Zögern Sie bei der Einstellung eines neuen Mitarbeiters, wenn Sie im Vorstellungsgespräch erfahren, dass diese Person Epilepsie hat?
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- Klaus Gerstle
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2 Zögern Sie bei der Einstellung eines neuen Mitarbeiters, wenn Sie im Vorstellungsgespräch erfahren, dass diese Person Epilepsie hat? Sind Sie unsicher, was zu tun ist, wenn eine langjährige Mitarbeiterin Ihnen berichtet, sie habe seit kurzem epileptische Anfälle? Fragen Sie sich was bei einem epileptischen Anfall zu tun ist? Sollten Sie eine dieser Fragen mit Ja beantworten, kann Ihnen diese Broschüre helfen, sich ein Bild darüber zu machen, was sich hinter dem Begriff Epilepsie verbirgt und wann man von epileptischen Anfällen spricht. Sie werden sehen, dass ein Mensch mit Epilepsie seine Arbeit leisten kann wie jede andere Fachkraft auch.
3 Was sind epileptische Anfälle und wann spricht man von einer Epilepsie? Epileptische Anfälle sind Ausdruck einer Funktionsstörung des Gehirns. Dabei kommt es zu ungewöhnlich heftigen, gleichzeitigen elektrischen Entladungen im Grosshirn, welche die normale Funktion der betroffenen Nervenzellen vorübergehend unterdrücken. Epileptische Anfälle können sehr unterschiedlich aussehen; von den in der Öffentlichkeit am meisten bekannten sogenannten «grossen Anfällen» (Grand Mal), bei denen Betroffene das Bewusstsein verlieren und die mit Verkrampfungen und Zuckungen einhergehen, bis hin zu Anfallsformen, welche von Nichtfachleuten gar nicht erkannt werden, weil sie lediglich mit einer Unaufmerksamkeit von einigen Sekunden einhergehen. Bei Anfällen ist zu empfehlen, Ruhe zu bewahren und bei der betroffenen Person zu bleiben, bis sie wieder voll orientiert ist. Bei einem «grossen Anfall» sollte die betroffene Person vor Verletzungsgefahren geschützt werden. Ärztliche Hilfe muss nur dann beansprucht werden, wenn der Anfall länger als 10 Minuten dauert, oder es Hinweise auf schwerere Verletzungen gibt. Die Abstände zwischen den einzelnen Anfällen können zwischen Minuten, Jahren oder sogar Jahrzehnten schwanken. Ein epileptischer Anfall ist nicht zwangsläufig Ausdruck einer Krankheit. Bei jedem Menschen kann es zu einem epileptischen Anfall kommen, wenn anfallsfördernde Umstände zusammentreffen. Etwa 5% aller Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens einen epileptischen Anfall, aber bei weniger als 1% entwickelt sich eine Epilepsie. Erst wenn sich epileptische Anfälle in mehr oder weniger unregelmässigen Abständen wiederholen, spricht man von
4 einer Epilepsie. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, eine Epilepsie kann nach einem Schlaganfall, einer Gehirnblutung, einer Hirnhautentzündung oder als Folge einer schweren Kopfverletzung auftreten, in anderen Fällen bleibt die Ursache unklar. Aufgrund moderner Therapien ist es jedoch heute möglich, dass ca. 70% aller Menschen mit Epilepsie anfallsfrei sind. In vielen Fällen kann die Anfallsfrequenz gesenkt bzw. schwere Anfälle unterdrückt werden. So ist es den meisten Betroffenen möglich, ein weitgehend normales Leben zu führen. Berufstätigkeit und Epilepsie Als Arbeitgeber haben Sie das Interesse, eine freie Stelle mit der am Besten für die Tätigkeit geeigneten Person zu besetzen. Neben den fachlichen und menschlichen Anforderungen, die erfüllt sein wollen, ist mit jeder Einstellung der Wunsch nach Zuverlässigkeit eines Mitarbeiters verbunden, auch in gesundheitlicher Hinsicht. Um Falschannahmen und Vorurteile, die sich häufig in beruflichen Fragen um das Thema Epilepsie gruppieren, zu vermei-
5 den und um die Eignung eines Bewerbers mit Epilepsie besser feststellen zu können, möchten wir Sie über die folgenden Bereiche informieren: Arbeitsleistung und Zuverlässigkeit von Arbeitnehmern mit Epilepsie Menschen mit Epilepsie sind, wenn keine zusätzlichen Erkrankungen vorliegen, lediglich durch die während eines Anfalles auftretenden Symptome eingeschränkt und können darüber hinaus eine gleichwertige Arbeitsleistung erbringen wie ihre Kolleginnen und Kollegen. Sie weisen die selbe Schwankungsbreite an Intelligenz, Geschicklichkeit und Belastungsfähigkeit auf wie der Bevölkerungsdurchschnitt. In der beruflichen Praxis hat sich gezeigt, dass Menschen mit Epilepsie nicht mehr Fehlzeiten als Arbeitnehmer ohne Epilepsie haben. Unfallgefährdung von Arbeitnehmern mit Epilepsie Eine der häufigsten falschen Annahmen ist, dass Menschen mit Epilepsie generell ein grosses Unfallrisiko am Arbeitsplatz haben. Untersuchungen 1 zeigen jedoch ein anderes Bild: Sowohl in technischen als auch nichttechnischen Bereichen verunfallen Menschen mit Epilepsie nicht häufiger als andere Mitarbeiter, es treten wenige Arbeitsunfälle auf, die eine Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen. Dies könnte einerseits daran liegen, dass die Konzentration während der Arbeit die Auftretenswahrscheinlichkeit von Anfällen herabsetzt, andererseits verhalten sich Menschen mit Epilepsie häufig sehr umsichtig am Arbeitsplatz, weil sie um ihr Gefährdungspotenzial wissen. Selbstverständlich spielt bei der Auswahl eines geeigneten Berufes die medizinische Einschätzung und Prognose der Epilepsie eine grosse Rolle. Je nach Anfallstyp und -häufigkeit können unter
6 Berücksichtigung von verschiedenen Gefährdungskategorien Aussagen darüber gemacht werden, ob ein Arbeitsplatz mit zusätzlichen Risiken verbunden ist oder nicht. In der Regel existieren jedoch für die Mehrzahl der handwerklich- technischen, kaufmännischen und nichttechnischen Berufen gute bis sehr gute Möglichkeiten Chemiekonzern BASF, anfallsbedingte Fehlzeiten und Unfälle 1995 Berufsbildungswerk Bethel (D), Untersuchung zur Unfallhäufigkeit in den Berufsfeldern Metall- und Textiltechnik Versicherungsleistungen bei epileptischen Anfällen am Arbeitsplatz Sollte ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz einen epileptischen Anfall erleiden und sich dabei verletzen, so gelten diese Verletzungen als Unfall. Werden die branchenüblichen Sicherheitsmassnahmen eingehalten, gilt die Sorgfaltspflicht als erfüllt und der Versicherungsschutz besteht. Ein Regress des Unfallversicherungsträgers gegen Unternehmer oder Arbeitskollegen ist nur dann möglich, wenn sie den Arbeitsunfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben. Bei Zweifeln hinsichtlich des Unfallrisikos an einem Arbeitsplatz ist die Sicherheitsfachkraft oder der Personalarzt zuständig. Darüber hinaus kann zur Abklärung des Risikos die SUVA oder die Sozialberatung des Schweizerischen Epilepsie- Zentrums in Zürich konsultiert werden.
7 Schweizerisches Epilepsie-Zentrum Bleulerstrasse Zürich Tel (Zentrale) Weitere Informationen zu verschiedenen Aspekten von Epilepsie erhalten Sie auf der Homepage des Epilepsie-Zentrums Zürich unter Verfasser: Klaus Fetscher, Dipl. Sozialarbeiter FH Leiter Sozialberatung Schweizerisches Epilepsie-Zentrum Zürich Tel Fax
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