Oberlandesgericht Dresden 20 WF 794/ ZPO, 1565, 1566 BGB. Leitsatz:
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1 Oberlandesgericht Dresden 20 WF 794/ ZPO, 1565, 1566 BGB Leitsatz: Prozesskostenhilfe kann für einen Scheidungsantrag, in welchem keine Härtegründe vorgetragen sind, vor Ablauf des Trennungsjahres auch dann nicht bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen einer einverständlichen Scheidung im Übrigen vorliegen. Sachverhalt: Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für einen Scheidungsantrag. Die Parteien leben seit getrennt; Härtegründe für eine Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres trägt die Antragstellerin nicht vor. Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe verweigert, weil der Scheidungsantrag derzeit nicht schlüssig sei. Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin, welche geltend macht, dass ihr Prozesskostenhilfe mit dieser Begründung nicht versagt werden könne, weil jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das Trennungsjahr abgelaufen sein werde und im Übrigen sämtliche Voraussetzungen für eine einverständliche Scheidung bereits derzeit erfüllt seien.
2 Oberlandesgericht Dresden Aktenzeichen: 20 WF 0794/ F 02260/01 AG Dresden Beschluss des 20. Zivilsenats - Familiensenat - vom 6. Dezember 2001 In der Familiensache XXXXXXXXXXXX,, Antragstellerin und Beschwerdeführerin Prozessbevollmächtigter:, XXXX, gegen XXXXXXXXXXX, XXXXXXXXXXX, Antragsgegner wegen Ehescheidung hier: Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe
3 hat der 20. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht XXXXXXX, Richter am Oberlandesgericht und Richter am Amtsgericht beschlossen: Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgericht - Familiengericht - Dresden vom 2. November 2001 wird zurückgewiesen. Gründe: Die gemäß 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Familiengerichts ist in keiner Weise zu beanstanden; sie entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden. Grundlage jeder gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz ist der letzte Erkenntnisstand des Gerichts, also der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung; dies gilt auch für die Erfolgsprognose i.s.v. 114 ZPO (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., 119 Rn.44). Deshalb muss der Antragsteller eines Scheidungsantrags diesen schlüssig begründen, d. h. die Ehe muss auf Grund seines Vortrags nach 1565 ff. BGB geschieden werden können. Ist - wie vorliegend - das Trennungsjahr (vgl Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB) noch nicht abgelaufen und werden auch die Voraussetzungen nicht dargelegt, unter denen nach 1565 Abs. 2 BGB die Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden kann, ist der Scheidungsantrag unschlüssig und das Prozesskostenhilfegesuch deshalb mangels Erfolgsaussicht abzulehnen, wenn nicht das Trennungsjahr spätestens bei der auf die Prozesskostenhilfebewilligung folgenden Zustellung abgelaufen ist (Zöller/Philippi, a.a.o., 114 Rn.41; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl. 2000, I Rn.157; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl. 1999, Rn.432; Senat, st.rspr., zuletzt Beschluss vom WF 500/01 -; a.a. Johannsen/Henrich/Thalmann, Eherecht, 3. Aufl., 114 Rn.20; KG FamRZ 83, 821 ff. mit zutreffend kritischer Anmerkung von Braeuer). An dieser
4 Voraussetzung fehlt es hier, weil das Trennungsjahr am ablaufen wird, während im Falle der Bewilligung der Prozesskostenhilfe die Zustellung des Scheidungsantrags jedenfalls noch im Jahre 2001 erfolgen würde. Der Hinweis der Antragstellerin, das Trennungsjahr werde jedenfalls bei Entscheidungsreife des Verbundverfahrens - also auch des den Versorgungsausgleich betreffenden Teilverfahrens - abgelaufen sein, so dass die Erfolgsaussicht nicht verneint werden dürfe, lässt - ebenso wie die Gegenmeinung a.a.o. - zivilprozessuale Grundsätze außer Acht und hebt ohne dogmatische Begründung lediglich auf Zweckmäßigkeitserwägungen ab. Das Familiengericht hat auch im Scheidungsverfahren unverzüglich Verhandlungstermin zu bestimmen ( 624 Abs. 3, 216 Abs. 2 ZPO). Ist der Scheidungsantrag unschlüssig, ist so früh zu terminieren, wie die Geschäftslage es zulässt; nur wenn die Ehe nach dem Vorbringen beider Ehegatten zu scheiden ist, kann erst terminiert werden, wenn auch die Folgesachen entscheidungsreif sind (Zöller/Philippi, a.a.o., 612 Rn.2 m.w.h.). Die Entscheidungsreife einer Folgesache wie der des Versorgungsausgleichs lässt sich nämlich nicht isoliert betrachten, sondern ist abhängig von der Scheidungssache; ist diese abweisungsreif, bedarf es einer Förderung der Folgesache nicht mehr, weil diese mit der Abweisung des Scheidungsantrages gegenstandslos wird ( 629 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die oben zitierte, von der Antragstellerin vertretene Gegenmeinung lässt zudem außer Acht, dass ihre Befolgung den Gesetzeszweck des 1565 Abs. 2 BGB unterläuft. Diese Vorschrift geht nämlich u. a. davon aus, dass in dem ersten Trennungsjahr eine sichere Aussage über die Zerrüttung der Ehe und somit über den Bestand der Scheidungsabsichten gerade noch nicht möglich sei, und will daher nur bei Vorliegen von Härtegründen eine vorzeitige Scheidung ermöglichen Abs. 2 BGB läuft daher ins Leere, wenn Gerichte sich auf den Standpunkt stellen, die Ehe werde ohnehin geschieden, und den späteren - nach Ablauf des Trennungsjahres vorgesehenen - Scheidungsausspruch durch die Förderung der Folgesachen bereits vorbereiten. Die Gegenmeinung lässt auch die durch sie zugelassenen Missbrauchsmöglichkeiten unberücksichtigt, von denen hier nur die in vielen Fällen für den Antragsteller vorteilhafte Verkürzung der Ehezeit im Recht des Versorgungsausgleichs, die vorzeitige Rechtshängigkeit für die Fälle des Zugewinnausgleichs ( 1384 BGB) sowie die Möglichkeiten, sich über einstweilige Anordnungen kostengünstig und rasch Vollstreckungstitel zu verschaffen ( 620, 620a Abs. 2 ZPO), aufgezählt seien. Dem kann nur durch eine konsequente
5 Handhabung des geltenden Verfahrensrechts entgegengewirkt werden. Das Amtsgericht hätte mithin entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht etwa zunächst die Auskünfte der Versorgungsträger zur Durchführung des Versorgungsausgleichs einzuholen, sondern den Scheidungsantrag sofort abzuweisen. Dem steht auch nicht das mögliche Einverständnis des Antragsgegners mit der Scheidung entgegen. Denn die Scheidungsvoraussetzungen vor Ablauf des Trennungsjahres sind jeder Parteidisposition entzogen. Nach allem ist der Antragstellerin mangels Schlüssigkeit ihres Scheidungsantrags Prozesskostenhilfe zu versagen, ihre Beschwerde daher zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. XXXXXXX
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