Hochauflösende Messung der Geschwindigkeit für Realistische Simulation des Rennradfahrens auf einem Ergometer
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- Elvira Richter
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1 ALEXANDER ARTIGA GONZALEZ, MACIEJ GRATKOWSKI, CHETANYA RASTOGI, DIETMAR SAUPE Hochauflösende Messung der Geschwindigkeit für Realistische Simulation des Rennradfahrens auf einem Ergometer 1. Einleitung Ein Ziel des Powerbike Projekts der Universität Konstanz ist eine möglichst realistische Simulation von Rennradfahren. Um dies zu erreichen wurden Strecken mit (Differential-)GPS aufgezeichnet und dazu passende Videos aufgenommen. Die Simulation erlaubt es, diese Strecken mit synchronisierter Videoabspielung auf einem RBM Cyclus2 Ergometer nachzufahren. Passend zur jeweiligen Position auf der Strecke, der Geschwindigkeit und den Eigenschaften von Fahrrad und Fahrer wird der entsprechende Widerstand mit dem in (Martin et al., 1998) und (Dahmen et al., 2011) beschriebenen mechanischen Model berechnet. Ein Problem bei der Simulation mit einem Ergometer ist die Trägheit. Beim Radfahren müssen sowohl Fahrer als auch Fahrrad beschleunigt und auch wieder abgebremst werden. Die dabei auftretende Trägheitskraft fehlt auf einem Ergometer, da weder Fahrrad noch Fahrer sich bewegen. Die geringe träge Masse der Schwungscheibe genügt nicht als Ausgleich. Ohne eine ähnlich hohe träge Masse, die bewegt wird, sind unrealistisch hohe Beschleunigungen, vor allem beim Anfahren, möglich. Für ein Gangverhältnis am Ergometer von 50/13, ein simuliertes Gangverhältnis von 39/12 und einen simulierten Radradius von 0,34 m beträgt die träge Masse der Schwungscheibe mit 0,54 kgm² während der Simulation 6,78 kg. Die eigentliche träge Masse müsste für eine Gesamtmasse von 90 kg für Fahrer und Fahrrad und für Laufräder mit 0,2 kgm² insgesamt 91,78 kg betragen. Die zum Simulieren der Trägheit benötigte Kraft berechnet sich aus der Differenz beider Massen multipliziert mit der Beschleunigung. Man sieht, dass bei den durch die geringe Trägheit der Schwungscheibe möglichen hohen Beschleunigungen die zusätzliche Kraft, die die Bremse zur Kompensation erzeugen müsste, sehr groß wird. Da die Wirbelstrombremse vom Cyclus2 hohe Widerstände nur bei hohen Umdrehungsgeschwindigkeiten erzeugen kann, können diese zusätzlichen Kräfte nicht immer erzeugt werden. Können sie erzeugt werden, dann bremsen sie den Fahrer aufgrund der 1
2 Zeitverzögerung im Messsignal zu abrupt ab und stören den Simulationsablauf. Um derart hohe Kräfte zu vermeiden, könnte man die simulierte (virtuelle) Beschleunigung mit geeigneten Filtern oder Reglern einschränken. Dies würde aber auch die Simulation weniger realistisch machen, da dann eine Erhöhung der Trittfrequenz nicht mehr zu einer Erhöhung der (simulierten) Geschwindigkeit führt. Es bleibt der Ansatz, auf Beschleunigung zu reagieren und die notwendige träge Masse durch den Widerstand der Bremse zu simulieren. Reagiert das System hinreichend schnell durch Erhöhung des Widerstands der Bremse, dann treten sehr große Beschleunigungen gar nicht erst auf und die oben beschriebenen Probleme werden vermieden. Ein erster Schritt, um dies zu erreichen, wird hier mit dem Aufbau und der Validierung eines Systems zur hochauflösenden Messung der Geschwindigkeit, beschrieben. 2. Methoden 2.1. Simulator Abb. 1: Rahmen mit Cyclus2 Bremse, SRM Torque Box und Arduino Mikrocontroller. In der Mitte ein Bild der Visualisierung des Simulators. Oben links: Ritzelpaket mit Messscheibe. 2
3 Abbildung 1 zeigt den im letzten Abschnitt beschriebenen Simulator. Für die Geschwindigkeitsbestimmung gibt es drei Methoden: 1) Die Simulationssoftware steuert das Cyclus2 Bremsaggregat und ruft mit 40 Hz die Umdrehungsgeschwindigkeit der Schwungscheibe ab. 2) Die SRM Torque Box sendet einmal pro Kurbelumdrehung die aktuelle Trittfrequenz. 3) Um die Geschwindigkeit mit höherer Auflösung zu messen wurde am Ritzelpaket eine Messscheibe mit 25 Zähnen angebracht. Die Zähne sind dabei genauso breit wie die Lücken zwischen zwei Zähnen. Ein Arduino Due Mikrocontroller bestimmt mit einem optischen Sensor die Zeitdifferenz, mit der zwei aufeinander folgende Zähne den Sensor passieren und sendet diese an die Simulationssoftware. Des Weiteren sind zwei Reedschalter angeschlossen. Einer ist in der Nähe der Kurbel angebracht und reagiert auf einen an der Kurbel befestigten Magneten. Der andere Reedschalter ist hinten neben dem optischen Sensor angebracht und wird von einem Magneten an der Messscheibe aktiviert. Die Reedschalter erlauben dem Mikrocontroller, nach jeweils einer vollen Umdrehung vorne bzw. hinten die für die Umdrehung benötigte Zeit an die Simulationssoftware zu senden. Diese Werte können zum einen verwendet werden, um den optischen Sensor zu überwachen und zum anderen um die genaue Pedalposition zu bestimmen. 2.2 Messungen Zur Validierung des Systems wurde zuerst bei Leistungen 100 W, 150 W, 200 W und 250 W und nachfolgend bei Torque 80 Nm, 100 Nm und 120 Nm für jeweils 30 Sekunden gefahren. Die Trittfrequenz wurde im Bereich 78 UpM bis 82 UpM leicht variiert. In einem zweiten Test wurde bei einer Vorgabe von 200 W mehrmals langsam bis auf eine Trittfrequenz von ca. 185 UpM beschleunigt und wieder angehalten. Dieser Test dient einerseits zur Charakterisierung der Verzögerungen beim Anfahren und beim Anhalten, und andererseits als Test der Leistungsfähigkeit des optischen Sensors und des Mikrocontrollers bei hohen Trittfrequenzen. 3
4 Abb. 2: Von den unterschiedlichen Geräten ermittelte Trittfrequenz. Die Legende zeigt Mittelwert und Standardabweichung für die abgebildeten 15 Sekunden. 2.2 Datenverarbeitung Die vom Mikrocontroller gesendeten Zeitdifferenzen des optischen Sensors und die vom Cyclus2 gemessenen Umdrehungsgeschwindigkeiten wurden in Trittfrequenz umgerechnet. Da die Messwerte unregelmäßige Zeitabstände aufweisen, wurden die ermittelten Trittfrequenzwerte vom Mikrocontroller und vom Cyclus2 interpoliert und mit 188 Hz zu gleichen Zeitpunkten abgetastet. Dies ermöglicht die Bestimmung von Zeitverzögerungen zwischen beiden Datenreihen mittels Kreuzkorrelation. Zudem wurde auf die ermittelte Trittfrequenz des optischen Sensors verschiedene Filter angewendet um hochfrequentes Rauschen zu eliminieren. Verwendet wurden gleitender Mittelwert über 10 Datenpunkte sowie ein Tschebyscheff und ein Butterworth Tiefpassfilter 6ter Ordnung. Beide Tiefpassfilter hatten eine Grenzfrequenz von 18,8 Hz. 3. Ergebnisse Abbildung 2 zeigt einen Ausschnitt einer Testfahrt. Die Mittelwerte der Trittfrequenz aller Geräte stimmen bis auf die zweite Nachkommastelle überein. Dies gilt auch für die aus den Messwerten der Reedschalter bestimmten Trittfrequenzen, die nicht dargestellt sind. In den Datenreihen, die mehrere Datenpunkte pro Umdrehung beinhalten (optischer Sensor und Cyclus2), ist der Tretzyklus klar erkennbar. Abbildung 3 zeigt die aufgezeichnete Trittfrequenz von Cyclus2 und optischem Sensor. Man sieht, dass der Anstieg der Geschwindigkeit beim 4
5 Anfahren in den Cyclus2 Daten verspätet und dadurch schneller erfolgt. Beim Anhalten hingegen misst der Cyclus2 die Umdrehungsgeschwindigkeit der Schwungscheibe, die durch den Freilauf weiter dreht, wenn nicht mehr getreten wird. Abb. 3: Verzögerung bei Start und Stopp zwischen Cyclus2 und optischem Sensor. Abb. 4: Kreuzkorrelation eines Ausschnitts der Signale mit konstanter Trittfrequenz von ca. 70 UpM zeigt eine Verzögerung von 180 ms. Die Kreuzkorrelation aus Abbildung 4 zeigt, dass die Geschwindigkeitswerte vom Cyclus2 auch während konstanter Fahrweise verzögert sind. Der maximale Peak zeigt eine Verzögerung von 180 ms in den Cyclus2 Daten. 5
6 Abbildung 5 zeigt die Verzögerung der Cyclus2 Messwerte im Vergleich mit ungefilterten und gefilterten Messwerten des optischen Sensors. Man sieht, dass trotz des Filterns immer noch schneller Geschwindigkeitsdaten erhalten werden. Dabei beträgt die Verzögerung durch das Tschebyscheff Filter 15,6 ms, durch das gleitenden Mittelwert Filter 21 ms und durch das Butterworth Filter 31,5 ms. Die erzielte Auflösung der Messwerte des optischen Sensors ist abhängig von der Trittfrequenz. Bei einem Gangverhältnis von 50/13 und einer Trittfrequenz von 185 UpM wird die Rotationsgeschwindigkeit mit ca. 240 Hz und bei einer Trittfrequenz von 60 UpM mit ca. 77 Hz bestimmt. Auch bei den höchsten getesteten Trittfrequenzen von ca. 185 UpM gab es keine Ausfälle des optischen Sensors oder Probleme beim Senden oder Empfangen der Messwerte. 4. Diskussion Mit Hilfe des in diesem Artikel vorgestellten Messsystems basierend auf einem Arduino Mikrocontroller mit optischem Sensor lassen sich hochauflösende Geschwindigkeitsmessungen realisieren. Die erhaltenen Rohdaten weisen nur schwaches Rauschen auf, so dass beim Filtern nur wenig Zeit verloren geht (bis maximal 20 ms). Abb. 5: Die Verzögerung durch die unterschiedlichen Filter ist deutlich kleiner als die Verzögerung in den Cyclus2 Messwerten. Dagegen sind die Geschwindigkeitsmessungen des Cyclus2 um 180 ms verzögert. Ob dies für eine realistische Trägheitssimulation ausreichend ist, muss noch getestet werde. Hilfreich ist das vorgestellte System auch für 6
7 Untersuchungen zum runden Tritt. Weitere Tests, auch mit Messscheiben mit mehr Zähnen, sollen zeigen, welche Grenzen der optische Sensor und die Kommunikation mit der Simulationssoftware haben. Autoren ALEXANDER ARTIGA GONZALEZ: AG Multimedia Signalverarbeitung, Universität Konstanz MACIEJ GRATKOWSKI: AG Multimedia Signalverarbeitung, Universität Konstanz CHETANYA RASTOGI: Indian Institute of Technology Roorkee DIETMAR SAUPE: AG Multimedia Signalverarbeitung, Universität Konstanz Literatur T. Dahmen, R. Byshko, D. Saupe, M. Röder, and S. Mantler. Validation of a model and a simulator for road cycling on real tracks. Sports Engineering, 14:95 110, 2011 J. Martin, D. Miliken, J. Cobb, K. McFadden, and Coggan A. Validation of a Mathematical Model for Road Cycling Power. Journal of Applied Biomechanics, 14: ,
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