung 6 dargestellten Anlagenbeispiel ist die Sorptionsstufe zur SO 2 - und Hg-Abscheidung einem Elektrofilter zur Flugascheabscheidung nachgeschaltet. Abb. 6: Anwendungsbeispiel Klärschlammverbrennung November 2009, Hamburg 10
9 Abbildung 7 zeigt die Effektivität des gewählten Verfahrens anhand der Messwertaufzeichnung einer kontinuierlichen SO 2 -Rohgas- und Reingasmessung über einen Zeitraum von drei Stunden. Die dargestellten Ergebnisse werden aufgrund der Verwendung einer Partikelkonditionierung erreicht bei einer Gastemperatur nach Reaktor von 120 C. Eine weitere Annäherung der Temperatur an den Wassertaupunkt zur sicheren Einhaltung des geforderten Abscheidegrades ist bei diesem Verfahren nicht notwendig. Abb. 7: SO 2 -Abscheidung Klärschlammverbrennung Hausmüllverbrennung Ein weiteres Beispiel für die Leistungsfähigkeit der Chemisorption mit Partikel- und Gaskonditionierung ist die in Abb. 8 gezeigte Hausmüllverbrennung. Die geforderten Grenzwerte, im Wesentlichen entsprechend 17. BImSchV, lassen sich gesichert auch bei Schadgasgehalten für HCl von bis zu mg/m³ i. N. und für SO 2 bis zu mg/m³ i. N. - jeweils angegeben als TMW - einhalten. Die Additivmittelzugabe liegt dabei bei einem Stöchiometriefaktor von ca November 2009, Hamburg 11
10 SO 2 nach Kessel HCl nach Kessel HCl-, SO 2-Rohgas, SO2-Reingas [mg/m³i.n.tr.] SO 2 - Kamin HCl - Kamin HCl-Reingas, Stöchiometrie :00 02:00 04:00 Stöchiometrie 06:00 08:00 10:00 12:00 14:00 16:00 18:00 20:00 22: :00 Abb. 8: Konditionierte Trockensorption im MHKW Ludwigshafen Die im Jahre 2004 installierte konditioniert trockene Gasreinigung ersetzte ein deutlich komplexeres nasses Verfahren, bestehend aus Sprühtrockner, Elektrofilter, mehrstufigen Wäscher und Aerosolabscheider (Abbildung 9). Umbau MHKW Ludwigshafen von naß naß auf konditioniert trocken 2004 Abb. 9: Umbau MHKW Ludwigshafen von nass auf konditioniert trocken Bis zum Jahre 2008 wurde parallel im MHKW Ludwigshafen eine weitere nasse Rauchgasreinigung bis zu deren Umbau im Jahre 2008 betrieben, so dass ein direkter Vergleich beider installierter Verfahren möglich war. Abbildung 10 zeigt die Mittelwerte des Jahres 2005 für ausgewählte Stoffe November 2009, Hamburg 12
11 Rohgasw erte: HCl 1335 mg/ Nm³ SO2 303 m g/nm ³ NOX 290 m g/nm ³ Feuchte 13 Vol % Konzentration RRA 2 trocken RRA 3 naß HCl SO2 Hg Staub C ges. NH3 NO2 Schadstoff Abb. 10: Vergleich der Gasreinigungen nass und konditioniert trocken (2005) Die Gegenüberstellung verdeutlicht, dass das konditioniert trockene Verfahren gegenüber dem komplexeren nassen System gleichwertig ist. Unterschiede gibt es lediglich in der Führungsgröße für die Abscheidung der sauren Schadgas-komponenten. Für den Wäscher ist SO 2 die Führungsgröße, für die konditionierte Trockensorption HCl. Die hohe SO x -Abscheideleistung verbunden mit einer nahezu 100 %igen SO 3 -Sorption durch das konditioniert trockene Verfahren ermöglicht es, dass die Betriebstemperatur der nachgeschalteten SCR-Anlage von 300 C auf 230 C abgesenkt werden konnte. Ein zusätzlicher Vorteil zur Einsparung von Energiekosten ist die höhere Gastemperatur vor der SCR-Stufe von ca. 140 C. Ergänzend sei angemerkt, dass ein großer Vorteil der konditionierten Trockensorption gegenüber der Sprühsorption in der besseren Abscheideleistung für SO 2 liegt. Dies hat insbesondere bei der Nachschaltung von SCR-Anlagen Bedeutung. 2.3 Konditionierte Trockensorption mit gestufter Additivzugabe Ausführungsvarianten Bei steigenden Rohgaswerten für HCl und SO 2 muss bei dem Basisverfahren der konditionierten Trockensorption ohne ergänzende Maßnahmen die Stöchiometrie zur gesicherten Einhaltung der Emissionsgrenzwerte teilweise deutlich über einen üblichen Basiswert von 2 angehoben werden. Bei steigenden Rohgaswerten ist es daher empfehlenswert, das Additiv gestuft zuzugeben und damit den Reaktions-raum des Verdampfungskühlers/Sprühabsorbers im Bedarfsfall ergänzend zu nutzen. Abbildung 11 zeigt hierzu verschiedene Verfahrensvarianten. Bei allen Konzepten wird die Hauptmenge an Additiv im Nominalfall in den Reaktor nach Verdampfungskühler aufgegeben. Die Zugabe von Additiv vor oder im Verdampfungskühler/Sprühabsorber dient vornehmlich dem Korrosionsschutz sowie dem Glätten von Schadgasspitzen November 2009, Hamburg 13
12 Rüdiger Margraf Abb. 11: konditionierte Trockensorption mit gestufter Additivmittelzugabe Anwendungsbeispiele EBS-Verbrennung Das Abscheidepotential zeigt beispielhaft die in Abbildung 12 dargestellte Gasreinigung hinter einer EBS-Verbrennung. Die Additivzugabe erfolgt hier gestuft in Form von NaOH im Verdampfungskühler und als Ca(OH)2 im Reaktor der konditionierten Trockensorption. Bei durchschnittlichen Rohgaswerten für HCl von bis mg/m³ i. N. sowie bis mg/m³ i. N. für SO2 verbunden mit deutlich höheren Rohgas-Peaks für beide Schadgase werden die Grenzwerte der 17. BImSchV bei vertretbarem Additivmitteleinsatz gesichert unterschritten. Abb. 12: Gasreinigung mit gestufter Additivmittelzugabe hinter EBS-Verbrennung Stellvertretend für mehrere als Kombination Sprühsorption mit konditionierter Trockensorption realisierte Anlagen zeigt Abbildung 13 das EBS HKW Stavenhagen November 2009, Hamburg 14
13 sowie Abbildung 14 als Ergebnis für die Abscheideleistung einige Trendkurven aus dem Leitsystem dieser Anlage. Der sich im Dauerbetrieb real einstellende durchschnittliche Stöchiometriefaktor wurde mehrfach anhand von Reststoffanalysen ermittelt. Er bewegt sich in einem Bereich von 1,8 bis 2,0. Der Chloridgehalt im Restprodukt liegt mit ca. 20 bis 22 % in einem für das Produkthandling unkritischen Bereich. Abb. 13: EBS HKW Stavenhagen November 2009, Hamburg 15
14 Abb. 14: Trendkurven Roh-/Reingaswerte, Temperaturen, Gasfeuchte und Volumenstrom 2.4 Konzepte für niedrige Emissionsgrenzwerte unter Berücksichtigung von NO x Vorbemerkung Seit einigen Monaten wird auf europäischer Ebene vermehrt über die Verschärfung der Emissionsgrenzwerte diskutiert. So steht zum Beispiel die Forderung eines NO x - Grenzwertes < 100 mg/m³ i. N. tr. bei gleichzeitiger Limitierung des NH 3 -Schlupfes im Raum. Betriebsergebnisse an modernen Verbrennungsanlagen mit SNCR-Verfahren zur NO x -Reduktion haben gezeigt, dass in den meisten Fällen die gesicherte Einhaltung des verschärften Grenzwertes möglich ist. Aber auch bei geforderten niedrigeren NO x - Emissionsgrenzwerten muss nicht zwangsläufig ein Katalysator zum Einsatz kommen. Hier kann ebenfalls ein SNCR-Verfahren verwendet werden. Allerdings muss dann wenn notwendig eine weitere Abscheidestufe für NH 3 in Abhängigkeit des max. zulässigen NH 3 -Schlupfes in das Konzept integriert werden Anwendungsbeispiel SNCR mit NH 3 -Abscheidung Abbildung 15 zeigt beispielhaft eine Gasreinigung hinter einer zirkulierenden Wirbelschichtanlage zur Biomasse-Verbrennung in den Niederlanden. Zur Einhaltung des geforderten NO x -Grenzwertes von 70 mg/m³ wurde vom Kesselbauer eine SNCR-Anlage installiert. Der NH 3 -Schlupf nach Kessel ist auf max. 15 mg/m³ begrenzt. Ergänzend sind November 2009, Hamburg 16
15 in Abbildung 15 tabellarisch die geforderten Emissionsgrenzwerte, die mit der nachgeschalteten Gasreinigung einzuhalten sind, aufgeführt. Für diese Gasreinigung wurde folgendes Konzept gewählt: Zyklone zur getrennten Flugascheabscheidung Konditionierte Trockensorption bei ca. 150 C Wärmetauscher zur Kühlung der Gase auf ca. 100 C Nasselektrofilter mit integrierter saurer und basischer Stufe Emissionsgrenzwerte Partikel Gehalt, gesamt mg/m³ i. N. tr. HCl Gehalt mg/m³ i. N. tr. HF Gehalt mg/m³ i. N. tr. SO 2 Gehalt mg/m³ i. N. tr. NH 3 Gehalt mg/m³ i. N. tr. Hg Gehalt mg/m³ i. N. tr. Cd Gehalt mg/m³ i. N. tr. TI Gehalt mg/m³ i. N. tr. Cd und TI Gehalt mg/m³ i. N. tr. Sb - Sn 2) Gehalt, gesamt mg/m³ i. N. tr. Dioxin/Furan Gehalt TEQ ng/m³ i. N. tr. 1) Mittelwert über die Probenahmezeit TMW HMW JMW 3 5 0, ,03 0,05 1) 0,25 1) 0,05 1) , ,005 0,005 0,005 0,01 0,05 0,02 2) Summe Sb - Sn : Sb + As + Pb + Cr + Co + Cu + Mn + Ni + V + Sn Volumenstrom : m³/h i. N. f. Abb. 15: Gasreinigung Biomasseverbrennung HVC, Alkmaar/ Niederlande Dieses Konzept bietet neben einer integrierten NH 3 -Abscheidung auch die gesicherte Einhaltung extrem niedriger Emissionswerte auf kostengünstige Weise. Den Aufbau dieser Anlage zeigt das aus dem Prozessleitsystem entnommene Schema in Abbildung 16. Die der konditionierten Trockensorption nachgeschaltete nasse Stufe sorgt für eine gesicherte Unterschreitung aller geforderten Emissionsgrenzwerte November 2009, Hamburg 17
16 Abb. 16: Schemadarstellung Gasreinigung Biomasseverbrennung HVC, Alkmaar/Niederlande Die NH 3 -Abscheidung erfolgt in der dem Nasselektrofilter vorgeschalteten sauren Waschstufe (Abbildung 17). Der ph-wert in dieser Stufe ist eingestellt auf ca. 5,6. Zur Sicherstellung einer ausreichenden SO 2 -Abscheidung wurde für die zweite Waschstufe ein ph-wert von 6,1 gewählt. Abb. 17: Schemadarstellung Nasselektrofilter mit integrierter zweistufiger Wäsche Das Abwasser aus der basischen Waschstufe wird über die Anfeuchtmischer in der konditionierten Trockensorption eingesetzt. Das NH 3 -beladene Wasser aus der sauren Stufe (max. ca. 0,5 m³/h) wird einer zentralen Wasseraufbereitung des Standortes zugeführt November 2009, Hamburg 18
17 3 Trockensorptionsverfahren unter Verwendung von NaHCO3 3.1 Allgemeiner Aufbau, Vor- und Nachteile In Konkurrenz zu Verfahren unter Verwendung von Ca-haltigen Additiven steht die Trockensorption mit NaHCO 3. Das in der Grundvariante sehr einfache Verfahren ist in Abbildung 18 dargestellt. Das Additiv wird gemahlen und anschließend in den Gasstrom vor Filter aufgegeben. Bei Gastemperaturen > 150 C kommt es zu einer mit steigenden Temperaturen schneller verlaufenden thermischen Aktivierung des Natriumhydrogencarbonates. Es entsteht ein hoch reaktives Natriumcarbonat. Die Reaktionszeit von der Eindüsstelle des Additivs bis zum Erreichen des Filtermaterials sollte mindestens 2 Sekunden betragen. Abb. 18: Basisvariante Trockensorption mit NaHCO 3 Tabelle 3 zeigt die chemischen Reaktionsgleichungen sowie die Zugabe- und Reststoffmengen bei 100%iger Additivmittelumsetzung. In der Regel lassen sich die geforderten Emissionsgrenzwerte bei richtiger Anlagenauslegung mit einem überstöchiometrischen Faktor von 1,2 bis max.1,5 im Dauerbetrieb sicher einhalten. Eine mehrfache Rückführung der im Filter abgeschiedenen Partikel in den Rauchgasstrom vor Filter kann insbesondere bei Temperaturen kleiner 160 C vorteilhaft sein November 2009, Hamburg 19
18 Tab. 3: Reaktionsgleichungen für NaHCO 3 Als wesentliche Vorteile des Verfahrens sind zu nennen: hohe Reaktivität des Additivmittels einfacher Anlagenaufbau Reststoffmenge verringert sich gegenüber Additivmittelzugabe (Vorteil bei hohen Entsorgungskosten) geringere Hygroskopie der entstehenden Salze Dem stehen als Nachteile gegenüber: ungünstiges Massenverhältnis Additiv zu Schadgas Aufmahlung des Additives vor Zugabe in den Rauchgasstrom notwendig hohe spezifische Beschaffungskosten des Additivmittels Alternativ stehen weitere Additive auf Na-Basis zur Verfügung, wie z. B. Na 2 CO 3 oder NaOH. Auf diese Additivqualitäten soll im Rahmes dieses Vortrages nicht näher eingegangen werden November 2009, Hamburg 20
19 3.2 Anwendungsbeispiele Reifenverbrennung Das in Abbildung 19 gezeigte Anwendungsbeispiel verdeutlicht die Vorteile dieses Verfahrens. Der apparative Aufwand zur Erzielung eines SO 2 -Abscheidegrades > 95 % ist sehr gering. Dem vorhandenen Filter zur Flugascheabscheidung wurde ein filternder Abscheider mit entsprechender Additivmittelzugabe nachgeschaltet. Auf eine Partikelrückführung wurde verzichtet. Abb. 19: Anwendungsbeispiel Reifen-Verbrennung Hausmüllverbrennung Abbildung 20 zeigt als Anwendungsbeispiel die Gasreinigung hinter einer Hausmüllverbrennung. Diese Anlage wurde im Vergleich zu der in Abbildung 18 dargestellten Basisvariante ergänzend ausgerüstet mit einem Verdampfungskühler zur Einstellung der Gastemperatur sowie mit einer Partikelrückführung. Im Jahr 2009 wurden an dieser Anlage umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, um den Einfluss von Betriebstemperatur und Partikelrezirkulation auf den Additivmittelverbrauch zu ermitteln. Während die Temperatur im Bereich zwischen 150 und 180 C nur einen sehr geringen, kaum erkennbaren Einfluss hat, ist für den Betrieb mit und ohne Partikelrezirkulation ein erheblicher Unterschied erkennbar. Abbildung 21 verdeutlicht den Einfluss der Partikelrezirkulation. Bei entsprechend dimensionierter Anlage und Integration eines Partikelrückführsystems lassen sich Stöchiometrien < 1,2 im Dauerbetrieb gesichert erreichen November 2009, Hamburg 21
20 NaHCO 3 Mühle HOK vom E-Filter H 2 O Kugelrotor Reaktor KUV Rohgaswerte : Volumenstrom : m³/h i. N. f. Temperatur vor Quench: 250 C Partikel : 90 mg/m³ i. N. tr. HCl : 1200 mg/m³ i. N. tr. HF : 20 mg/m³ i. N. tr. SO 2 : 300 mg/m³ i. N. tr PCDD/PCDF : 3 ng/m³ i. N. tr. Hg : 0,4 mg/m³ i. N. tr. Gewährleistung : Partikel : 10 mg/m³ i. N. tr. HCl : 10 mg/m³ i. N. tr. HF : 1 mg/m³ i. N. tr. SO 2 : 50 mg/m³ i. N. tr. PCDD/PCDF : 0,1 ng/m³ i. N. tr. Hg : 0,05 mg/m³ i. N. tr. Abb. 20: Anwendungsbeispiel: Hausmüll-Verbrennung Abb. 21: Einfluss der Partikelrezirkulation auf den Additivmittelverbrauch November 2009, Hamburg 22
21 4 Verfahrensauswahl Die aufgeführten Verfahrensbeispiele stellen nur eine Auswahl in der Praxis realisierter Konzepte zur Gasreinigung hinter Verbrennungsanlagen für Müll, EBS, Klärschlamm oder Biomasse dar. Unabhängig hiervon haben nach Einschätzung des Autors in der Projektierung von Neuanlagen die konditionierte Trockensorption unter Verwendung von Ca(OH)2/CaO und die Trockensorption mit NaHCO3 in den letzten Jahren in Deutschland eine herausragende Stellung eingenommen und sich insbesondere gegenüber nassen Verfahren durchgesetzt. Durch die jeweiligen Anforderungen und Rahmenbedingungen der einzelnen Aufgabenstellungen ist es dabei erforderlich, die Basisvarianten projektbezogen durch ergänzende Maßnahmen oder durch die Integration zusätzlicher Abscheidestufen anzupassen. Auf eine vergleichende Wertung wurde bei der Vorstellung der Verfahren weitestgehend verzichtet, da dies projektbezogen erfolgen muss. Alle Verfahren haben ihre Stärken aber auch Schwächen. Ein bestes Verfahren für alle Aufgabenstellungen gibt es nicht. Jedes Projekt muss individuell betrachtet werden. Als Auswahlkriterien für die Bewertung sind zu nennen: Geforderte Abscheidegrade (Nominal- und Maximalwerte sowie Peaks) Emissionsgrenzwerte Investitionskosten Betriebskosten wie Additivversorgung und entsorgung sowie Energiekosten für Strom und Druckluft Kosten für Wartung und Instandhaltung Anlagenverfügbarkeit und Betriebssicherheit Teillastverhalten Flexibilität in Bezug auf sich ändernde Rohgaswerte, Emissionsgrenzwerte und spezifische Betriebskosten November 2009, Hamburg 23
22 Vom Taschenfilter zum Flachschlauchfilter Entwicklung, Bauformen, Abscheideleistung Enzer Str Stadthagen DEUTSCHLAND Tel.: +49 (0) Fax: +49 (0) Internet: HAUS DER TECHNIK Tagung.Filteranlagentechnik Essen, 16./17. Mai
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