Fallstricke der oralen Antikoagulation und Plättchen-Aggregationshemmung. Was würden Sie tun?
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- Nikolas Holst
- vor 8 Jahren
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1 Fallstricke der oralen Antikoagulation und Plättchen-Aggregationshemmung. Was würden Sie tun? Gemeinsame Falldiskussionen G. Bandauer T. Hammer H. Hose C. Raspe A. Schlitt 1 Teutschenthal 2014, Schlitt et al.
2 PD Dr.Th. Hammer Augenzentrum Frohe Zukunft Halle (S.) Dessauer Str Halle (S.)
3 Fallbeispiel 1 77jähriger Patient Diagnosen (lt. Überweisung): Arterielle Hypertonie NIDDM pavk IIa Carotisplaques Cataracta senilis provecta (Visus: RA: 0,4; LA: 0,5) Medikation: ASS 100 mg Ramipril/HCT 5/25 mg Metoprolol 95 mg ½-0-½ Torasemid 10 mg ½-0-0 Tamsulosin 0,4 mg Finasterid 5 mg Ramipril 5 mg Katarakt-OP RA geplant (Führerscheintauglichkeit!!)
4 Kann der Thrombozytenaggregationshemmer (ASS) für drei Tage pausiert werden? 1. Ja 2. Nein
5 Fallbeispiel 1 ASS-Therapie kann pausiert werden weil: Thrombozytenaggregationstherapie nur als Primär-Prophylaxe Kein erhöhtes thrombembolisches Risiko durch die Art der Operation (Größe der Wundfläche, Flüssigkeitsverschiebungen usw.) Keine Zunahme der Prokoagulabilität Keine zusätzliche Gefahr der Mobilisierung der Carotisplaques Fortsetzung der ASS-Therapie am ersten postoperativen Tag sofort möglich Ohne ASS-Pause: OP möglich aber in Tropf-/Gelanästhesie Aber wegen welcher weiteren Medikamenten-NW besser Blutungsrisiko minimieren?
6 Diskussion: ASS-Dauermedikation 6 Schlitt A et al. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: Teutschenthal 2014, Schlitt et al.
7 Welches Medikament hat zusätzlichen Einfluss auf die Katarakt-OP? 1. Ramipril/HCT 5/25 mg 2. Metoprolol 95 mg 3. Torasemid 10 mg 4. Tamsulosin 0,4mg
8 Fallbeispiel 1 Tamsulosin Alpha1-Rezeptor-Antagonist Einsatz bei benigner Prostatahyperplasie kann floppy-iris-syndrome auslösen Komplikationen: Intraoperative Miosis Spontaner Irisvorfall durch die Parazentesen Irisverletzung und damit Blutungsrisiko 10fach höhere Komplikationsrate bei Katarakt-OP (Chang et al.) Rezeptpflichtiges Medikament in Deutschland Andere Länder (z.b. Großbritannien) rezeptfrei Empfehlung vor Tamsulosin-Therapie ophthalmologische Untersuchung, ob Katarakt-OP demnächst geplant ist Quelle: Dt. Ärzteblatt
9 Fazit Indikation zur ASS-Therapie prüfen Primär-Prophylaxe vs. Sekundär-Prophylaxe z.b. Score (ESC) oder Framingham-Score Primärprävention atherosklerotischer Erkrankungen 1 Framingham scoring system for calculating the 10-year risk for major coronary events in adults without diabetes mellitus 2 unterschiedliches Basisrisko: <1% >30% pro Jahr mit ASS ( mg): RRR 4 44% pro Jahr, Basisrisiko 0,5% pro Jahr: ARR 0,08% pro Jahr Basisrisiko 1,5% pro Jahr: ARR 0,4% pro Jahr Sekundärprävention kardiovaskulärer und cerbrovaskulärer Ereignisse 3 mit ASS ( mg): RRR 20 63% pro Jahr ARR 2,0% ± 3,1% pro Jahr ARR 8,7% ± 6,3% pro 20 Monat 1 Lauer MS. NEJM 2002, 346: National Heart, Lung and Blood Institute. 10-year risk calculator Adult Treatment Panel III Bethesda 3 Weisman SM. Arch Intern Med 2002, 162:
10 10 Teutschenthal 2014, Schlitt et al.
11 Dr. med. dent Gernot Bandhauer Antikoagulanzien in der zahnärztlichen Praxis Maßnahmen zur Dosisreduktion von Antikoagulanzien nur wenn unbedingt erforderlich. Auch das Absetzen von Thrombozytenaggregationshemmern sollte nur in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.
12 Männlicher Patient, geb. 1945, guter Allgemeinzustand, grauer Starr, Diabetes Typ II Medikation Metformin 2x1 Timophtal AT 1x1 ASS 100 1x1 Vildagliptin 2x1 Valsartan 1x1 L-Thyroxin 1x1
13 Männl.Pat. geb. 1949,Herzinfarkt 1993, Defi 01/2013 Medikation Aspirin Protect 100mg Bisoprolol 10 FTA Exforge 10mg/160mg Pradaxa 110 Simvastatin 40 Spirolacton Torasemid 10
14 Fraktur Teleskopzahn 13 Keine Erhaltungswürdigkeit Schonende Extraktion und Säuberung der Alveole Naht und Ausbisstupfer, Prothese als Wundplatte
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16 Einteilung der Eingriffe in prä, intra- und postoperative Phasen Präphase: Bedenken, dass eine Antikoagulation in der Regel nicht abgesetzt werden dürfen. Hintergrund ist, dass das Risiko für schwerwiegende oder letale Komplikationen bei Absetzung einer Gerinnungshemmung signifikant erhöht ist. Blutungen bei antikoagulierten Patienten lassen sich oft mit lokalen, in der Praxis einsetzbaren Methoden stillen (Aufbisstupfer, Fibrinkleber, speicheldichte Wundnaht,Thrombinschwämmchen Wundplatten).
17 OP immer am Vormittag, niemals Freitags! Atraumatische Operationstechniken Trennung von Kronen und Wurzeln und Vermeidung von Entlastungsschnitten So wenig wie möglich Quetschungen setzen Bei Eingriffen im Ober- und Unterkiefer zwei Termine vereinbaren
18 Schmerzmedikamente nach OP Metamizol ( Novalgin ) Paracetamol Man sollte auch an eine Übermedikation denken, wenn z.b. Patienten bei Schmerzen oder Erkältung ASS selbständig einnehmen o h n e d a b e i i h r e M e d i k a t i o n z u berücksichtigen!
19 Forschungsgruppe unter Leitung von Frau Dr. I. Schubert hat die gleichzeitige E i n n a h m e v o n A n t i b i o t i k a u n d Blutverdünnern als riskant eingestuft. Je nach Art des AB ist das Blutungsrisiko 2-5x höher. Die Wechselwirkungen sind in der Praxis bekannt aber noch nicht ausreichend berücksichtigt.
20 I n d e r M u n d h ö h l e w i r k e n s i c h Gerinnungsstörungen frühzeitig und nachhaltig aus, da wir hier besondere Bedingungen vorliegen haben. Keine Schorfbildung und Spülwirkung des Speichels, dadurch sind eventuelle hemmende und fördernde Einflüsse auf Gerinnungsstoffen möglich. Besondere Beanspruchung der Wunde in der Mundhöhle und die daraus resultierende mikrobielle Besiedlung.
21 N i c h t s e l t e n w e r d e n d a h e r Gerinnungsstörungen erst anlässlich einer Zahnentfernung entdeckt, nachdem beim gleichen Patienten kleine Eingriffe an der äußeren Haut unauffällig verlaufen sind. Eine genaue Anamnese und ein aktueller Medikationsplan, sowie eine genaue Inspektion der Mundhöhle lassen uns oft Komplikationen vermeiden.
22 22 Teutschenthal 2014, Schlitt et al.
23 PD Dr. Christoph Raspé Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Universitätsklinikum Halle (Saale
24 Fallbeispiel 1a Mann 76 Lebensjahre Guter Allgemeinzustand und adipöser Ernährungszustand (BMI 30 kg/m 2 ) Arterielle Hypertonie Z.n. Apoplex ohne Residuen 2012 Chronische Niereninsuffizienz im Stadium NKF 1 (GFR 70 ml/ min) Diabetes mellitus Permanentes Vorhofflimmern à Rivaroxaban (Xarelto ) 20 mg/ d Dringliche Hemihepatektomie bei hepatozellulären Karzinom
25 Mann, Vorhofflimmern, dringliche Hemihepatektomie bei hepatozellulärem Karzinom Würden Sie präoperativ Rivaroxaban (Xarelto ) absetzen? 50% 50% 1. Ja 2. Nein 1. 2.
26 Einnahmepause vor elektiven Operationen Blutungsrisiko Rivaroxaban (Xarelto ) Dabigatran (Pradaxa ) Apixaban (Eliquis ) Niedrig 1 Tag präop 1 Normal 1 Tag präop 1 1 Tag präop 1 2 Tage präop Hoch + NCH 2 Tage präop 2(-4) Tage präop 2 Tage präop Abhängig vom Thrombose-/ Schlaganfallrisiko sollte ein Bridging mit NMH/ Heparin (Rivaroxaban 10mg) erfolgen. (uneinheitliche Empfehlungen) 1 Kein Bridging erforderlich. Schlitt A, Jámbor C, Spannagl M et al (2013) Dtsch Arztebl Int 110(31-32): Levy JH, Faraoni D, Spring JL et al (2013) Anesthesiology 118(6):
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28 Mann, Vorhofflimmern, dringliche Hemihepatektomie bei hepatozellulärem Karzinom, Therapie mit Rivaroxaban (Xarelto ) Würden Sie prä-/postoperativ bridgen? 50% 50% 1. Ja 2. Nein 1. 2.
29 Bridging Algorithmus für NOACs ÖGARI Empfehlungen perioperatives Bridging; 2012
30 Fallbeispiel 1b Mann 76 Lebensjahre Guter Allgemeinzustand und adipöser Ernährungszustand (BMI 30 kg/m2) Arterielle Hypertonie Niereninsuffizienz Diabetes mellitus Vor 6 Monaten DES bei NSTEMI mit dualer Plättchenhemmung ASS Ticagrelor Dringliche Hemihepatektomie bei hepatozellulären Karzinom
31 Mann, vor 6 Monaten DES unter dualer Plättchenhemmung mit ASS und Ticagrelor (Brilique ), geplante Hemihepatektomie bei hepatozellulärem Karzinom Was würden Sie präoperativ absetzen? 1. Nur ASS 2. Nur Ticagrelor (Brilique ) 3. ASS und Ticagrelor (Brilique ) 4. Keines von Beiden 25% 25% 25% 25%
32 ASS Zur Sekundärprävention: Perioperative Weiterführung (außer NCH, intraspinale und okuläre Eingriffe) Zur Primärprävention: KANN es perioperativ abgesetzt werden
33 P2Y12 Inhibitoren
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35 35 Teutschenthal 2014, Schlitt et al.
36 Regionalanästhesie und An1koagula1on The good, the bad and the ugly Dr. Helmut Hose Facharzt für Anästhesiologie Spezielle Schmerztherapie Pallia1vmedizin Anästhesiepraxis Halle- Dessau
37 Anästhesieverfahren und An1koagula1on problemlos Maskennarkose Larynxmaske Intuba1ons- narkose Erhöhte Aufmerksamkeit Axilläre Plexusanästhesie Leitungsanästhes ien peripherer Nerven problema+sch Rückenmarknahe Verfahren (Spinal-, Epiduralanästhesie) Psoaskompartmentblock Interskalenäre, supra- und infraclaviculäre Plexusanästhesie Periokuläre Anästhesien FaceNengelenksblockaden Intrathekale Medikamentenapplika1on Sympathikusblockaden (Grenzstrang, Plexus coeliacus, Ggl sphenopala1num und cervicale superius) Blockaden am Kopf (Ggl Gasseri etc.)
38 Fallbeispiel Pat. 72 J. mit Sigmacarcinom Z.n. perforierter Appendektomie vor 30 Jahren Vor 2 Jahren Stent (BMS in RIVA) bei 80%iger Stenose, seither keine Pectangina COPD mit mehrfachen infektbedingten Exazerba1onen und eingeschränkter Lungenfunk1on
39 Angestrebtes Verfahren Wenn möglich laparoskopische Sigmaresek1on im fast- track- Verfahren Wegen möglicher Verwachsungen nach perforierter Appendici1s vor 30 Jahren nicht sicher möglich à ggf. Laparotomie
40 ASS präopera1v absetzen? 72 J. mit Sigmacarcinom Z.n. perforierter Appendektomie vor 30 Jahren Vor 2 Jahren Stent (BMS in RIVA) bei 80%iger Stenose, seither keine Pectangina COPD mit mehrfachen infektbedingten Exazerba+onen und eingeschränkter Lungenfunk+on 50% 50% 1. Ja 2. Nein 1. 2.
41 Anästhesiologisches Regime Orale Intuba1onsnarkose Reglemen1ertes Infusionsregime Postopera1ve Analgesie Frühmobilisa1on Rascher Kostauaau
42 Postopera1ve Analgesie, Variante ASS 100 weiter geben 1 Anlage eines Periduralkatheters (PDK) von erfahrenem Anästhesisten am OP- Tag Möglichst atrauma1sches Vorgehen Nur 1 Punk1onsversuch Postopera1v Beginn mit Thromboseprophylaxe
43 PDK- wo ist das Problem?
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45 Welches Regime zur peri- und postopera+ven Thromboseprophylaxe würden Sie bevorzugen? 1. Niedermolekulares Heparin subkutan 2. Unfrak1oniertes Heparin subkutan 3. Unfrak1oniertes Heparin intravenös 4. Fondaparinux subkutan 5. Keines der unter 1-4 Genannten Regime 20% 20% 20% 20% 20%
46 Wenn NMH In Kombina1on mit ASS: h Pause vor Kathetereniernung, danach noch 2-4 h Pause D.h. nach 24 h unsichere Thromboseprophylaxe und Gefährdung des Pa1enten
47 Wenn UFH 4-6 h nach Gabe: Eniernung des Katheters möglich 1h nach Kathetereniernung wieder UFH- Gabe möglich oder Nach 4-6h Umstellung auf NMH Problem bei UFH: unsichere Resorp1onsraten
48 Postopera1ve Analgesie, Variante 2 PDK- Anlage gelingt nicht mit 1. S1ch Postopera1ve Analgesie via i.v.- PCA (Pa1ent- controlled Analgesia, Schmerzpumpe, z.b. mit Oxycodon) in Kombina1on mit oralem retardierten Opioid (Oxycodon + Naloxon) Zügige Umstellung auf orale PCA
49 Postopera1ve Analgesie Thorakaler PDK mit Naropin Sehr gute Analgesie Gute Atemfunk1on Frühmobilisa1on Gefahr des epiduralen Hämatoms unter ASS und postopera1ver Thromboseprophylaxe auf thorakaler Ebene Zunächst intravenöse, dann rasche Umstellung auf orale Opioid- PCA Sedierung Atemdepression, Gefahr der Pneumonie, Exazerba1on der COPD, postopera1ve Ateminsuffizienz Erschwerte Mobilisa1on Keine Gefahr einer QuerschniNslähmung Hemmung der Darmmo1lität
50 Postopera1ve Analgesie, Variante 3 ASS 100 à 3 Tage präopera1v pausieren Thorakaler PDK am Op- Tag Postopera1v Thromboseprophylaxe mit NMH Nach 3 Tagen Liegedauer Eniernung des PDK Am Folgetag nach Eniernung morgens Beginn mit ASS 100 Gesamtpause 7d
51 Postopera1ve Analgesie, Variante 3 Pro Stressfreie Anlage eines PDK Fast track mit allen Vorteilen möglich Contra Gefahr der StenNhrombose mit Myokardinfarkt
52 Wie würden Sie entscheiden?? 1. Variante 1 2. Variante 2 3. Variante 3
53 Wie würden Sie entscheiden? 33% 33% 33% 1. Variante 1 2. Variante 2 3. Variante
54 Kardiale Dekompensa1on infolge Stent- thrombose Exazerbierte COPD Pneumonie Pa1ent Periopera1ver Stress Schmerz QuerschniNs- lähmung durch thorakalen PDK
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56 Auflösung Aktuelle Leitlinie unseres Fachs zu rückenmarknaher Anästhesie und An1koagula1on nicht mehr gül1g und gegenwär1g in der Überarbeitung Keinerlei Evidenz für Epidurale Hämatome bei Punk1on/Kathetereniernung unter ASS lurleerer Raum Persönliche Meinung: Variante 2 in diesem speziellen Fall bevorzugen Enge Koopera1on eines erfahrenen Anästhesisten mit Kardiologen und Pulmologen, um individuelles Risikoprofil zu erstellen und Nutzen/Risiko- Abwägung eines PDK zu erörtern
57 Zeitintervalle zwischen rückenmarknaher Punktion/ Katheterentfernung und medikamentöser Thromboseprophylaxe bei normaler Nierenfunktion 57 Schlitt A et al. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: Teutschenthal 2014, Schlitt et al.
58 Weitere Aspekte/Diskussion Etwa Opera1onen pro Jahr, die von PDK profi1eren (Auswahl) Lungen(teil) Resek1onen Gastrektomien Ösophagusresek1onen Ileum- und Colonresek1onen Rectumresek1onen Pankreaschirurgie/ Pankrea11den Radikale Prostatektomien Zystektomien Wertheim- Op Exentera1onen des kleinen Beckens Prak1kable Leitlinien dringend erforderlich Genaue Beobachtung der Fallzahlen epiduraler Hämatome in der Folgezeit
59 Danke für die Aufmerksamkeit, schönes Wochenende und eine gute Heimfahrt! 59 Teutschenthal 2014, Schlitt et al.
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