Ohne Grenzen? Ursachen, Ausprägungen und Gestaltungsmöglichkeiten der globalen Urbanisierung
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- Lukas Heidrich
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1 Ohne Grenzen? Ursachen, Ausprägungen und Gestaltungsmöglichkeiten der globalen Urbanisierung Prof. Dr.-Ing. Stefan Siedentop Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS), Dortmund Münchener Wissenschaftstage München, 16. November 2015
2 1. Triebkräfte der Urbanisierung Was erklärt das Wachstum der Städte und Stadtregionen? 2. Ausprägungen der Urbanisierung Wie verändert die Urbanisierung das Gesicht der Stadt und der Stadtregion? 3. Wirkungen der Urbanisierung Welche Folgen hat die Urbanisierung für Mensch und Umwelt? 4. Gestaltung der Urbanisierung Wie können Städte und Stadtregionen lebenswert bleiben oder werden? 2
3 1. Triebkräfte der Urbanisierung Was erklärt das Wachstum der Städte und Stadtregionen? 3
4 Triebkräfte der Urbanisierung Wachstum ohne Grenzen? Urbanisierung durch natürliches Bevölkerungswachstum Anzahl der Jahre, in denen die Weltbevölkerung um eine Milliarde Menschen gewachsen ist Jahre 32 Jahre 15 Jahre 13 Jahre 12 Jahre 12 Jahre 1 Mrd. 2 Mrd. 3 Mrd. 4 Mrd. 5 Mrd. 6 Mrd. 7 Mrd Quelle: United Nations, Department of Economic and Social Affairs Mrd. 9 Mrd. 10 Mrd. 4
5 Triebkräfte der Urbanisierung Wachstum ohne Grenzen? Die urbane Weltbevölkerung wächst jährlich um 60 Millionen Menschen 60% durch natürliches Wachstum 40% durch Zuwanderung und Umklassifizierung 50% der Bevölkerung leben bereits in städtischen geprägten Siedlungen Steigende Anzahl von großen und sehr großen Städten (Megacities) 2014 lebten bereits über 10% der globalen Stadtbevölkerung in Megacities Jährliche Wachstumsraten zum Teil über 3% 2012 Quelle: The Guardian 5
6 Triebkräfte der Urbanisierung Was macht Städte so anziehend? Beispiel München: Bevölkerungsbilanz der Stadt im Jahr 2011 (+1,8%) Wanderungsbilanz nach Herkunft/Ziel Wanderungs- Gewinn (Personen) Alter der Zuwandernden (2011: ) Ausland älter als 30 Natürliche Bilanz (Personen) Fernwanderungen (Deutschland) 56% jünger als Umland 6
7 Triebkräfte der Urbanisierung Ökonomische Potenz großer Städte Motive für Land-Stadt Wanderung: Emanzipation, Bildung, Wohlstand Großstädte und Stadtregionen sind die Kraftzentren der globalen Ökonomie Die 10 größten Stadtregionen beheimaten 7% der Weltbevölkerung und produzieren 43% der globalen Wertschöpfung Ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung wird auf 0,3% der Landfläche erzeugt New York Northern New Jersey Long Island, Metropolitan Statistical Area GDP 2013: 1,47 Bill. USD Spanien GDP 2013: 1,39 Bill. USD Quelle: eigene Berechnungen nach OECD-Daten 7
8 Triebkräfte der Urbanisierung Vorteile der Nähe erklären Konzentration Externe Kostenersparnisse durch Standort in urbanen Gebieten Localization economies: Vorteile durch die Nähe zu Konkurrenten Preisvorteile auf Märkten für Vorprodukte Entstehung großer Arbeitsmärkte für Spezialisten Lerneffekte durch Innovations- und Wissenstransfer Urbanization Economies: Vorteile durch Standort in einer Agglomeration Transfer von Innovationen zwischen Branchen Breites Angebot hochwertiger Dienstleistungen (z.b. IT-Dienste, Rechtsberatung) Vorteil der gemeinsamen Nutzung öffentlicher Güter 8
9 Triebkräfte der Urbanisierung Urbanisierung ist nicht grenzenlos Negative Agglomerationseffekte bremsen räumliche Konzentration: Flächenknappheit, Faktorpreise, Umweltbedingungen, Erreichbarkeit, räumliche Politiken Wachstumsverlagerung in weiteres Umland oder ländliche Regionen 9
10 2. Ausprägung der Urbanisierung Wie verändert die Urbanisierung das Gesicht der Stadt und der Stadtregion? 10
11 Strukturelle Ausprägungen der Urbanisierung Auflösung der Stadt in die Region Verlagerung des Wachstumsschwerpunkts von Bevölkerung und Wirtschaft in das Umland der Städte ( Suburbanisierung ) Suburbanisierung verändert die Raumstruktur signifikant: fallende Siedlungsdichten und disperse Verteilung urbaner Nutzungen im Raum hoch frühe Phase der Urbanisierung Reifephase der Urbanisierung ( Suburbanisierung ) gering Rand Kernstadt Rand Rand Kernstadt Rand Intensität des Bevölkerungswachstums 11
12 Strukturelle Ausprägungen der Urbanisierung Auflösung der Stadt in die Region Suburbanisierung als räumliche Expansion städtischer Bodennutzung ( Flächenverbrauch ) Ausdehnung der Siedlungsfläche in der Region Stuttgart Quelle: Verband Region Stuttgart, o.j. 12
13 Strukturelle Ausprägungen der Urbanisierung Ansteigender Flächenkonsum Urbanisierung geht mit steigender Flächeninanspruchnahme einher Flächeninanspruchnahme je Einwohner in Deutschland m² Siedlungs- und Verkehrsfläche je Einwohner +95 % (Bevölkerung: +18 %) 590 m² Siedlungs- und Verkehrsfläche je Einwohner Stadtbewohner/in: 250 m² Bewohner/in im Umland: 900 m² 13
14 Strukturelle Ausprägungen der Urbanisierung Ansteigender Flächenkonsum Rückgang der Siedlungsdichte als universelles Phänomen Einwohner je Hektar Siedlungsfläche % (2% p.a.) % (1.9% p.a.) % (0.5% p.a.) Entwicklung der Siedlungsdichte in einem Sample von 120 Städten weltweit Wenn der Rückgang der Siedlungsdichte in diesem Ausmaß anhält (2% pro Jahr), würde sich die bebaute Stadtfläche der Entwicklungsländer um den Faktor 3 bis 2030 und Faktor 6 bis 2050 erhöhen (gemessen am Stand des Jahres 2000) (!) 0 Entwicklungsländer Europa und Japan Landreiche Industriestaaten Quelle: Angel
15 Ausprägungen der Urbanisierung Von der Stadt zur Stadtregion zur Megaregion Region Hong Kong- Shenzhen-Guangzhou Quelle: Siedentop 2015 Darstellung: DLR, Taubenböck/Wurm 15
16 3. Wirkungen der Urbanisierung Welche Folgen hat die Urbanisierung für Mensch und Umwelt? 16
17 Wirkungen der Urbanisierung Parasitäre Systeme oder Effizienzmaschinen? Städte als parasitäre Systeme Abhängigkeit von regionalen und interregionalen Ressourcentransfers städtische Siedlungsgebiete emittieren 80% der globalen Klimagase Städte als vulnerable Systeme Lage vieler Städte in natürlichen Risikozonen (z.b. Erdbeben, Stürme) Lage in niedrig gelegenen Küstenzonen Städte als Innovationsorte und Wachstumsmotoren Großstädte und Großstadtregionen bieten Effizienzpotenziale Infrastrukturkosten Verkehrsenergieverbrauch Wärmeenergieverbrauch Kosten Energie einsatz Energie verbrauch Wärme Dichte Dichte 17 Dichte
18 Wirkungen der Urbanisierung Parasitäre Systeme oder Effizienzmaschinen? Verdichtete, kompakte Städte sind relativ ressourceneffizient Vergleich der städtischen Pro-Kopf Emission an CO 2 zum nationalen Durchschnitt (in %) Barcelona (1996) London (2006) New York City (2005) Beijing (1998) 205 Rio de Janeiro (1998) Seoul (1998) Quelle: eigene Darstellung nach Dodman
19 Wirkungen der Urbanisierung Das Wie der Urbanisierung entscheidet! Beispiel Mobilität Je dichter wir wohnen, desto mehr Menschen nutzen den öffentlichen Verkehr Indikator Atlanta Barcelona Streckennetz der U-Bahn (km) Bevölkerungsanteil in fußläufiger Entfernung zur U-Bahn Anteil der Wege mit dem öffentlichen Nahverkehr an allen Wegen 4 % 4,5 % 60 % 30 % Quelle: eigene Darstellung mit Daten von Bertaud 2004 und DLR 19
20 4. Gestaltung der Urbanisierung Wie können Städte und Stadtregionen lebenswert bleiben oder werden? 20
21 Gestaltung der Urbanisierung Wie können große Städte wachsen? Entwicklungen nicht den Marktkräften überlassen Wachstum planen Keine Patentrezepte regionale Antworten finden Wachsen nach außen Umland Stadtmitte Umland überbaut Freiraumflächen macht abhängig vom Auto macht Infrastruktur teuer Wachsen nach innen Umland Stadtmitte Umland beeinträchtigt Stadtklima missachtet Wohnwünsche überlastet Infrastruktur 21
22 Gestaltung der Urbanisierung Ansätze für eine nachhaltige Urbanisierung Prinzipien einer nachhaltigen Urbanisierung Kompakte Stadterweiterungen mit qualifizierter Dichte und Nachverdichtung Schutz wertvoller Freiräume am Stadtrand Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf die Schiene Siedlungsentwicklung regional koordinieren Städte widerstandsfähiger gegen Klimarisiken machen Management des Wachstums mit Mitteln regulativer Politik, ökonomischer Anreize, und zivilgesellschaftlichem Diskurs 22
23 Gestaltung der Urbanisierung Ansätze für eine nachhaltige Urbanisierung Schutz wertvoller Freiräume im Umland Beispiel: Greenbelt London 23
24 Gestaltung der Urbanisierung Ansätze für eine nachhaltige Urbanisierung Neue Stadtquartiere an der Schiene ( Transit-oriented Development ) Beispiel: Fingerplan Kopenhagen 24
25 Gestaltung der Urbanisierung Ansätze für eine nachhaltige Urbanisierung Siedlungsentwicklung regional koordinieren Beispiel: Metro Portland (USA) Metro
26 More than ever before, we understand the power of well-planned urbanization for development. But, that is the key: planning good, strong planning UN Generalsekretär Ban Ki-moon,
27 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 27
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