Vermeidung von medikamentöser Fixierung Was kann der MDK beitragen?
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- Stanislaus Brahms
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1 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Bayern MDK Bayern Vermeidung von medikamentöser Fixierung Was kann der MDK beitragen? 3. Fachtag Werdenfelser Weg Dr. med. Ottilie Randzio, Leitende Ärztin Bereich Pflege München, 17. Juli 2015
2 Aufgaben und Ziele des MDK Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung MDK Bayern ist eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts; seine ärztlichen und pflegerischen Gutachter sind unabhängig und unterliegen nur ihrem ärztlichen bzw. pflegerischen Gewissen. Die dem MDK übertragenen Qualitätsprüfungen in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen dienen ausschließlich der Steigerung der Pflegequalität und dem Schutz der pflegebedürftigen Menschen. Der MDK Bayern sieht sich dem Ziel verpflichtet, mit ganzer Kraft an der Verbesserung der Lebensqualität der Pflegebedürftigen mitzuarbeiten, um deren gesetzlichen Anspruch auf ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes, der Würde des Menschen entsprechendes Leben in der Pflegerealität durchzusetzen. Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 2
3 Auftrag des MDK Bayern in 2014 Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI ( 18) Begutachtungen mit Hausbesuch Begutachtung nach Aktenlage (z.b. Verstorbene, Schnelleinstufung) Gesamt Qualitätsprüfungen in Pflegeeinrichtungen nach dem SGB XI ( 114) Auftrag Ambulant Auftrag Stationär Auftrag Gesamt Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 3
4 FeM im Tätigkeitsbereich des MDK Bayern Pflegebegutachtung MDK-Gutachter nutzen verschiedene Quellen, die auch Hinweise auf Vorliegen von FeM geben Fremdbefunde: Hinweise auf FeM (z.b. Dokumentation) Vorliegen einer Genehmigung des Betreuungsgerichtes Geäußerter, dokumentierter Wunsch eines einsichtsfähigen Versicherten Allgemeinzustand/Befund Feststellung der FeM durch Gutachter Gutachterliche Einschätzung Inwieweit werden wg. FeM besondere Sorgfaltspflichten wahrgenommen Inwieweit sind FeM möglicherweise Ausdruck einer defizitären Pflegesituation Inwieweit ist der Wille des Versicherten berücksichtigt Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 4
5 FeM im Tätigkeitsbereich des MDK Bayern Qualitätsprüfungen Prüfkatalog (Qualitätsprüfungs-Richtlinien) beinhaltet Fragen zu FeM Prüffragen im stationären Bereich: Liegen bei freiheitsentziehenden Maßnahmen Einwilligungen oder Genehmigungen vor? Wird die Notwendigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme regelmäßig überprüft? Prüffragen im ambulanten Bereich: Liegen bei freiheitseinschränkenden Maßnahmen die notwendigen Einwilligungen oder Genehmigungen vor? Grundlage der Bewertung Inaugenscheinnahme des Versicherten Pflegedokumentation pflegefachliches Gespräch mit Pflegekräften, Versicherten/ggf. Angehörigen Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 5
6 MDS 4. Pflegequalitätsbericht 2014 MDS (2014). 4. Pflege-Qualitätsbericht des MDS nach 114a Abs. 6 SGB XI. Qualität in der ambulanten und stationären Pflege. S. 35 Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 6
7 Bayerische Initiativen zum Thema FeM Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 7
8 und es besteht weiterer Handlungsbedarf Münchner Merkur, Ausgabe Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 8
9 Sekundäranalyse des MDK Bayern zu FeM am Stichtagserhebung am Annual World Elder Abuse Awareness Day (15. Juni 2010) Initiatorin: Univ. Prof. Dr. Andrea Berzlanovich, Departement für Gerichtliche Medizin, Medizinische Universität Wien Projektleiterin ( ): Prof. Dr. rer. medic. Astrid Herold-Majumdar, Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften, Hochschule für angewandte Wissenschaften München Wissensschaftl. Zusammenarbeit mit MDK BY, Gesundheitsökonomie (Dr. Rottenkolber), LMU und Univ. Zürich (Dr. med. Holger Dressel MPH) Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 9
10 Ziele der Erhebung Deskriptive Analyse der Verwendung von FeM in Pflegeheimen sowie im ambulanten Pflegebereich hinsichtlich der Prävalenz von physischen Maßnahmen sowie verwendeter Hilfsmittel Evaluation von Unterschieden in der Verwendung von FeM in Pflegeheimen und im ambulanten Bereich sowie von Unterschieden in der Medikation zwischen fixierten und nicht-fixierten Patienten Erhebung der Verwendung von Medikamenten mit psychotropen Eigenschaften Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 10
11 Methodik Stichtagserhebung am Studienpopulation: GKV-Versicherte in Pflegeheimen sowie im ambulanten Bereich Begutachtung durch den MDK Bayern anlässlich der Feststellung von Pflegebedürftigkeit erhobene Daten (Auswahl) Versorgungssituation Pflegestufe Fixierungsmaßnahme (mit/ohne Genehmigung) Medikamente Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 11
12 Studienrelevante Medikamente mit psychotropen Eigenschaften Klassifikation der Medikamente nach ATC ( Anatomisch-Therapeutisch- Chemisch): Psycholeptika (N05) Antipsychotika (N05A) Anxiolytika (N05B) Benzodiazepin-Derivate (N05BA & N05CD) Hypnotika und Sedativa (N05C) Psychoanaleptika (N06) Antidepressiva (N06A) Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 12
13 Ergebnisse Medikamenteneinsatz bei fixierten und nicht fixierten Versicherten n=528 Versicherte ohne Fixierungen, n=84 Versicherte mit Fixierungen Fixierte Pflegebedürftige erhalten deutlich öfter Medikamente mit psychotropen Eigenschaften als nicht-fixierte Pflegebedürftige Der Anteil an Psycholeptika war bei den fixierten Personen signifikant höher (42.9% vs. 19.3%). Bei den Psychoanaleptika war er in etwa vergleichbar (25.0% vs. 23.7%) Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 13
14 Ergebnisse Medikamenteneinsatz bei Versicherten im Pflegeheim und Zuhause n=442 Versicherte in der Häuslichkeit, n=170 Versicherte im Pflegeheim Sowohl Psycholeptika (38.8% stationär vs. 16.3% ambulant) als auch Psychoanaleptika (32.9% stationär vs. 20.4% ambulant) wurden im Pflegeheim tendenziell häufiger eingesetzt Manuskript zur Publikation eingereicht (Verf.: Herold-Majumdar, Rottenkolber, Berzlanovich, Randzio, Dressel) Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 14
15 Diskussion und Limitationen Daten und Ergebnisse zu psychotropen Eigenschaften von Medikamenten sollten vorsichtig interpretiert werden evtl. Tendenz zum Underreporting Keine Überprüfung der therapeutischen Indikation keine qualitative Analyse durch klinische Pharmakologen Aussage zum Verordnungszweck der Medikamente nur begrenzt möglich Datenerhebung nur an einem Stichtag möglicherweise nur unvollständige Abbildung des Versorgungsgeschehens Größe der Stichprobe Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 15
16 Fazit I Sekundärdatenanalysen aus MDK Quellen haben ein hohes Forschungspotential Internationale Vergleiche zur Prävalenz von Psychopharmaka sind wichtig Zukünftige Studien sollten verstärkt medizinische und pflegerische Diagnosen und Daten zur Verschreibung von psychoaktiven Medikamenten erheben. Interviews mit dem Pflegepersonal und den behandelnden Ärzten könnten die Aussagekraft der Ergebnisse verbessern Studienkonzeption und -durchführung im multiprofessionellen Team (Pflegewissenschaft, Pharmazie/klinische Pharmakologie, Medizin usw.) Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 16
17 Fazit II Mechanische Fixierungen sind derzeit (noch) im Fokus, aber besteht ein Zusammenhang zwischen einer Reduktion von mechanischen Fixierungen und einer möglichen Zunahme verordneter Medikamente mit potentiell fixierender Wirkung? Wie kann auch bei medikamentösen Fixierungen eine konsequente Einbindung der Betreuungsgerichte erfolgen? (Urteil des Bundesverfassungsgericht vom : 2BvR 1967/12: bei freiheitsentziehenden Maßnahmen geht die staatliche Schutzpflicht dem in einer Patientenverfügung geäußerten Willen vor) Persönliche Anmerkung: Fixierungen pflegebedürftiger Menschen, egal ob mechanisch oder psychisch, sind ein existenzbedrohender Eingriff in ein grundlegendes Menschenrecht und dürfen immer nur die ultima ratio sein. Dr. Ottilie Randzio - Vermeidung von medikamentöser Fixierung Seite 17
18 Dr. med. Ottilie Randzio Haidenauplatz München Tel. 089 / ottilie.randzio@mdk-bayern.de
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