Formen, Risiken und Chancen der Partizipation von Kindern in Gutachten bei Gewalt in Familien Was ist notwendig, was sinnvoll, was zumutbar?
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- Rudolf Peters
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1 Formen, Risiken und Chancen der Partizipation von Kindern in Gutachten bei Gewalt in Familien Was ist notwendig, was sinnvoll, was zumutbar? Joachim Schreiner, 18. Mai 2011 Leiter Fachstelle Familienrecht
2 Formen der Gewalt in der Familie Gewalt an Kindern und Gewalt an Erwachsenen in Familien Seelische Gewalt Vernachlässigung Gewalt an wem durch wen? Kind als Zeuge von Gewalt? Sexuelle Gewalt Körperliche Gewalt 19. Mai
3 Gutachten Allgemeines Man kann unterscheiden zwischen Gutachten im strafrechtlichen Kontext Schuldfähigkeit etc. Glaubhaftigkeitsgutachten Gutachten im zivilrechtlichen Kontext Bei Trennung und Scheidung: Obhut / Sorgerecht / Besuchsrecht Bei Kindeswohlgefährdung: Obhut / Sorgerecht / Massnahmen 3
4 Gutachten Allgemeines Gutachten sind in Auftrag gegebene fachliche Stellungnahmen zur Klärung eines Sachverhalts Der Auftraggeber (bei Gutachten im zivilrechtlichen Bereich meist das Gericht / VB) beauftragt einen Gutachter mit der Beantwortung spezifischer Fachfragen Diagnostische Fragen (Entwicklungsstand; Belastungen / Erkrankungen; Therapiebedürftigkeit; weitere Hilfestellungen für das Kind / die Familie) Kindesschutzmassnahmen (Obhut, Platzierung, Besuchsrecht) Die Empfehlungen des Gutachtens sind für den Entscheidungsträger nicht bindend Sie sind ein Bestandteil seiner Entscheidungsgrundlagen 4
5 Was kann ein Gutachten bei Gewalt in einer Familie leisten und was nicht? Möglichkeiten / Aufgaben: Diagnostik Erfassen von Beziehungen, Beziehungsdynamiken innerhalb der Familie Erfassen von Folgen / Auswirkungen von Gewalt auf die Entwicklung und das aktuelle Erleben / Befinden des Kindes Erfassen des Kindeswillens / Wünsche des Kindes Erfassen von Entwicklungsbedürfnissen des Kindes Erfassen von Faktoren möglicher Kindeswohlgefährdung Erfassen von Ressourcen des Kindes / des Systems Erfassen notwendiger (therapeutischer) Hilfsmassnahmen für das Kind / Jugendlichen den / die gewaltausübende Person das gewaltausübende System 5
6 Was kann ein Gutachten bei Gewalt in einer Familie leisten und was nicht? Was ein Gutachten nicht leisten kann: Tatsachenermittlung strafrechtlich relevanter Handlungen (objektive Rekonstruktion der möglichen Straftat) Sammeln und Bewerten von Beweisen Dies ist primäre Aufgabe von Polizei und Strafermittlungsbehörden / Gerichten 6
7 Gutachten bei Gewalt in Familien Partizipation des Kindes Zentral für die Beantwortung der Fragen an den Gutachter ist die Partizipation der Kinder / Jugendlichen am Gutachten Dies erfolgt in der Regel in Form von Gesprächen 7
8 Gutachten bei Gewalt in Familien Partizipation des Kindes Direkte/unmittelbare Partizipation Gutachterliche Exploration des Kindes alleine / mit anderen (z.b. Eltern) (Richterliche Exploration liegt vor) Formen der Partizipation Stellvertretende Partizipation Vertreten der Interessen / des Kindeswillen im GA durch Eltern / Geschwister / Verwandte (Kindesvertretung / Beistandschaft) Indirekte Partizipation Perspektive und Interessen des Kindes werden durch die Eltern / andere aktiv und kontinuierlich thematisiert 8
9 Partizipation Leitfragen für den Einbezug von Kindern Unmittelbare Partizipation der Kinder im Rahmen des Gutachtens Recht sich zu äussern Recht nicht um eine Äusserung gebeten zu werden / Recht zu schweigen Leitfragen: 1. Fähigkeit zur Teilnahme / zur Teilnahmeverweigerung 2. Mögliche Folgen einer Teilnahme / Nicht-Teilnahme 3. Wunsch des Kindes nach Teilnahme / Nicht-Teilnahme 9
10 Partizipation Leitfragen für den Einbezug von Kindern 1. Fähigkeit zur Teilnahme / Teilnahmeverweigerung: Psychisches Befinden / Aktuelle Belastbarkeit des Kindes Verstricktheit / Abhängigkeit / Autonomie 2. Mögliche Folgen einer Teilnahme: Aktuelle soziale Situation / Ausmass möglicher Bedrohung oder Sanktionen als Folge der Teilnahme am Gutachten Lebt das Kind noch in dem sozialen System, in welchem es Gewalt erfahren hat / erfährt? Wie sieht der aktuelle Kontakt zum gewaltausübenden sozialen Netz / Aggressor aus? Wie gross ist seine aktuelle faktische / tatsächliche Unabhängigkeit vom gewaltausübenden System / vom Aggressor? 3. Wunsch nach Teilnahme Wille/Wunsch des Kindes (Möchte das Kind Gespräche führen?) 10
11 Gutachten bei Gewalt in Familien Chancen Risiken / Gefahren Direkte Partizipation Rekonstruktion der subjektiven Realität («eigene Wahrheit») als Ergänzung zu der «Realität der anderen» (oder deren Behauptungen) Unmittelbare Erfassung von Kindeswille / Wünschen Erleben von Selbstwirksamkeit durch aktive Einflussnahme auf die Geschehnisse Mögliche Belastung / Gefahr der Retraumatisierung / mögliche Forcierung von Loyalitätskonflikten durch die Form (z.b. ambulant/fremdplatziert) Inhalt (bearbeitete Themen) Struktur (Ablauf / Gestaltung ) der Partizipation Delegation / Aufbürden von Verantwortung Unmittelbarer Druck/Bestrafung durch Dritte Keine direkte Partizipation Vermeidung von Belastungen durch die Gespräche Entlastung von der Entscheidungsfindung / keine Verantwortungsübernahme Nichtbeachtung von Wille/Wunsch der Kinder bei der Entscheidungsfindung (erneutes) Erleben von Selbstunwirksamkeit ( Objekt ) Sekundäre Belastung / Traumatisierung durch Fehlentscheidungen aufgrund fehlender Informationen 11
12 Gutachten bei Gewalt in Familien Partizipation des Kindes Fazit: 1. Soviel unmittelbare Partizipation wie vom Kind gewünscht verantwortbar notwendig 2. bei soviel stellvertretender Partizipation wie nötig 3. auf dem Hintergrund einer kontinuierlichen indirekten Partizipation 12
13 DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT IMPRESSUM Joachim Schreiner Fachstelle Familienrecht 13
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