Health Inequalities II, 09. Juni 2007 Bielefeld
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- Sylvia Stieber
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1 Die Praxis der Gesundheitsförderung mit Seniorinnen und Senioren: Eine Fokusauswertung der bundesweiten Datenbank Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten" Health Inequalities II, 09. Juni 2007 Bielefeld Yves Douma, MPH / Holger Kilian, MPH (Gesundheit Berlin) Dr. Monika Meyer-Nürnberger / Elisabeth Krane, MPH (BZgA)
2 Gliederung Gesundheitsförderung im Alter Die bundesweite Datenbank Fokus-Auswertungen Angebote der Gesundheitsförderung für Seniorinnen und Senioren in der Datenbank Auswertung Befunde Handlungsempfehlungen
3 Gesundheitsförderung im Alter 1: Perspektiven auf den Lebensabschnitt Alter = Kompetenz und Erfahrung? Alter = Krankheit? Alter = Kostenfaktor? Überalterung oder Unterjüngung der Gesellschaft? Alter als defizitärer Lebensabschnitt vs. Junge Alte
4 Gesundheitsförderung im Alter 2: Einzelziele I. Vermeidung von Erkrankungen und Krankheitssymptomen - Erhaltung der physischen Gesundheit - Erhaltung der seelischen Gesundheit - Vermeidung iatrogener Schädigungen II. Aufrechterhaltung eines optimalen Funktionsstatus - Kognitive Leistungsfähigkeit - Mobilität - Aktivitäten des täglichen Lebens - Spezielle Sinnesfunktionen - Sprache und Kommunikation III. Angemessenes System sozialer Unterstützung - Qualität der Wohnung und Wohnumwelt - Qualität der Betreuung und Pflege durch andere Menschen - Angemessenheit verfügbarer und bereitgestellter Pflege - Art und Weise, wie Pflegesysteme arbeiten Quelle: Kruse 2002
5 Gesundheitsförderung im Alter 3: Zielsetzung Gewinn an aktiven, selbstbestimmten Lebensjahren Gegenüber früheren Geburtsjahrgängen verfügen die heute älteren Menschen im Durchschnitt auch über eine deutlich bessere Gesundheit. Dennoch sind die bis ins hohe Alter bestehenden Präventionspotenziale bei weitem noch nicht ausgeschöpft. (5. Altenbericht 2005: 42)
6 Die bundesweite Datenbank Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten (1) Ziel: Transparenz schaffen Ersterhebung: November 2002 Online: Sommer 2003 Relaunch: Sommer 2007 Datenbank ist ein Arbeitsfeld im bundesweiten Kooperationsverbund
7 Die bundesweite Datenbank (2): Recherche & Good Practice
8 Fokus-Auswertungen Bestimmung von Schwerpunktthemen Filterung eines Fokus-Datensatzes - Formulierung einer Datenbankabfrage - Individuelle Sichtung der Ergebnisse z.t. deskriptive Auswertung Qualitative Auswertung: Befragung ausgewählter Anbieter Erstellung eines Kurzberichtes
9 Angebote der Gesundheitsförderung für Seniorinnen und Senioren in der Datenbank (1) Nur 48 von ca Projekten in der Datenbank wenden sich ausschließlich an Seniorinnen und Senioren, diese sind demnach nur relativ selten exklusive Zielgruppe soziallagenorientierter Gesundheitsförderung. Ursache könnte das vorherrschende defizitorientierte Modell des Alterns sein: Es wird allzu häufig davon ausgegangen, dass der Ressourceneinsatz bei dieser Bevölkerungsgruppe weniger lohnend sei. Durch die demographische Unterjüngung und die zunehmend problematische Rentenfinanzierung wird die Bedeutung der Zielgruppe Seniorinnen und Senioren für die soziallagenorientierte Gesundheitsförderung in den kommenden Jahren voraussichtlich stark zunehmen.
10 Angebote der Gesundheitsförderung für Seniorinnen und Senioren in der Datenbank (2): Fragestellungen Wie sieht die Praxis der Gesundheitsförderung für ältere Menschen aus? - Voraussetzungen - Zugangswege - Methoden - Ergebnisse
11 Auswertung 1: Überschneidung der Altersgruppen Projektzielgruppen Anzahl Angebote Senioren und Säuglinge 103 Senioren und Vorschule 189 Senioren und 6 10 Jährige 240 Senioren und Jährige 294 Senioren und Jugendliche 455 Senioren und junge Erwachsene 867 Senioren und Erwachsene 988 Senioren und Angehörige 104 Ausschließlich Senioren 48
12 Auswertung 2: Auswahl der Fokusgruppe Individuelle Sichtung der Titel und der Kurzbeschreibungen der Einträge - expliziter Bezug auf die Altersgruppe - Gesundheitsförderung / primäre Prävention Auswahl von 17 Angeboten für eine vertiefte, leitfadengestützte inhaltliche Befragung Durchführung und Auswertung von neun Interviews
13 Auswertung 3: Themen der Leitfadeninterviews Selbstverständnis, Leitbild und Konzept Strategien der Zielgruppenerreichung und Niedrigschwelligkeit Partizipation Multiplikatoren- bzw. Mediatorenkonzept Kontinuität und Nachhaltigkeit Ressourcenbündelung, Kooperationsstrukturen und Vernetzung Abschlussfragen
14 Befunde: Überblick Voraussetzungen: Initial -Vertrauen als Voraussetzung effektiver Gesundheitsförderung bei Seniorinnen und Senioren Zugangswege: Bedarfe der Migrantinnen und Migranten sowie Genderdifferenzierung Methoden: Settingansatz in der Gesundheitsförderung für Seniorinnen und Senioren Ergebnisse der Angebote: Evaluationsbemühungen und Erfahrungen der Anbieter
15 Befund 1: Voraussetzung Initialvertrauen Insbesondere Angebote für Seniorinnen und Senioren müssen Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen Hinderlich für den Aufbau von Vertrauen wirken unbekannte Mitarbeiter und unbekannte Angebotskonzepte Vertrauensfördernd wirken Kontinuität, Kultursensibilität sowie - bei Angeboten für Migrantinnen und Migranten Muttersprachenkompetenz Die meisten der Träger haben mit mangelnden personalen und finanziellen Ressourcen zu kämpfen.
16 Befund 2: Zugangswege bei Migrationshintergrund Träger von Gesundheitsförderungsangeboten sind öffentliche Einrichtungen. Ältere Menschen mit Migrationshintergrund haben häufig im Laufe ihres Lebens schlechte Erfahrungen mit öffentlichen Einrichtungen gesammelt und sind daher besonders misstrauisch. Die Renten von Migrantinnen und Migranten sind meist niedriger, sie sind weniger sozial integriert, sind noch stärker von Vereinsamung betroffen, haben beim Zugang zu Versorgungsangeboten sprachliche Barrieren zu überwinden, etc. Themen wie Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung scheinen diese Zielgruppe zu überfordern, wenn nicht im Vorfeld die Probleme mangelnder sozialer Integration bearbeitet werden.
17 Befund 3: Zugangswege und Genderdifferenzierung Ältere Frauen aus islamisch geprägten Kulturen können Gesundheitsförderungsangebote weniger gut wahrnehmen, wenn sie sich nicht ausschließlich an Frauen richten. Ältere Frauen aus christlich geprägten Kulturen haben andere Einstellungen zu ihrer Gesundheit, sowie Umgangsweisen und Probleme mit dieser als Männer.
18 Befund 4: Methoden der Anbieter Nur eines der 17 für die Fokusauswertung ausgewählten Projekte verfolgt einen zumindest settingorientierten Ansatz. Es überwiegen Kursangebote. Einige der Angebote bemühen sich durch einen krankheitsorientierten Ansatz, Schwächen des Krankenversorgungssystems beim Zugang zu sozial Benachteiligten auszugleichen. Langfristig bestehende Angebote erreichen einen besseren Zugang zur Zielgruppe Seniorinnen und Senioren.
19 Befund 5: Ergebnisse der Angebote Nur einer der neun interviewten Anbieter bemühte sich um eine umfassende und wissenschaftliche Evaluation. Selbst dieser Anbieter erreichte nicht die erforderliche Probandenzahl um Erfolge signifikant belegen zu können. Anbieter verzichten vor dem Hintergrund knapper finanzieller und personaler Ressourcen auf Evaluation, da sie befürchten, dass diese zu Lasten der Arbeit mit der Zielgruppe geht. Die Erfahrungen der Anbieter bei der Durchführung der Angebote werden von diesen deutlich überwiegend positiv bewertet. Nach Empfehlungen für andere Anbieter gefragt, werden solche genannt, die auch den theoretischen Befunden der Public- Health-Modelle entsprechen (z.b. Partizipation fördern, Vernetzung verstärken, ressourcenorientiert vorgehen, etc.).
20 Handlungsempfehlungen 1. Zugangswege sichern 2. Bedarfe von Migrantinnen und Migranten berücksichtigen 3. Genderdifferenzierung vorantreiben 4. Anbieter qualifizieren und Ressourcenausstattung verbessern 5. Gesundheitsförderung am Bedarf ausrichten
21 Handlungsempfehlung 1 Zugangswege sichern: Das Initial-Vertrauen als wesentlichste Voraussetzung für Gesundheitsförderung bei Seniorinnen und Senioren muss gewährleistet sein. Im Zweifelsfall sollte der Verstetigung und Weiterentwicklung erfolgreicher bestehender Angebote der Vorzug vor der Entwicklung und dem Aufbau neuer Projekte gegeben werden. Institutionen und Dienstleister, die bereits über Initial-Vertrauen bei Seniorinnen und Senioren verfügen, sollten für Interventionen der Gesundheitsförderung gewonnen und aufgebaut werden.
22 Handlungsempfehlung 2 Bedarfe von Migrantinnen und Migranten berücksichtigen: Gesundheitsförderungsprojekte für ältere Migrantinnen und Migranten sollten primär auf die soziale Integration dieser Zielgruppe hinarbeiten. Träger von Gesundheitsförderungsprojekten für ältere Migrantinnen und Migrantinnen sollten stärker im Hinblick auf interkulturelle Öffnung und Qualifikation gefördert und unterstützt werden. Migrantinnen sollten bei der Gestaltung von Gesundheitsförderungsinterventionen stärker partizipieren. Nicht über die Zielgruppe, sondern mit ihr reden!
23 Handlungsempfehlungen 3 Genderdifferenzierung vorantreiben: Nach Aussage einiger der befragten Anbieter sind die Bedarfe nach Angeboten der Gesundheitsförderung bei älteren Männern und Frauen besonders stark unterschieden. Daher sollten Bemühungen, Gesundheitsförderungsangebote nach den unterschiedlichen Bedürfnissen der Geschlechter zu differenzieren insbesondere in dieser Zielgruppe weiter vorangetrieben werden.
24 Handlungsempfehlungen 4 Anbieter qualifizieren und Ressourcenausstattung verbessern: Die Träger von Angeboten der Gesundheitsförderung für Seniorinnen und Senioren sollten möglichst niedrigschwellig über den Settingansatz informiert und in seiner Umsetzung geschult werden. Die Evaluation von Interventionen der Gesundheits förderung sollte stärker gefördert und bei der Mittelvergabe gefordert werden. Die Evaluations ergebnisse sollten verbindlich dokumentiert werden.
25 Handlungsempfehlung 5 Gesundheitsförderung am Bedarf ausrichten: In Zukunft wird es voraussichtlich immer mehr ältere Menschen geben. Die Zielgruppe wird wahrscheinlich insgesamt über weniger finanzielle Ressourcen verfügen und eine zunehmende Einkommensungleichheit aufweisen. Ein weniger defizitorientierten Verständnis des Alters vorausgesetzt, spricht vieles dafür, dass sich der Einsatz von Ressourcen der Gesundheitsförderung auch in der Zielgruppe Seniorinnen und Senioren lohnt. Die Bemühungen um eine soziallagen und ressourcenorientierte Seniorengesundheitsförderung nach dem Settingansatz sollten daher weiter forciert werden.
26 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Holger Kilian, MPH - Gesundheit Berlin e.v. Friedrichstr Berlin - Tel:
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