BEWERTUNGSANSÄTZE UNTER QIS5
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- Minna Giese
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1 . BEWERTUNGSANSÄTZE UNTER QIS Seminar aus Finanz- und Versicherungsmathematik 19. Oktober 2011 Christina Stranz e
2 Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 Einführung in Solvency II Das Drei-Säulen-Modell Zeitplan Solvency II Das Lamfalussy-Verfahren Quantitive Impact Studies - QIS Zeitplan der Auswirkungsstudien Ergebnisse der QIS Bewertungsansätze Grundprinzipien zur Bewertung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten Ökonomische Bewertung Going Concern Principle Wesentlichkeitsprinzip IFRS Lokale Rechnungslegung Fair Value Hierarchie Spreadsheet zur QIS Aufbau des Spreadsheets Spreadsheet und einige Besonderheiten - ASSETS Spreadsheet und einige Besonderheiten - LIABILITIES Schwierigkeiten bei der Berechnung der Riskmargin
3 Vorwort Diese Seminararbeit ist im Rahmen der Vorbereitung für ein Berufspraktikum bei der Basler-Versicherungs-AG 1 in Wien entstanden. In dieser Vorbereitungsphase habe ich mich intensiv mit der QIS5 beschäftigt, um wesentliche Grundzüge von Solvency II zu verstehen. Einen Teil dieser Arbeit haben Bewertungsansätze betroffen und genau diese werde ich nun in meiner Seminararbeit behandeln. 1 Alle verwendeten Werte sind frei erfunden und stehen in keinem Zusammenhang mit der Basler-Versicherungs-AG 3
4 Kapitel 1 Einführung in Solvency II Um die grundlegenden Ideen von Solvency II kennen zu lernen, die für das hier eigentlich behandelte Thema Bewertungsansätze Voraussetzung sind, gebe ich eine kurze Einführung in Solvency II und die Auswirkungsstudien, die Versicherungsunternehmen und Aufsichtbehören durchführten, um sich einerseits auf dieses neue System einstellen zu können und um andererseits die Entwicklung so eines Systems überhaupt erst möglich zu machen. 1.1 Das Drei-Säulen-Modell Solvency II ist ein Projekt der Europäischen Kommission dessen Ziel es ist, die heutigen Solvabilitätsvorschriften für Versicherungsunternehmen zu einem konsequenten risikoorientierten System der Finanzaufsicht weiterzuentwickeln und sie im europäischen Raum zu harmonisieren. Das wesentlichste Charakteristikum dieses neuen Systems ist die äußert dynamische Sichtweise bzw. Bewertung, die ein großer Schritt weg von dem alten statischen Aufsichtsmodell ist. Aufsichtsrechtliche Eigenmittelanforderungen werden sich auf die Gesamtsolvabilität des Versicherungsunternehmens unter Berücksichtigung sämtlicher Risiken ausbreiten. Anscheinend stellt die Implementierung keine einfache Aufgabe für die Versicherungsunternehmen dar. Deshalb soll Solvency II nach etlichen Verschiebungen im Jänner 2013 planmäßig in Kraft treten. Ähnlich wie Basel II basiert Solvency II auf einem Drei-Säulen- Modell: 4
5 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG IN SOLVENCY II 5 Abbildung 1.1: Drei-Säulen-Modell Säule I Die erste Säule behandelt vor allem quantitative Fragestellungen wie zum Beispiel ob die Höhe des Solvenzkapitals ausreichend ist. Hauptbestandteile sind Regelungen für eine marktnahe Bewertung der Aktiva und Passiva, für die Erhebung versicherungstechnsicher Rückstellungen und für die Ermittlung tatsächlich vorhandener Eigenmittel. Wichtige Größen in der Säule I sind die Solvenzkapitalanforderung (SCR, im weiteren Solvency Capital requirement genannt), welches mittels einer Standardformel bzw. durch ein individuell von den Versicherungsunternehmen entwickeltes Modell berechnet wird und das Minimumsolvenzkapital (MCR, Minimum Capital Requirement), welches die unterste aufsichtsrechtliche Grenze darstellt. Falls der Wert des Solvenzkapitals diese Grenze unterschreitet, werden Maßnahmen der Aufsichtsbehörde die Folge sein. Außerdem nimmt auch das Aufstellen der Solvency II -Bilanz einen großen Stellenwert innerhalb dieser Säule ein. Letztendlich ist für eine vollständige Abbildung der Bilanz das oben genannte Solvency Capital Requirement von großer Bedeutung.
6 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG IN SOLVENCY II 6 Säule II Grundsätzlich kann man dieses System der zweiten Säule als Governance- System bezeichnen: Qualitative Anforderungen an das Versicherungsunternehmen - genauer gesagt an das Risikomanagement - und die Aufsichtbehörde werden in der zweiten Säule geregelt. Folgende Punkte müssen Versicherungsunternehmen nachweisen können: das Vorhandensein einer Geschäfts- und Risikostrategie, das Vorhandensein einer angemessenen Aufbau- und Ablauforganisation, das Vorhandensein eines internen Kontrollsystems und das Vorhandensein eines Notfallplans. Diese Punkte sind beispielsweise durch angemessene Qualifikation des Vorstandes leichter zu erfüllen und genau aus diesem Grund wird auch jene angemessene Qualifikation des Vorstandes (fit & proper-kriterien) gefordert. Außerdem ist der Grundsatz der Proportionalität in diesem Teil niedergeschrieben: Anforderungen sind konkret immer unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Risiken, der Art und Umfang des Geschäftsbetriebs sowie der Komplexität des Geschäftsmodells zu erfüllen. Säule III Die dritte Säule enthält Maßnahmen zur Erhaltung der Marktdisziplin. Um diesen Forderungen nachgehen zu können, sind Regelungen sowohl zur Offenlegung gegenüber der Öffentlichkeit (public disclosure) als auch gegenüber der Aufsichtsbehörde (supervisory reporting) erschaffen worden. Des weiteren müssen Informationen über verwendete Modelle und Daten über die Sovlenzlage des Unternehmens transparent vorhanden sein.
7 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG IN SOLVENCY II Zeitplan Solvency II Solvency I wurde 2002 vom Europäischen Rat beschlossen. Doch es stellte sich bald heraus, dass eine umfassende Überprüfung der Solvenzanforderungen notwendig war, die auch die Gesamtfinanzposten der Versicherer einbeziehen sowie Entwicklungen auf dem Gebiet des Versicherungswesens, des Risikomanagements, Finanzierungstechniken, der internationalen Rechnungslegung und aufsichtsrechtliche Standards berücksichtigt. Der Grundstein für Solvency II war gelegt. Bereits 2004 gab die Europäische Kommission Vorschläge zum neuen Sovlenzplan an CEIOPS 1 weiter. Im Juli 2007 machte die Europäische Kommission den ersten Vorschlag für eine Solvency II -Rahmenrichtlinie. Im April 2009 wurde Solvency II vom EU-Parlament und am 10. November 2009 von den EU-Finanzministern verabschiedet Das Lamfalussy-Verfahren Abbildung 1.2: Lamfalussy-Verfahren Das gesamte Projekt Solvency II richtet sich nach dem Lamfalussy 2 -Verfahren dessen Ziel es ist, den komplexen und regulären EU-Gesetzgebungsprozess im 1 Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors 2 benannt nach Alexandre Lamfalussy (geb. 26. April 1929 in Ungarn): Vordenker und Befürworter eines einheitlichen Europäischen Finanzsystems
8 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG IN SOLVENCY II 8 Rahmen eines Vierstufenplans zu vereinfachen und damit zu beschleunigen. Der Grundgedanke des Lamfalussy-Verfahrens sagt, dass der Europäische Rat und das Europäische Parlament nur noch Rahmenrichtlinien verabschieden und die technischen Details von Regelungsausschüssen erarbeiten werden. Diese Regelungsausschüsse bestehen aus Vertretern der nationalen Finanzaufsichtsbehörden. Die vier Stufen des Verfahren sind: Level 1: Entwurf bzw. Anpassung der Rahmenrichtlinie von der Europäischen Kommission. Die Richtlinie 3 wurde am 22. April 2009 verabschiedet und ist am 6. Jänner 2010 in Kraft getreten. Bis zum muss sie in nationales Recht umgesetzt werden. Level 2: Festlegung der technischen Einzelheiten basierend auf der Rahmenrichtlinie. Level 3: Konkretisierung der in Level 2 definierten Bestimmungen um eine einheitliche Anwendung sicher zu stellen. Level 4: Überwachung der Umsetzung in den Mitgliedsstaaten durch die EFTA (European Free Trade Association) 1.3 Quantitive Impact Studies - QIS Um in dieses neue System von Solvency II hineinzuwachsen, wurden von CEIOPS fünf 4 quantitative Auswirkungs-/Feldstudien durchgeführt, wobei im Zuge der Studien die Anfoderungen an das Risikomanagement und die Berechnungsvorgaben für die versicherungstechnischen Rückstellungen konkretisiert wurden. Ein großer inhaltlicher Punkt bei jeder Quantitive Impact Study war die exaktere und bessere Berechnung des Solvenzkapitals. Die Teilnahme an vorangegangen Studien ist nicht notwendig, um bei einer neuen Studie teilzunehmen. Das bedeutet aber auch, dass jene Unternehmen, die erst bei einer späteren Studie mitgemacht haben gewisse Defizite an bereits vorhandenem Solvency II-Wissen haben. 3 RICHTLINIE 2009/138/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) 4 In Österreich wurde von der FMA außerdem eine QIS4.5 auf nationaler Ebene durchgeführt.
9 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG IN SOLVENCY II Zeitplan der Auswirkungsstudien SOLVENCY II QIS1 Die erste Quantitive Impact Study (QIS1) fand Ende 2005 statt und es nahmen insgesamt 259 Unternehmen an dieser Studie teil. Der Hauptgrund dieser Studie war der Vergleich zwischen dem damaligen Niveau der versicherungstechnischen Rückstellungen mit der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen nach dem Best-Estimate plus Risk Margin Ansatz. Dabei mussten die Versicherungsunternehmen folgende Berechnungen durchführen: - Erwartungswertschätzung der Zahlungsströme - Bewertung zu einem Sicherheitsniveau von 75% - Bewertung zu einem Sicherheitsniveau zu 90% QIS2 Mitte 2006 fand die QIS2 statt, an der sich 514 Teilnehmer beteiligten. Der Grund für diese Studie war wieder der Vergleich zwischen aktuellen Rechnungslegungsgrundlagen mit den neuen Grundlagen einer Solvency-II- Bilanz. Erstmalig wurden die Berechnungen mittels einer Standardformel durchgeführt. Da die Standardformel das erste Mal eingesetzt wurde, sah CEIOPS von einer Publikation in Zahlen ab, da die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Unternehmen praktisch nicht vorhanden war. Die Unternehmen mussten folgende Berechnungen durchführen: - Bewertung zu einem Sicherheitsniveau von 75% (es durften auch Daten aus der QIS1 verwendet werden - Marktwerte und Kapitalanlagen bewerten - Die Solvenzkapitalanforderung ist gemäß der Standardformel zu berechnen - Die Mindestkapitalanforderung ist gemäß der Standardformel zu berechnen - Eigenmittel müssen neu bestimmt werden QIS3 Die QIS3, welche Mitte 2007 stattfand hatte eine Teilnehmerzahl von Erstmals wurden auch Daten von Gruppen analysiert. Die Aufgaben der Versicherungsunternehmen waren ähnlich wie bei der QIS2. QIS4 Mitte 2008 wurde die QIS4 abgehalten Unternehmen beteiligten sich und testeten die adaptierte Standardformel zur Berechnung des Solvenzkapitals. QIS4.5 Die österreichische Finanzmarktaufsicht führte 2009 eine QIS4.5 auf nationaler Ebene durch, um die Unternehmen auf die QIS5 vorzubereiten. QIS5 Ende 2010 startete die QIS5 mit 2520 Teilnehmern. Sie soll die letzte Studie in dieser Form vor der Umsetzung von Solvency II sein. Abbildung 1.3: Zeitplan Solvency II
10 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG IN SOLVENCY II Ergebnisse der QIS5 Im März 2011 wurden die Ergebnisse von EIOPA veröffentlicht. An der QIS5 haben alle 30 Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR 5 ) teilgenommen. Abbildung 1.4: EWR Prinzipiell sind die Versicherungsunternehmen für Solvency II gut gerüstet, wobei das System für Klein- und Mittelunternehmen zu komplex erscheint. Deshalb wird für solche Unternehmen eine Simplifizierung der Standardberechnung angedacht. Probleme gab es vor allem bei der Bewertung langfristiger Verpflichtungen in der Lebensversicherung des Katastrophenrisikos 6 5 EU-Mitgliedstaaten und EFTA-Mitgliedstaaten (außer Schweiz) 6 vgl. Zusammensetzung des Solvency Capital Requirements
11 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG IN SOLVENCY II 11 erwarteter Gewinne aus zukünftigen Prämieneinnahmen des Stornorisikos des Konzentrationsrisikos von Prämienrückstellungen des Spreadrisikos des Währungsrisikos Für viele Unternehmen war auch die Berechnung der Risikomarge zu komplex und die Verwendung unternehmenseigener Parameter schwierig. Außerdem bemängelten die Versicherer, dass die Methodik zur Erstellung der Zinskurve sehr fragwürdig sei, da Versicherungsunternehmen nun nur noch schwer bzw. gar keine langfristigen Zinsgarantien geben können. Des Weiteren setzen viele der vorgeschriebenen Parameter zur Bewertung eingegangener Risiken Anreize, nur mehr in kurzfristige Anlagen zu investieren und langfristige Anlagen zu meiden. Um diese Fragestellungen rasch zu erledigen arbeitet die Europäische Kommission sehr eng mit der EIOPA, den Mitgliedsstaaten und der Wirtschaft zusammen. Die weiteren Schritte für Versicherungsunternehmen sehen folgendermaßen aus: Aufbau geeigneter Prozesse Aufbau aktuarieller Expertise Aufbau eines Risikomanagementsystems Ausbildung von Mitarbeitern auf Unternehmensebene Ungeachtet dessen werden diese Schritte nicht problemlos über die Bühne gehen, da es einigen Unternehmen an Ressourcen fehlt, um die Anforderungen fristgerecht zu erledigen. Verständlicherweise fürchten sich vor allem jene Unternehmen vor einer Abhängigkeit von externen Beratern.
12 Kapitel 2 Bewertungsansätze In diesem Kapitel behandle ich jene Bewertungsansätze, die für die Bewertung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten von CEIOPS/ EIOPA, der europäischen Aufsichtsbehörde, vorgeschrieben sind. Ich werde sie kurz erklären und ebenfalls einen Einblick in das Ausfüllen des QIS5 Balance-Sheet geben. 2.1 Grundprinzipien zur Bewertung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten Folgende Grundprinzipien gelten nach den QIS5 Technical Specifications 1 : Ökonomische Bewertung (Technical Specifications V.3) Vermögensgegenstände sollen so bewertet werden, dass sie zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht werden könnten. Verbindlichkeiten sollen so bewertet werden, dass sie zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern übertragen bzw. erfüllt werden könnten. 1 market/insurance/docs/solvency/qis5/201007/technical specifications en.pdf 12
13 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 13 Abweichen von der ökonomischen Bewertung (Technical Specifications V.9) Das Abweichen von der ökonomischen Bewertung ist nur erlaubt, wenn entweder oder die Position Unwesentlichkeitscharakter besitzt der Unterschied zwischen der ökonomischen Bewertung und dem verwendeten Wert unwesentlich ist. Allerdings muss beim Abweichen von einer ökonomischen Bewertung das Heranziehen des verwendeten Wertes genau dokumentiert werden Going Concern Principle (Technical Specifications V.7) Unternehmensfortführung Definiton: Die Bilanzierung und Bewertung erfolgen unter der Annahme der Unternehmensfortführung. Ausnahmen gibt es nur bei rechtlichen Gründen (wie z.b. Insolvenz) und faktischen Gründen (wie z.b. Unternehmenseinstellung) Wesentlichkeitsprinzip (Technical Specifications V.8) Defintion: Nur wesentliche Risken sind zu betrachten IFRS 2 (Technical Specifications V.14) Für Aktiva und Passiva ist die Verwendung von IFRS möglich, falls dies zu einer ökonomischen Bewertung führt. 2 International Financial Reporting Standards (internationale Rechnungslegungsvorschriften)
14 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE Lokale Rechnungslegung (Technical Specifications V.15) Lokale Rechnungslegung kann prinzipiell verwendet werden, allerdings muss die Bewertung ökonomisch sein Fair Value Hierarchie Unter der QIS5 sollen Vermögenswerte grundsätzlich zu Marktpreisen bewertet werden. Es gibt zwei unterschiedliche Vorgangsweisen, die Mark-to- Market und Mark-to-Model-Methode. i Mark-to-Market Mark-to-Market ist eine Bewertungsmethode von Finanzinstrumenten oder einem Portfolio von Finanzinstrumenten (Wertpapiere, Futures, Options, Rohstoffe, etc.), die den aktuellen Marktwert verlangt 3. Im Gegensatz zu anderen Bewertungsmethoden, gibt es bei der Markto-Market-Bewertungsmethode keine Trennung in Anlage- und Umlaufvermögen. Mark-to-Market bezieht sich auf all jene Aktiva, die man ohne Probleme mit dem aktuellen Marktwert bemessen kann; also Vermögensgegenstände, die (a) notierte Preise (b) an einer Börse besitzen, (c) von einem Händler, Broker, Branchengruppe, Preisberechnungsservice oder einer Aufsichtsbehörde stammen, (d) leicht und regelmäßig erhältlich sind und (e) deren Preise aktuelle und regelmäßig auftretende Markttransaktionen wie unter unabhängigen Dritten darstellen. ii Mark-to-Model Da in der Bilanz auch Posten aufscheinen, für die nicht immer ein aktueller Marktwert vorhanden ist, muss manchmal mit Modellen gearbeitet werden, um einen Martwert zu generieren, wobei der generierte Wert einem ökonomischem Wert sehr ähnlich kommen soll. 3 vgl. IAS 39, z.b.
15 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 15 Falls Marktpreise nur infolge von Notverkäufen oder Zwangsliquidierungen entstehen, dürfen bilanzierende Unternehmen bei völlig illiquidem Markt mit nicht beobachtbaren Paparmetern auf mathematische Modelle zurückgreifen. Diese Modelle leiten den Preis für Derivate aus verfügbaren liquiden Marktpreisen unter der Forderung ab, dass durch diese Preisfestlegung keine Arbitragemöglichkeiten, d.h. risikolose Gewinne entstehen. Durch die mit Modellen verbundenen Unsicherheiten (Modellrisiko) können die ermittelten Preise in großem Umfang streuen; besonders bei exotischen Derivaten. Wichtig ist, dass die Verwendung von beobachtbaren Inputs maximiert wird (z.b. Transaktionen und Zinskurven). Für Verbindlichkeiten (versicherungstechnische Rückstellungen) existieren keine Marktwerte. Aus disem Grund wird als Bewertungsansatz die Summe aus Best Estimate und Risikomarge vorgeschlagen. 2.2 Spreadsheet zur QIS5 In diesem Abschnitt werde ich auf den Aufbau des Spreadsheets und die Besonderheiten bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten eingehen Aufbau des Spreadsheets Es gibt drei Spalten, in die verschiedene Werte eingetragen werden sollen: 1. nach aktuellen Bilanzierungsregeln (gemeint ist IFRS) 2. nach Solvency I-Regeln (lokale Bilanzierungsregeln) 3. nach den QIS5-Prinzipien Der Unterschied zwischen IFRS und QIS5 ist größtenteils sehr gering, bzw. nicht wirklich vorhanden. Die markantesten Unterschiede gibt es dort, wo eine Bewertung unter der QIS5 nicht mehr vorgesehen ist, wie z.b. bei den Assets der Goodwill, aktivierte Abschlusskosten,.... Im Spreadsheet erkennt man jene Bereiche durch eine graue Markierung in der Spalte QIS5 valuation priciples. Um dem Leser das Spreadsheet leichter verständlich zu machen, folgen nun kurze Erläuterungen zu den einzelnen Posten plus deren deutsche Übersetzung:
16 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE Spreadsheet und einige Besonderheiten - ASSETS Abbildung 2.1: Spreadsheet Assets
17 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 17 Goodwill In der Solvency-II -Bilanz wird der Goodwill (=Geschäftswert) mit Null bewertet. Der Goodwill ist eine Residualgröße, die nur im Zusammenhang mit dem erworbenen Unternehmen entsteht. Deshalb ist ein losgelöster Verkauf des Goodwills nicht möglich. Immaterielle Vermögensgegenstände Immaterielle Vermögensgegenstände dürfen nur angesetzt werden, wenn eine Fair Value-Bewertung möglich ist. Die Bestimmung eines ökonomischen Wertes erfolgt unter Bezugnahme auf einen aktiven Markt: gehandelte Produkte sind homogen vertragswillige Käufer und Verkäufer können in der Regel jederzeit gefunden werden Preise stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung Foglende Ansatzkriterien sind zu beobachten: Identifizierbarkeit Verfügungsgewalt künftiger wirtschaftlicher Nutzen Wahrscheinlichkeit des Nutzenflusses Anlagekapital verlässlich ermittelbar Jene immaterielle Vermögensgegenstände, die oben genannte Kriterien nicht erfüllen, werden mit Null bewertet. Immobilien Immobilien sind mit jenem Wert zu bemessen, zu dem sachverständige, vertragswillige und voneinander unabhängige Geschäftspartner ihn tauschen könnten (vgl. ökonomische Bewertung). Außerdem werden gegenwärtige Mieterträge und angemessene, vertretbare Annahmen zukünftiger Mieterträge berücksichtigt. Da sehr oft keine aktiven Märkte existieren, soll folgendermaßen vorgegangen werden: Um Sachanlagen zu bewerten sollen unabhängige, sachverständige Gutachter
18 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 18 herangezogen werden. 4 Außerdem sind aktuelle Preise von aktiven Immobilienmärkten zu berücksichtigen, die dann an Lage, Zustand und Art der Immobilie angepasst werden. Andererseits sollen auch Preise für ähnliche Immobilien auf weniger aktiven Märkten analysiert werden. Beim Erstellen von Prognosen sind diskontierte Cash-Flow-Ergebnisse zu verwenden. Diese Cash-Flow-Ergebnisse stützen sich auf Vertragsbedingungen bestehender Mietverträge bzw. auf externe Hinweise auf aktuelle marktübliche Mieten. Beteiligungen Tochterunternehmen werden nach den an aktiven Märkten notierten Kursen bewertet. Falls jedoch kein Kurs an einem aktiven Markt zur Verfügung steht, soll die Angepasste Equity Methode verwendet werden: Angepasste Eqity-Methode Beteiligungen an Tochterunternehmen werden mit dem anteiligen Überschuss der gemäß SII-Rahmenrichtlinie/Technical Specifications bewerteten Aktiva über den Verbindlichkeiten angesetzt. Alle anderen Unternehmen, die unter den Beteiligungsbegriff fallen, sollen ebenfalls mit oben genannter Methode berechnet werden. Eventuell kann auch mit Modellwerten gerechnet werden (vgl. Fair Value- Prinzip). Aktivierte Abschlusskosten Defintion: Kosten eines Versicherungsunternehmens, die beim Abschluss oder der Verlängerung eines Vertrages entstehen. Die Aktivierung führt zu einer Verteilung der Kosten auf die Vertragslaufzeit. In der QIS5 werden aktivierte Abschlusskosten nicht berücksichtigt, da die Solvency-II -Bilanz auf einer Schätzung zukünftiger Zahlungsströme basieren soll. Aktivierte Abschlusskosten sind aber Zahlungsströme, die bereits in der Vergangenheit stattgefunden haben. Interessant ist auch, dass zukünftige 4 vgl. IAS und IAS 16.32
19 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 19 Prämien sehr wohl einen Kostenanteil zur Deckung der Abschlusskosten enthalten können. Latente Steuern Grundlage für die Bewertung sind die Differenzen zwischen Steuerbilanz und Solvency II - Bilanz. Die Bildung latenter Steuern erfolgt nach der bilanzbasierten Liability method. Prinzipiell sind latente Steuerforderungen und latente Steuerverbindlichkeiten möglich. Liability-Methode Bei der bilanzorientierten Liability-Methode, auch als Verbindlichkeitenmethode bekannt, werden aktive latente Steuern wie Forderungen und passive latente Steuern wie Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt betrachtet. Der richtige Vermögens- und Schuldenausweis wird in den Vordergrund gestellt. Bei der Liability-Methode kommt es nicht auf den Ergebnisunterschied an, sondern auf die Unterschiede in den einzelnen Bilanzpositionen. Die jeweilige Höhe hängt von den zukünftigen Steuersätzen ab, welche im Zeitpunkt der Umkehr der Differenzen anzuwenden sind. Daher müssen diese Steuersätze ggf. geschätzt werden. Eine spätere Änderung des Steuersatzes hat zur Folge, dass eine Anpassung der latenten Steuern erfolgen muss. Die verlustmindernde Wirkung latenter Steuern ist in der SCR-Standardformel berücksichtigt.
20 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE Spreadsheet und einige Besonderheiten - LIABILITIES Abbildung 2.2: Spreadsheet Liabilities Im Unterschied zu den aktuellen Rechnungslegungsstandards und den lokalen Richtlinien der Rechnungslegung werden in der QIS5 wegen nicht existenter Marktwerte für Verbindlichkeiten die versicherungstechnischen Rückstellungen durch Addition von Best Estimate (=bester Schätzwert) und Risk Margin (=Risikomarge/Risikopuffer) berechnet.
21 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 21 Best Estimate Der Best Estimate oder bester Schätzwert ist unter ökonomischer Betrachtung der Barwert zukünftiger Zahlungen, die um den Zeitwert des Geldes angepasst werden (diskontiert). Das bedeutet, es müssen die künftigen Ausgaben des Versicherers für Schadenzahlungen nach mathematisch-statistischen Methoden berechnet werden, wobei Auswirkungen von rechtlichen, wirtschaftlichen, medizinischen, sozialen und demographischen Entwicklungen mit einbezogen werden müssen. Diese Vielzahl von Einflüssen macht die Berechnung eher schwierig. Hier ist wieder auf den Grundsatz der Proportionalität zu verweisen. Risk Margin Die Risikomarge wird auch als Risikopuffer bezeichnet. Sie ist der Barwert der Kapitalkosten für zu haltende Solvenzkapitalien über die Restlaufzeit der versicherungstechnischen Verpflichtungen und spiegelt jenen Grad der Unsicherheit wider, der mit der Best-Estimate-Reserve verbunden ist. Sie dient vor allem zur Abdeckung der von nicht-hedgebaren 5 Risiken (wie z.b. das versicherungstechnische Risiko) verursachten Kosten beim Auslaufen des Bestandes. Außerdem werden von der Risk Margin jene Kosten beschrieben, die entstehen wenn ein anderer Versicherer das Geschäft übernimmt und die Kosten über den Best Estimate hinausgehen. Es gibt verschiedene Varianten 6 zur Berechnung der Risikomarge, jedoch der Standardansatz in der QIS5 ist der Cost-of-Capital-Ansatz7. 5 Ein Risiko ist hedgebar wenn sich die zugehörigen Zahlungsströme durch entsprechende Finanzinstrumente nachbilden lassen. 6 z.b. auch Quantilsansatz 7 Kapitalkosten-Ansatz
22 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 22 Beispiel zur Berechnung der Risk Margin nach dem CoC-Ansatz Die Berechnung der Risikomarge erfolgt in drei Schritten: 1. Schritt: Berechnung des zukünftigen Solvency Capital Requirement 8 Zur Berechung benötigt man einen Cash-Flow-Pattern für die jeweilige Sparte. Auf diesen Cash-Flow-Pattern wird das Solvency Capital Requirement projiziert. Das projizierte SCR bedeutet, dass x% der Leistung im i-ten Jahr zu erbringen sind - hier: im ersten Jahr 5000 (entspricht 50%) 8 die Berechnung des SCRs ist kompliziert und stellt daher für einige Unternehmen ein Problem dar. vgl. Kapitel 2.2.4
23 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE Schritt: Ermittlung jener Kosten, die für das Halten des zukünftigen SCRs erforderlich sind durch einen CoC-Faktor von 6%. 6% des SCRs sind als Risikopuffer zu behalten. Deshalb wird die auf die Jahre verteilte Solvenzkapitalanforderung mit dem CoC-Faktor von 6% multipliziert.
24 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE Schritt: Diskontierung mit dem risikolosen Zins v i Die Risikomarge berechnet sich also folgendermaßen: Riskmargin = i SCR i v i 6% (2.1) wobei i einen Laufindex für die Jahre darstellt Schwierigkeiten bei der Berechnung der Riskmargin Die wohl größte Aufgabe stellt die Berechnung des Solvency Capital Requirements dar. Denn das SCR besteht aus folgenden Teilen: Abbildung 2.3: Solvency Capital Requirement
25 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 25 Das SCR ergibt sich aus dem operationellem Risiko, Anpassungen und dem Basissolvenzkapital, wobei das Basissolvenzkapital (BSCR) aus dem 1. Marktrisiko 2. VT-Risiko Leben 3. VT-Risiko NL 4. VT Risiko Kranken 5. Ausfallsrisiko und 6. Risiko immaterieller Vermögensgegenstände besteht. 1. Das Marktrisiko hat für das Solvenzkapital eine sehr hohe Bedeutung und setzt sich zusammen aus: Zinsrisiko: betrifft alle Aktiva und Passiva, die sensitiv auf Veränderungen der Zinsstrukturkurve reagieren. Aktienrisiko: adressiert die Risiken aus den Schwankungen der Aktienkurse für alle diesbezüglichen Aktiva und Passiva Immobilienrisiko: Spreadrisiko: es werden die Auswirkungen der Änderungen von Kreditspreads gegenüber dem risikolosen Zins auf den Marktwert von Kapitalanlagen unter Kreditrisko analysiert Fremdwährungsrisiko: bezieht sich auf Aktiva und Passiva, die in Fremdwährung gehalten sind Konzentrationsrisiko: erwächst aus einer höheren Volatilität sowie einem gestiegenen Risiko bei Ausfall eines Emittenten in einem Kapitalanlageportfolio mit geringer Streuung Illiquiditätsprämienrisiko: erwächst aus der Möglichkeit des Absinkens der Illiquiditätsprämie 2. Das versicherungstechnische Risiko Leben besteht aus: Biometrischen Risiken (Sterblichkeits-, Langlebigkeits-, Invaliditätsrisiko): sind Trend- oder Änderungsrisiken in Bezug auf tatsächliche Ausscheideordnung Stornorisiko: Policen, die bei Storno Gewinn erzeugen Risiko der Verringerung der Stornoraten
26 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 26 Policen, die bei Storno Verlust erzeugen Risiko der Erhöhung der Stornoraten Risiko des Massenstornos Kostenrisiko: bildet Trend- und Änderungsrisiken ab, im Bezug auf tatsächlichen Aufwendungen des VU Revisionsrisiko: für bestimmte Rentenverpflichtungen aus Schaden- Unfall-Versicherung von Bedeutung Katastrophenrisiko: ist das Risiko extremer Schwankungen von Sterblichkeit und Invalidität 3. Das versicherungstechnische-risko Nicht-Leben besteht aus: Prämien- und Reserverisiko: Bildet die aus der zukünftigen Gefahrentragung resultierende Schwankung der Schadenlast ab Stornorisiko Katastrophenrisiko: Risiko von Naturgefahren und von Menschen verursachte Katastrophen 4. Das versicherungstechnische Risiko Kranken setzt sich zusammen aus: Kranken nach Art der Leben: Biometrische Risiken: Änderungsrisiko: Risiko eines Verlustes, das sich aus Veränderungen in der Höhe, im Trend oder in der Volatilität der bei der Bedienung von Versicherungs- und Rückversicherungsverträgen angefallenen Kosten ergibt Schwankungsrisiko: Risiko eines Verlustes, das sich aus Schwankungen in Bezug auf das Eintreten, die Häufigkeit und die Schwere der versicherten Ereignisse und in Bezug auf das Eintreten und den Betrag der Leistungsregulierungen zum Zeitpunkt der Bildung der Rückstellungen ergibt Stornorisiko Kostenrisiko Revisionsrisiko Kranken nach Art der Nichtleben Prämien- und Reserverisiko Stornorisiko
27 KAPITEL 2. BEWERTUNGSANSÄTZE 27 Katastrophenrisiko: Risiko eines Verlustes, das sich aus einer signifikanten Ungewissheit in Bezug auf die Preisfestlegung und die Annahmen bei der Rückstellungsbildung im Hinblick auf den Ausbruch größerer Epidemien sowie die ungewöhnliche Häufung der unter diesen extremen Umständen auftretenden Risiken ergibt. 5. Ausfallsrisiko: Das Ausfallrisiko von Geschäftspartnern umfasst das Risiko von möglichen Verlusten aufgrund des unerwarteten Ausfalls oder der Minderung der Kreditwürdigkeit von Geschäftspartnern oder Schuldnern. 6. Das Risiko immaterieller Vermögenswerte besteht aus: (a) Marktrisiken in Form von sinkenden Preisen auf dem relevanten aktiven Markt oder auch durch unerwartete Liquiditätsengpässe hervorgerufene Marktstörungen. (b) Immanente Risiken beispielsweise in Form von Problemen bei Fertigstellung des immateriellen Vermögensgegenstands, sonstigen Störungen mit negativem Einfluss auf den erwarteten künftigen wirtschaftlichen Nutzenzufluss oder einer Verschlechterung des Produktimages auf dem Absatzmarkt.
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