KU Wirtschafts- und Europastrafrecht StGB

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1 3. Einheit: 153 StGB Referate: David RIGGER, Anna REUMANN, Heidrun REITER, Doris PROKESCH, Philipp PFLEGER, Thomas PFALZ, Patrick NOVACEK Zusammenfassung: Keriman ÖZKAN 1. Tatbestand des Missbrauchs im 153 StGB Treuebruchstheorie: Untreue besteht in einem Missbrauch einer besonderen Fürsorgepflicht gegenüber dem Vermögen des Machtgebers Missbrauchstheorie: bewusste Vornahme einer rechtsgeschäftlichen Handlung, die zwar im Außenverhältnis, nicht aber im Innenverhältnis, gedeckt ist. In Österreich gilt die Missbrauchstheorie. Missbrauch kann auch gem. 2 durch Unterlassen begangen werden, indem der Machthaber die Vermögenslage des Machtgebers nicht mit der gebotenen Sorgfalt verbessert bzw. eine gebotene Rechtshandlung nicht vornimmt. Die Pflichtwidrigkeit der Vertretungshandlung wird ex ante beurteilt. Bsp.: - Bevollmächtigter und Geschäftspartner vereinbaren eine Provision, die sich zu Lasten des Geschäftsherrn auswirkt - Prokuristen/ Geschäftsführer verkaufen Waren zu billig - Geld vom Firmenkonto für eigene Zwecke abheben - Anerkennung unrichtiger Rechnungen, etc. Der Täter muss seine Vollmacht wissentlich missbrauchen, für die Schädigung des Machtgebers genügt bedingter Vorsatz. Bei Parteispenden, Sponsoring, Repräsentationsaufwendungen usw. hat der Bevollmächtigte die Leistungsfähigkeit und Zielsetzung des Machtgebers sowie die Gepflogenheiten des seriösen Geschäftslebens zu berücksichtigen. Die Judikatur zählt das Verjährenlassen von Schadenersatzforderungen als Missbrauch und distanziert sich somit von der Missbrauchstheorie. D.h. in Österreich gelten eigentlich beide Theorien. 2. Verzocken : Kann ein Vorstand der ÖBB Gelder der ÖBB anlegen? Seit dem Inkrafttreten des Bundesbahnstrukturgesetz 2003 ist die ÖBB kein Sonderrechtsträger mehr -> Umwandlung in einen Konzern Anzeige des ehemaligen ÖBB-Vorstandes wegen Verdachts der Untreue: wegen Zahlung von an einen Lobbyisten ohne wirtschaftliche Begründung Einwendung des ÖBB-Vorstandes: Rechnung unter Einhaltung aller gesetzlichen, konzernrechtlichen und aktienrechtlichen Bestimmungen freigegeben 1

2 Im Bundesbahngesetz keine Bestimmung über den Vorstand Satzung der ÖBB Holding AG: nur Auskunft über die Anzahl der Vorstandsmitglieder (mind. 2 Personen) und Beschlussfähigkeit Corporate Governance Bericht: Die ÖBB-Holding AG hat sich freiwillig, da sie nicht börsenotiert ist, dem Österreichischen Corporate Governance Kodex unterworfen. Dieser besagt, dass der Vorstand der ÖBB-Holding AG eine Unternehmensstrategie verfolgt, wie es das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen des Eigentümers, der Republik Österreich und der Arbeitnehmer erfordert. Verweis auf das AktG durch Angestellten der ÖBB; allen darüber hinaus gehenden Governance-Instrumenten sind nicht öffentlich zugängliche gesellschafts- bzw. konzerninterne Regelwerke. AktG: - Vorstand ist das willensbildende Organ der Gesellschaft und ihm stehen äußerst viele Rechte und ein breiter Handlungsspielraum zu - Gemäß dem 70 AktG hat der Vorstand unter eigener Verantwortung die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer sowie des öffentlichen Interesses es erfordert - Es herrscht grundsätzlich Gesamtgeschäftsführung (außer die Satzung weicht davon ab - > ÖBB-Satzung spricht von mind. 2 Vorständen!) - Bei der Geschäftsführung müssen diese die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Falls sie diese Obliegenheit verletzen sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet Abs 5 AktG: bei Investitionen und bestimmten Anschaffungskosten ist die Zustimmung des Aufsichtsrates nötig, aber diese stellt keine Wirksamkeitsvoraussetzung dar. Bei einem Verstoß kann der Vorstand schadenersatzpflichtig oder vorzeitig abberufen werden. Es gibt keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über den Missbrauch. Daher ist es schwer zu bestimmen, ob ein Missbrauch nun wirklich vorliegt, oder nicht. Die Bestimmungen sind zu ungenau formuliert. Folge: kein Missbrauch, weil keine gesetzliche Regelung! 3. Darf das Patentamt Geld verzocken? Patentamt: ist eine Bundesbehörde, der seinen Sitz in Wien hat und die Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz ist. Das Amt besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und den fachkundigen und rechtskundigen Mitgliedern. Es ist teilrechtsfähig (kann auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes Vermögen und Rechte erwerben) Gebühren: Für die Anmeldung eines Patents ist eine Recherche- und Prüfungsgebühr von 280 zu zahlen, für die Veröffentlichung eine Veröffentlichungsgebühr von 200. Ab dem sechsten Jahr fällt eine Jahresgebühr an die von 100 im sechsten Jahr bis zu 1700 im zwanzigsten Jahr beträgt. Zusätzlich sind Entgelte für Service- und Informationsleistungen und für allfällige Schutzzertifikate zu zahlen. Untreue durch Patentamt: 2

3 - 153 StGB - 58a PatG: (4) Das Patentamt ist berechtigt, aus dem Vermögen und den Rechten, die im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit erworben werden, die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Aufwendungen einschließlich der Investitionen abzudecken. Darüber hinaus gehende Einnahmen (Gewinne) sind nach Bildung angemessener Rücklagen an den Bund abzuführen. Für Verbindlichkeiten, die durch die Tätigkeit des Patentamtes im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit entstehen, trifft den Bund keine Haftung. Das Patentamt darf seine Gelder dazu verwenden, seine Ausgaben zu decken und alles darüber Hinausgehende muss es an den Bund abführen. Nach dem PatG wäre nur das Verlieren der Gelder bei schlechter Lage verboten. Eine genaue gesetzliche Regelung ist nicht zu finden. 4. Darf ein Bürgermeister Geld verzocken? Untreue gem. 153 StGB ist ein Sonderdelikt: Alleintäter kann nur sein, wer eine tatbestandsmäßige Befugnis hat, die kraft Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtgeschäft entsteht. Gesetzliche Vertretungsmacht haben insb Organe von Gebietskörperschaften, die durch Wahl bestellt werden, wie der Bürgermeister. Gemeinderat: hat dafür zu sorgen, dass das gesamte Vermögen der Gemeinde und in ihrer Verwaltung stehenden Stiftungen so verwaltet werden, dass sie die tunlichst größte Rente abwerfen ( 84 WStV). Für Transaktionen, Darlehensgewährungen, Subventionen, uä ist der Gemeinderat ab einer bestimmten Betragshöhe zuständig. Bürgermeister: ist gem. 90 ff WStV berechtigt und verpflichtet, über die Einhaltung der für die einzelnen Gemeindeorgane bestimmten Wirkungsbereiche zu wachen. Er ist der oberste Beamte und somit weisungsbefugt. Obwohl er nicht das oberste Organ der Gemeinde ist, ragt er in der Öffentlichkeit heraus. Er vertritt die Gemeinde nach außen und vollzieht die Beschlüsse von Gemeinderat und Gemeindevorstand. Er ist dem Gemeinderat verantwortlich. Der Bürgermeister besitzt grundsätzlich keine Entscheidungsbefugnis bei Kapitalveranlagungen, außer im Rahmen seiner Notkompetenz. Die Entscheidungsbefugnis steht dem Gemeinderat zu, der es dem Bürgermeister nicht übertragen kann. Die unmittelbare Verwaltung des Vermögens der Gemeinde, die die Grenze zum Wirkungsbereich des Gemeinderats nicht überschreiten, werden vom Magistrat erledigt. Gegenüber dem Magistrat (Gemeindeamt) ist der Bürgermeister weisungsbefugt und kann daher Anordnungen zur Veranlagung von Kapital treffen. Vorgekommen ist, dass Gemeinden Geld (öffentliche Gelder!) angelegt haben, um ihren Schuldenstand zu vermindern. Die Folge war, dass sich der Schuldenstand erhöht hat. Man müsste genaue Befugnisse durch inhaltlich eng geschnürte Vollmachten erteilen, sonst gibt es kaum Grenzen für die Machthaber. Der Bankbereich zeigt den Erfolg von größeren Regelungsbereichen, weil dort deswegen die Untreue durch Vollmachtsmissbrauch leichter festzustellen ist Insgesamt gibt es ca. 150 Verurteilungen wegen Untreue. 3

4 5. Sponsoring und Untreue Untreue: Vermögensschädigung durch wissentlichen Befugnismissbrauch Sponsoring: - OGH: 1 Zuwendungen für außerhalb des Unternehmensgegenstandes gelegene sportliche, kulturelle, karitative uä Zwecke - BGH: 2 Vergabe von Geld od geldwerten Vorteilen zur Förderung von Personen, Personengruppen, Organisationen im sportlichen, kulturellen, kirchlichen uä Bereich bei gleichzeitiger Mitverfolgung eigener unternehmensbezogener Interessen (=Abgrenzungskriterium zu bloßen Spenden) Abgrenzung zwischen zulässigem Sponsoring und Befugnismissbrauch isd 153 StGB: Entspricht die Zuwendung dem Unternehmenswohl? Kann mit einem angemessenen Nutzen gerechnet werden? Wenn ja: zulässig nach folgenden Kriterien: - Üblichkeit: Gepflogenheit des serösen Geschäftsverkehres - Größe und Leistungsfähigkeit des Unternehmens - Verbindung zum Unternehmensgegenstand / Verwertbarkeit Beispiele aus der Judikatur: - Energiekonzern Baden-Württemberg sponsert Fußballverein des Verkehrsministers: keine Rechtfertigung! ( politische Landschaftspflege ) - Versicherungsgesellschaft sponsert 3,7 Mio ös an Basketballteam: Rechtfertigung aufgrund des Wertes des Werbeeffekts. Die Abgrenzung zwischen Untreue und Sponsoring erfolgt nach dem wirtschaftlichen Zweck. 6. Untreue durch Bestechung Beispiel: Unternehmen besticht den Bürgermeister einer Gemeinde um die Technik für die Stromversorgung der Gemeinde zu liefern und erwartet sich dadurch ein gutes Geschäft. Die Bestechungshandlung des Bevollmächtigten eines Unternehmens führt zu einem Handeln des Bestochenen und somit zum Mittelabfluss. 153 StGB: fordert unbedingt - Befugnismissbrauch: Das ist vorstellbar, wenn man die Grenzen internen Dürfens an die Grenzen des Korruptionsstrafrechts anlegt: ein Machthaber darf im Innenverhältnis nur so viel, wie durch das Gesetz zulässig ist. Das gesellschaftsrechtliche Schrifttum geht tatsächlich mehrheitlich davon aus, dass die Leitungsorgane von Gesellschaften zur Gesetzestreue verpflichtet sind und eine Verletzung dieser Gesetze auch intern eine Pflichtenverletzung begründet. Die Bestechung stellt ein Gesetzesverstoß dar. - Vermögensschaden: bleibt bei der Bestechung aus, da unterm Strich ein Vermögenszuwachs stattfindet (der Bestochene erhält eine Gegenleistung für das Bezahlte, sonst wäre die Bestechung sinnlos). Die Annahme des Mittelabflusses als Vermögensschaden im Sinne der Untreue ist teleologisch verfehlt, da die Untreue und die Bestechung zwei getrennte Rechtsgüter 4

5 schützen und auch die nützlichen Bestechungen ja ohnehin als Bestechungshandlungen strafbar bleiben. - Eventualvorsatz des Bevollmächtigten: durch die nützliche Bestechung wird dieser einen Vermögensschaden wohl nicht für möglich halten und sich auch schon gar nicht damit abfinden, einen Vermögensschaden für den Machtgeber, also das Unternehmen herbeizuführen. Der Bevollmächtigte will ja genau das Gegenteil durch die Bestechung erreichen. Die Handlung ist unstreitig als Bestechung strafbar, die aber nicht das Rechtsgut Vermögen schützen soll, sondern den lauteren Wettbewerb. Bestechungshandlungen sind nur dann als Untreue strafbar, wenn sie einen Befugnismissbrauch begründen, der tatsächlich zum Schadenseintritt führt. Somit ist festgestellt, dass die Untreue in den Fällen der nützlichen Bestechung ausscheiden muss, selbst wenn die Bestechungshandlung internes Dürfen verletzt, da sie doch eine Nettonutzenerhöhung beim Vertretenen bewirkt und bei ihm somit ja gerade nicht zum Vermögensschaden im Sinn der Tatbestandsvoraussetzung führt. 7. Schwarze Kassen als Untreue Schwarze Kassen : Schwarzgeldbestände, welche an der internen Buchhaltung und Buchführung eines Unternehmens vorbei auf intransparenten Kassen oder Konten geparkt werden: - Werden zumeist für illegale Aktivitäten (zb Bestechung) eingerichtet. BGH: Strafbarkeit nach 266 dstgb wegen Errichtung und Aufrechterhalten solcher Konten In Österreich: - Hr. Prof. Lewisch: lehnt deutsche Ansicht ab Zuerst muss geprüft werden, ob eine Vollmachtshandlung vorliegt: Bei faktischer Entnahme von Bargeld aus der Handkassa, beim Einschließen im Tresor -> kein Missbrauch, weil keine Vollmacht nötig. Bei rechtsgeschäftlicher Verfügung (Überweisung, Abhebung) bejaht er die Notwendigkeit einer Vollmacht, die zu einem transparenten Handeln verpflichten würde (muss nicht explizite Regelungen enthalten)-> daher verstoße die Überweisung auf ein schwarzes Konto gegen die Vollmacht. Ein Vollmachtsmissbrauch isd 153 StGB könnte also vorliegen, jedoch benötigt der Untreuetatbestand zur Verwirklichung auch noch den Eintritt eines Vermögensschadens! Das bloße Verschieben von einem weißen auf ein Schwarzkonto stelle keinen Vermögensschaden für den Vollmachtgeber dar (in D wird der Schaden bejaht), solange die Beträge im Interesse der Gesellschaft ausgegeben werden. Es handle sich vielmehr bloß um eine Gefährdung, welche dadurch entstünde, weil nur ein beschränkter Teil an Personen von der Existenz der Bestände etwas wisse. Zu betonen ist, dass diese Schwarzgeldbeträge sehr oft für Bestechungshandlungen verwendet werden, es aber dennoch durch das Errichten bzw. Aufrechterhalten der Konten zu keiner Strafbarkeit nach 153 StGB kommt. In Ö gibt es zur Zeit keine Judikatur dazu. 5