Hauptversammlung der Gesellschaft Schweiz Liechtenstein vom 18. September 2015 in Landquart
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- Johann Brodbeck
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1 Hauptversammlung der Gesellschaft Schweiz Liechtenstein vom 18. September 2015 in Landquart Grusswort von Martin Jäger, Regierungsrat Geschätzter Herr Präsident, lieber Stefan Werte Mitglieder der Gesellschaft Schweiz Liechtenstein Sehr geehrte Damen und Herren Im Namen der Bündner Regierung heisse ich Sie alle herzlich willkommen hier in Landquart, einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte unseres Kantons. Hier erfolgt für die Zugsreisenden Richtung Davos seit 1889 oder ins Engadin durch den Vereinatunnel seit 1999 auch der Wechsel von der Normalspur der SBB auf die heimeligere Meterspur der Rhätischen Bahn. Wie ich Ihrem weiteren Programm entnommen habe, werden Sie anschliessend eine Führung durch die RhB-Hauptwerkstätte unternehmen und dabei sicherlich einige extrem interessante Details erfahren über unsere "Kantonalbahn", die "kleine Rote", wie sie auch liebevoll genannt wird. Das Fürstentum Liechtenstein, der rein flächenmässig gesehen kleinste Staat in Mitteleuropa und Graubünden, der ebenfalls rein flächenmässig grösste Kanton der Schweiz sind auf den ersten Blick in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich. Daneben gibt es aber auch mehrere Bereiche, die das Fürstentum und Graubünden im wahrsten Sinne des Wortes "verbinden": Obwohl die heutigen Hauptverkehrsachsen ("leider") durch den Kanton St. Gallen führen, gibt es da diesen kleinen, vor allem auch historisch sehr bedeutenden Übergang zwischen Maienfeld und Balzers, die Luzisteig. Ich selber habe auf "der Steig", wie sie zuweilen etwas salopp bezeichnet wird, so einige Erfahrungen gemacht, verbrachte ich doch dort im Sommer 1975 meine Rekrutenschule als Trainsoldat.
2 Unsere Grundausbildung absolvierten wir damals hinunter bis knapp an die Landesgrenze zu Liechtenstein. Geschätzte Anwesende Erlauben Sie mir, nun auf einige für alle reicht meine Zeit bei Weitem nicht auf einige Gemeinsamkeiten und Verbindungen zwischen Graubünden und Liechtenstein näher einzugehen. Dabei beschränke ich mich bewusst auf die drei Bereiche meines Departementes, des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartementes EKUD. So besuchen zurzeit beispielsweise insgesamt rund 130 junge Leute aus dem Fürstentum eine Berufsschule in unserem Kanton, seien es beispielsweise Lernende im Anlagen- und Apparatebau, in der Landmaschinenmechanik oder in der Ausbildung zu Dentalassistentinnen. Diese über 100 Lernenden besuchen in Chur entweder die Gewerbliche Berufsschule oder dann die Wirtschaftsschule KV. Fünf Liechtensteinerinnen respektive Liechtensteiner absolvieren zudem derzeit am Plantahof hier in Landquart die Nachholbildung zum Landwirt/zur Landwirtin. Im Hochschulbereich ist Liechtenstein gemeinsam mit den Kantonen St. Gallen und Graubünden Träger der Hochschule für Technik NTB in Buchs. Neben anderen Kantonen sind das Fürstentum Liechtenstein und der Kanton Graubünden zudem Träger der Interstaatlichen Schule für Erwachsene ISME mit den Schulstandorten St. Gallen und Sargans. Im Interesse einer guten Ausbildung wird somit heute im Alpenrheintal offensichtlich kantons- und landesübergreifend zusammengearbeitet. Das Fürstentum Liechtenstein ist auch in der Fachhochschule Ostschweiz (FHO) vertreten.
3 Diese FHO ist eine der derzeit sieben vom Bund anerkannten Fachhochschulen mit den Schulstandorten Buchs (NTB), Chur (HTW), Rapperswil (HSR) und St. Gallen (FHS). Inwieweit diese Struktur die nächsten Jahre überstehen wird, ist zwar fraglich. Wie aber auch immer die Entwicklung läuft, wichtig ist, weiterhin der Jugend in unserem gemeinsamen Wirtschaftsraum ein gemeinsames, gutes Bildungsangebot sichern zu können. Zuguterletzt möchte ich im Zusammenhang Bildung festhalten: Liechtenstein ist auch in der Schweizerischen Mittelschulämterkonferenz SMAK vertreten und orientiert seine gymnasiale Ausbildung an unserem Schulsystem, was in Vaduz zu einer schweizerisch anerkannten Maturität führt und somit den Absolvierenden voraussetzungslos den prüfungsfreien Zugang zum gesamten schweizerischen Hochschulsystem ermöglicht. Geschätzte Anwesende Die Geographie sowohl Nordbündens als auch des Fürstentums ist geprägt durch den Rhein. Dieser Alpenstrom prägte und prägt auch heute unsere gemeinsame Landschaft. Es ist aber auch gerade dieser verbindende Rhein, der uns unterschiedliche Rollen zuweist, indem er Graubünden zum Oberlieger und das Fürstentum Liechtenstein zum rechtsrheinischen Unterlieger macht. So transportiert der Rhein seit Jahrhunderten immer wieder Treibgut aller Art und natürlich auch das Abwasser aus dem Oberliegergebiet ins Unterliegergebiet. Vater Rhein zeigte uns am Beispiel des Hochwasserschutzes oder des Gewässerschutzes auf, dass man Probleme mit Vorteil gemeinsam angehen soll. Die Zusammenarbeit am Rhein beim Gewässerschutz hat sich übrigens bestens etabliert.
4 Sowohl Graubünden als auch das Fürstentum Liechtenstein kooperieren heute in den internationalen Gremien am Alpenrhein. Ich denke dabei insbesondere an die Regierungskonferenz Alpenrhein, kurz IRKA, oder an die IGKB, die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee. Auch im Gebiet des übrigen Umweltschutzes ist das Fürstentum Liechtenstein heute fest in die Zusammenarbeit mit den Ostschweizer Kantonen eingebunden. Und diese Zusammenarbeit ist für beide Seiten ein greifbarer Gewinn: So können die Ostschweizer Kantone von Erfahrungen profitieren, welche das Fürstentum als EWR-Mitglied in der internationalen Zusammenarbeit macht, beispielsweise im Bereich des Klimaschutzes. Und das Fürstentum Liechtenstein profitiert seinerseits von der Möglichkeit, bestimmte Arbeiten in interkantonaler Zusammenarbeit effizienter und kostengünstiger zu erbringen. Nach der Erziehung und den genannten Themen des Natur- und Umweltschutzes möchte ich nun im dritten Teil meines Grusswortes noch auf einzelne historische Verbindungen zu sprechen kommen. Die zu Beginn erwähnte Luzisteig spielt natürlich auch hier eine bedeutende Rolle. Viele wohlhabende Bündner Familien besassen in früheren Jahrhunderten Güter "unter der Steig", also in Liechtenstein, und bezogen von dort offenbar durchaus beträchtliche Einkünfte. Einer der Gründe dafür liegt darin, dass bis zum Bau der Eisenbahnlinie Rorschach Chur 1858 der Transitverkehr von Süddeutschland nach Como und Mailand im Wesentlichen auf der sogenannten "Deutschen Strasse" rechtsrheinisch über Liechtensteiner Gebiet Richtung Bündner Pässe ging, soweit er nicht auf dem Wasserweg erfolgte.
5 Die Deutsche Strasse in Chur heisst übrigens ein Teil des Strassennetzes Richtung Norden immer noch so diese Deutsche Strasse nahmen neben dem bekannten "Lindauer Boten" auch die Bündner, wenn sie gen Norden reisten, sei es etwa als Söldner oder Offiziere in fremde Kriegsdienste oder als Kaufleute oder Studenten. Vom Militärwesen sprach ich bereits einmal. Es gibt dazu jedoch noch eine weitere interessante Anekdote, die ich mir im Hinblick auf mein heutiges Grusswort habe schildern lassen: In einem geradezu revolutionären Schritt beschloss Johann Fürst von Liechtenstein am 12. Februar 1868, in Zukunft von der Unterhaltung eines eigenen Militärkontingents abzusehen. Seit damals gehört Liechtenstein bekanntlich zu den wenigen sympathischen Staaten weltweit, die keine eigene Armee haben. In Zeiten erhöhter Bedrohung, letztmals im 2. Weltkrieg, machte dies den Schweizern Sorgen, und sie wollten Liechtenstein in ihre Landesverteidigung einbeziehen. Die St. Luzisteig war schliesslich schon in den Kriegen der Koalitionszeit um 1800 das Einfallstor für die feindlichen Österreicher in die Schweiz gewesen! Die Liechtensteiner lehnten aber ab. Aus militärischen Gründen bemühte sich der Schweizerische Bundesrat allerdings selbst nach dem zweiten Weltkrieg um liechtensteinisches Gebiet wollte man mit einer Grenzänderung das Ellhorn westlich des Fläscherbergs, unmittelbar am Rhein gelegen, zum Gebiet der Schweiz schlagen. Ziel war wiederum ein besserer militärischer Schutz der Talebene bei Sargans.
6 In einer turbulenten Versammlung sprach sich der Liechtensteiner Landtag dann wirklich für diese Grenzänderung aus, was die Gemeinde Fläsch und damit unseren Kanton um einige Hektaren wichtiges Militärgebiet reicher und grösser machte. Ich komme zum Schluss: Das Verhältnis zwischen Liechtenstein und Graubünden heute ist von Alltäglichkeit und freundschaftlicher Routine geprägt. An den regelmässigen Treffen zwischen unseren beiden Regierungen gibt es kaum je schwierige Traktanden. Dies ist allerdings bei Weitem nicht selbstverständlich oder gottgegeben, sondern unter anderem das Ergebnis von gegenseitigem Respekt füreinander und dem beiderseitigen Willen, in allen Bereichen des öffentlichen Handelns gutnachbarlich zusammenzuarbeiten. Ihre Organisation Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren trägt diese Bestrebung nicht nur in ihrem Namen, sondern hat mit ihrem Wirken viel dazu beigetragen, dass das Verhältnis zwischen Liechtenstein und Graubünden über die Luzisteig heute so gut ist. Dafür danke ich.
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