Strukturreform des Versorgungsausgleichs
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- Britta Lorentz
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1 Strukturreform des Versorgungsausgleichs Mit Wirkung zum 1. September 2009 tritt das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) in Kraft. Ziel dieses Reformvorhabens ist es, den im Jahre 1977 mit der Ehereform eingeführten Versorgungsausgleich gerechter und einfacher auszugestalten. Aus Sicht des Deutschen BundeswehrVerbandes (DBwV) wird dieses Ziel in einem wesentlichen Kernbereich jedoch verfehlt, da die überproportionalen Belastungen für beim Versorgungsausgleich Ausgleichspflichtige, die vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden (aufgrund der dienstgradbezogenen besonderen Altersgrenzen also insbesondere Berufssoldaten), trotz intensivster gemeinsamer Anstrengungen des DBwV und des BMVg auch nach der Strukturreform weiterhin bestehen bleiben. Zumindest konnte am Ende des Gesetzgebungsverfahrens wenigstens eine weitere gravierende Verschlechterung in diesem Zusammenhang abgewendet werden. In einigen Punkten bringt das neue Recht auch Verbesserungen mit sich. Der nachfolgende Artikel soll einen Überblick über die wesentlichen inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Änderungen der Strukturreform geben, kann jedoch im Einzelfall eine Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht nicht ersetzen. 1. Zweck und Prinzip des Versorgungsausgleichs Der Versorgungsausgleich verfolgt die verfassungsrechtlich gebotene Aufgabe, die von den Eheleuten während der Ehezeit erworbenen Anrechte (Anwartschaften bzw. Ansprüche) auf eine Versorgung wegen Alters oder Invalidität (z. B. Pensionen nach dem SVG, Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, VBL-Renten etc.) im Falle der Scheidung zu gleichen Teilen aufzuteilen (sog. Halbteilungsgrundsatz). Ziel ist es, frühzeitig eigenständige Versorgungsanrechte der ausgleichsberechtigten Person (in der Regel der Ehefrau) zu schaffen und damit die Versorgungsschicksale der geschiedenen Eheleute endgültig zu trennen. Faktisch erfolgt damit eine Gleichstellung der Erwerbstätigkeit mit Zeiten der Haushaltsführung/Kindererziehung. Nach dem alten Recht besteht das grundsätzliche Ausgleichsprinzip darin, dass das Familiengericht nach Zuarbeit der beteiligten Versorgungsträger alle in der Ehezeit erworbenen Anrechte saldiert (sog. Gesamtsaldierung) und den Versorgungsausgleich sodann in der Höhe des hälftigen Wertunterschiedes durch Begründung bzw. Erhöhung von Anrechten im System der gesetzlichen Rentenversicherung vollzieht. 1
2 Beispiel: Halbteilungsgrundsatz = Prinzip des Versorgungsausgleichs (VA) Saldierung ehezeitlich erworbener Anrechte auf Altersversorgung und Einmalausgleich über gesetzliche Rentenversicherung in Höhe hälftigen Wertunterschieds Beispiel: Berufssoldat: Pensionsanteil / Ehezeit Ehefrau: Rentenanteil / Ehezeit 400 Versorgungsausgleich: = 600 : 2 = 300 zu Lasten des Berufssoldaten VersAusgl 25. Mai 2009 VR-1/11 1 Das neue Recht sieht demgegenüber einen sog. Hin- und Her-Ausgleich vor. Das bedeutet, dass jedes einzelne ehezeitlich erworbene Anrecht grundsätzlich intern geteilt wird, also im Versorgungssystem des jeweils Ausgleichspflichtigen. Dadurch werden die Ehegatten zukünftig häufig mit mehreren Versorgungsträgern in Berührung kommen. Andererseits entfällt die Notwendigkeit, z. B. VBL-Renten zum Zweck der Vergleichbarkeit mit der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen (Dynamisierung nach der sog. Barwert-Verordnung). Sie werden daher mit dem vom Versorgungsträger errechneten Nennwert dem Versorgungsausgleich unterworfen. 2
3 Beispiel: Strukturreform des Versorgungsausgleichs VA zukünftig: interne Teilung jedes Anrechts im System des Ausgleichspflichtigen (sog. Hin und Her Ausgleich) Beispiel: Versorgungsanrecht BS Ehefrau erwirbt davon 500 Rentenanwartschaft Ehefrau 400 BS erwirbt davon 200 VersAusgl 25. Mai 2009 VR-1/11 2 Dieses neue Ausgleichsprinzip hätte jedoch insbesondere für Berufssoldaten einen gravierenden Nachteil enthalten. Konnte im Wege der Gesamtsaldierung bisher z. B. der von der Ehefrau erworbene ehezeitliche Rentenanteil zu einer Reduzierung des Abzugsbetrages genutzt werden, so wäre dies nach neuem Recht zunächst möglicherweise über viele Jahre nicht der Fall gewesen. Während wie bisher die Versorgung grundsätzlich bereits ab der Zurruhesetzung gekürzt wird, hätte der Berufssoldat den von der Ehefrau erworbenen anteiligen Rentenanspruch gegenüber der Rentenversicherung erst dann geltend machen können, wenn er selbst das Regelrenteneintrittsalter (z. B. Vollendung des 65. Lebensjahres) erreicht hätte. Dies konnte der DBwV in letzter Minute verhindern, wobei nunmehr 35 des (neuen) Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG) u. a. in Fällen besonderer Altersgrenzen vorsieht, dass der Abzugsbetrag des Versorgungsausgleichs auf Antrag (bei der WBV) um das von der Ex-Ehefrau erworbene Anrecht (z. B. Rente) gekürzt wird, solange daraus selbst noch keine Leistung bezogen werden kann. Mit anderen Worten: Das Hin- und Her-Prinzip wird durchbrochen. Bis der Berufssoldat z. B. selbst eine Rente erhalten kann, wird wie bisher eine Saldierung vorgenommen. 3
4 Beispiel: Strukturreform des Versorgungsausgleichs!!! Beabsichtigte Verschlechterung abgewendet!!! * Plan BMJ: Keine Saldierung der Anrechte bei zeitlich auseinander fallendem Versorgungs/Rentenbeginn (Ausnahme: Invalidität) Bsp.: Versorgungsanrecht BS Ehefrau erwirbt davon 500 Rentenanwartschaft Ehefrau 400 BS erwirbt davon 200 (aber erst mit 65 Jahren!) Folge: Im Vergleich zu altem Recht wäre VA quasi zwischen Pensionierung und Erreichen Regelrentenalter um mtl. 200 (ohne Dynamisierung) erhöht worden! -> Mehrbelastung (Bsp.: StFw): 12 x 12 x 200 = VersAusgl 25. Mai 2009 VR-1/11 3 Strukturreform des Versorgungsausgleichs Erreichte Lösung: Bei Zurruhesetzung aufgrund besonderer Altersgrenze wird Versorgungsausgleich bis zum Erreichen des Rentenalters (65. Lebensjahr) um erworbene Rentenanwartschaft reduziert. VA also monatlich 300 statt 500 VersAusgl 25. Mai 2009 VR-1/11 4 Ob der Versorgungsausgleich nach altem oder neuem Recht durchgeführt wird, hängt vom Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung ab. Wird ein Verfahren über den Versorgungsausgleich noch vor dem eingeleitet dies erfolgt in aller Regel mit dem Scheidungsantrag, gilt nach 48 VersAusglG zunächst grundsätzlich das alte Recht. Dies gilt aber nicht, wenn das Familiengericht am 31. August 2010 noch keine Endentscheidung in erster Instanz über den Versorgungsausgleich getroffen hat oder das Verfahren am 01. September 2009 abgetrennt bzw. ausgesetzt war oder ruhte. 4
5 Können einerseits mit dem neuen Recht die ehezeitlich erworbenen Anrechte exakter aufgeteilt und auch in aller Regel betriebliche und private Anrechte bereits abschließend geregelt werden, so bleibt andererseits in vielen Fällen ein erhöhter Verwaltungsaufwand festzustellen. Insbesondere können zukünftig die Ex-Ehefrauen von Berufssoldaten ihren anteiligen Versorgungsanspruch ab Erreichen des Rentenalters oder bei Erwerbsunfähigkeit zusätzlich zur eigenen Rente von der Rentenversicherung bei der zuständigen WBV direkt geltend machen. Es handelt sich jedoch um einen Versorgungsanspruch eigener Art, der z. B. nicht zu einem Beihilfeanspruch führt. 2. Vereinfachungen des neuen Rechts Nach neuer Rechtslage ist es den Ehegatten in deutlich erweitertem Umfang möglich, Regelungen zum Versorgungsausgleich zu treffen, ihn insbesondere ganz oder teilweise vorher auszuschließen oder in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse (z. B. Hauseigentum) einzubeziehen. Da dadurch unter Umständen die Rechte des potenziell ausgleichsberechtigten Ehegatten erheblich berührt werden, bedarf es dazu aber weiterhin der notariellen Mitwirkung. Ebenso darf eine solche Regelung einen der Ehegatten nicht übermäßig benachteiligen. Zudem wird zukünftig bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren ein Versorgungsausgleich grundsätzlich nicht mehr durchgeführt, es sei denn, ein Ehegatte beantragt dies. Die Ehezeit ist wie bisher gesetzlich definiert und unterliegt nicht der Beeinflussung durch die Ehegatten. Sie beginnt am Ersten des Monats der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrages. 3. Härtefallregelungen a) Pensionärsprivileg Das sog. Pensionärsprivileg fällt mit Wirkung zum 1. September 2009 weg. Nach bisheriger Rechtslage bedeutet es, dass in dem Fall, in dem die Entscheidung über den Versorgungsausgleich erst nach der Versetzung in den Ruhestand Rechtskraft erlangt, die Versorgung auch erst dann gekürzt wird, wenn die Ex-Ehefrau tatsächlich eine Rente aus dem Versorgungsausgleich erhält. Zukünftig wird also der Versorgungsausgleich auch im Falle einer Scheidung als Pensionär bereits mit der Rechtskraft der Scheidung bzw. bei abgetrenntem Verfahren der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich sofort von der Pension in Abzug gebracht. Ebenfalls gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens konnte zumindest noch eine Übergangsregelung erreicht werden. Diese findet sich in 55 c Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG). Danach greift das Pensionärsprivileg (letztmalig) dann, wenn der Anspruch auf Ruhegehalt vor dem 1. September 2009 entstanden und das Verfahren über den Versorgungsausgleich zu diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist. Für die Einleitung des Verfahrens genügt in aller Regel die Einreichung des Scheidungsantrags. Allerdings setzt dieser grundsätzlich eine mindestens einjährige Trennungszeit voraus. Wer also bereits mindestens ein Jahr in Trennung lebt und sich im Status Pensionär befindet, sollte schnellstmöglich handeln. b) Unterhaltsprivileg Selbst bei einer Scheidung während der aktiven Dienstzeit wird nach altem Recht der Versorgungsausgleich nach einem entsprechenden Antrag bei der WBV zunächst noch nicht abgezogen, wenn und solange gegenüber der Ex-Ehefrau eine 5
6 gesetzliche Unterhaltsverpflichtung besteht. Diese kann auch durch eine Kapitalabfindung abgegolten worden sein. Auf die Höhe der Unterhaltsverpflichtung kommt es nicht an. Das Unterhaltsprivileg gilt so lange, bis die Ex-Ehefrau aus dem Versorgungsaugleich eine Rente erhält. Nach neuem Recht kann eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ex-Ehefrau den Versorgungsausgleich in diesen Fällen nicht mehr in voller Höhe beseitigen. Vielmehr mindert sich die Versorgungskürzung zukünftig nur noch in Höhe des zu zahlenden Unterhalts. Zudem ist der Antrag nicht mehr bei der zuständigen WBV, sondern beim örtlich zuständigen Familiengericht zu stellen. c) Tod der Ex-Ehefrau Im Falle des Versterbens der Ex-Ehefrau gelten die Härteregelungen des sog. Vorund Alsbaldversterbens. Das Vorversterben liegt vor, wenn die Ex-Ehefrau verstirbt, bevor sie aus dem Versorgungsausgleich eine Leistung in der Regel eine Rente bezogen hat. In diesem Falle wird auf Antrag bei der WBV der Versorgungsausgleich beendet, bereits abgezogene Beträge werden zurückerstattet. Nach neuem Recht bleibt es im Grunde bei der Härteregelung des Vorversterbens, jedoch wird der Versorgungsausgleich erst ab dem Monat nach Antragseingang beendet, zuvor bereits abgezogene Beträge werden also nicht mehr zurückerstattet. Ein Alsbaldversterben nach alter Rechtslage ist gegeben, wenn die Ex-Ehefrau nach Bezug von Leistungen aus dem Versorgungsausgleich verstirbt und weder sie noch etwaige Berechtigte auf Hinterbliebenenversorgung Gesamtleistungen über der Höhe eines (fiktiven) Grenzbetrages einer zweifachen Jahresaltersrente der Ex- Ehefrau bezogen haben bzw. beziehen. Mit anderen Worten kann der Versorgungsausgleich trotzdem weitergeführt werden, wenn die Ex-Ehefrau zwar z. B. ein Jahr nach Rentenbeginn verstirbt, ein Zweit-Ehemann jedoch in der Folge Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat und seine Renten in Summe mit den bereits von der Ex-Ehefrau bezogenen Renten den Grenzbetrag (Zweijahresrente der Ex- Ehefrau) überschreiten. Zukünftig wird beim Alsbaldversterben die Frist auf drei Jahre (36 Kalendermonate) verlängert, wobei es ausschließlich nur noch auf den Rentenbezug der Ex-Ehefrau ankommt. Etwaige Hinterbliebenenrenten sind somit in Zukunft nicht mehr schädlich. Der Versorgungsausgleich wird ab dem auf den Antrag folgenden Monat beendet, zugleich erlischt aber auch der Anspruch auf den z. B. von der Ex-Ehefrau erworbenen Rentenanteil. Allerdings greift die Härteregelung beim Tod der Ex-Ehefrau nicht, wenn nur die Hinterbliebenen des Ausgleichspflichtigen profitieren würden. Stirbt also die Ex-Frau z. B. ein Jahr nach Rentenbeginn und ist der Ausgleichspflichtige zu diesem Zeitpunkt ebenfalls bereits verstorben, wird der Versorgungsausgleich fortgeführt. Achtung: Ob die Härtegründe nach altem oder neuem Recht Anwendung finden, entscheidet sich danach, ob der jeweilige Antrag vor dem 1. September 2009 bei der zuständigen Stelle eingeht (vgl. 49 VersAusglG). In diesem Zusammenhang ist es nach Auffassung des Verfassers möglich, den Härtegrund Alsbaldversterben zu nutzen, wenn die Ex-Ehefrau im Zeitraum vor dem 01. September 2009 zwar mehr als zwei Jahre, aber innerhalb von drei Jahren nach Rentenbeginn verstorben ist. Endgültig geklärt ist diese Auslegung des Gesetzes jedoch nicht. In jedem Fall würde die Kürzung frühestens ab dem Monat nach Antragseingang beendet (s. o.). 6
7 d) Abänderungsverfahren zur Reduzierung des Versorgungsausgleichs 4. Fazit Liegen die oben unter c) dargestellten Härtegründe nicht vor, so besteht unter Umständen die Möglichkeit, durch ein sog. Abänderungsverfahren den Abzugsbetrag des Versorgungsausgleichs zu reduzieren. Hintergrund ist, dass die anlässlich der Erstentscheidung ermittelten Ehezeitanteile natürlich immer nur auf die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen bezogen sein können. Insofern handelt es sich oftmals um eine Prognose, die sich aufgrund nachehezeitlicher Entwicklungen in rechtlicher und/oder tatsächlicher Hinsicht später nicht mehr als zutreffend erweist. Im Bereich der Versorgung der Berufssoldaten sei z. B. an die sog. Pensionsabflachungen oder die mehrfache Reduzierung der Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) erinnert. Ebenso kann es zu einer Veränderung bei der Länge der Dienstzeit kommen, z. B. aufgrund späterer Beförderungen oder Anhebung der Altersgrenzen. Bei Scheidungen vor dem Jahre 1986 treten auf Seiten der Ex-Ehefrau nunmehr oftmals Kindererziehungszeiten hinzu. Nach alter Rechtslage hat ein derartiges Abänderungsverfahren Erfolg, wenn die Neuberechnung zu einem Wert führt, der um mehr als 10 % von dem bei der Erstentscheidung berechneten Wert abweicht. Die Berechnung bezieht sich dabei dem alten Recht entsprechend auf die Hälfte des Wertunterschieds, der sich aus dem Gesamtsaldo ergibt. Nach neuem Recht muss die Abweichung nur noch mindestens 5 % betragen, wobei sich die Prüfung nur noch auf das konkret betroffene einzelne Anrecht (z. B. Pensionsanspruch des Berufssoldaten) bezieht. Es muss also z. B. lediglich ermittelt werden, ob sich (nur) die ehezeitliche Versorgung (z. B. Pension nach dem SVG) um mindestens 5 % verändert hat. Die 5 % beziehen sich dabei nicht auf den Ehezeitanteil, sondern auf den sog. Ausgleichswert, also den hälftigen Ehezeitanteil. Auf den Rentenanteil der Ex-Ehefrau bzw. dessen Neuermittlung kommt es für die Erfolgsaussichten nicht mehr an. Die Abänderung wirkt ab dem Folgemonat nach Antragseingang. Während der Antrag nach alter Rechtslage zulässig ist, wenn einer der Ex- Ehegatten das 55. Lebensjahr vollendet hat oder aus dem Versorgungsausgleich bereits eine Leistung bezieht, kann nach neuem Recht der Abänderungsantrag frühestens sechs Monate vor dem Bezug einer laufenden Versorgung/Rente gestellt werden. Ob das Abänderungsverfahren nach altem oder neuem Recht durchgeführt wird, hängt wiederum davon ab, ob der Abänderungsantrag vor dem 1. September 2009 beim Familiengericht eingegangen ist. Ein Abänderungsantrag nach neuem Recht führt dazu, dass die einzelnen Anrechte durch das Familiengericht nach dem neuen Hin und Her-Ausgleich aufgeteilt werden. Dies ist auch sachgerecht, da ansonsten über viele Jahre noch zwei Ausgleichsprinzipien bestehen würden. Leider ändert die Strukturreform nichts an den u. a. für Berufssoldaten mit dem Versorgungsausgleich bewirkten überproportionalen Belastungen. Diese bestehen wie bereits erwähnt im Übrigen für alle Betroffenen, die vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Sie treffen also z. B. auch Polizeivollzugs- und Feuerwehrbeamte, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzte Beamte oder Arbeitnehmer, die vorgezogene Renten wegen Erwerbsminderung beziehen. Die Belastungen bei Berufssoldaten aufgrund der besonderen Altersgrenzen ergeben sich zum einen aus der Berechnung des Ehezeitanteils bzw. neu Ausgleichswerts der (späteren) Versorgung, der aufgrund einer Zeit-Zeit-Berechnung (sog. zeitratierliche Methode) bestimmt wird, wobei 7
8 die Ehezeit ins Verhältnis zur Gesamtdienstzeit gesetzt wird. Je kürzer die Gesamtdienstzeit, desto höher der Ehezeitanteil der Versorgung und somit der potenzielle Versorgungsausgleich. Der zweite Aspekt besteht im Gesamtkürzungsvolumen, das natürlich ungleich höher ist, wenn der Abzug bereits z. B. nach einer Zurruhesetzung nach Vollendung des 53. Lebensjahres beginnt anstatt wie bei einem vergleichbaren Beamten nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Beide Aspekte wurden gemeinsam vom DBwV und dem BMVg im gesamten Gesetzgebungsverfahren in vielen Schriftsätzen und unzähligen Gesprächen immer wieder hervorgehoben, verdeutlicht und auf entsprechende Änderungen hingewirkt. Dabei wurden auch zahlreiche Beispiele angeführt, aus denen sich z. B. ergab, dass bei einer Scheidung einer Beamtin (A 11) von einem Stabsfeldwebel A 9 aufgrund vorgenannter Aspekte der Stabsfeldwebel ausgleichspflichtig wird! Sowohl der Bundesvorsitzende, Oberstleutnant Kirsch, als auch sein Amtsvorgänger, Oberst Gertz, und der Vorsitzende ERH im Bundesvorstand, Kapitänleutnant a. D. Horst Rieß, haben sich in dieser Thematik unermüdlich engagiert. U. a. fanden Gespräche mit der Bundesjustizministerin, dem Bundesinnenminister, den Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalitionsparteien und zahlreichen Parlamentariern statt. Ebenso wurde zweimal bei sämtlichen Ministerpräsidenten interveniert. Wenngleich die große Änderung aufgrund des erheblichen Widerstandes insbesondere von BMJ, BMF, BMAS und des federführenden Rechtsausschusses (diesmal noch) nicht erreicht werden konnte, wurde zumindest wesentlich Schlimmeres verhindert und die Möglichkeit für ein Abänderungsverfahren (Reduzierung des Abzugsbetrages) deutlich erweitert. Die Thematik Versorgungsausgleich wird jedoch weiterhin einen absoluten Tätigkeitsschwerpunkt des DBwV darstellen. Der Verband wird hier nicht ruhen, bis eine Lösung im Sinne der Betroffenen gefunden ist. Dass sich entsprechende Bemühungen irgendwann auszahlen, hat nicht zuletzt der Bereich der Einsatzversorgung/Einsatzweiterverwendung in deutlicher Weise gezeigt. Entsprechend werden wir auch gegenüber der neuen Bundesregierung agieren. dk 8
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