LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN UWG (OHLY) SEITE 25
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- Elsa Tiedeman
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1 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN UWG (OHLY) SEITE Die Generalklausel ( 3 UWG) Lit.: Zur geltenden Fassung Köhler, WRP 2010, 1293 ff.; Fezer, WRP 2010, 677; zur Reform Referentenentwurf des BMJ (bei den Materialien, dazu erscheinen bis Jahresende sicherlich einige Aufsätze); Köhler, WRP 2013, 403 ff. a) Bedeutung und Funktion von Generalklauseln Bedeutung Generalklausel = Norm, deren Text unbestimmt ist und die daher in ihrem gesamten Anwendungsbereich der Ausfüllung durch zusätzliche Wertungen bedarf. - 1 a.f.: keine Definition der guten Sitten im Wettbewerb - 3 I n.f.: keine Definition der Unlauterkeit - große Generalklausel: erfasst gesamten Bereich des Wettbewerbsrechts - kleine Generalklausel: begrenzt auf bestimmte Form des unlauteren Wettbewerbs (Beispiele: 5 I; 7 I) Warum gibt es eine lauterkeitsrechtliche Generalklausel? - Flexibilität, unverzichtbar angesichts der Dynamik des Wettbewerbs, - Kohler, Recht des Markenschutzes (1884): Die Unredlichkeit ist ein Proteus, der sich in tausend Formen flüchtet und gerade die gesetzlich verpönten Gestalten vermeidet, um in unzähligen Verkleidungen dem loyalen Verkehr die Früchte seiner redlichen Bemühungen abzujagen. - Genügt dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot: BVerfGE 32, 311 (317) Grabsteinwerbung: unübersehbare Vielfalt der Erscheinungsformen lässt abschließenden Katalog nicht zu, Einbuße an Rechtssicherheit durch großen richterlichen Entscheidungsspielraum wird durch Richterrecht gemindert Nachteil der Verwendung von Generalklauseln: Unbestimmtheit (Hedemann, 1933: Die Flucht in die Generalklauseln als Gefahr für Recht und Staat), daher zunächst keine große Generalklausel im UWG 1896, Ablehnung einer Generalklausel im englischen Recht Funktionen der Generalklausel Flexibilitätsfunktion: Generalklausel ermöglicht Anpassung an neue technische und wirtschaftliche Entwicklungen Lückenfüllungsfunktion: Generalklausel ermöglicht das Schließen von Lücken in Katalogen unlauterer Verhaltensweisen und im System des Immaterialgüterrechts. Delegationsfunktion: Generalklausel delegiert Befugnis zur Rechtsfortbildung an die Gerichte, daher besondere Bedeutung des Richterrechts Verweisungsfunktion: Die Generalklausel ermöglicht die Übernahme außerwettbewerbsrechtlicher und gemeinschaftsrechtlicher Regelungen (ähnlich wie 823 II BGB), Beispiele: Übernahme außerwettbewerbsrechtlicher Normen unter 4 Nr. 11; Anwendung der Richtlinie vergleichende Werbung vor deren gesetzgeberischer Umsetzung in BGH GRUR 1998, 824 Testpreis-Angebot. Der Wandel der Generalklausel 2004
2 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN UWG (OHLY) SEITE 26 - Formulierung: Ersetzung der guten Sitten durch Unlauterkeit, damit aber keine wesentliche Änderung, da es schon bisher nicht um ethische Werturteile, sondern um richterrechtliche Regulierung des Wettbewerbs ging. - Konkretisierung: vor 2004 abgesehen von Spezialtatbeständen (insb. vergleichende Werbung, irreführende Werbung, Geschäftsehrverletzung, Geheimnisschutz) keinerlei gesetzliche Konkretisierung, 1 a.f. als Grundlage eines großen Teils des materiellen Wettbewerbsrechts ( Königsnorm ) 3 n.f. wird durch einen Beispielskatalog ( 4) konkretisiert, der die wesentlichen Fallgruppen erfasst. Auf 3 wird verwiesen ( Rahmennorm ), und 3 kann als Grundlage für die von 4 nicht erfassten Fälle dienen ( Auffangnorm ) - Einführung der Bagatellklausel (nicht unwesentliche Beeinträchtigung der Mitbewerber- oder Abnehmerinteressen) I: Ersetzung der Wettbewerbshandlung durch geschäftliche Handlung und Umformulierung der Bagatellklausel zur Spürbarkeitsschwelle - 3 II: Umsetzung des Art. 5 II, III UGP-RL, Konkretisierung der Unlauterkeit für Handlungen gegenüber Verbrauchern - 3 III: Verweis auf die schwarze Liste verweisen nicht mehr ausdrücklich auf 3, was aber nach der Erläuterung nicht zu einer inhaltlichen Änderung führen soll (anders für 7) BMJ reagiert auf Beanstandungen der Kommission wegen unzureichender Umsetzung der UGP-RL mit einem Referentenentwurf, der 3 umformulieren soll. 3 UWG (1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. (2) Geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds einer auf Grund von geistigen oder körperlichen Gebrechen, Alter oder Leichtgläubigkeit besonders schutzbedürftigen und eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern ist abzustellen, wenn für den Unternehmer vorhersehbar ist, dass seine geschäftliche Handlung nur diese Gruppe betrifft. (3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig. 3 UWG in der Fassung des RefE (1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter im Sinne des Absatzes 1, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds einer auf Grund von geistigen oder körperlichen Gebrechen, Alter oder Leichtgläubigkeit besonders schutzbedürftigen und eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern ist abzustellen, wenn für den Unternehmer vorhersehbar ist, dass seine geschäftliche Handlung nur diese Gruppe betrifft. (3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig. (4) Geschäftliche Handlungen, die sich nicht an Verbraucher richten oder diese nicht erreichen, sind unlauter im Sinne des Absatzes 1, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.
3 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN UWG (OHLY) SEITE 27-3 I als Ankerpunkt für die Rechtsfolgen, aber ohne eigenen Regelungsgehalt. - 3 II setzt Art. 5 I, II UGP-RL um, regelt Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern, aber die 4, 5, 5a regeln nunmehr die Einwirkung auf Verbraucher selbständig und verweisen nur noch auf 3 I. Bedeutung des 3 II also nur noch als Auffangklausel für speziell nicht geregelte Fälle - 3 III verweist unverändert auf die schwarze Liste - 3 IV als neue Mitbewerbergeneralklausel Das Zusammenspiel von 4-6, 3 II und 3 I Im B2B-Verhältnis benennt 3 I die allgemeinen Voraussetzungen, 4-6 konkretisieren den unbestimmten Rechtsbegriff Unlauterkeit. Der Anspruch ergibt sich also aus 8-10 (für die Rechtsfolge), 4-6 (für die genaue Definition der Unlauterkeit) und 3 I. Schwierigkeiten aber im B2C-Verhältnis: - 4 Nr. 1-5, 5, 5a sind richtlinienkonform auszulegen, Art. 6-9 der UGP-RL enthalten aber eigenständige Spürbarkeitsschwellen, die der deutsche Gesetzgeber nicht übernommen hat. - 3 II überschneidet sich insoweit mit 3 I, als beide auf eine Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen abstellen. Einleitung des 3 II ( jedenfalls dann ) deutet an, dass 3 I ergänzend zur Anwendung kommt. - Frage also: Sind 4, 5, 5a i.v.m. 3 I, mit 3 II oder mit 3 I, II zu prüfen? Meinungsspektrum: - BGH GRUR 2010, 852, Rn. 27 Gallardo Spyder: Die Unlauterkeit ergibt sich aus 4, 5, 5a, die Spürbarkeit aus 3 II, I. Im B2C-Bereich konkretisiert 3 II den 3 I. Anspruch also aus 5, 3 I, II, 8 ff. - Köhler (WRP 2010, 1293 ff. und Rn. 10 ff. zu 5): 4 Nr. 1, 2 und 5, 5a verdrängen bei RL-konformer Auslegung 3 II Anwendung nur des 3 I, in dessen Rahmen die Spürbarkeitsprüfung entbehrlich ist. 3 II ist nur bei purer Anwendung relevant. Anspruch also aus 5, 3 I, 8 ff. - Scherer (WRP 2010, 586): 3 II ist völlig überflüssig. - Fezer (WRP 2010, 677): im Anwendungsbereich der UGP-RL ist 3 II die relevante Generalklausel, die ergänzend neben 5 anwendbar ist. Anspruch also aus 5, 3 II, 8 ff. - Stellungnahme: Bei isolierter Auslegung der UGP-RL wäre die Ansicht von Köhler überzeugend. Der deutsche Gesetzgeber (der den Inhalt der Richtlinie übernehmen muss, die systematische Umsetzung aber dem deutschen Recht anpassen darf) hat aber davon abgesehen, die Spürbarkeit in 4, 5 zu regeln, sondern hält die Regelung in 3 II für ausreichend. Daher ergibt sich (wie im B2B-Verhältnis) die Unlauterkeit aus den 4 ff., die übrigen Voraussetzungen folgen im Anwendungsbereich der UGP-RL aber aus 3 II (zutreffend also Fezer). Beispiel (BGH GRUR 2011, 532 Millionen-Chance II): 4 Nr. 6 wäre bei Anwendung nur i.v.m. 3 I unionsrechtswidrig (dazu sogleich). Erst durch die kombinierte Anwendung von 4 Nr. 6 und 3 II genügt die Vorschrift den Anforderungen der UGP-RL. - Außerhalb des Anwendungsbereichs der UGP-RL steht es dem deutschen Gesetzgeber aber frei, auch andere Einwirkungen auf Verbraucher genügen zu lassen, so unter 7 und 4 Nr. 10.
4 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN UWG (OHLY) SEITE 28 Änderungen nach dem Referentenentwurf: - Verbraucherschutz: 4a (der 4 Nr. 1, 2 ersetzen und aggressive Praktiken regeln soll), 5 und 5a enthalten (wie die Richtlinie) eigene Spürbarkeitsschwellen und verweisen nur noch auf 3 I. Anders aber 4 Nr. 3-6, die auf 3 II verweisen, dessen Voraussetzungen zu prüfen sind. Kritik: Besser wäre es, 4 Nr. 3-6 zu streichen, weil 4 Nr. 3-5 durch 5, 5a abgedeckt werden und weil 4 Nr. 6 entbehrlich ist. Dann wäre die Systematik klarer. - Mitbewerberschutz: 4 Nr verweisen auf 3 II oder 4. Gemeint ist wohl, dass nur 3 IV zu prüfen ist, aber nach dem Wortlaut geht die Verweisung bei Handlungen gegenüber Verbrauchern auf 3 II. Das kann nicht richtig sein, wie zb der Fall der Beleidigung eines Konkurrenten zeigt. - Prognose: 3 des Referentenentwurfs wird noch einmal geändert und wird in dieser Form nicht Gesetz. b) Voraussetzungen des 3 Überblick Geschäftliche Handlung: ( 2 I Nr. 1, s. oben, 3) muss immer vorliegen, auch bei Tatbeständen der schwarzen Liste Unlauterkeit: Konkretisierung in 3 Stufen - Stufe 1 (nur bei Handlungen B2C): Tatbestände der schwarzen Liste, wenn (+), dann ist keine weitere Prüfung der Unlauterkeit erforderlich (oder auch nur zulässig), 3 III Unlauterkeitstatbestände ohne Wertungsmöglichkeit - Stufe 2: Anwendung der 4-6 (im Anwendungsbereich der UGP-RL richtlinienkonforme Auslegung!), sind der konkreten Subsumtion zugänglich und damit mehr als bloße Leitlinien zur Beurteilung der Unlauterkeit, sie verwenden aber unbestimmte Rechtsbegriffe Unlauterkeitstatbestände mit Wertungsmöglichkeit - Stufe 3: unmittelbare Anwendung der Generalklausel (dazu unten) Spürbarkeit ( 3 I bzw. 3 I, II) Spürbarkeit ( 3 I, II) Hintergrund: Spürbarkeitsschwelle soll Verfolgung von Bagatellverstößen verhindern (abschreckendes Beispiel zum früheren Recht: BGH GRUR 1993, 679 PS-Werbung I) Spürbarkeit kann schon im jeweiligen Tatbestand mitbedacht sein (Beispiel: Irreführung, die gem. 5 relevant ist, ist immer auch spürbar) Für geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern formuliert 3 II eine spezielle Spürbarkeitsschwelle (str., so. oben a) - Spürbarkeit bei Handlungen B2C: jedenfalls (+), wenn Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen durch Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt und Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit - Maßgeblich ist das durchschnittliche Mitglied der angesprochenen Verbrauchergruppe ( 3 II 2), bei besonderes schutzwürdigen Personengruppen das durchschnittliche Mitglied dieser Gruppe ( 3 II 3)
5 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN UWG (OHLY) SEITE 29 - Im Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie müssen die Voraussetzungen des 3 II immer vorliegen, wenn das Verbot dem Verbraucherschutz dient und nicht in der schwarzen Liste aufgeführt ist. Vgl. EuGH, Rs. C-261, C-299/07, GRUR 2009, 599 VTB-VAB/Total Belgium und Galatea/Sanoma: Unvereinbarkeit des belgischen Kopplungsverbots mit der Richtlinie, weil Kopplung (a) nicht in der schwarzen Liste verboten und (b) im belgischen Recht unabhängig von der konkreten Einwirkung auf den Verbraucher verboten. Ebenso zu 4 Nr. 6 UWG EuGH, Rs. C-304/08, GRUR 2010, 244 Wettbewerbszentrale/ Plus - Millionen-Chance. Daraufhin BGH GRUR 2011, 532 Millionen-Chance II: 4 Nr. 6 UWG ist richtlinienkonform auszulegen, daher müssen immer auch die Voraussetzungen des 3 II vorliegen - Bei Rechtsgebieten, die vom Anwendungsbereich der UGP-RL ausgeschlossen sind (Beispiel: Produktsicherheitsvorschriften, Art. 3 III UGP-RL), darf das UWG auch eine abstrakte Gefährdung von Verbrauchern verbieten (näher unten zu 4 Nr. 11) ansonsten (+) bei Beeinträchtigung der Interessen anderer Marktteilnehmer, auch hier kann Beeinträchtigung eines Teilnehmers genügen, sofern es sich um eine hinreichen gewichtige Beeinträchtigung handelt weiterführend: Köhler/Bornkamm, 3 Rn. 120 ff. c) Die unmittelbare Anwendung der Generalklausel Zulässigkeit 4-7 werden durch die Generalklausel ergänzt, s. 4: Unlauter handelt insbesondere, wer Wird ein Fall nicht von Spezialnormen erfasst, so kann grundsätzlich auf 3 zurückgegriffen werden. Der Rückgriff auf 3 ist aber gesperrt, wenn dem Spezialtatbestand eine Begrenzung innewohnt. Beispiel: Wenn 4 Nr. 4 Zugaben an Informationspflichten knüpft, können Zugaben nicht auf der Grundlage von 3 ganz verboten werden. Außerdem Indizfunktion des Beispielskatalogs: Der Gesetzgeber war der Ansicht, alle wesentlichen Fallgruppen erfasst zu haben, Rückgriff auf 3 daher nur, wenn die 4-7 eine Lücke enthalten. Außerdem muss der gem. 3 verbotene Fall vom Unwertgehalt den in 4 geregelten Fällen entsprechen. 3 kommt selten unmittelbar zur Anwendung, weil 4-7 die wesentlichen Fälle der Unlauterkeit regeln. Bedeutung hauptsächlich für neuartige Praktiken, die der Gesetzgeber nicht vorhersehen konnte. Beispiele: - BGH GRUR 2006, 426 Direktansprache am Arbeitsplatz II): Die Interessenlage beim Anruf eines Arbeitnehmers durch einen Headhunter lässt sich durch isolierte Anwendung des 7 oder des 4 Nr. 10 nicht hinreichend erfassen, daher Interessenabwägung unmittelbar auf Grundlage des 3 - BGH GRUR 2011, 436 Hartplatzhelden.de, dazu Ohly, GRUR 2010, 487 ff.: Kein Leistungsschutz des Sportveranstalters gegen die Internet-Bereitstellung von Videoclips von Amateufußballspielen gem. 4 Nr. 9. Unmittelbarer Leistungsschutz gem. 3 I UWG denkbar, im konkreten Fall aufgrund Interessenabwägung und des Verhältnisses zum Sacheigentum und geistigen Eigentum aber (-)
6 LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN UWG (OHLY) SEITE 30 Kriterien Bedeutung der Wertungen der Rechtsordnung im Übrigen, insbesondere des Gemeinschafts- und des Verfassungsrechts. Rückgriff auf außerrechtliche Standards? - Zu 1 a.f. in älterer Rechtsprechung Rekurs auf die Anstandsformel ( Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden ), Kritik: Leerformel, zutreffend BGH, GRUR 2006, 773, Rn. 19 Probeabonnement. - Ethische Standards sind, soweit nicht durch die Verfassung abgesichert, oft problematisch und nicht konsensfähig. - Konventionalnormen (Verkehrssitten, Handelsbräuche) waren für den Gesetzgeber des UWG 1909 von großer Bedeutung (vgl. auch Art. 10 bis PVÜ: anständige Gepflogenheiten / usages honnêtes, ebenso 3 II 1. Sie bieten aber nur in Ausnahmefällen Orientierung. Außerdem besteht die Gefahr, dass es sich in Wirklichkeit um Unsitten handelt. BGH GRUR 2006, 773, Rn. 19 Probeabonnement Für die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten als unlauter zu beurteilen ist, haben Wettbewerbsregeln heute nur mehr eine begrenzte Bedeutung. Während in der Vergangenheit für die Frage der Unlauterkeit maßgeblich auf das Anstandsgefühl des verständigen Durchschnittsgewerbetreibenden( ) sowie auf die Verkehrssitte und damit auf die im Verkehr herrschende tatsächliche Übung (..) abgestellt wurde, besteht heute Einigkeit darüber, dass der Wettbewerb in bedenklicher Weise beschränkt würde, wenn das Übliche zur Norm erhoben würde ( ). Wettbewerbsregeln können daher allenfalls eine indizielle Bedeutung für die Frage der Unlauterkeit haben. - Verhaltenskodices, z.b. Corporate Social Responsibility (vgl. dazu die Seite des Arbeitsministeriums Sie sind aber freiwillig. Ihre Ausdehnung auf Dritte hätte wettbewerbsbeschränkende Wirkung und würde schuldrechtliche Vereinbarungen verdinglichen. Vgl. auch die Wertung des 4 Nr. 11: Nur der Verstoß gegen Gesetzesnormen führt per se zur Unlauterkeit Leitbilder des Wettbewerbs? - Häufiger Hinweis auf Erfordernisse des Leistungswettbewerbs (Begriff nach Nipperdey, 1930), Problem: Leistung ist das Ergebnis des Wettbewerbsprozesses und taugt daher nicht als Kriterium, welche Methoden zur Erzielung der Leistung zulässig sind - Funktionale Kriterien: nach ökonomischer Analyse dient das UWG der Sicherung der Funktionsbedingungen des Marktes. Bedeutung haben daher die Leitbilder der informierten Verbraucherentscheidung und des freien Wettbewerbs. Bedeutung methodischer Anweisungen (s. oben, II 1) - Interessenabwägung - Bedeutung des Richterrechts
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