Natura 2000 Lebensräume in Südtirol

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1 Natura 2000 Lebensräume in Südtirol

2 Projekt realisiert von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur und Landschaft, mit der Kofinanzierung durch die Europäische Union und des italienischen Staates im Rahmen des Programms Ziel 2 im Zeitraum Herausgeber: Autoren: Koordination: Lektorat: Grafische Gestaltung: Druckvorstufe: Druck: Fotos: Autonome Provinz Bozen-Südtirol Abteilung Natur und Landschaft Cesare Lasen Thomas Wilhalm Daniela Oberlechner Ulrike Lanthaler Hermann Battisti, Bozen Typoplus, Frangart La Commerciale, Bozen Archiv Naturmuseum Thomas Wilhalm, Abb.: 7, 8, 9, 10, 11, 14, 18, 20, 21, 23, 26, 27, 29, 31, 32, 35, 36, 38, 39, 46, 49, 53, 54, 55, 57, 58, 60, 61, 62, 64, 65, 70, 72, 79, 84, 91; Franziska Zemmer, Abb.: 5; Archiv Amt für Landschaftsökologie, Abb.: 12, 15, 17, 28, 34, 42, 59, 66, 67, 75, 80, 81, 85, 87, 89; Maria Luise Kiem, Abb.: 33, 43, 48, 73, 83; Archiv Amt für Naturparke, Abb.: 25, 30, 52, 68, 88; Anton Egger, Abb.: 63; Josef Hackhofer, Abb.: 41, 69, 78, 82; Daniela Oberlechner, Abb.: 13, 37, 76, 77; Renato Sascor, Abb.: 71, 74, 86; Cesare Lasen, Abb.: 4, 6, 16, 19, 22, 24, 40, 44, 45, 47, 50, 51, 56, 90;45, 47, 50, 51, 56, 90; Vervielfältigung und fotomechanische Wiedergabe auch auszugsweise unter Angabe der Quelle Autonome Provinz Bozen-Südtirol ISBN Printed in Italy

3 Natura 2000 Lebensräume in Südtirol Autoren Cesare Lasen Thomas Wilhalm Autonome Provinz Bozen-Südtirol Abteilung Natur und Landschaft

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5 Index Vorwort Einleitung Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie Natura-2000-Gebiete in Südtirol Umsetzung der FFH-Richtlinie Verträglichkeitsprüfung Natura-2000-Managementplan Verwendung des Handbuchs Kriterien für die Bestimmung der Lebensraumtypen: Übereinstimmungen und Grenzen Geologie Klima Vegetation Die Lebensräume in Südtirol Beschreibung der Lebensraumtypen Süßwasserlebensräume Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions (3150) Natürliche dystrophe Seen (3160) Alpine Flüsse mit krautiger Ufervegetation (3220) Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Myricaria germanica (3230) Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Salix eleagnos (3240) Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. e Bidention p.p. (3270) Gemäßigte Heide- und Buschvegetation Alpine und boreale Heiden (4060) Buschvegetation mit Pinus mugo und Rhododendron hirsutum (Mugo-Rhododendretum hirsuti) (4070) Subarktisches Weidengebüsch (4080) Natürliches und naturnahes Grasland Lückige basophile oder Kalk-Pionierrasen (Alysso-Sedion albi) (6110) Boreo-alpines Grasland auf Silikatsubstraten (6150) Alpine und subalpine Kalkrasen (6170)

6 2.4.4 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia) (* besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen) (6210) Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden (6230) Subpannonische Steppen-Trockenrasen (6240) Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonigschluffigen Böden (Molinion caeruleae) (6410) Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe (6430) Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) (6510) Berg-Mähwiesen (6520) Hoch- und Niedermoore Lebende Hochmoore (7110) Übergangs- und Schwingrasenmoore (7140) Torfmoor-Schlenken (Rhynchosporion) (7150) Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus und Arten des Caricion davallianae (7210) Kalktuffquellen (Cratoneurion) (7220) Kalkreiche Niedermoore (7230) Alpine Pionierformationen des Caricion bicolorisatrofuscae (7240) Felsige Lebensräume und Höhlen Silikatschutthalden der montanen bis nivalen Stufe (Androsacetalia alpinae und Galeopsietalia ladani) (8110) Kalk- und Kalkschieferschutthalden der montanen bis alpinen Stufe (Thlaspietea rotundifolii) (8120) Kalkhaltige Schutthalden der collinen bis montanen Stufe Mitteleuropas (8160) Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation (8210) Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation (8220) Silikatfelsen mit Pioniervegetation des Sedo-Scleranthion oder des Sedo albi-veronicion dillenii (8230) Kalk-Felspflaster (8240) Permanente Gletscher (8340) Allgemeine Bemerkung Wälder Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum) (9110) Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum) (9130) Mitteleuropäischer Orchideen-Kalk-Buchenwald (Cephalanthero-Fagion) (9150) Schlucht- und Hangmischwälder (Tilio-Acerion) (9180) Moorwälder (91D0)

7 Index Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) (91E0) Pannonische Flaumeichenwälder (91H0) Kastanienwälder (9260) Montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder (Vaccinio-Piceetea) (9410) Alpiner Lärchen- und/oder Arvenwald (9420) Montaner und subalpiner Pinus uncinata-wald (* auf Gips- und Kalksubstrat) (9430) Literaturnachweis Index der angeführten Pflanzen-Taxa Index der angeführten Pflanzengesellschaften

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9 Vorwort Im Jahr 1992 hat die Europäische Union mit der Verabschiedung der EWG-Richtlinie Nr. 43»zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen«, besser bekannt als»fauna-flora-habitat-richtlinie«(ffh-richtlinie), das Projekt»Netzwerk Natura 2000«ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der EWG- Richtlinie Nr. 409 aus dem Jahr 1979»über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten«, kurz»vogelschutzrichtlinie«, ist sie eine der wichtigsten Rechtsvorschriften, um die Artenvielfalt in Europa zu erhalten. Die Umsetzung der Richtlinien erfolgt durch die Ausweisung besonderer Gebiete, die dann das so genannte Netzwerk Natura 2000 bilden. Alle EU-Mitgliedsländer sind verpflichtet, innerhalb ihrer Staaten dieses Netzwerk zu schaffen. Südtirol besitzt derzeit 41 Gebiete gemäß FFH-Richtlinie und 16 Gebiete gemäß Vogelschutzrichtlinie. Insgesamt nehmen diese Natura-2000-Gebiete ha ein. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um schon als Nationalpark, Naturparks oder Biotope geschützte Gebiete. Die wahre Herausforderung von Natura 2000 ergibt sich aber in der konkreten Umsetzung: Laut FFH-Richtlinie ist nämlich die Erhaltung und die Wiederherstellung der gemäß Natura 2000 ausgewiesenen Lebensräume und Arten anzustreben. Dabei handelt es sich nicht nur um natürliche, sondern auch um naturnahe Lebensräume, die der Mensch im Lauf der Jahrhunderte geprägt hat. Auch sie sind für die Erhaltung der Biodiversität wichtig und deshalb unter Berücksichtigung der sozioökonomischen und regionalen Anforderungen zu bewahren. Dazu braucht es die Akzeptanz und Einbindung der betroffenen Bevölkerung. Natura 2000 wird vor allem über zwei Instrumente umgesetzt: die Verträglichkeitsprüfung und die Managementpläne. Die Verträglichkeitsprüfung bewertet mögliche Auswirkungen von Projekten und Plänen auf ein Natura Gebiet. Die Managementpläne definieren Erhaltungsziele und -maßnahmen, um eine möglichst gute Entwicklung der Gebiete zu gewährleisten. Für die Ausarbeitung der Managementpläne und die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung braucht es Hilfsmittel, um die EU-Vorgaben auf lokaler Ebene richtig anwenden zu können. Dieses Handbuch ist ein solches Hilfsmittel. Es beschreibt die in Südtirol vorkommenden Lebensräume und ermöglicht somit, das Europäische Interpretationshandbuch der FFH-Lebensräume auf unser Land abzustimmen. Dr. Michl Laimer Landesrat für Raumordnung, Umwelt und Energie 9

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11 Einleitung 1.1 Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie Natura 2000 will der unablässigen Verschlechterung der natürlichen und naturnahen Lebensräume sowie der Gefährdung wild lebender Arten auf europäischer Ebene gegensteuern. Das europäische Erbe mit seinen vielfältigen Lebensräumen, Tier- und Pflanzenarten soll geschützt und langfristig erhalten werden und gleichzeitig ökonomische, soziale, kulturelle und regionale Erfordernisse berücksichtigen nicht zuletzt, weil Biodiversität auch von der Erhaltung bestimmter traditioneller Nutzungen abhängen kann. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) aus dem Jahr 1992 ist die rechtliche Grundlage für die Erhaltung der Biodiversität. Erstmals werden hier Tier- und Pflanzenarten sowie natürliche und naturnahe Lebensräume unter Schutz gestellt, die den Grad der Biodiversität erhöhen. In den Anhängen der Richtlinie werden alle Arten und Lebensräume angeführt, die gemäß Europäischer Kommission»von gemeinschaftlichem Interesse«und deshalb besonders schützenswert sind. Um diese Tier- und Pflanzenarten und Lebensräume zu erhalten, sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet,»gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung«(GGB) auszuweisen. Dadurch soll schlussendlich ein europaweites ökologisches Netzwerk von Schutzgebieten entstehen und das vielfältige Naturerbe des Kontinents erhalten werden. Außerordentlich gefährdete Lebensräume und Arten tragen das Prädikat»prioritär«. Ihr Erhalt ist mit besonderer Sorgfalt zu gewährleisten und schnelle, gezielte Erhaltungsmaßnahmen sind notwendig. Anhang I der Richtlinie listet 198 natürliche und naturnahe Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse auf. Von diesen sind 65 als prioritär eingestuft. Dazu zählen beispielsweise Moore, Auenwälder im Talboden, Latschenbestände auf Dolomitgestein sowie einige Typen von Bergmähwiesen. Anhang II der Richtlinie hingegen beinhaltet wild lebende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse wie zum Beispiel die Smaragdeidechse und den Laubfrosch bei den Tieren und den Frauenschuh bei den Pflanzen. Die Vogelschutzrichtlinie aus dem Jahr 1979 ist in die FFH-Richtlinie aufgenommen worden und hat dadurch neue Bedeutung erlangt. Die Richtlinie zielt auf die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten ab, indem ihre Lebensräume erhalten bzw. wiederhergestellt werden sollen. Falls in einem Gebiet Vogelarten aus dem Anhang I der Vogelschutzrichtlinie vorkommen, muss es als»besonderes (Vogel)Schutzgebiet«(BSG) ausgewiesen werden. Auch diese Gebiete sind ein Teil des Netzwerkes Natura

12 1.2 Natura-2000-Gebiete in Südtirol Derzeit sind in Südtirol 41 Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) und 16 Besondere (Vogel)Schutzgebiete (BSG) ausgewiesen; der Großteil der Flächen der BSG überlappt sich mit jenen der GGB. Die Südtiroler Landesregierung hat mit Dekret vom 26. Juni 1996 die ersten 34 Natura-2000-Gebiete ausgewiesen. Diese haben bereits einen Schutzstatus entweder als Nationalpark, Naturpark oder Biotop genossen. Im Jahr 2002 nach dem bilateralen Konzertierungsverfahren zwischen den Vertretern der Europäischen Kommission und Südtirol wurden weitere sieben Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewiesen (Beschluss der Landesregierung Nr vom 13. Mai 2002). Außerdem sind mit Beschluss der Landesregierung Nr vom 16. Februar 2004 weitere zwei Gebiete als BSG ausgewiesen worden, nachdem die Europäische Kommission dies gefordert hatte. 1.3 Umsetzung der FFH-Richtlinie Gemäß FFH-Richtlinie muss der Erhaltungszustand der Lebensräume und Arten kontinuierlich überprüft bzw. kontrolliert werden. Außerdem müssen die Mitgliedsländer die Europäische Kommission regelmäßig über den Umsetzungsstand in ihren Staaten informieren. Artikel 6 der Richtlinie sieht zwei Instrumente vor, welche die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Lebensräume und Arten garantieren sollen: Verträglichkeitsprüfung und Managementplan. Wie die FFH-Richtlinie im Einzelnen umgesetzt wird, bleibt jedem Staat überlassen. Bei der Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen für die Natura Gebiete sind die land-, wald- sowie weidewirtschaftlichen traditionellen Nutzungen einzubeziehen. Südtirol besitzt im Bereich Natur- und Landschaftsschutz primäre Gesetzgebungsbefugnis und hat deshalb eigene Maßnahmen getroffen. 1.4 Verträglichkeitsprüfung Gemäß FFH-Richtlinie ist für Pläne oder Projekte, die ein Gebiet erheblich beeinträchtigen können, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen erforderlich. Mit der Verträglichkeitsprüfung wird jeder Eingriff, der innerhalb oder in unmittelbarer Umgebung eines Natura-2000-Gebietes durchgeführt werden soll, einer Prüfung unterzogen. Dadurch sollen die Auswirkungen des Eingriffs bewertet und mögliche negative Auswirkungen eingeschränkt bzw. vermieden werden. Wenn ein negatives Verträglichkeitsgutachten vorliegt und keine Alternativlösung möglich ist, können ein Projekt oder ein Plan nur dann trotzdem verwirk- 12

13 Einleitung Lev. 1 Lev. 2 Lev. 3 Das Verfahren der Verträglichkeitsprüfung Steht der Plan/das Projekt in direktem Zusammenhang mit den Erhaltungsmaßnahmen in diesem Gebiet oder ist er/es für solche notwendig? (Übereinstimmung mit dem Managementplan oder anderen Plänen ist zu überprüfen) s. Art. 6.1 nein Könnte der Plan/das Projekt erhebliche Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des Gebietes, auch in Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten, haben? (Ist der Plan/das Projekt unbedenklich bzw. kompatibel?) s. Art. 6.2 ja Man muss mit der Verträglichkeitsprüfung fortfahren (s. Art. 6.3) Die Folgen hinsichtlich der Erhaltungsziele müssen überprüft werden. Wird der Plan/das Projekt negative Auswirkungen auf die Integrität des Gebietes haben? ja Neufassung des Plans oder Projekts ja Gibt es Alternativlösungen? (Nullvariante berücksichtigen) ja nein nein Genehmigung kann erteilt werden. nein Lev. 4 nein Schließt das Gebiet einen prioritären Lebensraum/eine prioritäre Art ein? s. Art. 6.4 ja Gibt es Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder ökonomischer Art? Zusammenhang mit der Gesundheit und Sicherheit des Menschen bzw. bedeutende günstige Auswirkungen für die Umwelt? nein ja ja nein Genehmigung darf nicht erteilt werden. Genehmigung kann erteilt werden; es müssen Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden; die Kommission muss informiert werden. Genehmigung kann erteilt werden aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden Interesses, nach Befragung der Kommission; es müssen Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden. 13

14 licht werden, wenn»zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art«gegeben sind. In diesen Fällen»ergreift der Mitgliedsstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist«. Die Europäische Kommission muss über die ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen informiert werden. Wird durch einen Eingriff ein prioritärer Lebensraum beeinträchtigt, kann dieser nur dann durchgeführt werden, wenn»erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden können«. In Südtirol ist die Verträglichkeitsprüfung mit Dekret des Landeshauptmannes Nr. 63 vom 26. Oktober 2001 eingeführt worden. Es handelt sich dabei um kein zusätzliches Genehmigungsverfahren: Die Verträglichkeitsprüfung fügt sich nahtlos in die bestehenden Prozeduren ein, sie ersetzt aber keine der anderen Eingriffsermächtigungen, auch nicht die Landschaftsschutzermächtigung. Natura 2000 bewertet nämlich nicht die landschaftsästhetischen Auswirkungen eines Eingriffs, sondern seine Auswirkungen auf den Lebensraum mitsamt der darin vorkommenden Tier- und Pflanzenarten. 1.5 Natura-2000-Managementplan Artikel 6, Absatz 1 der FFH-Richtlinie besagt, dass»für die besonderen Schutzgebiete die Mitgliedsstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festlegen, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen«. Der Managementplan hat unter anderem die Aufgabe, Nutzungsformen und Eingriffe zu definieren, die zur Erhaltung und Aufwertung von Lebensräumen sowie Tier- und Pflanzenarten notwendig sind. Die FFH-Richtlinie schreibt vor, dass die Entwicklung der Natura-2000-Gebiete nicht dem Zufall überlassen werden darf, sondern geplant und gesteuert werden soll. Daher müssen die für Natura 2000 zuständigen Verwaltungen den aktuellen Erhaltungszustand der Natura-2000-Gebiete erheben und Maßnahmen festlegen, um deren Erhalt zu sichern. Dies setzt genaue Kenntnisse der vorhandenen Lebensräume und deren Fauna und Flora voraus Kenntnisse, die in Südtirol nur teilweise vorhanden sind. Deshalb hat die Landesregierung beschlossen, spezielle Entwicklungspläne (Managementpläne) im Sinne von Natura 2000 ausarbeiten zu lassen. Auf diese Weise erhält jedes einzelne Gebiet sozusagen ein maßgeschneidertes Konzept für eine ausgewogene Entwicklung, die den Bedürfnissen der Natur und der Menschen Rechnung trägt. In erster Linie ist der aktuelle Zu- 14

15 Einleitung stand der Habitate zu erheben und zu bewerten. Auf dieser Grundlage sind dann die Maßnahmen festzulegen, die zu ihrer Erhaltung bzw. Wiederherstellung notwendig sind. Der Managementplan ist auch eine wichtige Grundlage für die regelmäßige Berichterstattung an die Europäische Kommission und soll die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung wesentlich erleichtern. 1.6 Verwendung des Handbuchs Dieses Handbuch ist als wichtige Hilfestellung für Techniker und Projektanten gedacht, die ein Verträglichkeitsgutachten erstellen oder einen Managementplan ausarbeiten sollen und dabei prüfen müssen, ob für einen bestimmten Lebensraum die Schutzbestimmungen der FFH-Richtlinie gelten. Der Fachmann muss bei der Prüfung eines Projektes oder eines Plans innerhalb eines Natura-2000-Gebietes beurteilen, ob Lebensräume des Anhanges I der FFH-Richtlinie beeinträchtigt werden. Dabei können sich Schwierigkeiten bereits bei der Ansprache einzelner Lebensräume ergeben. Dieses Handbuch soll einen allgemeinen Überblick über die potentiell in Südtirol vorkommenden FFH-Lebensräume geben. Die Grundlage hierfür bildet das»interpretation Manual of European Union Habitats«(E UROPEAN C OMMISSION DG EN- VIRONMENT, 2003). Die Zuordnung der Habitate erfolgt auf Grundlage von Pflanzengemeinschaften, die pflanzensoziologisch definiert sind oder zumindest eindeutig einem Natura-2000-Code zugeschrieben werden können. Es werden allgemeine Aspekte, wie die Verbreitung der Lebensräume im Alpenraum und in der Provinz Bozen, sowie detaillierte Aspekte behandelt. Die angeführten Charakterarten sowie dominanten Arten sollen die Ansprache des jeweiligen Habitats erleichtern. Wichtig erschien auch Arten aus der Roten Liste der Gefäßpflanzen Südtirols (WILHALM et al., in Vorb.) besonders hervorzuheben. Eingegangen wird auch auf die natürliche Entwicklung des Lebensraumes, auf dessen Stabilität und darauf, wie eventuelle Nutzungsformen diese Stabilität beeinflussen können. Darüber hinaus werden Angaben zur Störanfälligkeit eines Lebensraumes und zu etwaigen Nutzungen gemacht. Diese Aspekte können überaus hilfreich sein bei der Abschätzung von Folgen, die ein Eingriff auf einen bestimmten Lebensraumtyp haben kann, sowie bei der Festlegung von Erhaltungsmaßnahmen. 1.7 Kriterien für die Bestimmung von Lebensraumtypen: Übereinstimmungen und Grenzen Natura-2000-Lebensräume zu begutachten, ohne über entsprechende Grundkenntnisse zu verfügen, kann oft zu beachtlichen Interpretationsfehlern und damit fehlerhaften Berichten führen. Mit der vorliegenden Publikation kann 15

16 das Risiko von Fehlinterpretationen sicherlich nicht ganz ausgeschlossen werden. Als Leitfaden sollte sie aber dazu beitragen, die Fehler wesentlich einzuschränken. Zweifelsfälle, die sich ergeben, weil nicht alle unsere natürlichen und naturnahen Lebensräume auf einen Natura-2000-Code zurückgeführt werden können, sind in den einzelnen Beschreibungen hervorgehoben. Wo immer möglich, hielt man sich an die Vorlagen der aktuellsten Ausgabe des Interpretation Manual of European Union Habitats (April 2003). In jenen Fällen, wo eine freiere Interpretation vonnöten war, entsprach diese stets dem Geist der FFH- Richtlinie. Obwohl auch andere Experten zu Rate gezogen wurden, konnten nicht alle Zweifel beseitigt werden. Es wäre wünschenswert, die Habitatliste in nicht allzu ferner Zukunft zu ergänzen und die aktuellen Zweifelsfälle zu klären. Damit ließe sich die derzeitige Einschränkung des Interpretationshandbuches überwinden und den tatsächlichen Gegebenheiten der Vegetation im Alpenraum besser Rechnung tragen. Dies kann einerseits durch Anführen geeigneter Beispiele geschehen: In einigen Fällen würde es genügen, die Liste der Charakterarten zu ergänzen oder die Liste der betroffenen Staaten zu erweitern, in denen der Lebensraum vorkommt. In anderen Fällen könnte die Lebensraumliste um Lebensräume ergänzt werden, die nicht im Anhang I der Richtlinie 92/43 vorkommen, aber von hohem Grad an Natürlichkeit und daher von höchstem Interesse sind. Beispiele dafür sind Rotföhrenwälder, Hopfenbuchen- Mannaeschen-Wälder oder kleinflächige oligotrophe (nicht dystrophe!) alpine Seen. Zusätzlichen Klärungsbedarf gibt es bei den Strauchformationen, so bei den Grünerlenbeständen und den Latschengesellschaften auf silikatischen Substraten sowie bei den Krautformationen wie im Fall der mesophilen Wiesengesellschaften. Dank klarer pflanzensoziologischer Hinweise reichten die Erläuterungen im Interpretationshandbuch in den meisten Fällen aus, Zweifel bei der Zuweisung der in Südtirol vorkommenden Lebensräume zu einem ganz bestimmten Natura-2000-Code zu beseitigen. Die Tatsache, dass einige Natura-2000-Codes ein größeres Spektrum an verschiedenen Typen einschließen (z. B. stehen der Code 6170 für die alpinen und subalpinen Kalkrasen und der Code 4060 für die alpinen und borealen Heiden), ist prinzipiell nicht als problematisch zu bewerten, sondern als Erleichterung für die Interpretation. Die größte und nicht zu überwindende Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass es für einige wertvolle und sehr naturnahe Lebensräume überhaupt keinen entsprechenden Code gibt. Dies ist in einigen Fällen auf präzise Aussagen des Interpretationshandbuches zurückzuführen, die keinen Spielraum für eine weitere Auslegung zulassen. In Fällen, in denen man sich im vorliegenden Handbuch für eine Interpretation entschieden hat, die auf Anhieb nicht plausibel erscheinen mag, ist eine entsprechende Begründung angeführt. Damit soll ein Beitrag für eine zukünftige Überarbeitung der Lebensraumliste geleistet werden. Bei der Auswahl der in diesem Handbuch behandelten Lebensräume sind die Vorarbeiten berücksichtigt worden, die im Rahmen der Erhebung von Na- 16

17 Einleitung tura-2000-gebieten von Seiten der zuständigen Ämter geleistet wurden. Ebenfalls Eingang fanden die Ergebnisse von Exkursionen, die die Autoren im Sommer 2003 gezielt durchführten, um Unklarheiten zu beseitigen und um kleinflächige Lebensräume zuzuordnen. Mit Ausnahme einiger weniger floristischer Hinweise aus der Literatur wurden keine bloßen bibliografischen Auswertungen vorgenommen. Sehr kleinflächige und kartografisch kaum erfassbare, jedoch in Südtirol vorhandene Lebensräume wurden möglichst vollständig angeführt, nicht aber im Detail behandelt. Trotz der bereits vorhandenen Daten können bislang keine genauen Aussagen über den tatsächlichen Flächenanteil der einzelnen Lebensräume gemacht werden. Deren genaue Verbreitung und Ausdehnung wird erst im Zuge spezifischer Untersuchungen bzw. im Rahmen der Erstellung der Managementpläne ermittelt werden. Dabei sind Erhebungen im Gelände unabdingbar, zumal sich Lebensräume durch die Auswertung von Satellitenbildern u. ä. nicht auch nicht durch modernste Methoden in zufrieden stellendem Maße kartografisch erfassen lassen. Bei der Erhebung der Natura-2000-Gebiete sind von einigen Regionen über den Typ hinaus auch Untertypen (kenntlich an der letzten Ziffer des Codes, die verschieden von Null ist) unterschieden worden. Die Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission hat von Anfang an alle Verfahren zur Ausweisung der GGB und BSG verfolgt und um die Erhebung zu vereinfachen die Mitgliedsstaaten aufgefordert, nur die vorgegebenen Lebensraumtypen in Betracht zu ziehen (d. h. nur solche, deren Codes die Endziffer Null haben). So war es also nicht mehr notwendig, Seslerieten, Firmeten und Gesellschaften mit Carex ferruginea zu unterscheiden, nachdem diese alle unter dem Code 6170 vereint werden konnten. Das sollte aber nicht davon abhalten, verschiedene, gut ansprechbare Ausbildungen innerhalb ein und desselben Codes zu erfassen und kartografisch festzuhalten. Unter diesen Ausbildungen finden sich allerdings häufig Übergänge, deren exakte Definition weitere Schwierigkeiten mit sich gebracht hätte. Im Detail bleiben schließlich immer noch Interpretationsfragen offen, auf die bei der Besprechung der einzelnen Lebensraumtypen hingewiesen wird. Diese Fragen sollten zu lösen sein, wenn bei der Ausarbeitung der Managementpläne flexibel vorgegangen wird, ohne jedoch die allgemeinen Richtlinien abzuändern. Einige Vegetationseinheiten lassen sich nach wie vor nicht einem Natura Code zuweisen, so die Rotföhrenwälder, die in den Ostalpen und in Südtirol weit verbreitet sind. In solchen Fällen bietet sich an, auf die traditionellen pflanzensoziologischen Syntaxa (die vom Informationsgehalt her stets dieselbe Gültigkeit haben) bzw. wo vorhanden auf traditionell definierte Wald- und Weidetypen zurückzugreifen. So bleiben wesentliche Informationen zur Ökologie erhalten. 17

18 Abb. 1 Geologische Karte Südtirols 18

19 Einleitung 1.8 Geologie Südtirol ist ein Gebirgsland mit einem sehr komplexen Gesteinsaufbau. In dieser Region treten grundsätzlich drei große tektonische Einheiten auf: Das Pennin, das Ostalpin und das Südalpin, die ursprünglich in weit auseinander liegenden Meeresräumen entstanden sind. Während der Gebirgsbildung (Orogenese) sind diese Einheiten zusammengeschoben, aufgefaltet und in geologische»decken«übereinander gelagert worden (Abb. 1). Für weitere Details verweisen wir auf S TAINDL (2000). 1.9 Klima Südtirol nimmt aufgrund seiner inneralpinen Lage am Südrand der Alpen eine klimatische Sonderstellung mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen und relativ geringen Niederschlägen ein. Entscheidend dafür sind einerseits die großen Gebirgsketten im Norden und Süden, die Kaltluftströmungen von außen abhalten, und andererseits die dynamische Wirkung des Nord- und Südföhns, wodurch die Sonnenscheindauer und die Strahlungsintensität be- Abb. 2: Höhenstufen und Kontinentalitätsgefälle Randalpen Zwischenalpen Inneralpen m 3200 Pioniervegetation Pioniervegetation Pioniervegetation Nival 2800 Subnival Alpine Rasen Zwergsträucher Fichten, Tannen, Lärchen Alpine Rasen Zwergsträucher Fichten, Lärchen, Zirben Alpine Rasen Zwergsträucher Lärchen, Zirben Alpin Subalpin 1600 Buchen, Tannen Fichten, Tannen Fichten Hochmontan 1200 Montan Föhren Föhren Hopfenbuchen, Kastanien Hopfenbuchen, Flaumeichen Flaumeichen, Trockenrasen Submontan Collin 19

20 trächtlich erhöht werden. Zu den fünf Klimatypen gehören der insubrische Klimatyp, der mitteleuropäische Klimatyp der tieferen Lagen, der mitteleuropäisch-montane Klimatyp, der subalpine Klimatyp und der alpine Klimatyp. Für Details verweisen wir auf F LIRI (1975) Vegetation Abb. 3: Natürliche Vegetation Südtirols Die Zusammensetzung der Pflanzendecke wird im Wesentlichen von zwei Faktoren bestimmt: Klima und Substrat. Neben der Bodenreaktion sind der Wasser- und Nährstoffhaushalt sowie über die großklimatische Situation hinaus das Mikroklima ausschlaggebend. Gerade das Mikroklima ist für Abweichungen in der typischen vertikalen Vegetationsabfolge verantwortlich. In Südtirol können grob zehn Vegetationsformationen unterschieden werden. Sie kennzeichnen einzelne Höhenstufen sowie die auffallendsten azonalen Lebensräume: Auwälder, Buschwälder mit Flaumeichen, Mannaeschen und/oder Hopfenbuchen, Rotföhrenwälder, Buchenwälder, Tannenwälder, Fichtenwälder, Wälder mit Lärchen und/oder Zirben, Zwergstrauchgürtel, Rasengesellschaften höherer Lagen und die Vegetation der nivalen Stufe (Abb. 2, Abb. 3) (siehe auch P EER, 1981 und A UTONOME P ROVINZ B OZEN-SÜDTIROL, 2001). Auwald Buschwald Föhrenwald Buchen-Tannenwald Fichten-Tannenwald Fichtenwald Lärchen-Zirbenwald Zwergsträucher Alpine Rasen Nivale Stufe 20

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22 2.1 Beschreibung der Lebensraumtypen Kategorie Die einzelnen Lebensräume werden höheren Kategorien zugeordnet. Nach einer kurzen Beschreibung derselben wird auf die jeweiligen Lebensräume näher eingegangen. Die Klassifikation entspricht jener des Interpretation Manual of European Union Habitats der Europäischen Union vom April Die Kategorie ist an der ersten Zahl des jeweiligen Lebensraum-Codes erkennbar. Benennung des Lebensraumes Bezeichnung des Lebensraumes gemäß der offiziellen deutschen Übersetzung des oben zitierten Interpretation Manual of European Union Habitats. Die prioritären Lebensräume sind mit einem Stern (*) gekennzeichnet. Es folgt der offizielle Name in italienischer und englischer Sprache. Habitat-Codes Der Natura-2000-Code, übernommen vom Anhang I der FFH-Richtlinie 92/ 43/EWG. Der Corine-Code ist ein numerischer Code, der die Lebensräume anhand des Corine Biotopes Manual klassifiziert. Zu diesem Zweck wurde die überarbeitete Version (A PAT, 2003) der Carta della Natura, legenda-tipo delle unità corine (zona biogeografica alpina) (A PAT, 2001) verwendet. EUNIS-Code: Die EUNIS Habitattypenliste ist ein Hilfsmittel zur Einordnung aller natürlichen und naturnahen Lebensräume auf gesamteuropäischer Ebene. Es wurde dabei die Version 2.3 Februar 2002 (E UROPEAN E NVIRON- MENT A GENCY) verwendet. Allgemeine Zuordnung Beschreibung und Charakterisierung des Habitats mit Angaben zu den ökologischen Faktoren, die für seine typische Ausprägung verantwortlich sind. Beinhaltet Hinweise auf die Physiognomie bestimmenden Vegetationskomponenten und gegebenenfalls zur Verbreitung des Lebensraumes in einem größeren geografischen Kontext. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Es werden die pflanzensoziologischen Verbände und Assoziationen angeführt, die dem jeweiligen Code zugeordnet werden können. Weitere Informationen betreffen die Verbreitung des Habitats auf Landesebene. Die Aussagen beziehen sich dabei vorwiegend auf die Arbeiten von P EER (v. a. 1995) sowie auf jene von M UCINA et al. (1993). Werden die genannten Autoren im Text ohne Jahreszahl zitiert, so sind eben diese Arbeiten gemeint. 22

23 Beschreibung der Lebensraumtypen Vorkommen Es werden Gebiete genannt, in denen der beschriebene Lebensraum vorkommt. Die Einschränkung auf Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, Besondere (Vogel-) Schutzgebiete oder andere Schutzgebiete sowie der Verzicht auf detailliertere topografische Angaben erschien dabei zweckmäßig, zumal die Ausarbeitung der Managementpläne noch im Gange ist. In Ausnahmefällen werden auch Gebiete angeführt, die außerhalb der Natura-2000-Flächen liegen. Natürliche Dynamik Angaben zur Stabilität des Habitats und zu dessen natürlichen (potentiellen) Entwicklung (Sukzession). Gegebenenfalls werden bestehende Entwicklungstendenzen aufgezeigt, die auf aktuelle Nutzungsformen zurückzuführen sind und es wird auf Situationen hingewiesen, in denen man häufig mit Übergangstypen (Serien) zu rechnen hat. Artenzusammensetzung (dominante Arten, Charakterarten, weitere Arten) Auflistung der wichtigsten und bedeutendsten Pflanzenarten, unterteilt in drei Gruppen.»Dominante Arten«sind in der Regel Aspekt bildende Arten mit hohen Deckungsgraden. Sie erlauben oftmals eine rasche Ansprache des Lebensraumes.»Charakterarten«sind meist weniger häufig, aber ausschlaggebend für die Charakterisierung der ökologischen Bedingungen. Manchmal handelt es sich um seltene Arten, die durch ein (!) gekennzeichnet sind, wenn sie in der Roten Liste der Gefäßpflanzen Südtirols (W ILHALM et al., in Vorb.) angeführt sind. Unter»weitere Arten«fallen all jene Arten, die aufgrund ihrer weiteren ökologischen Amplitude zwar nicht charakteristisch für den jeweiligen Lebensraum, aber dennoch häufig anzutreffen sind. Gefährdung, Nutzung, Pflege Es wird kurz auf die traditionellen Nutzungen, den Gefährdungsgrad sowie auf die potentiellen und tatsächlichen Gefahren des Lebensraumes eingegangen. Im Hinblick auf die Erhaltung des Lebensraumes werden Vorschläge für ein adäquates Management gemacht. Fotos Jedes Habitat wird durch zwei Fotos veranschaulicht. Eines zeigt eine möglichst typische Ausbildung des Lebensraumes in seiner Gesamtheit, das andere eine typische Pflanzenart. 23

24 2.2 Süßwasserlebensräume Diese Kategorie umfasst fünf Lebensraumtypen. Zwei davon gehören zu den stehenden Gewässern (Seen und Teiche), drei zu den Fließgewässern. Tatsächlich handelt es sich im letzten Fall nicht um Vegetation von Fließgewässern, sondern um Kiesbank- und Ufervegetation. Die ökologische Verwundbarkeit dieser Lebensräume ist hinlänglich bekannt und sie verdienen daher besondere Aufmerksamkeit, auch wenn keiner von ihnen als prioritär eingestuft wurde. Zwei dieser Lebensräume, 3160 und 3230, sind in Südtirol außerordentlich selten und sollten eigentlich als prioritär gelten, sei es auf lokaler Ebene wie im gesamten Alpenraum. Seen sind bekanntlich an sich sehr störanfällig und oft nur durch verarmte, deshalb aber nicht weniger interessante Ausbildungen vertreten. Gerade diese Ausbildungen sollten Anlass geben, das Habitat durch entsprechende Eingriffe funktional aufzuwerten. Im Fall der Flussbänke handelt es sich hingegen um Vegetationstypen, die natürlicherweise Veränderungen und Störungen unterworfen sind, sich im Anschluss an die wiederholten Überschwemmungsereignisse aber auch stets regenerieren können. In diesem Sinne kann man sie potentiell als weniger störanfällig betrachten, sieht man von der seltenen Ausbildung mit Myricaria ab. In jedem Fall spielen diese Lebensräume, sofern sie als vollständige Serie im Einflussbereich des Flusses vorhanden sind, eine wichtige Rolle als Zeiger einer hohen ökologischen Wertigkeit. Es ist anzumerken, dass auf der Grundlage der offiziell verfügbaren Informationen (Interpretationshandbuch und Internet-Seite) die oligo- und mesotrophe Vegetation alpiner Seen mit dominanten Arten wie Potamogeton alpinus, Potamogeton filiformis, Potamogeton perfoliatus, Sparganium angustifolium u. a. nicht genau einem Natura-2000-Habitat zugeordnet werden kann. Dieser Lebensraum sollte nach unserer Ansicht einen eigenen Code erhalten und aufgrund seiner allgemeinen ökologischen Bedeutung als prioritär eingestuft werden. In der offiziellen Übersetzung des Interpretationshandbuches wird für die Typen 3220 bis 3240 der Begriff»Fluss«verwendet, womit bei engem Begriffsverständnis im Fall von Südtirol nur die Etsch und der Eisack zu bezeichnen sind. Um dem Rechnung zu tragen, wäre die Bezeichnung»Flüsse und Bäche«vorzuziehen. Es sei noch auf das mögliche Vorkommen des Lebensraumes 3140»Oligobis mesotrophe kalkhaltige Gewässer mit benthischer Vegetation aus Armleuchteralgen«hingewiesen. Dabei handelt es sich um Pfützen oder kleine Seen mit klarem, karbonatreichem Wasser, in denen Grünalgen der Gattung Chara und/oder Nitella gedeihen. Das Habitat hat stets nur eine geringe Ausdehnung und ist kaum kartografisch zu erfassen. Immerhin bietet sich an, durch punktförmige Hinweise in der Karte das Vorkommen zu vermerken. 24

25 Süßwasserlebensräume Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions Laghi eutrofici naturali con vegetazione del Magnopotamion o Hydrocharition Natural eutrophic lakes with Magnopotamion or Hydrocharition Habitat-Codes: Natura 2000: 3150 Corine: EUNIS: C1.3 Allgemeine Zuordnung Dieser Lebensraumtyp ist potentiell in ganz Europa verbreitet, seltener in der biogeografischen Region der Alpen. Er umfasst die Vegetation freier Wasserflächen, die über eine erhebliche Menge an gelösten Mineralen verfügen. Kleine Seen mit eutrophem Charakter (hoher Nährstoffgehalt) sind in relativ niederen Lagen verbreitet, die starke Anthropisierung in den Talböden hat jedoch besonders im letzten Jahrhundert ihre Anzahl merklich verringert. Heute lassen sich nur schwerlich optimale Bedingungen feststellen. Häufiger finden sich verarmte und/oder gestörte Standorte, in denen die Gesellschaften frei schwimmender Wasserpflanzen in ihrer Artenzahl und Populationsgröße reduziert sind. In Ermangelung von Alternativen bzw. aufgrund der begrenzten Informationen durch das Interpretationshandbuch von 2003 erscheint es zweckmäßig, diesem Typ all jene Lebensräume zuzuweisen, in denen Nymphaea alba (nur Standorte mit eindeutig natürlichem Charakter) und/oder Schwimmpflanzen der Gattung Lemna anzutreffen sind. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Die Anzahl der diesem Lebensraumtyp zugehörigen Pflanzengesellschaften ist recht hoch, aber dies gilt insofern nur für die Theorie, als der Großteil der potentiellen Lebensräume stark reduziert wurde und grundlegende Veränderungen erfahren hat. Demnach sind heute nur mehr Vegetationsfragmente zu beobachten, deren Zuordnung zu bestimmten Assoziationen nicht zuletzt deshalb problematisch bleibt, weil neuere pflanzensoziologische Untersuchungen fehlen. In der Roten Liste der gefährdeten Gefäßpflanzen Südtirols (W ILHALM et al., in Vorb.) scheinen viele Taxa auf, die in diesem Habitat einst relativ verbreitet waren, heute aber mehr oder weniger stark gefährdet sind. Einige davon gelten sogar als lokal ausgestorben. So ist beispielsweise Spirodela polyrrhiza derzeit nur von einem einzigen Wuchsort bekannt. Unter den Utricularia- Arten (fleischfressende Wasserpflanzen), die auch zum Teil typisch sind für das Habitat 3160 (»Dystrophe Seen«), werden bemerkenswerte Vertreter für den Kalterer See angegeben. 25

26 Abb. 4: Biotop Castelfeder, Frauensee In diesen Lebensraumtyp fallen die Gesellschaften der Klasse Lemnetea minoris (Stehende Gewässer, Wasserlinsen-Gesellschaften) und ein Teil der Gesellschaften der Klasse Potametea (wurzelnde Wasserpflanzen). Vorkommen Frauensee im Biotop Castelfeder, Biotop Kalterer See, Völser Weiher im Naturpark Schlern. Natürliche Dynamik Natürliche eutrophe Seen erschöpfen sich unweigerlich auf mittlere bis längere Sicht. Diese Standorte verlanden nämlich zunehmend ein Phänomen, das man bei guten Ausbildungen an der vollständigen Serie wassergebundener Gesellschaften beobachten kann. Diese Serie reicht von den Schwimm-Gesellschaften im Bereich des höchsten Wasserspiegels über Gesellschaften wurzelnder Pflanzen mit Schwimmblättern, wo die Strömung zwar vermindert, aber immer noch bemerkbar ist, bis hin zu den Gesellschaften von Helophyten (z. B. Schilf) an den Ufern sowie von hygrophytischen Pflanzen (Großseggen- 26

27 Süßwasserlebensräume Riede) im Bereich, wo der Wasserspiegel zunehmend geringer wird. Ist die räumliche Sukzession gut erkennbar, kann man von Bedingungen ausgehen, die den natürlichen am nächsten kommen. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Lemna minor, Nymphaea alba. Charakterarten: Ceratophyllum submersum, Potamogeton berchtoldii (!), Potamogeton nodosus (!), Potamogeton pusillus (!). Weitere Arten: Butomus umbellatus (!), Callitriche palustris agg., Ceratophyllum demersum, Groenlandia densa (!), Hippuris vulgaris (!), Hydrocharis morsus-ranae (!), Lemna gibba (!), Lemna trisulca (!), Myriophyllum spicatum, Myriophyllum verticillatum, Najas marina (!), Najas minor (!), Nuphar lutea (!), Potamogeton crispus, Potamogeton gramineus (!), Potamogeton lucens, Potamogeton natans (!), Potamogeton pectinatus (!), Potamogeton praelongus (!), Potamogeton x zizii (!), Ranunculus circinatus (!), Ranunculus trichophyllus, Schoenoplectus lacustris (!), Sparganium emersum (!), Sparganium natans (!), Utricularia australis (!), Utricularia minor (!), Utricularia stygia (!), Zannichellia palustris (!). Abb. 5: Potamageton lucens Gefährdung, Nutzung, Pflege Trockenlegungen und Kanalisierungen haben dazu beigetragen, die potentielle Fläche dieses Lebensraumtyps zu reduzieren und ihn auf wenige Vorkommen zu beschränken. Eutrophe Seen sind imstande, eine beachtliche Menge an Nährstoffen zu verkraften, eine exzessive Zufuhr von Stickstoff und anderen Mineralen insbesondere aus der Intensiv-Landwirtschaft führt letztlich aber zu einer fortschreitenden Degradierung. Auch wenn das Habitat nicht als prioritär angesehen wird, die prekären Standortbedingungen sowie der reliktäre Charakter der verbliebenen Vorkommen erfordern besondere Aufmerksamkeit. Eingriffe zur Eindämmung der Eutrophierung sind durchaus zu vertreten, ebenso geeignete Maßnahmen zur Renaturierung von Teichen und Weihern, in denen die Pflanzenbestände noch nicht irreversibel gestört sind. 27

28 2.2.2 Natürliche dystrophe Seen Laghi e stagni distrofici naturali Natural dystrophic lakes and ponds Habitat-Codes: Natura 2000: 3160 Corine: EUNIS: C1.4 Allgemeine Zuordnung Dystrophe Seen sind im Alpenraum sehr selten. Eigentlich handelt es sich nicht um Seen, sondern um Tümpel mit häufig sehr beschränkter Ausdehnung, die allgemein in Verbindung mit Moorflächen stehen und zwar mit den Senken, in denen sich freies Wasser sammelt. In diesen flachgründigen Moortümpeln siedeln sich sehr spezialisierte, an geringen ph-wert und an relative Nährstoffarmut (oligo- bis mesotrophe Wässer) angepasste Pflanzengesellschaften an. Auch wenn das Interpretationshandbuch diesem Lebensraumtyp nur wenige Zeilen widmet, so weist es doch ausdrücklich darauf hin, dass dieser Typ durch die Präsenz von Arten der Gattung Utricularia charakterisiert ist. Weil eben diese Arten aber sehr selten sind, scheint es gerechtfertigt, auch floristisch ärmere Standorte in Betracht zu ziehen, vorausgesetzt, der ph-wert zeigt eindeutig saure Bedingungen an. Einen guten Hinweis darauf liefert die durch Huminsäuren bedingte dunkelbraune Farbe des Wassers. Im Alpenraum müsste dieses Habitat als prioritär eingestuft werden. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Es handelt sich um bescheidene Fragmente von außergewöhnlichem biogeografischen Wert, die wenig variabel sind und daher kaum Raum für Interpretationsschwierigkeiten geben. Die dazugehörige Syntaxonomie ist allerdings verwirrend: Auf der einen Seite steht eine Ordnung Utricularietalia minoris mit dem einzigen Verband Utricularion vulgaris, in dem Arten der Gattung Lemna aufscheinen. Es handelt sich hierbei zweifelsohne um Seenlebensräume niederer Lagen mit freien Wasserflächen. Eine solche Situation ist am Kalterer See gegeben, wo unlängst zwei für Italien neue Utricularia-Arten (Utricularia bremii und Utricularia stygia) entdeckt wurden. Auf der anderen Seite wird von manchen Autoren eine ganze Klasse Utricularietea intermedio-minoris propagiert mit der einzigen Ordnung Utricularietalia und den zwei Verbänden Scorpidio-Utricularion minoris und Sphagno-Utricularion, in denen Tümpel und Senken im Inneren von (sauren oder Übergangs-)Mooren zusammengefasst werden eine Situation, wie man sie bei Rasen in Antholz und anderen Moorkomplexen vorfindet. In diesem Fall gesellen sich zu Utricularia minor Moorpflanzen wie Rhyn- 28

29 Süßwasserlebensräume Abb. 6: Biotop Rasner Möser 29

30 chospora spp., Carex rostrata, Carex lasiocarpa und auf freien Wasserflächen Sparganium spp. Vorkommen Biotop Fennberger See, Biotop Kalterer See, Biotop Rasner Möser. Abb. 7: Utricularia australis Natürliche Dynamik Das Schicksal aller freien Wasserkörper, besonders wenn es sich um geringe Wassertiefen handelt, ist besiegelt. In diesem Sinne haben die Gesellschaften, die dieses Habitat besiedeln, Pioniercharakter. Die Sukzession verläuft allerdings deutlich unterschiedlich, je nachdem, welche der beiden oben beschriebenen Situationen wir betrachten: Im Fall mehr oder weniger meso- bis eutropher Stillgewässer werden sich Großseggenbestände oder Röhrichte ausbilden, während in sauren, oligotrophen Mooren mit Sphagnen die Standortbedingungen eine Weiterentwicklung zu Gesellschaften des Rhynchosporion und des Caricion lasiocarpae begünstigen. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Utricularia australis (!), Utricularia minor (!). Charakterarten: Sparganium natans (!), Utricularia australis (!), Utricularia bremii (!), Utricularia minor (!), Utricularia stygia (!). Weitere Arten: Alisma lanceolatum (!), Alisma plantago-aquatica, Carex lasiocarpa (!), Carex rostrata, Equisetum fluviatile, Lemna minor, Najas marina (!), Najas minor (!), Nuphar lutea (!), Nymphaea alba, Potamogeton alpinus (!), Potamogeton berchtoldii (!), Potamogeton filiformis (!), Potamogeton gramineus (!), Potamogeton natans (!), Potamogeton nodosus (!), Potamogeton pectinatus (!), Potamogeton perfoliatus (!), Potamogeton praelongus (!), Potamogeton pusillus (!), Potamogeton x zizii (!), Ranunculus circinatus (!), Ranunculus trichophyllus, Rhynchospora alba (!), Scorpidium scorpioides, Sparganium angustifolium (!), Sparganium emersum (!), Sparganium hyperboreum (!), Sphagnum spp., Veronica scutellata (!). Gefährdung, Nutzung, Pflege Wir haben es zumindest in den Alpen mit reliktären Lebensräumen zu tun. Sie sind äußerst störanfällig und reagieren empfindlich auf jeden direkten Eingriff sowie auf Eutrophierung jeglicher Art. 30

31 Süßwasserlebensräume Alpine Flüsse mit krautiger Ufervegetation Fiumi alpini con vegetazione riparia erbacea Alpine rivers and the herbaceous vegetation along their banks Habitat-Codes: Natura 2000: 3220 Corine: , EUNIS: C3.5 Allgemeine Zuordnung Dieser Lebensraumtyp ist potentiell im gesamten Alpenraum verbreitet. Er umfasst die krautige Pioniervegetation auf den Alluvionen von Wildbächen, d. h. auf Schotterbänken, die einem starken Wechsel der ökologischen Bedingungen unterworfen sind. Es sind vielfach Standorte, die zu Zeiten des Hochwassers und der Schneeund Gletscherschmelze teilweise überflutet sind. Tatsächlich handelt es sich um fragile und fragmentarische Lebensräume, sind doch vollkommen natürliche Flussabschnitte in der Folge von Wasserfassungen und anderen Nutzungsformen (Stauseen, Sperren, Flussregulierungen usw.) zunehmend verschwunden. Die wichtigsten Leitarten des Habitats sind Epilobium fleischeri, das ausschließlich auf silikatischem Substrat vorkommt und in höheren Lagen vorherrscht sowie Calamagrostis pseudophragmites, das in niederen Lagen an Standorten mit vergleichsweise geringerer Strömungsgeschwindigkeit häufig ist. Dort bildet es mitunter dichte Bestände. Im Bereich montaner Wildbäche, insbesondere auf Kalk, tritt auch Petasites paradoxus als Besiedler von Kiesflächen in Erscheinung. Variabilität, Subtypen, Verbreitung In der Provinz Bozen bereitet die Ansprache dieses Habitats keine Probleme. Es entspricht den beiden Assoziationen Epilobietum fleischeri und Calamagrostietum pseudophragmitis. Erstere besiedelt Silikat-Alluvionen, letztere entwickelt sich vorzugsweise auf Kalk-Schotterbänken größerer Flüsse im Bereich des Talbodens. Die kartografische Abgrenzung der beiden Lebensräume hat sich aufgrund ihrer fragmentarischen Struktur oft als schwierig erwiesen. Das Fragmentarische wäre an sich eine natürliche Eigenschaft dieser Lebensräume, sind diese doch ständig von Substratumlagerungen im Zuge der Überschwemmungen betroffen. Tatsächlich sind es aber häufig anthropogene Ursachen, die zur Fragmentierung und Eingrenzung dieses Lebensraumes führen. Die Leitart Epilobium fleischeri fehlt in den Dolomiten und in den östlichsten Teilen der Provinz (Arealgrenze). 31

32 Abb. 8: Suldenbach bei Sulden Vorkommen Ahrntal im Bereich Naturpark Rieserferner-Ahrn, Pfossental im Naturpark Texelgruppe, Sulden im Nationalpark Stilfser Joch. Natürliche Dynamik Das Habitat steht in engster Beziehung zu den folgenden (3230 und 3240), welche weiterentwickelte Stadien mit vorherrschender Strauch- (Myricaria germanica) bzw. Gehölzvegetation (Salix eleagnos) darstellen. Häufig lassen sich bereits hier Jungpflanzen holziger Arten beobachten, die die potentielle und natürliche Weiterentwicklung anzeigen. Die wichtigste Voraussetzung für die Erhaltung des Habitats ist dann gegeben, wenn die Dynamik des Wildbachs ungestört bleibt. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Calamagrostis pseudophragmites, Epilobium fleischeri. Charakterarten: Chondrilla chondrilloides (!), Hieracium piloselloides, Myricaria germanica (!), Trifolium saxatile (!). Weitere Arten: Agrostis stolonifera, Aster bellidiastrum, Cerinthe alpina (!), Chlorocrepis staticifolia, Epilobium dodonaei, Hippophaë rhamnoides, Leontodon hispidus subsp. 32

33 Süßwasserlebensräume hyoseroides, Phalaris arundinacea, Rumex scutatus, Salix eleagnos (Jungpflanzen), Saxifraga aizoides, Saxifraga bryoides, Sibbaldia procumbens, Trifolium pallescens. Anmerkung Trifolium saxatile ist eine äußerst seltene Art, angeführt in Roten Listen auf internationaler Ebene. An den wenigen Fundorten, die in Südtirol bekannt sind, wächst die Art auf Standorten, die nur marginal obigem Habitat entsprechen. Gefährdung, Nutzung, Pflege Dieses Habitat ist von Natur aus labil, d. h. es kann im Zuge von heftigen Überschwemmungsereignissen an einem Ort völlig verschwinden. In solchen Fällen ergeben sich aber die Voraussetzungen für eine Neuentwicklung auf jenen Flächen, auf denen Festmaterial angeschwemmt wurde. Unter völlig natürlichen Bedingungen ohne allzu große Veränderungen im Regime des Wildbachs ergibt sich somit insgesamt gesehen eine stabile Situation. Der Lebensraumtyp ist als solcher kaum von einer direkten Entnahme von Bodenressourcen betroffen und insofern wenig gefährdet. Lediglich in niederen Lagen wird fallweise Schotter entnommen. Er ist allerdings sehr empfindlich gegenüber all jenen Eingriffen, die den Grad der Natürlichkeit herabsetzen, indem sie natürliche Sukzessionsvorgänge verhindern. Häufig ist auch eine übermäßige Beweidung ausschlaggebend für die Verarmung und Degradierung, auch wenn das Habitat dabei nicht vollständig zerstört wird. In niederen Lagen kommt es mitunter vor, dass exotische Arten und Ruderalarten eindringen und eine Degradierung signalisieren. Wo dieser Lebensraumtyp in optimaler Ausbildung vorhanden ist, lässt sich eine hohe Umweltqualität des Gebietes erkennen. Abb. 9: Epilobium fleischeri 33

34 2.2.4 Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Myricaria germanica Fiumi alpini con vegetazione riparia legnosa a Myricaria germanica Alpine rivers and their ligneous vegetation with Myricaria germanica Habitat-Codes: Natura 2000: 3230 Corine: EUNIS: F9.13 Allgemeine Zuordnung Mit diesem Code wird ein seltener Vegetationstyp angesprochen, der feinsandreiche Flussbänke kennzeichnet. Es sind von Myricaria germanica dominierte Strauchbestände mit einer wenig entwickelten Krautschicht. Diese Pflanzengesellschaft besetzt Alluvionen von Flüssen oder Wildbächen mit erhöhter Wasserführung, häufig in der Nähe von Zusammenflüssen, in umgelagerten, aber auch relativ stabilen Bereichen. In naturnahen Situationen steht dieses Habitat häufig in enger Beziehung zur krautigen Vegetation des Lebensraumtyps 3220, dem gegenüber es weniger extreme hydrologische Bedingungen und Überschwemmungsereignisse bevorzugt, und zur Baumvegetation der Lavendelweide (3240), welches ein Stadium fortgeschrittener Konsolidierung darstellt. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Wir haben es mit einer seltenen Gesellschaft kontinentaler Verbreitung zu tun. Sie entspricht der Assoziation Salici-Myricarietum desselben Verbandes Salicion eleagno-daphnoidis, der auch den folgenden Lebensraumtyp kennzeichnet, ist wenig variabel und leicht zu erkennen. Ihre pflanzengeografische Bedeutung ist beachtenswert, sei es wegen ihrer Verbreitung (seltenes Habitat mit kontinentaler Prägung), sei es aufgrund der Tatsache, dass sie sehr sensibel auf Eingriffe in das Flussregime reagiert. Vorkommen Biotop Gisser Auen, Biotop Rienzaue bei Toblach, Alluvionen des Suldenbaches bei Prad (»Prader Sand«). Natürliche Dynamik Der Lebensraum, der diesen Typ kennzeichnet, ist von Natur aus sehr primitiv. Damit er erhalten bleibt, muss er in ziemlich regelmäßigen Zyklen überschwemmt werden. Dadurch stellen sich immer wieder jene Bedingungen ein, die das Aufkommen von Myricaria auf den abgelagerten Feinsanden begünstigt. Fallen wiederkehrende Überschwemmungen aus, stellen sich unweigerlich 34

35 Süßwasserlebensräume von Weiden dominierte Gehölzformationen ein. Treten sie zu häufig auf und sind sie begleitet von Ablagerungen sehr grobkörnigen Materials, schafft es die Tamariske nicht, sich anzusiedeln. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Myricaria germanica (!). Charakterarten: Cerinthe alpina (!), Equisetum variegatum, Juncus alpinoarticulatus, Typha minima (verschollen). Weitere Arten: Agrostis stolonifera, Calamagrostis epigejos, Calamagrostis pseudophragmites, Populus nigra, Salix eleagnos, Salix purpurea, Saxifraga aizoides. Gefährdung, Nutzung, Pflege Die größte Gefahr für diesen Lebensraumtyp liegt in der Veränderung des natürlichen Flussregimes. An zweiter Stelle stehen die Entnahme von Sand und Kies sowie Eutrophierungserscheinungen (Zunahme von Nitraten und Nährstoffen). Es geht um eines der empfindlichsten Habitate, das es verdient hätte, als prioritär eingestuft zu werden. Dies gilt zumindest für den italienischen Teil der Alpen. Abb. 10. Myricaria germanica Abb. 11: Suldenbach bei Prad (»Prader Sand«) 35

36 2.2.5 Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Salix eleagnos Fiumi alpini con vegetazione riparia legnosa a Salix eleagnos Alpine rivers and their ligneous vegetation with Salix eleagnos Habitat-Codes: Natura 2000: 3240 Corine: EUNIS: F9.11 Allgemeine Zuordnung Dieses Habitat schließt die Vegetation auf grobsandigen, kiesigen und schottrigen Flussbänken ein, in denen Uferweiden stets die Oberhand über Erlen und andere Laubbäume sowie Nadelhölzer haben. Das Wasserregime hat Wildbachcharakter, wobei außergewöhnliche Überschwemmungsereignisse im Rahmen von Jahrzehnten und merkliche Veränderungen im Grundwasserspiegel im Lauf der Jahreszeiten stattfinden (mit etwaigen spätsommerlichen Austrocknungserscheinungen). Salix eleagnos ist zusammen mit Salix purpurea und, seltener, mit Salix daphnoides die dominante Art. Die Krautschicht ist oftmals schwach ausgebildet und wenig aussagekräftig, während unter den Sträuchern der Sanddorn eine gute Zeigerart darstellt. Im Vergleich zu den selteneren Myricaria-Beständen (3230) haben wir es hier mit relativ stabilen Bedingungen zu tun. Gegenüber den Auenwäldern und den flussbegleitenden Wäldern (Code 91E0) ist die Feuchtigkeit weniger konstant und die Zufuhr von Nährstoffen geringer. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Uferweidengebüsche sind relativ weit verbreitet, doch trifft man sie oft nur als Fragmente an. Verantwortung dafür tragen die Wasserableitungen und die im Lauf von Jahrhunderten durchgeführten Regulierungsmaßnahmen. Die Bestände sind als Salicetum eleagni leicht anzusprechen. Unter diesen Lebensraumtyp fallen auch die mehr Trockenheit ertragenden Bestände von Hippophaë rhamnoides, die man manchmal auch auf Erosionshängen in Föhrenwäldern findet. Längs der Hauptflüsse haben sich in den Alpentälern lokal Holzpflanzen exotischer Herkunft eingebürgert, unter ihnen vor allem Buddleja davidii. Sie sind Ausdruck eines geringeren Grades an Natürlichkeit. Die genannten Formationen besiedeln häufig auch künstliche Dämme. Vorkommen Langental im Naturpark Puez-Geisler, Tschamintal im Naturpark Schlern, Naturpark Sextner Dolomiten. 36

37 Süßwasserlebensräume Natürliche Dynamik Das Uferweidengehölz stellt ein primitives, aber insofern dauerhaftes Stadium dar, als durch wiederkehrende Überschwemmungsereignisse die Etablierung eines reiferen Waldes verhindert wird. Die dynamischen Beziehungen einerseits zu primitiveren krautigen Stadien und andererseits zu fortgeschritteneren Stadien baumdominierter Weidenbestände, die mehr Feuchtigkeit und Nährstoffe beanspruchen, werden in erster Linie von hydrologischen und geländemorphologischen Gegebenheiten bestimmt. Das besagte Weidengebüsch findet man am Unterlauf montaner Bäche und im Bereich größerer Zusammenflüsse, während der Auenwald mehr Raum (Vorland) und damit verbunden eine langsamere Strömung benötigt. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass er nicht übermäßig durch Sperranlagen beeinflusst ist. Abb. 12: Hippophaë rhamnoides 37

38 Artenzusammensetzung Dominante Arten: Hippophaë rhamnoides, Salix eleagnos, Salix purpurea. Charakterarten: Buddleja davidii (Degr.), Calamagrostis epigejos, Salix daphnoides. Weitere Arten: Agrostis stolonifera, Alnus incana, Calamagrostis pseudophragmites, Carex flacca, Equisetum arvense, Pinus sylvestris, Populus nigra, Salix myrsinifolia, Salix triandra, Tussilago farfara. Gefährdung, Nutzung, Pflege Veränderungen im natürlichen Wasserregime von Wildbachläufen bestimmen diesen Lebensraumtyp. Nach einer Überschwemmung ist er in der Lage, sich relativ rasch wieder einzustellen, nachdem die am Ort zuvor ausgebildete Gesellschaft ausgelöscht wurde. Die Präsenz allochthoner naturalisierter Arten gibt klare Hinweise auf eine verminderte Standortqualität. Zur Degradation dieses Lebensraumes trägt vor allem die Entnahme von inertem Material bei. Im Bereich von Flüssen beobachtet man häufig kommune nitrophile Arten, die durch die Nährstoffe im Flussbecken begünstigt und durch das Wasser verbreitet werden. Sie sind ebenfalls Indikatoren für den Grad an Natürlichkeit. Abb. 13: Suldenbach bei Prad (»Prader Sand«) 38

39 Süßwasserlebensräume Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. und des Bidention p.p. Fiumi con argini melmosi con vegetazione del Chenopodion rubri p.p. e Bidention p.p. Rivers with muddy banks with Chenopodion rubri p.p. and Bidention p.p. vegetation Habitat-Codes: Natura 2000: 3270 Corine: EUNIS: C3.5 Bei der Erhebung der Natura-2000-Flächen wurde dieses Habitat nicht berücksichtigt zum einen, weil es nur sehr begrenzte Ausdehnung hat und daher kaum kartografisch erfassbar ist, zum anderen, weil man davon ausging, dass es von geringem Interesse ist. Es handelt sich um nitratreiche Lebensräume im Bereich von Ufern und sandig-lehmigen Flussinseln, die im Lauf der Jahre, bedingt durch periodische Überschwemmungen, räumlichen Veränderungen unterworfen sind. Abb. 14: Möltner Bach bei Vilpian 39

40 2.3 Gemäßigte Heide- und Buschvegetation In dieser Kategorie finden sich zwei Lebensraumtypen, die in Südtirol häufig vorkommen und gut ausgebildet sind, die Buschvegetation und die Zwergstrauchheiden. Zum ersten zählen das Latschen- und das Alpenrosengebüsch sowie die Strauchweidengesellschaften, während der zweite die subalpinen, von niederwüchsigen Ericaceen dominierten Heiden umfasst (Vaccinieten und Louseleurieten). Das basiphile Gebüsch von Latsche und Behaarter Alpenrose (Code 4070), von der EU als prioritär eingestuft, ist verbreitet in den Dolomiten der Südostalpen. Der zweite Typ (Code 4060) vereint in Wirklichkeit sehr heterogene Lebensräume, die allgemein einen hohen Grad an Natürlichkeit aufweisen. Es sind ökologisch wertvolle Lebensräume aufgrund ihrer Schutzfunktion, als Bodenfestiger und weil sie wesentlich zur Biodiversität beitragen. Außerdem verleihen sie der Landschaft eine maßgebliche Prägung im Bereich des Überganges vom Wald zu den alpinen Rasen. Im Gegensatz zu jener von 1999 erlaubt die Version des Interpretationshandbuches von 2003 auch die subalpinen Strauchweidengesellschaften zu 4080 zu stellen. Offen bleibt das Problem, dass die Grünerlengebüsche, die zu den naturnahesten Lebensräumen im Alpenraum zählen, keinem Habitat klar zugeordnet werden können. Dasselbe gilt für das Latschengebüsch auf silikatischen Substraten. 40

41 Gemäßigte Heide- und Buschvegetation Alpine und boreale Heiden Lande alpine e boreali Alpine and boreal heaths Habitat-Codes: Natura 2000: 4060 Corine: 31.31, 31.4 EUNIS: F2.21, F2.22, F2.27, F2.28 Allgemeine Zuordnung Dieser Lebensraumtyp gehört mit Sicherheit zu den meistverbreiteten und bestausgebildeten in Südtirol, schließt er doch die von Ericaceen und Zwergwacholder dominierten subalpinen und alpinen Strauchformationen ein. Dazu gehören im Einzelnen die Zwergstrauchformationen, die von den azidophilen und basiphilen Rodoro-Vaccinieten zu den Gemsheide-Teppichen reichen, von den Ausbildungen mit Zwergwacholder (mit Genista radiata in den wärmsten Lagen) bis zu jenen der windgefegten Gratlagen oder jenen mit Arctostaphylos. In Ermangelung weiterer unterschiedener Habitate (die im Anhang I der FFH- Richtlinie sowie im Interpretationshandbuch nicht angeführt sind) müssen auf diesen Code auch andere, feuchtigkeitsliebendere und frische Strauchformationen bezogen werden, die häufig in räumlicher Beziehung zur Klimaxformation der Zwergsträucher stehen. Letztere ist in den Alpen, auch im Bereich menschlicher Siedlungen, stets gut anzusprechen und erstreckt sich über einen großen Höhenbereich von der Waldgrenze bis zur Obergrenze der höchststeigenden Primärrasen, auf Standorten mit besonderen Mikroklimate sogar bis in tiefste Lagen. Die Entwicklung von Ericaeen-Heiden wird im Allgemeinen nur in intensivst beweideten Flächen verhindert. Stadien mit deutlicher Dominanz von Dryas octopetala, besonders auf Kalk und Dolomit, sind auf 6170 zu beziehen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Das Habitat umfasst zahlreiche verschiedene Assoziationen, und zwar all jene der Klasse Loiseleurio-Vaccinietea mit den drei Verbänden Loiseleurio-Vaccinion, Rhododendro-Vaccinion und Juniperion nanae. Auch die Strauchgesellschaften der basiphilen Ordnung Rhododendro hirsuti-ericetalia carneae (von manchen Autoren mit den alpinen Kalkrasen, 6170, vereint) kann man hierher stellen. Ebenso sind die Formationen mit Latsche und Rostblättriger Alpenrose dazu zu rechnen, die zu den meistgegliederten und reichsten gehören, was die Vielfalt an Pflanzengesellschaften angeht. Problematischer ist die Zuordnung der subalpinen, mehr Feuchtigkeit beanspruchenden Grünerlengebüsche zu diesem Lebensraumtyp. Diese beherbergen nicht selten ansehnliche Bestände von 41

42 Alpenrosen und Heidelbeeren, was bei großzügiger Auslegung und in Ermangelung von Alternativen die Zuordnung rechtfertigen ließe. Vorkommen In allen Naturparks und Biotopen höherer Lagen zwischen (1.600) und m. Abb. 15: Vaccinium gaultherioides Natürliche Dynamik Zwergstrauchheiden repräsentieren vielfach die Klimaxvegetation der oberen subalpinen Stufe und sind daher bei fehlenden anthropogenen Einflüssen bzw. empfindlichen Klimaabweichungen keinen Veränderungen unterworfen. In anderen Fällen werden sie bestimmt durch die anhaltende Wirkung von Faktoren, die auf die Bodenentwicklung Einfluss nehmen: Beispiele sind die Aspekte mit Loiseleuria und mit Arctostaphylos auf Graten bzw. an exponierten Hängen oder das Empetro-Vaccinietum auf frischen, sehr sauren Böden. Formationen mit Genista radiata stellen sich häufig auf aufgelassenen, schwer zugänglichen Bergmähdern (»Wildheuplanken«) ein. Sie sind in Südtirol kaum vertreten. Die Ericaceenheide kann an ihrer untersten Höhenverbreitung Baumarten (Lärche, Fichte, Zirbelkiefer) beherbergen. Es handelt sich aber immer um isolierte Individuen, andernfalls ist das Habitat zum Nadelwald (9410 bzw. 9420) zu stellen. Artenzusammensetzung (K = Kalk; S = Silikat) Dominante Arten: Arctostaphylos uva-ursi, Erica carnea (K), Genista radiata (K), Juniperus communis subsp. alpina, Loiseleuria procumbens, Rhododendron ferrugineum, Rhododendron hirsutum (K), Rhodothamnus chamaecistus (K), Vaccinium gaultherioides. Charakterarten: Arctostaphylos alpinus (K), Diphasiastrum alpinum (S), Empetrum hermaphroditum (S), Flechten der Gattungen Cetraria und Cladonia. Weitere Arten: Alnus alnobetula, Calluna vulgaris (S), Huperzia selago, Lycopodium annotinum, Pinus mugo, Rhodiola rosea (!), Salix hastata, Salix helvetica (S), Vaccinium myrtillus, Vaccinium vitis-idaea. Die Moosschicht ist häufig gut ausgebildet. Gefährdung, Nutzung, Pflege Im Großen und Ganzen handelt es sich um stabile und wenig störanfällige Formationen, zumal sie bis auf sporadische (z. B. marginale Beweidung) keine besonderen Nutzungen erfahren. Die genannten Strauchformationen werden häufig durch nachlassenden Weidedruck gefördert. 42

43 Gemäßigte Heide- und Buschvegetation Abb. 16: Naturpark Rieserferner-Ahrn, Poinlandtal 43

44 2.3.2 * Buschvegetation mit Pinus mugo und Rhododendron hirsutum (Mugo-Rhododendretum hirsuti) * Boscaglie di Pinus mugo e Rhododendron hirsutum (Mugo-Rhododendretum hirsuti) * Bushes with Pinus mugo and Rhododendron hirsutum (Mugo-Rhododendretum hirsuti) Habitat-Codes: Natura 2000: 4070 Corine: 31.5 EUNIS: F2.41 Allgemeine Zuordnung Das Latschengebüsch, im Besonderen jenes auf Dolomit, ist eines der markantesten Elemente der subalpinen Landschaft. Aufgrund orografischer Diskontinuitäten und topografischer Faktoren trifft man basiphile Latschengebüsche auch in niederen Lagen an Bachläufen an. Die Formation bevorzugt frische wasserzügige Schutthänge. In Begleitung der Latsche finden sich stets basiphile Arten wie die Behaarte Alpenrose, die Zwerg-Alpenrose, Erika sowie in der Krautschicht Elemente der Seslerieten und Firmeten (6170). Dieses Habitat ist von der EU als prioritär erachtet worden wohl wegen seiner Bedeutung als landschaftsbestimmendes Element in den Dolomiten. In Wirklichkeit kommt es auch in anderen Kalkgebieten der Zentral- und Ostalpen vor. Es ist im Allgemeinen stabil und weit verbreitet. Selten tritt die Latsche auch auf Silikat auf, so in den Sarntaler Alpen und am Lavazè Joch gegen das Schwarzhorn. Für diese Ausbildung ist kein eigener Code vorgesehen, es sei denn, man legt die Definition von 4060 entsprechend weit aus. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Das Habitat wandelt wenig ab, was Morphologie und Standort betrifft, und entspricht in der Karte der natürlichen Vegetation von Südtirol (P EER, 1995) im Wesentlichen der Assoziation Mugeto-Rhodoretum hirsuti. Auf der Grundlage weiterer Untersuchungen und nomenklatorischer Revisionen lassen sich diesem Lebensraumtyp alle Gesellschaften des Verbandes Erico-Pinion mugo zuordnen. Das Rhodothamno-Rhododendretum hirsuti lange von Schnee bedeckter Schutthalden stellt in den Ostalpen vielleicht die typischste Ausbildung innerhalb dieses Typs dar. Es steht in Kontakt mit den subalpinen Rasen, den Schutthalden und den Schneetälchen. Das Erico carneae-pinetum prostratae (bei P EER als Mugeto-Ericetum) hingegen findet man in vergleichsweise niederen Lagen an wärmeren und trockenen Hängen. Es weist termophile Aspekte auf mit Arten der Gattung Sorbus, mit Wacholder und Felsenbirne. Im Gegensatz dazu umfasst das Vaccinio myrtilli-pinetum montanae Ausbildungen auf reiferen und weiter entwickelten, häufig stark versauerten Böden. In ihnen kann der Anteil an Rhododendron 44

45 Gemäßigte Heide- und Buschvegetation ferrugineum sowie Arten subalpiner Nadelwälder und Hochstaudenfluren dominant werden. Gemäß der neuesten Ausgabe des Interpretationshandbuches, wo Rhododendron ferrugineum unter den Leitarten angeführt wird, können eben auch solche häufig anzutreffenden Situationen im Code 4070 vereint werden. Dies ist zweckmäßig im Sinne der kartografischen Erfassbarkeit dieses Lebensraumtyps. Abb. 17: Rhododendron hirsutum Vorkommen In fast allen Naturparks und im Nationalpark Stilfser Joch in Höhen über m. Natürliche Dynamik Die basiphilen Latschengebüsche sind primitive, aber im Allgemeinen dauerhafte Formationen, die sich auf stabilisierenden Schutthängen und Rutschungen ausbilden. Die Latsche wird so zu einer Physiognomie bestimmenden Art der subalpinen Stufe. Auf schwächer geneigten Hängen, wo die Schuttzufuhr vernachlässigbar gering wird, stellen sich über kurz oder lang reifere Ausbildungen und versauerte Böden ein. In niedereren Lagen mischen sich in Einzelindividuen oder kleinen Trupps baumförmige Nadelhölzer bei, die allerdings nur sehr geringe Zuwachsraten aufweisen. Die Bestände in den tiefen 45

46 und wärmsten Lagen werden schließlich durch die beträchtliche Zufuhr von Kies und Sand und durch Auswaschungsvorgänge am Leben erhalten. Wäre dem nicht so, würde die Stabilisierung des Substrates in relativ kurzer Zeit zu baumdominierten Stadien führen, die der Klimaxvegetation nahe kommen. In den Dolomiten ist eine solche Situation häufig im Kontaktbereich zwischen Latschengebüsch und Formationen mit Pinus sylvestris zu beobachten. Letztere tragen auf längere Sicht dazu bei, dass sich die Fichte zunehmend durchsetzt. Abb. 18: Reschen, Osthang des Piz Lad Artenzusammensetzung Dominante Arten: Erica carnea, Pinus mugo, Rhododendron ferrugineum, Rhododendron hirsutum, Rhodothamnus chamaecistus. Charakterarten: Amelanchier ovalis, Calamagrostis varia, Cotoneaster tomentosus, Cypripedium calceolus (!), Epipactis atrorubens, Gymnadenia odoratissima, Salix glabra, Salix waldsteiniana, Sorbus chamaemespilus, Valeriana saxatilis. Weitere Arten: Alnus alnobetula, Biscutella laevigata, Carex ferruginea, Carex firma, Carex humilis, Daphne striata, Dryas octopetala, Gentianella pilosa (!), Juniperus communis subsp. alpina, Juniperus communis subsp. communis, Lonicera caerulea, Ophrys insectifera (!), Polygala chamaebuxus, Salix hastata, Sesleria caerulea, Vaccinium myrtillus, Vaccinium vitis-idaea. Die Moosschicht spielt häufig eine wichtige Rolle. Gefährdung, Nutzung, Pflege Das Latschengebüsch ist wie andere subalpine Strauchformationen nicht von direkten Nutzungen betroffen. Ausnahmen bilden lediglich einige lokal beständige Nutzungen (Brennholz, Latschenöl), die jedoch die Gesamtphysiognomie der Landschaft nicht verändern. Latschengebüsche charakterisieren ursprüngliche, sehr natürliche Lebensräume, die nahezu ausschließlich von klimatisch-edaphischen Faktoren sowie atmosphärischen Eintragungen beeinflusst werden. Der Weideeinfluss ist nur marginal spürbar und trägt höchstens dazu bei, die Ausbreitung des Latschengebüschs zu verlangsamen. 46

47 Gemäßigte Heide- und Buschvegetation Subarktisches Weidengebüsch Boscaglie subarctiche di Salix spp. Sub-Arctic Salix spp. scrub Habitat-Codes: Natura 2000: 4080 Corine: EUNIS: F2.3 Allgemeine Zuordnung Die Landschaft der subalpinen Stufe ist gekennzeichnet von zahlreichen Strauchformationen. Unter diesen stechen verschiedene Weidengesellschaften hervor, die sich klar von Latschen-, Alpenrosen-, Grünerlengebüsch, Formationen mit Zwergwacholder und anderen Ericaceen-Heiden abheben. In der Regel besiedeln sie frische, lange von Schnee bedeckte Hänge, häufig am Rande von Bächen und kleinen Bachläufen, ist doch die Wasserverfügbarkeit ein für ihre Entwicklung bestimmender Faktor. Es sind verschiedene Ausformungen bekannt, sei es auf silikatischen wie auf karbonatischen Substraten, die auf besonders günstigen Standorten Meereshöhen von bis zu m erreichen können. Weidengebüsche sind Lebensraum und Refugium für zahlreiche Arten von wirbellosen Tieren. Das Interpretationshandbuch in seiner Ausgabe von 1999 bezog sich vor allem auf die Gebirge des borealen Europas. In seiner neueren Ausgabe von 2003 geht es erfreulicherweise auch auf die Tatsache ein, dass in den Alpen vikariierende Weidenarten vorkommen, die den selben Aggregaten (Salix lapponum, Salix myrsinites, Salix arbuscula) angehören. Sie bilden Bestände mit hohem Grad an Natürlichkeit und von hoher biologischer und ökologischer Wertigkeit, die im Sinne der Ziele von Natura 2000 nicht ignoriert werden dürfen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Die einzelnen Weidegesellschaften sind durch die jeweilige Charakterart gekennzeichnet, die häufig auch die vorherrschende Art ist. Folgende Ausbildungen sind bekannt: Formation mit Salix helvetica (Rhododendro-Vaccinion) an Hängen mit silikatischem Moränenschutt und häufig in Nachbarschaft zu Formationen mit Rhododendron ferrugineum und/oder Alnus alnobetula; Formation mit Salix waldsteiniana (Alnion viridis) auf Kalkgeröll, auch sie in Kontakt zu denselben Zönosen mit Erlen und Alpenrosen und zu den Weiden höherer Lagen (6170); basiphile Formationen mit Salix glabra in Schuttrinnen (auch Grobschutt), häufig umgelagert und in Kontakt zum Kalk-Latschengebüsch (4070); 47

48 Abb. 19: Naturpark Texelgruppe, Pfossental Abb. 20: Salix glabra Formation mit Salix hastata, substratunabhängig, wenn auch tendenziell azidophil und auf weniger primitiven Böden, häufig in Kontakt zum Alpenrosengebüsch. In Quellgebieten und auf glazigenen Hochflächen sind die Kleinbestände des Salicetum caesio-foetidae verbreitet, die unter günstigsten Standortbedingungen in Kontakt zum prioritären Habitat 7240 stehen können. In den kontinentalsten Bereichen (Ahrntal, Vinschgau) treten die äußerst seltenen Bestände von Salix hegetschweileri auf. Es sind die einzig bekannten in ganz Italien und daher von großem Interesse. Typischer Lebensraum sind Bachufer in Gebieten mit silikatischen Substraten. Es gibt noch weitere Formationen, in denen einzelne Weidenarten bestandsbildend auftreten können. Sie sind in der Regel aber nur kleinflächig ausgebildet. Ein Beispiel sind jene von Salix breviserrata, die vorzugsweise auf Silikat, aber auch häufig auf Kalkschutt und in Kontakt zu anderen Strauchgesellschaften und zum Habitat 8120 zu finden sind. Ebenfalls diesem Lebensraumtyp müssten die Bestände von Salix glaucosericea 48

49 Gemäßigte Heide- und Buschvegetation zugeordnet werden. Formationen mit Salix appendiculata finden sich im Mittel in tieferen Lagen, an Graben- und Waldrändern. Schwerpunktmäßig in tieferen Lagen in Schneerinnen und an Flussufern sind auch die Bestände von Salix myrsinifolia verbreitet sowie jene mit Salix pentandra, welche auf Moorstandorten stocken. Schließlich sind noch die hauptsächlich in den Dolomiten verbreiteten, Feuchtigkeit beanspruchenden Bestände von Salix mielichhoferi zu erwähnen. Vorkommen In allen Naturparks und im Nationalpark sowohl auf silikatischen wie karbonatischen Substraten zwischen (1.400) m und auf günstigen Standorten m. Natürliche Dynamik Bei den Weidengebüschen handelt es sich fast stets um Pionier-Formationen, die Schutthänge, Bachufer und Hänge mit langer Schneebedeckung sowie fehlender Sommertrockenheit besiedeln. Im Allgemeinen sind sie relativ stabil, solange die günstigen Standortbedingungen andauern. Schreitet die Bodenentwicklung voran, bekommen sie die Konkurrenz durch anspruchsvollere Arten zu spüren. Der Lebensraumtyp spiegelt einen jungen Zustand der alpinen Landschaft wieder und erinnert an die ersten Phasen der Besiedelung nach dem Rückzug der quartären Gletscher. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Salix breviserrata, Salix caesia (!), Salix foetida, Salix glabra, Salix glaucosericea (!), Salix hastata, Salix hegetschweileri (!), Salix helvetica, Salix mielichhoferi, Salix waldsteiniana. Seltener auch: Salix appendiculata, Salix myrsinifolia, Salix pentandra (!). Charakterarten: dieselben Weitere Arten: Adenostyles alliariae, Adenostyles glabra, Alchemilla spp., Alnus alnobetula, Calamagrostis varia, Caltha palustris, Carex ferruginea, Cirsium heterophyllum, Deschampsia caespitosa, Epilobium fleischeri, Homogyne alpina, Juniperus communis subsp. alpina, Lonicera caerulea, Petasites paradoxus, Pinus mugo, Poa nemoralis, Rhododendron ferrugineum, Rhododendron hirsutum, Saxifraga rotundifolia, Saxifraga stellaris, Trollius europaeus, Vaccinium myrtillus, Viola biflora. Gefährdung, Nutzung, Pflege Es sind Bestände, die sich in der Folge von natürlichen, standorttypischen Störungen bestens regenerieren können, jedoch immer empfindlich auf Veränderungen grundlegender ökologischer Faktoren reagieren. In naturnahen Situationen sind sie wenig störanfällig. Eine leichte anthropogene Störung, wenn sie zur Verzögerung der Bodenentwicklung führt, ist mitunter sogar günstig. Der Bau von Sperren, Dränagen und eine intensive Weide sind hingegen nachteilige Eingriffe, die ihr Überleben und ihre Erhaltung in Frage stellen. 49

50 2.4. Natürliches und naturnahes Grasland In dieser Kategorie vereinen sich nahezu sämtliche krautigen Formationen und zwar die Wiesen, Weiden sowie die Primärrasen höherer Lagen. Insgesamt handelt es sich um neun unterschiedliche Typen, wovon drei als prioritär eingestuft sind. Sie schließen äußerst naturnahe Habitate ein wie die Rasen der Hochlagen, welche entsprechend ihrer Verbreitung auf silikatischen bzw. auf karbonatischen Substraten im Wesentlichen in zwei Gruppen geteilt werden. Hinzu kommen die halbnatürlichen, nicht intensiv gedüngten Mähwiesen. Besonders wertvoll sind die trockenen und steppenhaften Rasen, deren Erhalt wesentlich von der Art der Bewirtschaftung abhängt. Schließlich fallen in diese Kategorie auch so unterschiedliche Typen wie die Pfeifengraswiesen und die in Waldlichtungen und an Waldrändern häufig auftretenden Hochstaudenfluren. Im Fall der Wiesen-Formationen kommt dem floristischen Aspekt eine besondere Bedeutung zu, zumal sie Lebensraum vieler seltener Arten bzw. Arten der Roten Listen sind. Dies ganz unabhängig davon, ob diese Habitate als prioritär eingestuft sind. 50

51 Natürliches und naturnahes Grasland * Lückige basophile oder Kalk- Pionierrasen (Alysso-Sedion albi) * Formazioni erbose calcicole rupicole o basifile dell Alysso-Sedion albi * Rupicolous calcareous or basophilic grasslands of the Alysso- Sedion albi Allgemeine Zuordnung Dieser seltene Lebensraumtyp von prioritärer Bedeutung ist stets nur kleinflächig ausgebildet, nicht kartografisch erfassbar und daher im Rahmen der Habitat-Erhebungen auch nicht berücksichtigt worden. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass er im Zuge der detaillierteren Bearbeitung in den trockenen Biotopen des Etschtales, besonders des Vinschgaues und des unteren Eisacktales noch festgestellt wird. Es handelt sich um Pioniergesellschaften auf felsigen oder erodierten Böden in warmen Lagen auf basischem Substrat (auch vulkanischen Ursprungs). Leitarten Alyssum alyssoides, Bombycilaena erecta (!), Cerastium glutinosum, Erophila verna agg., Holosteum umbellatum, Hornungia petraea (!), Minuartia mutabilis (!), Minuartia rubra (!), Saxifraga tridactylites, Sedum acre, Sedum album, Sedum montanum s.lat., Sedum sexangulare, Teucrium botrys (!). Habitat-Codes: Natura 2000: 6110 Corine: EUNIS: E1.1 Abb. 21: Biotop Tartscher Bühel bei Mals 51

52 2.4.2 Boreo-alpines Grasland auf Silikatsubstraten Formazioni erbose boreo-alpine silicee Siliceous alpine and boreal grasslands Habitat-Codes: Natura 2000: 6150 Corine: 36.3 (36.32) EUNIS: E4.3 Allgemeine Zuordnung Die Definition in der neuesten Ausgabe des Interpretationshandbuches ist zwar nach wie vor knapp und es sind gegenüber der älteren Ausgabe auch keine wesentlichen Änderungen in der Liste der Charakterarten vorgenommen worden, doch gestattet sie, diesem komplexen Habitat auch die ganze Palette der alpinen Primärrasen auf Silikat, die in Südtirol einen bedeutenden Flächenanteil haben, zuzuordnen. Krummseggenrasen (im Interpretationshandbuch wird nur Juncus trifidus genannt), ein guter Teil der azidophilen Festuceten sowie andere, überwiegend krautige Assoziationen großer Höhenlagen (z. B. Schneetälchen mit Salix herbacea und Luzula alpinopilosa in Bereichen, wo die Schuttkomponente nicht vorherrschend ist) können somit in diesem Lebensraumtyp untergebracht werden. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Nahezu die gesamte Klasse der Caricetea curvulae ist hier vertreten. Lediglich Formationen mit besonders hohem Anteil an Nardus könnte man zum Habitat 6230 stellen. Streng genommen dürfte sich letzteres allerdings nur auf die Nardeten der montanen Stufe beziehen und nicht auf Primärrasen über der Waldgrenze. Schneetälchen der Klasse Salicetea herbaceae mit ihren durch das Mikrorelief bedingten zahlreichen Übergängen können ebenfalls zumindest teilweise zu diesem Code gestellt werden. Alles in allem geht es um Lebensräume mit hohem Grad an Natürlichkeit und von bedeutendem landschaftlichen Wert. Aus der geobotanischen Literatur sind verschiedene, trockene und feuchte Ausbildungen des Curvuletum bekannt, ferner das Festucetum halleri (begünstigt durch Beweidung), einige Formen des Nardetum sowie das Juncetum trifidi der exponiertesten Bereiche. Der Verband Festucion variae hingegen vereint die Horst-Rasen besonnter Steilhänge. Weniger bekannt, aber durchaus zu erwarten an Südhängen in den Alpen sind die Assoziationen des Agrostion schraderianae, die mit Ausnahme von Ausbildungen mit dominanter Festuca picturata bei nachlassendem Weidedruck begünstigt werden. Schließlich müssten hierher auch die Bürstlings-reichen Formationen oberhalb der potentiellen Waldgrenze gestellt werden. 52

53 Natürliches und naturnahes Grasland Vorkommen In allen Naturparks und im Nationalpark auf Silikat in Höhen zwischen (1.700) und (2.800) m. Natürliche Dynamik Innerhalb dieses weitläufigen Lebensraumtyps können relativ primitive Stadien in der Gestalt von Pionierformationen unterschieden werden, die auf sich stabilisierenden, lange von Schnee bedeckten Schutthängen siedeln. Auf der anderen Seite stehen reifere Stadien, die gefestigt sind und die Klimax widerspiegeln. Die Beweidung vorausgesetzt, sie geschieht in ausgeglichenem Maß und auf traditionelle Weise beeinflusst kaum die natürliche Dynamik. Vielmehr wirkt sie einer Sukzession entgegen, die zur Ausbildung von Ericaceen-Strauchformationen führt. Häufig sind es übrigens natürliche Phänomene wie Bodenerosion und Lawinenabgänge, die an den Hängen höherer Lagen günstige Bedingungen für einen Weiterbestand dieser Formationen schaffen. Im Fall sehr trockener Ausbildungen, in denen Loiseleuria procumbens und Vaccinium gaultherioides reichlich auftreten, sind Kontakte zum Habitat 4060 zu beobachten. Auch diese Ausbildungen werden durch nachlassenden Weidedruck gefördert. Abb. 22: Naturpark Rieserferner-Ahrn, Poinlandtal Artenzusammensetzung Dominante Arten: Agrostis agrostiflora, Carex curvula, Festuca halleri, Festuca nigricans, Festuca paniculata, Festuca varia, Juncus trifidus, Luzula alpinopilosa, Poa variegata, Salix herbacea. 53

54 Abb. 23: Carex curvula Charakterarten: Agrostis rupestris, Androsace obtusifolia, Cardamine alpina, Carex brunnescens, Carex fuliginosa (!), Festuca intercedens, Festuca picturata, Festuca pseudodura, Gnaphalium supinum, Hieracium alpinum, Hypochaeris uniflora, Ligusticum mutellinoides, Oreochloa disticha, Pedicularis kerneri, Pulsatilla alpina subsp. austriaca, Ranunculus pygmaeus (!), Saponaria pumila, Senecio incanus subsp. carniolicus, Sibbaldia procumbens, Soldanella pusilla, Veronica bellidioides. Weitere Arten: Anthoxanthum alpinum, Avenella flexuosa, Avenula versicolor, Carex foetida (!), Carex sempervirens, Cerastium cerastioides, Dianthus superbus subsp. alpestris, Eritrichum nanum (!), Euphrasia minima, Gentiana bavarica, Gentiana brachyphylla, Gentiana punctata, Gentianella campestris, Geum montanum, Jovibarba arenaria (!), Knautia longifolia, Koeleria hirsuta, Laserpitium halleri, Leontodon helveticus, Ligusticum mutellina, Nardus stricta, Plantago strictissima, Potentilla aurea, Primula daonensis (!), Primula minima, Pulsatilla alpina subsp. apiifolia, Pulsatilla vernalis, Ranunculus villarsii, Rhodiola rosea (!), Taraxacum alpinum agg., Trifolium alpinum, Veronica alpina. Moos- und Flechtenschicht sind häufig stark ausgebildet. 54

55 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 24: Naturpark Rieserferner-Ahrn, Poinlandtal Gefährdung, Nutzung, Pflege Die Pflanzengesellschaften dieses Typs sind im Wesentlichen natürlichen Faktoren ausgesetzt. Das Ausmaß der Beweidung beeinflusst zweifelsohne ihre Weiterentwicklung: Ist sie exzessiv, degradieren die Gesellschaften und es treten nitrophile und andere, durch Tritt geförderte Arten auf. Wird die Beweidung zu stark reduziert, ohne dass das Wild den fehlenden Weidedruck kompensieren könnte, sind hochwüchsigere Arten und Ericaceen begünstigt. Wasserfassungen und vor allem Bodenabtrag im Zuge des Baues von Infrastrukturen wirken sich sehr negativ auf das Habitat aus. Lebensräume im Bereich der oberen Höhenstufen sind a priori störanfällig und Eingriffe können jederzeit Erosionsphänomene auslösen, die nur langsam verheilen. So wirkt gerade die Erosion durch Wind am stärksten an jenen Stellen, welche am meisten begangen bzw. ausgetreten sind. 55

56 2.4.3 Alpine und subalpine Kalkrasen Formazioni erbose calcicole alpine e subalpine Alpine and subalpine calcareous grasslands Habitat-Codes: Natura 2000: 6170 Corine: 36.4 ( ) EUNIS: E4.4 Allgemeine Zuordnung Dieses Habitat kann als vikariierend zum vorhergehenden betrachtet werden. Es ist über karbonatischen Fest- und Lockergesteinen auf Böden zu finden, die an der Oberfläche nicht oder nur schwach versauert sind. In der Provinz Bozen ist dieser Typ weit verbreitet und gut ausgebildet mit höchsten Vorkommen auf durchschnittlich m Meereshöhe. Zum Typ gehören sowohl Primärrasen über der Waldgrenze als auch Flächen im Krummholzgürtel, die seit jeher beweidet wurden. Unter speziellen topografischen Bedingungen (Rand von Bachbetten, Gräben und Lawinenrinnen, Felsbänder, Akkumulationsbereiche mit langer Schneebedeckung) finden sich auch Ausbildungen in niederen Lagen bis m. Der Lebensraumtyp umfasst die verschiedenen Ausbildungen der Seslerieten, Firmeten und Elyneten Formationen, die zu den floristisch reichsten und wegen ihrer Blütenpracht bemerkenswertesten gehören. Schwerpunktmäßig in dieselbe Höhenstufe fallen auch mesophilere und anspruchsvollere Gesellschaften. Gerade unter dem Einfluss der Weide und unter besonderen geomorphologischen Gegebenheiten bilden sich fettere Bestände, die, wenn sie reich an Sesleria und basiphilen Arten sind, ebenso diesem Code zuzurechnen sind. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Mit der einzigen, bereits erwähnten Ausnahme der Bestände mit Rostroter Alpenrose und/oder Erika (zu 4060 oder bei hohem Latschenanteil zu 4070 gehörig) sind hierher alle Assoziationen der Klasse Elyno-Seslerietea mit den Ordnungen Seslerietalia coeruleae und Elynetalia zu stellen. Einige Autoren anerkennen eine eigene Klasse Carici rupestris-kobresietea bellardii, die die Vegetation auf Kämmen, der Umgebung von Kammeinschnitten und auf windgefegten Kuppen in höchsten Lagen kennzeichnet. Der Typ 6170 gehört sicherlich zu jenen im Anhang I der FFH-Richtlinie angeführten Lebensräumen, welche am leichtesten zu interpretieren sind. Bei einer detaillierteren Vegetationsanalyse lassen sich verschiedene Ausbildungen von Seslerieten ansprechen, von den primitivsten zu den entwickeltsten, von relativ trockenen zu mäßig feuchten. Weiter sind die Firmeten sowie das Campanulo-Festucetum noricae zu nennen, welches auf- 56

57 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 25: Naturpark Fanes- Sennes-Prags, Piz Taibun grund der Präsenz von mesophilen und subazidophilen Arten zum Caricion ferrugineae gestellt wird. Calamagrostis varia-reiche Bestände an steilen, südexponierten und stark wasserzügigen Hängen in der Regel unterhalb der potentiellen Waldgrenze dürften auch zu diesem Lebensraumtyp gezählt werden. Viel weniger variabel sind die Elyneten; wegen ihrer fragmentarischen Struktur sind diese aber reich an Übergängen. Neben deren typischen Ausprägung sind Ausbildungen mit Carex rupestris (manchmal nur fragmentarisch auf Felsoder isolierten Gesteinsblöcken) und mit Carex curvula subsp. rosae (selten) zu nennen. In den Dolomiten, auf südexponierten, steilen Erosionshängen, sind schließlich noch von Carex mucronata dominierte Bestände vertreten. Vorkommen In fast allen Naturparks und im Nationalpark auf Kalk und in Höhen ab m. Natürliche Dynamik Der Großteil der Bestände besonders in sehr hohen Lagen ist im Wesentlichen stabil. Die Stabilität hängt nicht zuletzt von den natürlichen Prozessen vor Ort ab, wie der Verfestigung von Schutthalden einerseits und den wiederholten Abbrüchen andererseits. In vergleichsweise niederen Lagen hingegen macht sich die Konkurrenz durch Ericaceen und Chamaephyten mit verholzter Basis stark bemerkbar, die ihrerseits durch einen Rückgang der Beweidung (oder des Wildfraßes) begünstigt werden. In dieser Höhenstufe bestimmen Schwankungen der edaphischen Parameter und das lokale Mikroklima die Dynamik. Ausgenommen davon sind die stark umstrukturierten Bereiche im Zug anthropogener Einflüsse. Neigung, Exposition, Dauer der Schneedecke, Anteil von mergeligen und kieseligen Komponenten und die Art der Wasserversorgung sind jene Faktoren, welche die Pflanzengesellschaften dieses Lebensraumtyps insgesamt entscheidend beeinflussen. In einigen Karst-Hochflächen (Gardenacia- 57

58 Hochfläche im Naturpark Puez-Geisler) ist zudem eine fortschreitende Versauerung zu beobachten. Schließlich seien noch die sekundären Seslerieten erwähnt: Sie ersetzen in der subalpinen Stufe seit Jahrhunderten das Latschengebüsch. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Calamagrostis varia, Carex ferruginea, Carex firma, Carex mucronata, Carex rupestris, Dryas octopetala, Kobresia myosuroides, Festuca norica, Sesleria caerulea. Charakterarten: Achillea clavenae, Antennaria carpatica, Astragalus alpinus, Astragalus australis, Astragalus frigidus, Carex capillaris, Carex curvula subsp. rosae, Chamorchis alpina, Comastoma tenellum, Crepis jacquinii subsp. kerneri, Dianthus glacialis, Draba dubia, Gentiana clusii, Gentiana terglouensis, Helianthemum alpestre, Oxytropis campestris, Oxytropis montana s. str., Pedicularis elongata, Pedicularis oederi (!), Pedicularis rosea, Pedicularis rostratocapitata, Ranunculus hybridus, Salix reticulata, Traunsteinera globosa. Weitere Arten: Agrostis alpina, Alchemilla flabellata, Anemone baldensis, Anthyllis vulneraria subsp. alpestris, Arenaria ciliata, Armeria alpina, Aster alpinus, Aster bellidiastrum, Campanula scheuchzeri, Carex atrata, Carex ornithopoda, Carex sempervirens, Carlina acaulis, Crepis aurea, Crepis pontana (!), Draba aizoides, Erica carnea, Erigeron atticus (!), Festuca pumila, Gentiana bavarica, Gentiana lutea (!), Gentiana nivalis, Gentiana prostrata (!), Gentiana utriculosa, Gentiana verna, Gentianella anisodonta, Gentianella campestris, Globularia cordifolia, Hedysarum hedysaroides, Helianthemum grandiflorum, Hieracium villosum, Hippocrepis comosa, Homogyne discolor, Horminum pyrenaicum, Juncus monanthos, Kobresia simpliciuscula, Laserpitium peucedanoides, Leontopodium alpinum, Leucanthemum heterophyllum, Ligusticum mutellina, Phyteuma orbiculare, Polygala alpestris, Potentilla crantzii, Primula minima, Pulsatilla alpina, Ranunculus montanus, Salix serpillifolia, Scabiosa lucida, Scorzonera aristata, Sesleria sphaerocephala, Silene acaulis, Soldanella alpina, Trifolium thalii, Trollius europaeus, Veronica aphylla. Gefährdung, Nutzung, Pflege Ohne Zweifel steht bei der Nutzung die Weidewirtschaft an vorderster Stelle. Diese hat im Lauf von Jahrhunderten in einem gewissen Grad zur Struktur des Habitats, wie sie sich heute präsentiert, beigetragen. So sind Seslerieten, aber auch Firmeten und Elyneten häufig von Arten des Poion alpinae durchsetzt. In einigen Tälern haben auch die Infrastrukturen von Höhensiedlungen den Lebensraumtyp beeinflusst. An einigen potentiellen Standorten finden sich heute Mähwiesen, die im Alpenraum als Element der (Bio)Diversität geschätzt sind. Während es im Allgemeinen vor allem natürliche abiotische Faktoren sind, die den Lebensraumtyp bestimmen, wird in niederen Lagen besonders die Konkurrenz durch Strauchformationen bedeutsam. Angesichts der Höhenlage gelten dieselben Betrachtungen wie im Fall des vorangegangenen Typs (6150), der sich lediglich im Muttergestein unterscheidet. 58

59 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 26: Chamorchis alpina 59

60 2.4.4 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia) (* besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen) Formazioni erbose secche seminaturali e facies cespugliate su substrato calcareo (Festuco-Brometalia) (* stupenda fioritura di orchidee) Habitat-Codes: Natura 2000: 6210 Corine: EUNIS: E1.2 Semi-natural dry grasslands and scrubland facies on calcareous substrates (Festuco-Brometalia) (* important orchid sites) Allgemeine Zuordnung Der Lebensraumtyp umfasst Trocken- und Halbtrockenrasen. Diese werden in der Regel gemäht, aber nicht gedüngt. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in der collinen und montanen Stufe (Höhengrenze bei ca m) auf kalkreichen, stark besonnten Hängen. Die Mahd ist Grundvoraussetzung, um der Verbuschung Einhalt zu gebieten; in manchen Fällen lässt sie sich aber auch durch nicht allzu intensive Formen der Schaf-, Ziegen- oder Rinderweide ersetzen. Zwischen diesem und dem Habitat 6240, welches deutlichen Steppencharakter aufweist und seinen Schwerpunkt im Vinschgau hat, bestehen mitunter nur geringfügige Unterschiede. Diese sind vor allem in der Präsenz von reliktären Arten mediterraner und kontinentaler Herkunft in 6240 begründet. Insgesamt handelt es sich um Lebensräume mit großem floristischen und vegetationskundlichen Wert, auch wenn sie häufig anthropogenen Ursprungs sind. Für ihren Erhalt wird das richtige Management ausschlaggebend sein. Auf steilen Abhängen sowie auf Substraten silikatischen Ursprungs ist die Bodenentwicklung häufig durch natürliche Faktoren gehemmt. Auch trägt die Kontinentalität des Klimas dazu bei, dass die extremen ökologischen Bedingungen aufrechterhalten bleiben. Flächen sollten dann dem prioritären Subtyp (*) zugeordnet werden, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien zutrifft: im Gebiet wachsen zahlreiche Orchideenarten; das Gebiet beherbergt eine große Population einer nationalweit seltenen Orchidee; im Gebiet kommen eine oder mehrere Orchideenarten vor, die nationalweit als selten, sehr selten oder außergewöhnlich selten eingestuft werden. 60

61 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 27: Oberaicha, Umgebung von Mungadoi Variabilität, Subtypen, Verbreitung Zu diesem Lebensraumtyp sind die Bestände zu zählen, die zur Ordnung Brometalia (Hauptverbreitung im Westen, in subatlantischen Gebieten) gehören, während die kontinentalen Trockenrasen der Festucetalia valesiacae auf 6240 zu beziehen sind. Traditionell werden zwei Ausbildungen unterschieden, eine trockene (Xerobromion) und eine mesische (Mesobromion). Dieser Einteilung folgt auch P EER. Erstere Ausbildung ist in der Regel floristisch interessanter, in Südtirol allerdings recht selten. Aufgrund des deutlich kontinentalen Klimas sind hier letztlich nahezu alle erhobenen Trockenrasen-Bestände zu Gesellschaften der Festucetalia valesiacae zu stellen. Halbtrockenrasen (Mesobrometen) entwickeln sich auf weniger felsigen Standorten und auf tiefergründigen Böden. Sie sind es, die eine beachtliche Zahl von Orchideen beherbergen können. Bei der Ausweisung von Natura-2000-Flächen wurden die landwirtschaftlichen Bereiche des Futterbaus bewusst ausgeschlossen. Das ist der Grund, warum der Typ 6210 in den ausgewiesenen Flächen nahezu vollständig fehlt. 61

62 Abb. 28: Orchis ustulata Vorkommen Biotop Sprechenstein, Arluiwiesen. Natürliche Dynamik Kleinflächig ausgebildete Trockenrasen finden sich im Bereich von steinig-felsigen Standorten, wo Sukzessionsprozesse sehr eingeschränkt sind. Natürliche Umweltfaktoren und Brände können auch bewirken, dass sich krautige Bestände innerhalb von strauchdominierten Flächen halten können. Tatsächlich sind solche räumlich begrenzten Bestände weitaus häufiger als große Rasenflächen. Als konstantes Merkmal kann die Präsenz von thermophilen Saumgesellschaften (Trifolio-Geranietea sanguinei) und/oder von entsprechenden Charakterarten betrachtet werden. Im Fall der Mesobrometen sind die Möglichkeiten 62

63 Natürliches und naturnahes Grasland zu einer Weiterentwicklung zweifelsohne besser. Nur eine kontinuierliche Pflege der Rasen verhindert die Etablierung eines Waldes, in der Regel eines termophilen Waldes mit vorherrschender Flaumeiche (häufig über Zwischenstadien mit Haselnuss und Zitterpappel). Artenzusammensetzung Dominante Arten: Brachypodium rupestre, Bromus erectus, Bromus condensatus, Festuca rupicola. Charakterarten: Allium carinatum subsp. pulchellum (!), Anacamptis pyramidalis (!), Artemisia campestris, Bothriochloa ischaemum, Dianthus carthusianorum, Fumana procumbens, Globularia punctata, Himantoglossum adriaticum (!), Hypochaeris maculata (!), Linum tenuifolium (!), Linum viscosum, Ophrys apifera (verschollen), Ophrys holoserica (!), Ophrys insectifera (!), Ophrys sphegodes (!), Orchis militaris (!), Orchis morio (!), Orchis tridentata (!), Orchis ustulata (!), Prunella laciniata (!), Pseudolysimachion spicatum, Pulsatilla montana, Trinia glauca. Weitere Arten: Anthericum liliago, Anthyllis vulneraria, Aster amellus, Blackstonia perfoliata (!), Briza media, Campanula glomerata, Carex caryophyllea, Carex humilis, Carlina vulgaris, Centaurea scabiosa, Dactylorhiza sambucina (!), Galium verum, Gentianella germanica, Gymnadenia conopsea, Jasione montana (!), Koeleria pyramidata, Melampyrum arvense (!), Onobrychis arenaria, Onobrychis viciifolia, Peucedanum cervaria, Pimpinella saxifraga, Plantago media, Polygala comosa, Potentilla verna agg., Primula veris, Salvia pratensis, Sanguisorba minor, Stachys recta, Teucrium chamaedrys, Thymus pulegioides, Trifolium montanum, Veronica teucrium. Gefährdung, Nutzung, Pflege Die diesem Lebensraumtyp zugeordneten Pflanzengemeinschaften benötigen zu ihrer Erhaltung eine pflegerische Nutzung, wobei sich die Kombination aus Mahd und fehlender Düngung am idealsten erweist. Die Schaf- und Ziegenweide ist zu vertreten im Hinblick auf ökonomische Überlegungen und auf die Tradition, vorausgesetzt, sie ist geregelt und nicht zu intensiv. Da es sich um Habitate in unmittelbarer Umgebung von Wohngebieten oder von zeitweilig bewohnten Hofstätten handelt, sind sie sehr störanfällig, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie in den vergangenen Jahrzehnten deutlich reduziert wurden: Einerseits werden die»unbequemsten«bereiche aufgelassen, was die Wiederbewaldung zur Folge hat. Andererseits werden die am leichtesten zugänglichen Bereiche zunehmend intensiv mit mechanischen Mitteln bewirtschaftet, wodurch Glatt- und Goldhaferwiesen (6510, 6520) gefördert werden. 63

64 2.4.5 * Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden * Formazioni erbose a Nardus, ricche di specie su substrato siliceo delle zone montane o submontane dell Europa continentale * Species-rich Nardus grasslands, on silicious substrates in mountain areas (and submountain areas in Continental Europe) Habitat-Codes: Natura 2000: 6230 Corine: EUNIS: E1.7, E4.31 Allgemeine Zuordnung Der Lebensraumtyp umfasst die Bürstlingsrasen und verwandte azidophile Gesellschaften der montanen Stufe, d. h. im Bereich unterhalb der potentiellen Waldgrenze. Anders als in Zentraleuropa sind im italienischen Teil der Alpen die montanen Nardeten im Gegensatz zu den subalpinen nicht sehr häufig. Bei der Erhebung der Habitate kam in vielen Regionen eine relativ weite Auffassung dieses Lebensraumtyps zum Tragen, die, berücksichtigt man die Hinweise auf die Arten im Interpretationshandbuch und die Entsprechung auf der Ebene der Assoziationen, völlig akzeptabel erscheint. Alles in allem wurden als montane Nardeten auch solche Formationen aufgefasst, die in Höhenbereichen bis gegen m, also unterhalb der Waldgrenze, liegen und artenreich sind. Eine allzu wörtliche und restriktive Auslegung des Konzeptes von montanen Nardeten (es wird auch von submontanen Nardeten gesprochen, einem Lebensraumtyp, der in Südtirol wie in Italien generell fehlt) hätte dazu geführt, dass man blütenprächtige Rasenformationen nicht gebührend bewerten hätte können. Nardus stricta ist durchwegs dominant. Die Ausbreitung der Art wird begünstigt und vorangetrieben durch Überweidung auf nährstoffarmen Standorten. Es gibt allerdings auch Bürstlingsrasen, die regelmäßig gemäht werden, besonders in trockenen Gebieten mit verarmten und sauren Böden. Alle Nardeten, die sich auf diesen Lebensraumtyp beziehen, sind sekundären Ursprungs. Sie entwickeln sich sowohl auf Silikatböden als auch auf ausgewaschenen Karbonatböden, d. h. auf deutlich versauerten Böden. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Sind auch sämtliche Nardeten als solche leicht anzusprechen und erscheint ihre Ökologie klar, gilt dies nicht für ihre syntaxonomische Zuordnung. So wird in der Synopsis der Vegetation Österreichs (M UCINA et al., 1993) eine Ordnung Nardetalia innerhalb der Klasse Calluno-Ulicetea mit subozeanischem 64

65 Natürliches und naturnahes Grasland Schwerpunkt unterschieden sowie ein Verband Nardion strictae aus der Ordnung Festucetalia spadiceae der Klasse Caricetea curvulae. Folgt man dieser Einteilung, sind alle dem Code 6230 zugewiesenen Nardeten zur Klasse Calluno-Ulicetea zu stellen, handelt es sich dabei doch um Sekundär-Formationen unterhalb der Waldgrenze. Die zum Teil primären Gesellschaften der Caricetea curvulae höherer Lagen wären hingegen dem Code 6150 zuzuordnen. Betrachtet man allerdings die Differenzialarten, wird man feststellen können, dass eine solche Unterscheidung weniger deutlich ist als in der Theorie. P IGNATTI (1985) hat die montanen Nardeten des italienischen Anteils der Alpen mit Elementen der Festuco-Brometea als Danthonio-Nardetum beschrieben. P OLDINI & O RIOLO (1997) haben dieses auf das Polygalo-Nardetum zurückgeführt. Dieselben Autoren zählen zu den Nardetalia auch die Bestände von Festuca paniculata (Hypochoerido uniflorae-festucetum paniculatae) und die hochmontanen-subalpinen Waldersatzgesellschaften der Bürstlingsrasen (Homogyno alpinae-nardetum). Die alpinen Primär-Nardeten des Sieversio-Nardetum und das Caricetum sempervirentis (zu den Caricetalia curvulae gehörige Assoziation höherer Lagen) sind in jedem Fall auf den Code 6150 zu beziehen. Der Einfluss von Weide und Geländemorphologie bestimmt die Ausbildung trockener bis feuchter Varianten, die ihrerseits zu anderen Typen überleiten. Abb. 29 Reschen, Umgebung Rescher Alm Vorkommen In den meisten Naturparks und im Nationalpark. 65

66 Natürliche Dynamik Sämtliche Nardeten, ausgenommen die primären der Bereiche außerhalb des potentiellen Waldes, sind bedingt durch die pflegerische Nutzung. Fällt die Nutzung weg, ist die Sukzession in Richtung Strauch- und Baumbestände unausweichlich. Im Fall trockener und wenig beweideter Ausbildungen stellt sich, häufig in Gesellschaft von Vaccinium-Arten, in erster Linie Calluna vulgaris ein. In der subalpinen Stufe, auch unterhalb der Waldgrenze, dringt häufig Rhododendron ferrugineum ein, manchmal gemeinsam mit Zwergwacholder, manchmal auch mit der Lärche. Auf frischeren und nährstoffreicheren Standorten kann auch die Grünerle auftreten. In der montanen Stufe sind vor allem Fichte, Birke und Zitterpappel konkurrenzkräftig. Auf thermophileren Standorten stellen sich nach Aufgabe der Nutzung Strauchformationen mit Wacholder und Heckenrose ein. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Agrostis capillaris, Anthoxanthum odoratum, Avenella flexuosa, Nardus stricta. Charakterarten: Antennaria dioica, Arnica montana, Campanula barbata, Carex pallescens, Carex pilulifera, Danthonia decumbens, Galium pumilum, Gnaphalium sylvaticum, Hieracium aurantiacum, Hieracium lactucella, Hieracium pilosella, Holcus mollis, Hypochaeris maculata (!), Luzula campestris agg., Melampyrum pratense, Polygala vulgaris, Pseudorchis albida, Veronica officinalis, Viola canina. Weitere Arten: Botrychium lanceolatum (!), Botrychium lunaria, Botrychium matricariifolium (!), Botrychium multifidum (!), Briza media, Calluna vulgaris, Carex leporina, Carlina acaulis, Cirsium acaule, Crepis aurea, Deschampsia caespitosa (im Fall feuchter Ausbildungen und bei Degradierung), Festuca nigrescens, Gentiana acaulis, Geum montanum, Gymnadenia conopsea, Homogyne alpina, Hypericum maculatum, Molinia caerulea, Nigritella rhellicani, Phleum rhaeticum, Poa alpina, Potentilla aurea, Potentilla erecta, Rhinanthus minor, Scorzonera humilis, Thymus pulegioides, Trisetum flavescens, Vaccinium myrtillus. Gefährdung, Nutzung, Pflege Die heutige Nutzung der Nardeten liegt hauptsächlich in der traditionellen Beweidung. Von besonderem Interesse sind die gemähten Bürstlingsrasen, da sie artenreicher sind. Änderungen in der Bewirtschaftung führen zumindest am Anfang zu Schwankungen in der floristischen Zusammensetzung innerhalb des Bestandes. Halten diese Änderungen an, entwickeln sich die Rasen entweder zu Strauch- und Baumformationen (besonders mit Rhododendron ferrugineum) oder zu fetteren Rasen. Die abnehmende Nutzung führt zur Zunahme von Nardus stricta und damit zur Verarmung der floristischen Zusammensetzung. In der unteren montanen Stufe ist die Störanfälligkeit noch größer. Hier ist eine regelmäßige Mahd unbedingt anzustreben, zumindest wo es möglich ist. 66

67 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 30: Arnica montana 67

68 2.4.6 * Subpannonische Steppen- Trockenrasen * Formazioni erbose steppiche subpannoniche * Sub-Pannonic steppic grasslands Habitat-Codes: Natura 2000: 6240 Corine: 34.1, EUNIS: E1.22 Allgemeine Zuordnung Dieser Lebensraumtyp umschließt die trockensten, wärmsten und kontinentalsten Standorte mit hohem Anteil an mediterranen und Steppen-Elementen. Diese sind im gesamten Alpenraum selten und auf Bereiche mit äußerst geringen Niederschlagsmengen, den vornehmlich Ost-West verlaufenden inneralpinen Trockentälern, beschränkt. Als differenzierende Leitart gegenüber anderen Trockenrasen-Typen kann Stipa capillata herangezogen werden. Die Einführung dieses Codes erfolgte auf Anfrage Österreichs, das mit dem pannonischen Becken Anteil an diesem Lebensraumtyp hat. Dank der Ausweisung eines prioritären Habitats ist es gelungen, diese bei allen Botanikern bekannte pflanzengeografische Besonderheit, deren Schicksal bislang offen war, entscheidend aufzuwerten. So stellen die verbliebenen Trockenrasen des Vinschgaus für ganz Italien Standorte von höchstem floristischen Wert dar, die es mit größter Sorgfalt zu schützen gilt. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Zum Typ gehören alle Bestände der Ordnung Festucetalia valesiacae. In der Synthese von P EER sind vier Assoziationen des Verbandes Stipeto-Poion xerophilae und drei des Diplachnion serotinae angeführt. Diese auf die klassischen Untersuchungen von B RAUN-BLANQUET (1936, 1961) zurückgehenden Assoziationen werden in der Synthese der Vegetation Österreichs (M UCINA et al., 1993) nicht berücksichtigt. Für die Praxis ist dies jedoch ein zu vernachlässigendes Detail, bestehen doch auf Verbandsebene keine Probleme in der Ansprache. Im Verband sind Bestände auf silikatischen wie auch karbonatischen Substraten vereint. Sie sind auch in den anderen trocken-kontinentalen Gebieten der Schweiz und Österreichs verbreitet. Dem Verband Diplachnion gehören die mediterran getönten und zentral-östlichen (insubrischen und subillyrischen) Ausbildungen an. In Südtirol finden sich solche Rasen zwischen Meran und Salurn. Diese interessanten Fragmente sind häufig an felsige Standorte gebunden, zumal diese wenig entwicklungsfähig sind und sich leichter der natürlichen Wiederbewaldung widersetzen. Aufgrund des fragmentarischen Charakters eben dieser Trockenrasen-Reste ergeben sich auch Situationen, in denen 68

69 Natürliches und naturnahes Grasland eine Abgrenzung zu den seltenen Beständen der Sedo-Scleranthetea (ausgebildet im Bereich von Trockenmauern und an trockenen, felsigen Standorten), für die sogar ein eigener Code (6110, prioritäres Habitat!) vorgesehen ist, kaum praktikabel ist. Vorkommen Biotop Castelfeder, Biotop Kortscher Leiten, Biotop Schlanderser Leiten, Biotop Sonnenberg, Biotop Tartscher Leiten. Natürliche Dynamik Um dieses wertvolle Habitat erhalten zu können, muss der Mensch eingreifen, indem er traditionellen Nutzungen Vorrang gibt. Dadurch werden einerseits die zur Produktionssteigerung nötige Düngung und Intensivnutzung vermieden, andererseits die natürliche Verbuschung der Standorte in Grenzen gehalten. Negative Folgen hat auch eine unvernünftige Weidewirtschaft: So sind heute im Bereich von Trockenrasen dieses Typs bereits überdüngte Teilflächen neben Beständen mit Dornsträuchern zu beobachten, was auf eine ungleichmäßige Beweidung zurückzuführen ist. Die Klimax-Vegetation auf solchen trockenen, steppenhaften Standorten hat aufgrund des andauernden extremen Mikroklimas eine mittlere bis lange Entwicklungsdauer. Am Ende stehen trocken-kontinentale Wälder mit Pinus sylvestris (Klasse Pulsatillo-Pinetea) und (pannonische) Flaumeichenwälder. Degradierte Bereiche mit Elementen des Berberidion sind zum Teil natürlich, zum Teil durch die aktuelle Nutzung bedingt. Abb. 31: Biotop Schlanderser Leiten Artenzusammensetzung Dominante Arten: Bothriochloa ischaemum, Carex supina (!), Cleistogenes serotina, Festuca valesiaca, Poa molineri, Stipa capillata (!), Stipa eriocaulis. Charakterarten: Achillea nobilis (!), Achillea tomentosa, Astragalus exscapus (!), Astragalus onobrychis, Astragalus vesicarius subsp. pastellianus (!), Chondrilla juncea, Chrysopogon gryllus (!), Dracocephalum austriacum (!), Dracocephalum ruyschiana (!), Ephedra helvetica (!), Heteropogon contortus (!), Medicago minima, Minuartia laricifolia, Oxytropis pilosa (!), Scorzonera austriaca, Seseli pallasii (!), Silene otites, Stipa pennata s. str. (!), Telephium imperati (!), Thymus oenipontanus, Thymus pulegioides subsp. carniolicus, Veronica dillenii (!), Veronica prostrata. 69

70 Abb. 32: Dracocephalum austriacum Weitere Arten: Artemisia campestris, Asperula purpurea, Bromus erectus, Buglossoides arvensis agg., Campanula spicata, Carex humilis, Carex liparocarpos, Carex stenophylla (!), Carthamus lanatus (!), Centaurea stoebe s.lat., Centaurium erythraea (!), Dianthus sylvestris, Erysimum rhaeticum, Festuca rupicola, Fumana ericifolia (= ericoides) (!), Fumana procumbens, Helianthemum canum, Helianthemum ovatum, Koeleria macrantha, Medicago monspeliaca (!), Melica ciliata, Minuartia mutabilis (!), Minuartia rubra (!), Notholaena marantae (!), Onobrychis arenaria, Onosma helvetica subsp. tridentina (!), Orobanche arenaria, Orobanche purpurea, Petrorhagia prolifera (!), Petrorhagia saxifraga, Phleum phleoides, Potentilla pusilla, Prunella laciniata (!), Pseudolysimachion spicatum, Pulsatilla montana, Saxifraga tridactylites, Sedum montanum s.lat., Sempervivum arachnoideum, Sempervivum tectorum, Sherardia arvensis (!), Stachys germanica (!), Stipa epilosa (!), Trifolium scabrum (!), Trifolium striatum (!), Trinia glauca, Verbascum chaixii, Vicia lutea (!). Gefährdung, Nutzung, Pflege Dieser heterogene Lebensraumtyp ist das Ergebnis einer Nutzung, bei der die Weide eine entscheidende Rolle gespielt hat. So ist z. B. das Festuceto-Caricetum supinae des mittleren Vinschgaus infolge intensivster Beweidung entstanden. Jede Änderung in der Bewirtschaftungsweise sei es Aufgabe der Nutzung, was der Verbuschung Vorschub leistet, sei es Rationalisierung der Bewirtschaftungstechniken kann erhebliche Auswirkungen haben. Das bezeugt die Störanfälligkeit dieses Lebensraumes. Die interessantesten Flächen haben heute reliktären Charakter und finden sich an steilen und schwer zugänglichen Standorten. In der Vergangenheit gab es Wiederaufforstungen mit Schwarzkiefer, von denen man fortan absehen muss, will man diese einzigartigen Trocken-Lebensräume erhalten. Eine ernsthafte Bedrohung stellt auch die Invasion durch die Robinie und den Götterbaum dar. Zu vermeiden sind Düngungsmaßnahmen (davon ausgenommen ist die Düngung durch das Weidevieh) und auch Maßnahmen, die auf erhöhte Produktivität und auf einen leichteren Zugang zu den Weideflächen abzielen. Natürlich muss bei diesen Betrachtungen auf die Rechte der Eigentümer und auf Traditionen Rücksicht genommen werden. Die Tatsache, dass sich die Trockenrasen-Flora bis in unsere Tage erhalten konnte, macht es uns zur Pflicht, im Sinne der FFH-Richtlinie zu handeln, um ihr auch eine Zukunft zu garantieren. 70

71 Natürliches und naturnahes Grasland Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae) Praterie con Molinia su terreni calcarei, torbosi o argilloso-limosi (Molinion-caeruleae) Molinia meadows on calcareous, peaty or clayey-silt-laden soils (Molinion caeruleae) Habitat-Codes: Natura 2000: 6410 Corine: EUNIS: E3.51 Allgemeine Zuordnung Feuchtwiesen jeglicher Art sind aufgrund von Urbarmachungen und Trockenlegungen überall selten geworden. Molinia-reiche Wiesen finden sich im Bereich von Seen-Niederungen, an moorigen Abhängen oder im Kontaktbereich zu Flüssen. Sie sind relativ oligotroph, werden niemals gedüngt, in der Regel gemäht und nur gelegentlich extensiv beweidet. Mit diesem Code sind allerdings nur jene Ausbildungen gemeint, die sich mit der Dynamik von Seen und Sumpfwiesen in Verbindung bringen lassen. Die Bestände, die sich im Bereich von Mooren bilden als durch Nutzung bedingte Austrocknungsstadien lassen sich hingegen zwangloser diesen zuordnen (7140, 7230). Häufig sind auch Ausbildungen, in denen großwüchsige Kräuter vorherrschen: Solche Bestände sind gemäß Interpretationshandbuch eindeutig als Habitat 6430 anzusprechen. Zur Bedeutung von Feuchtwiesen sowie zur Notwendigkeit, diese zu erhalten, wurden zahlreiche Arbeiten publiziert. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Die Wiesen des Talgrundes werden in Südtirol sehr häufig intensiv bewirtschaftet. Dies liegt in der jahrhundertealten Tradition der Nutzung aller Futterressourcen. Wohl nicht umsonst nennt P EER aus den Molinetalia nur eine einzige Assoziation, das Angelico sylvestris-cirsietum oleracei, das aber klar zu 6430 zu stellen ist. Aus den Untersuchungen von B ALÁTOVÁ T ULÁČKOVÁ & VENANZONI (1989, 1990) ergibt sich allerdings eine umfassendere Gliederung von Feuchtwiesen-Assoziationen der Ordnung Molinetalia in Südtirol. Im Einzelnen sind zu nennen das Selino-Molinietum und das Trollio-Molinietum, neben verschiedenen Gesellschaften des Verbandes Calthion. Vorkommen Biotop Fennberger See, Biotop Kalterer See. 71

72 Abb. 33: Biotop Fennbergersee, Frühjahrsaspekt Natürliche Dynamik Die Dynamik der Molinieten ist sehr empfindlich, zumal es sich um krautige Formationen handelt, die von den Änderungen des Wasserspiegels und von der Verfügbarkeit von Nährstoffen bestimmt werden. Im Allgemeinen entstehen sie bei der Verlandung von Seen oder Mooren, wobei die periodische Mahd der betroffenen Flächen maßgeblich ist. Es existieren unterschiedlichste Ausprägungen, die allesamt labil sind und leicht der Konkurrenz durch Schilf, Großseggenrieder, Schwarzerle und Weiden unterliegen. Molinieten im engeren Sinn, die man also auf den Code 6410 zurückführen kann, sind heliophil und oligotroph, während die häufigeren, halbschattigen und oft auch schwach nitrophilen Ausbildungen zu 6430 gehören. Sie stellen öfters natürliche Vorwaldstadien dar, die sich im Zuge von natürlichen Nährstoff-Anreicherungen oder Eintragungen aus der Landwirtschaft entwickeln. Fehlen anthropogene Eingriffe völlig, präsentieren sich Molinieten als Sukzessionsstadien von unterschiedlicher, aber nie langer Lebensdauer. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Deschampsia caespitosa (Degr.), Caltha palustris, Molinia caerulea. Charakterarten: Allium angulosum (!), Cardamine pratensis, Carex tomentosa (!), Crepis mollis (!), Dactylorhiza incarnata (!), Eleocharis uniglumis (!), Festuca trichophylla (!), Galium uliginosum, Gentiana pneumonanthe (!), Inula salicina (!), Juncus acutiflorus (!), Juncus subnodulosus (!), Ophioglossum vulgatum (!), Selinum carvifolia, Succisa pratensis, Trifolium dubium, Trifolium patens (!), Willemetia stipitata. 72

73 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 34: Molinia caerulea Weitere Arten: Alopecurus pratensis, Betonica officinalis, Carex acutiformis, Carex elata, Carex hirta, Carex nigra, Carex panicea, Carex vesicaria, Epipactis palustris (!), Equisetum palustre, Galium boreale, Iris pseudacorus (!), Juncus articulatus, Juncus conglomeratus, Juncus effusus, Juncus filiformis, Laserpitium prutenicum (!), Lythrum salicaria, Myosotis scorpioides, Phragmites australis, Persicaria bistorta, Potentilla erecta, Prunella vulgaris, Ranunculus acris, Sanguisorba officinalis, Scorzonera humilis, Silene flos-cuculi, Teucrium scordium (!), Thalictrum lucidum (!), Trollius europaeus, Valeriana dioica. Gefährdung, Nutzung, Pflege Diese seltenen und wertvollen Feuchtwiesen lassen sich am besten schützen, wenn man sie mäht (bei Entfernung des Schnittgutes) und nicht düngt. Sie sind äußerst empfindlich gegenüber Trittschäden, weshalb eine Beweidung möglichst vermieden werden sollte. Essentiell für ihren Fortbestand ist natürlich die Regulierung des Grundwasserspiegels. Wie bei allen Feuchtlebensräumen liegen die Gefahren auf der Hand: Urbarmachung, Trockenlegung, Kontamination mit Düngemitteln und Pestiziden aus den anliegenden Landwirtschaftsflächen. Die Flächen in unmittelbarer Umgebung von viel befahrenen Straßen sind noch störanfälliger. Auch im Fall verarmter und weniger naturnaher Ausbildungen handelt es sich stets um höchst gefährdete Lebensräume, die in den letzten Jahrzehnten empfindlich reduziert wurden. Zu den Ursachen dafür zählt auch die Einstellung der traditionellen Mahd, was die Einwanderung von Schilf und von Straucharten begünstigt. 73

74 2.4.8 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe Bordure planiziali, montane e alpine di megaforbie igrofile Hydrophilous tall herb fringe communities of plains and of the montane to alpine levels Habitat-Codes: Natura 2000: 6430 Corine: 37.7 EUNIS: E5.4 Allgemeine Zuordnung Diesem Lebensraumtyp lassen sich die unterschiedlichsten Pflanzengemeinschaften zuordnen. Diese reichen von Beständen, die im Zusammenhang mit Degenerationsstadien von Molinieten (als solche größtenteils den Molinietalia zuzuordnen) stehen bis hin zu klaren Vorwaldstadien am Rande von Feuchtwäldern (Erlenwälder, Ufer-Weidengehölze). Während die genannten Ausbildungen auf die Tallagen und die montane Stufe beschränkt sind, sind die feuchten Hochstaudenfluren (Mulgedio-Aconitetea) ein konstantes Element der alpinen Landschaft und häufig typisch für subalpine Wälder, lange von Schnee bedeckten Flächen im Bereich von Almweiden und -hütten sowie von Akkumulationsbereichen am Rande von Schutthalden. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Der Code schließt Pflanzengesellschaften verschiedener Klassen ein, darunter naturnahe und solche, die als Aspekte von Übergangsstadien ehemals genutzter Wälder und Feuchtwiesen auftreten. Auch die natürliche Dynamik von Bächen kann zur Bildung von Pflanzengesellschaften beitragen, die diesem Lebensraumtyp angehören. In die Ordnung Molinietalia fällt der Großteil der häufig von hygrophilen Hochstauden dominierten Calthion-Gesellschaften (insbesondere das Filipendulenion). Weiter sind die meisten Assoziationen der Galio-Urticetea zu diesem Typ zu rechnen, die, wenn auch fragmentarisch, sehr häufig an Flussufern, an Waldrändern und auf Waldschlagflächen auftreten. Obwohl nicht ausdrücklich im Interpretationshandbuch erwähnt, können aufgrund auffallender ökologischer Übereinstimmungen wohl auch manche Epilobietea angustifolii-gesellschaften (z. B. Bestände mit Epilobium angustifolium und Rubus idaeus) dazugezählt werden und schließlich ohne jeden Zweifel die ganze Klasse der Mulgedio-Aconitetea (insbesondere die Ordnung Adenostyletalia). Insgesamt haben wir es mit einem sehr heterogenen Lebensraumtyp zu tun, der mit Ausnahme der höchsten Bereiche in jeder Höhenlage verbreitet ist. 74

75 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 35: Reschen, Umgebung Rescher Alm Vorkommen Verbreitet in allen Naturparks und im Nationalpark. Natürliche Dynamik Die Heterogenität dieses Typs erlaubt keine Verallgemeinerung. Gemeinsam ist jedoch allen Ausbildungen, dass es sich stets um Übergangsstadien und nie um Klimax-Formationen handelt. Sie stehen entweder im Zusammenhang mit natürlichen Phänomenen wie Waldwürfen oder Akkumulationsbereichen am Fuß von Schutthängen oder mit der traditionellen Nutzung von Wäldern und Wiesen. Solche Pflanzengemeinschaften erfüllen eine wichtige ökologische Funktion und sind oftmals imstande, große Mengen von Stickstoff zu verwerten. Ferner tragen sie indirekt zum besseren Abbau von organischer Substanz bei. Einerseits kann ihre beachtliche Konkurrenzkraft zum Störfaktor im Waldbau 75

76 Abb. 36: Geranium palustre 76

77 Natürliches und naturnahes Grasland werden, andererseits garantieren Hochstauden ausgeglichene Bodenverhältnisse und Bodenschutz und geben klare Hinweise auf die Ökologie des Standortes. Häufig handelt es sich um Übergangsstadien im Zeitrahmen von einigen Jahrzehnten, die, zwar räumlich versetzt, aber stets irgendwo anzutreffen sind. Bei der kartografischen Erfassung sollte man dem Rechnung tragen. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Aconitum lycoctonum, Aconitum napellus, Adenostyles alliariae, Aegopodium podagraria, Angelica sylvestris, Chaerophyllum hirsutum, Cirsium heterophyllum, Cirsium oleraceum, Crepis paludosa, Deschampsia caespitosa, Filipendula ulmaria, Mentha longifolia, Petasites hybridus, Peucedanum ostruthium, Scirpus sylvaticus, Senecio cacaliaster. Charakterarten: Achillea macrophylla, Alchemilla spp., Calystegia sepium, Cicerbita alpina, Crepis pyrenaica (!), Digitalis grandiflora, Doronicum austriacum (!), Geranium palustre (!), Geranium sylvaticum, Pedicularis hacquetii (!), Phyteuma ovatum, Poa hybrida. Weitere Arten: Aconitum degenii, Alliaria petiolata, Calamagrostis arundinacea, Carduus personata, Cirsium palustre, Epilobium hirsutum, Geranium robertianum, Geum rivale, Glechoma hederacea, Juncus conglomeratus, Juncus effusus, Lamium album, Lysimachia vulgaris, Lythrum salicaria, Phalaris arundinacea, Silene dioica, Thalictrum aquilegiifolium, Thalictrum lucidum (!), Trollius europaeus. Gefährdung, Nutzung, Pflege In der Regel bedürfen die Bereiche, in denen Hochstaudenfluren auftreten, keiner besonderen Aufmerksamkeit. Zum Teil werden diese durch die traditionelle Wald- und Wiesenwirtschaft sogar gefördert. Im Fall der feuchten Molinietalia-Bestände besteht die größte Gefahr in weiteren Urbarmachungen und Dränagen. Einige Gesellschaften sind Ausdruck (vorübergehender) anthropogener Umwelteingriffe. Auch sie sind als relativ wenig störanfällig einzustufen. N. B.: Das Auftreten von exotischen Unkräutern wie Helianthus tuberosus, Impatiens glandulifera, Solidago canadensis u. a., die in den genannten Lebensräumen zur Bestandesbildung neigen, signalisiert die Degradation des Habitats. Solche Ausbildungen sind nicht zu diesem Code zu stellen bzw. werden nicht berücksichtigt. 77

78 2.4.9 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) Praterie magre da fieno a bassa altitudine (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) Lowland hay meadows (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) Habitat-Codes: Natura 2000: 6510 Corine: 38.2, 38.3 EUNIS: E2.2 Allgemeine Zuordnung Zu diesem Code zählen regelmäßig gemähte und nicht allzu intensiv gedüngte Fettwiesen, die noch eine gewisse floristische Vielfalt aufweisen. Die Unterschiede zum folgenden Lebensraumtyp (6520), der die Wiesen höherer Lagen betrifft, sind in Wirklichkeit gering und die im Interpretationshandbuch als Differenzialarten angegebenen Arten kaum hilfreich, um die Situation in Südtirol wiederzugeben. So steigt hier Sanguisorba officinalis, die als Leitart dieses Wiesentyps niederer Lagen angeführt wird, bis in Höhen über m (Seiser Alm). Geht man von der Zielsetzung aus, auf traditionell bewirtschaftete Wiesen mit höchstens zwei Schnitten im Jahr besonderes Augenmerk zu richten, bietet sich die klassische Einteilung in Glatthaferwiesen (Tieflagen und montane Stufe bis m) und Goldhaferwiesen (montane und subalpine Stufe) an. Eine solche Einteilung würde sich besser eignen als die beiden von der EU eingerichteten Codes. Artenreiche Glatthaferwiesen können bei traditioneller und nicht übermäßiger Düngung sogar dreimal im Jahr gemäht werden zumindest in sonnigen Lagen und im Talboden. Die Bezeichnung»magere Wiesen«im Titel der offiziellen deutschen Übersetzung erscheint unangemessen und irreführend. Auch wenn klar ist, dass zu diesem Code nicht die intensiv gedüngten Wiesen zu zählen sind, handelt es sich bei den angesprochenen Typen dennoch um (mesophile) Fettwiesen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Die Bedeutung, die regelmäßig gemähte Dauerwiesen für eine Landschaft und nicht nur für die Wirtschaft haben, ist nie in Frage gestellt worden. Intensiver Einsatz von Kunstdünger und Gülle haben die Artenzahlen von Glatthaferwiesen gebietsweise reduziert, sodass hier eingeschränkt werden muss und nur die von der Blüte her attraktivsten Ausbildungen berücksichtigt werden können. Als wertvolle Indikatoren dienen Artenzahlen und die Präsenz von Leguminosen. Das Arrhenatheretum ist eine gut kenntliche Assoziation mit verschiedenen Facies, darunter trockenen mit beispielsweise Salvia pratensis (Übergänge zu Halbtrockenrasen) und feuchten mit Silene flos-cuculi und Elementen des Molinion. 78

79 Natürliches und naturnahes Grasland Vorkommen In den meisten Naturparks generell bis zur montanen Stufe: Naturpark Fanes- Sennes-Prags, Naturpark Schlern, Naturpark Sextner Dolomiten. Natürliche Dynamik Die Glatthaferwiese ist anthropogenen Ursprungs und wird durch Bewirtschaftung erhalten. Fällt die Düngung weg und wird wenigstens einmal im Jahr gemäht, geht die Entwicklung in Richtung Halbtrockenrasen (6210). Wird die Mahd vernachlässigt, stellen sich nach und nach holzige Arten aus umliegenden Hecken und Waldrändern ein: in frischen Bereichen Ahorne und Eschen, in mageren und sauren Zitterpappel, Birke und Nadelhölzer. Abb. 37: Graun im Vinschgau, Arluiwiesen Artenzusammensetzung Dominante Arten: Alopecurus pratensis, Arrhenatherum elatius, Dactylis glomerata, Poa pratensis. Charakterarten: Avenula pubescens, Campanula patula, Crepis biennis, Filipendula vulgaris, Holcus lanatus, Knautia arvensis, Myosotis sylvatica, Phleum pratense, Rumex acetosa, Sanguisorba officinalis, Tragopogon pratensis subsp. orientalis. 79

80 Weitere Arten: Achillea millefolium agg., Anthoxanthum odoratum, Bromus hordeaceus, Carum carvi, Centaurea nigrescens, Centaurea scabiosa, Galium mollugo, Leontodon hispidus, Leucanthemum ircutianum, Lolium perenne, Picris hieracioides, Pimpinella major, Poa trivialis, Rhinanthus alectorolophus, Taraxacum officinale (bei starkem Auftreten Zeichen von Degradierung), Trifolium pratense, Trifolium repens, Trisetum flavescens, Vicia cracca, Vicia sepium. Gefährdung, Nutzung, Pflege Mähwiesen bilden einen Angelpunkt im System Viehzucht-Futterbau. In zunehmendem Maße erlangen sie auch Bedeutung als touristischer Faktor und als charakteristisches Element der Landschaft. Unter dieser Perspektive sind extensivere Nutzungen im Futterbau zu unterstützen, nicht zuletzt, um die Biodiversität zu fördern. Obstgärten und Äcker sind oftmals die endgültige Bestimmung von Wiesen. Abb. 38: Filipendula vulgaris 80

81 Natürliches und naturnahes Grasland Berg-Mähwiesen Praterie montane da fieno Mountain hay meadows Habitat-Codes: Natura 2000: 6520 Corine: 38.3 EUNIS: E2.31 Allgemeine Zuordnung Der Unterschied zu 6150 ist nicht immer deutlich und es empfiehlt sich, der Höhenlage (über m), den geomorphologischen und topografischen Gegebenheiten (frische Hänge) sowie der Bewirtschaftungsweise (in der Regel ein Schnitt im Jahr, eventuell mit darauffolgendem Weideturnus) mehr Gewicht zu geben als der Liste von Differenzialarten, die nur im Extremfall nützlich ist. Es handelt sich um mesophile Fettwiesen mit variabler floristischer Zusammensetzung, die allesamt in die Kategorie der sogenannten Goldhaferwiesen der montanen Stufe fallen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Die Bergwiesen gehören mit zum Inbegriff der Südtiroler Landschaft und sind als solche bekannt und geschätzt. Sie zählen ohne Ausnahme zur Ordnung Polygono-Trisetion. Andere, in höheren Lagen verbreitete und Weide beeinflusste Gesellschaften der Ordnung Poo alpinae-trisetetalia sind zu 6150 (azidophil) bzw (basiphil) zu stellen. Es sei angemerkt, dass montane Weiden vom Typ des Cynosurion in der Regel keinem der im Anhang I der FFH-Richtlinie angegebenen Habitate zugeordnet werden kann. Vorkommen Goldhaferwiesen kommen generell zwischen und m vor. Sie sind in allen Naturparks und im Nationalpark vertreten. Natürliche Dynamik Goldhaferwiesen in der bekannten und gewohnten Ausprägung spiegeln ebenfalls eine regelmäßige Bewirtschaftung wider, ohne die der Wald klar die Oberhand hätte. Fehlt die regelmäßige Mahd (manchmal abwechselnd mit Beweidung), findet im Rahmen weniger Jahrzehnte ein relativ schneller Vorstoß von Baumarten statt: Buche auf ozeanisch getönten Hängen, häufiger aber Fichte. Die Wiederbesiedelung durch den Wald hängt von der Größe der offenen Flächen und von den Baumarten in der Umgebung ab. Unter den häufigsten Übergangsstadien seien jene mit Haselnuss und Zitterpappel genannt. 81

82 Abb. 39: Centaurea pseudophrygia Artenzusammensetzung Dominante Arten: Agrostis capillaris, Festuca nigrescens, Persicaria bistorta, Trisetum flavescens. Charakterarten: Carum carvi, Centaurea pseudophrygia, Chaerophyllum hirsutum, Colchicum autumnale, Crepis mollis (!), Crepis pyrenaica (!), Geranium sylvaticum, Primula elatior, Primula veris. Weitere Arten: Achillea millefolium agg., Alchemilla spp., Anthoxanthum odoratum, Avenula pubescens, Centaurea nigrescens, Crocus albiflorus, Dactylis glomerata, Dianthus barbatus (!), Dianthus superbus subsp. alpestris, Festuca pratensis, Galium mollugo, Geranium phaeum subsp. lividum, Heracleum sphondylium, Leontodon hispidus, Leucanthemum ircutianum, Lilium bulbiferum, Lilium martagon, Myosotis sylvatica, Orchis mascula (!), Paradisea liliastrum, Phyteuma orbiculare, Pimpinella major, Plantago lanceolata, Poa pratensis, Poa trivialis, Rhinanthus alectorolophus, Rhinanthus glacialis, Sanguisorba officinalis, Silene dioica, Silene vulgaris subsp. vulgaris, Stemmacantha rhapontica (!), Taraxacum officinale (bei starkem Auftreten Zeichen von Degradierung), Traunsteinera globosa, Trifolium pratense, Trifolium repens, Trollius europaeus, Vicia cracca, Vicia sepium, Viola tricolor. Gefährdung, Nutzung, Pflege In den Berggebieten wird unter Beachtung der Geländemorphologie Dünger eingesetzt, um die futterbauliche Produktion zu verbessern oder zu steigern. Bloßes Mähen zum Zwecke der Landschaftspflege, wie es in anderen Gebieten der Alpen gängig ist, ist in Südtirol sehr selten. Hier wird Viehzucht, die an Traditionen anknüpft und nicht nur vom System der Beitragszahlungen abhängig ist, nach wie vor aktiv betrieben. Die Landesregierung schafft in jedem Fall spezielle Anreize für die Erhaltung dieser Lebensräume. Seit einigen Jahrzehnten büßen die Wiesen infolge des Baues von Infrastrukturen, neuer Zufahrtsstraßen, Bewässerungsanlagen und infolge von Erdbewegungen an Qualität und Artenvielfalt ein. Wegen der reduzierten Artenzahl und der Ausbreitung nitrophiler Unkräuter gleichen sie immer mehr Äckern. Für den Landschaftsschutz und die Bewahrung dieses wertvollen Habitats wäre es ein wichtiges Ziel, Gebiete mit regelmäßig gemähten Dauerwiesen zu erhalten. 82

83 Natürliches und naturnahes Grasland Abb. 40: Graun im Vinschgau, Arluiwiesen 83

84 2.5 Hoch- und Niedermoore Die pflanzengeografische und naturkundliche Bedeutung dieser Kategorie von Lebensräumen wird bezeugt durch eine Vielzahl von wissenschaftlichen Arbeiten. Die betroffenen Habitate sind insgesamt selten, außerdem sehr störanfällig und im Alpenraum in jedem Fall schutzwürdig. Darüber hinaus bergen sie wichtige Abschnitte der Geschichte und sind insofern außerordentlich wertvoll. Insgesamt wurden in Südtirol 7 Typen erfasst, davon 4 prioritäre. Gerade diese letzten sind selten und im Allgemeinen nur als kleinflächige, kartografisch manchmal kaum erfassbare Fragmente ausgebildet. Einige sind auch außerhalb der Natura-2000-Flächen anzutreffen und verdienten gerade deshalb mehr Aufmerksamkeit. Hervorzuheben ist der floristische Wert dieser Lebensräume, der im Vorkommen von bedrohten Arten begründet liegt. 84

85 Hoch- und Niedermoore * Lebende Hochmoore * Torbiere alte attive * Active raised bogs Habitat-Codes: Natura 2000: 7110 Corine: 51.1 EUNIS: D1.1, D1.11 Allgemeine Zuordnung Hochmoore sind bekanntlich Lebensräume von außerordentlicher naturkundlicher Bedeutung und zu Recht als prioritär eingestuft. Im italienischen Teil der Alpen ist es gerade die Provinz Bozen, die trotz des kontinental getönten Klimas einige der wichtigsten Ausbildungen dieses Lebensraumtyps aufzuweisen hat. Auch im restlichen Mitteleuropa sind Hochmoore als seltene Lebensräume eingestuft und von größtem naturkundlichen Interesse. Anders in den atlantischen und borealen Gebieten Europas, wo sie im Allgemeinen weiter verbreitet und mit anderen Typen vertreten sind. Hochmoore können als Lebensräume betrachtet werden, die eine junge postglaziale Landschaft widerspiegeln. In diesen Moortypen leben Pflanzenarten, die speziell an das Leben unter oligotrophen, d. h. nährstoffarmen und von einem hohem C/N-Verhältnis gekennzeichneten Bedingungen angepasst sind sowie an das Leben auf sehr sauren Böden. Typisch für ein Hochmoor ist der Wechsel von Kuppen (Bulten) und Senken (Schlenken). Bulten werden von verschiedenen Moosarten der Gattung Sphagnum aufgebaut und beherbergen einige wenige spezialisierte Gefäßpflanzen. In den Schlenken ist stets anstehendes Wasser vorhanden. Die besonderen, ombrotrophen Bedingungen sind verantwortlich für den langsamen Abbau der organischen Substanz und begünstigen die Torfbildung. Auf den Bulten siedeln sich oftmals Holzpflanzen wie die Latsche, die Waldföhre oder die Moorbirke an. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Lebende Hochmoore sind leicht zu erkennen und wenig variabel. Mögliche Unterschiede ergeben sich häufig durch direkte oder indirekte anthropogene Störungen, die zu Veränderungen im Artengefüge bzw. zum Rückgang einiger Arten geführt haben. Gemäß Interpretationshandbuch werden unter diesem Lebensraumtyp nicht nur sämtliche Ausbildungen der Klasse Oxycocco-Sphagnetea, d. h. der echten Hochmoore verstanden, sondern auch die gut ausgebildeten Gesellschaften der Ordnungen Scheuchzerietalia und Caricetalia fuscae. Auch die meist kleinflächigen Tümpel mit Arten der Gattung Utricularia können zu 85

86 diesem Code gestellt werden. In einem gut ausgebildeten und wenig gestörten ombrogenen Hochmoor lassen sich verschiedene Pflanzengesellschaften in einer bestimmten räumlichen Abfolge zueinander beobachten. Diese Abfolge stellt sich oft mosaikförmig dar, je nachdem, wie stark sich die Aktivität der Sphagnen an einzelnen Punkten des Moores entfaltet, und ist das Ergebnis einer zeitlichen Sukzession. Diese Moore entstehen häufig im Zuge der fortschreitenden Verlandung von Seen. Einzigartig ist die Situation im Fall der Villanderer Alm: Die ausgedehnten, von traditionell bewirtschafteten Bereichen unterbrochenen Bestände von Latsche und Torfmoosen (Pinetum rotundatae) gelten als seltenes Beispiel eines»deckenmoores«. Bei der umfassenden Beschreibung der Vegetation dieses Lebensraumtyps spielen die Torfmoose und andere Moose neben den wenigen charakteristischen Gefäßpflanzen-Arten eine entscheidende Rolle. Abb. 41: Biotop Rasner Möser Vorkommen Biotop Rasner Möser, Biotop Wiesermoos, Biotop Wölflmoor, Naturpark Trudner Horn. Natürliche Dynamik Das Schicksal eines Hochmoores ist wie jenes von Seen und Sümpfen gezeichnet. Ohne die Beeinträchtigung durch Pflegemaßnahmen oder durch natürliche Ereignisse ist eine Weiterentwicklung zu Strauch- und Baumformationen sehr wahrscheinlich. Eine Ausnahme bilden hier lediglich Moore, die oberhalb der Waldgrenze (z. B. das Wiesermoos) oder im Bereich zu geringer Niederschlagsmengen liegen. Die Sukzession findet mittel- bis langfristig statt, d. h. in der Größenordnung von einigen Jahrhunderten bis Jahrtausenden. Die heutigen Moorwälder (91D0) stellen eine Etappe in diesem Entwicklungsprozess dar. Für junge und gut erhaltene Ausbildungen lässt sich dann eine günstige Zukunft voraussagen, wenn weiterhin ausgedehnte Wasserflächen mit oligotrophen und ungestörten Wässern vorhanden sind. 86

87 Hoch- und Niedermoore Artenzusammensetzung Dominante Arten: Pinus mugo, Sphagnum spp. Charakterarten: Andromeda polifolia (!), Carex limosa, Carex pauciflora (!), Drosera anglica (!), Drosera x obovata (!), Drosera rotundifolia (!), Eriophorum vaginatum, Hammarbya paludosa (!), Rhynchospora alba (!), Scheuchzeria palustris (!), Vaccinium microcarpum (!), Vaccinium oxycoccos (!). Weitere Arten: Betula pubescens, Calluna vulgaris, Carex nigra, Carex rostrata, Eriophorum angustifolium, Molinia caerulea, Picea abies, Pinus sylvestris, Potentilla erecta, Trichophorum cespitosum, Vaccinium myrtillus, Vaccinium uliginosum, Vaccinium vitis-idaea. Moosarten spielen eine wichtige Rolle. Gefährdung, Nutzung, Pflege Im besten Fall sollten Hochmoore gänzlich ihrer natürlichen Entwicklung überlassen werden. Das bedeutet also Ausschluss der Weide. Auch der Mensch sollte es vermeiden, Hochmoore zu betreten, sind diese doch außerordentlich empfindlich und störanfällig. Die Einrichtung von Lehrpfaden entlang von Holzstegen für didaktische Zwecke ist allerdings vertretbar. Außer einer (wenig wahrscheinlichen) direkten Zerstörung des Habitats sind es vor allem folgende Risiken, die schwer ins Gewicht fallen: der Eintrag von Nährstoffen aus angrenzenden, anthropogen beeinflussten Hangflächen sowie die (fast überall zu beobachtenden) Versuche einer Urbarmachung und Dränage. Ein mögliches Risiko, wenngleich bisher noch nie beobachtet, sind auch Schäden durch den Abtransport von Schnittholz. Strikt zu vermeiden sind jegliche Arten von Wasserfassungen, auch in angrenzenden Flächen, nicht zuletzt deshalb, weil Moore überaus wichtige Süßwasserspeicher darstellen. Abb. 42: Andromeda polifolia 87

88 2.5.2 Übergangs- und Schwingrasenmoore Torbiere di transizione e instabili Transition mires and quaking bogs Habitat-Codes: Natura 2000: 7140 Corine: 54.5 EUNIS: D2.3, D2.31 Allgemeine Zuordnung Echte Übergangsmoore, d. h. Zwischenmoore, sind seltene Lebensräume und von großem phytogeografischen Interesse. Im Gegensatz dazu sind saure Niedermoore mit Carex nigra und/oder Carex rostrata innerhalb wie außerhalb der ausgewiesenen Natura-2000-Flächen relativ weit verbreitet. Ebenso wie in den aktiven Hochmooren (7110) wachsen auch in diesem Lebensraumtyp sehr spezialisierte und häufig seltene Arten, denen große Bedeutung beim Schutz der Biodiversität im Alpenraum zukommt. Gerade in floristischer Hinsicht sind (echte) Übergangsmoore oft die interessanteren Lebensräume. In besser erhaltenen bzw. weniger degradierten Mooren lassen sich die einzelnen Entwicklungsstadien erkennen, sodass in ein und demselben Biotop mehrere Moor-Habitate nebeneinander vorkommen. Eine kartografische Darstellung derselben ergibt allerdings nur in einem sehr detailliertem Maßstab Sinn. Die offizielle Bezeichnung dieses Lebensraumtyps gibt Raum für Interpretationsschwierigkeiten. Sie scheint nämlich besser auf den Code 7230 zuzutreffen mit dem einzigen Unterschied, dass es sich um Habitate auf saurem Substrat handelt. Die Bezeichnung»Oligotrophe Niedermoore«oder»Saure Niedermoore«wäre folglich angebrachter. In der gegebenen Situation stellen die Codes 7140 und 7230 keine Gegensätzlichkeiten dar, sodass unklar ist, wohin die sauren Niedermoore zu stellen sind. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Eingeschlossen sind alle Assoziationen der Ordnung Scheuchzerietalia palustris mit der einzigen Ausnahme des Verbandes Rhynchosporion. Diesem wird zu Recht ein eigener Code (7150) gewidmet. Zum Lebensraumtyp zu zählen sind auch großteils die sauren Niedermoore des Caricion fuscae, zumindest jene, in denen noch freie Wasserflächen vorhanden sind. Die von Carex rostrata dominierten Bestände an Seeufern (Caricion lasiocarpae) gehören ebenfalls hierher. Eine der interessantesten natürlichen Ausbildungen sind die von Torfmoosen gebildeten Schwingrasen, in denen sich einige wenige Gefäßpflanzen wie eben Scheuchzeria palustris ansiedeln. 88

89 Hoch- und Niedermoore Vorkommen Biotop Tschinggermoor, Weißsee im Naturpark Trudner Horn. Natürliche Dynamik Die Entwicklung eines Moores ist ein komplexer Vorgang, der von vielen Faktoren beeinflusst wird, darunter topografischen, mikroklimatischen, aber auch humangeschichtlichen. Immer handelt es sich um Übergangsgesellschaften, die mit der Zeit von Gesellschaften abgelöst werden, die weniger an eine konstante Wasserverfügbarkeit gebunden sind (in einem Hochmoor werden die wachsenden Torfmoos-Bulten ausschließlich vom Niederschlagswasser gespeist). Ein Großteil der alpinen Seen ist übrigens dazu bestimmt, sich zu Mooren zu entwickeln. Merkliche klimatische Änderungen oder Bergstürze können dahingehend einwirken, dass sie die Entwicklung beschleunigen oder verlangsamen. Abb. 43: Naturpark Trudner Horn Artenzusammensetzung Dominante Arten: Carex appropinquata (!), Carex diandra (!), Carex lasiocarpa (!), Carex nigra, Carex rostrata, Drepanocladus exannulatus, Drepanocladus revolvens, Eriophorum scheuchzeri, Sphagnum spp. Charakterarten: Calliergon giganteum, Carex canescens, Carex capitata (!), Carex chordorrhiza (!), Carex heleonastes (!), Eriophorum gracile (!), Scheuchzeria palustris (!). Weitere Arten: Agrostis canina, Campylium stellatum, Carex echinata, Carex limosa, Carex paupercula, Deschampsia caespitosa, Epilobium palustre, Equisetum fluviatile, 89

90 Eriophorum angustifolium, Juncus filiformis, Menyanthes trifoliata, Molinia caerulea, Pedicularis palustris, Potentilla erecta, Potentilla palustris, Rhynchospora alba (!), Trichophorum alpinum, Trichophorum cespitosum, Viola palustris. Gefährdung, Nutzung, Pflege Eine Beweidung von Moorflächen ist zu vermeiden, auch wenn sie nur marginal stattfindet. Es handelt sich dabei um eine Störung, die in jedem Fall die Entwicklung und Verteilung der Pflanzenbestände beeinflusst, die aber bislang nur in den seltenen Fällen einer dauerhaften und sehr starken Beweidung zu irreversiblen Schäden geführt hat. Alle Moorflächen sind äußerst störanfällig, besonders aufgrund ihrer topografischen Lage in Mulden und Senken: Dadurch sind sie dem Eintrag von (umweltschädlichen) Fremdstoffen aus angrenzenden Hangbereichen besonders ausgesetzt. Abb. 44: Scheuchzeria palustris 90

91 Hoch- und Niedermoore Torfmoor-Schlenken (Rhynchosporion) Depressioni in substrati torbosi del Rhynchosporion Depressions on peat substrates of the Rhynchosporion Habitat-Codes: Natura 2000: 7150 Corine: 54.6 EUNIS: D2.3H1 Allgemeine Zuordnung Der Lebensraumtyp ist sehr selten und von großem biogeografischem Interesse. Er steht fast immer in enger Verbindung mit dem Habitat 7140 und da er nur auf kleine Senken im Inneren von Moorflächen begrenzt ist, wurde er nicht kartografisch erfasst. Charakterisiert wird dieser Typ von Gesellschaften aus seltenen und gefährdeten Gefäßpflanzenarten sowie von Torfmoosen und anderen Moosen. Das Milieu ist oligotroph, in der Regel ist eine dünne Schicht freien Wassers oder in den trockensten Perioden von Schlamm vorhanden. Im Alpenbereich würde der Typ eine Einstufung als prioritäres Habitat verdienen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Es zählen alle Gesellschaften des Verbandes Rhynchosporion albae dazu, leicht erkenntlich am dominanten Auftreten der Leitart oder von Carex limosa. Vorkommen Biotop Rasner Möser, Biotop Totes Moos, Biotop Wölflmoor. Natürliche Dynamik Wie für alle Senken gilt auch hier, dass sie mit zunehmender Verlandung, bedingt durch den natürlichen Abbau von pflanzlicher Biomasse und den Zuwachs der Torfmoose, überwachsen werden. Die möglichen Sukzessionsprozesse sind vielfältig und komplex. In einem Fall entwickeln sich ombrotrophe Hochmoore mit Torfmoosen und Latsche, also Dauerstadien, in einem anderen temporäre Seggenbestände mit Carex lasiocarpa oder Carex rostrata. Unterhalb der potentiellen Waldgrenze kann sich als lang andauerndes Entwicklungsstadium auch der Moorwald mit Waldföhre und Fichte einstellen. Schließlich ist zu bedenken, dass sich Torfmoor-Schlenken überall im Bereich von vegetationsarmen Moortümpeln u. ä. (3160) entwickeln können. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Carex limosa, Rhynchospora alba (!). 91

92 Abb. 45: Naturpark Trudner Horn, Weißensee Charakterarten: Drosera anglica (!), Drosera intermedia (!), Drosera x obovata (!), Lycopodiella inundata (!), Rhynchospora fusca (!). Weitere Arten: Carex canescens, Carex lasiocarpa (!), Carex nigra, Carex rostrata, Drepanocladus exannulatus, Drosera rotundifolia (!), Eriophorum angustifolium, Menyanthes trifoliata, Scheuchzeria palustris (!), Sphagnum spp. Gefährdung, Nutzung, Pflege Es sind kleinflächige Lebensräume, äußerst störanfällig und empfindlich gegenüber direkten und indirekten Eingriffen, die den Wasserspiegel beeinflussen oder den natürlichen Chemismus verändern. Sollte es notwendig werden, kleine Pflegeeingriffe vorzunehmen oder auch nur über das Habitat zu anderen Standorten zu gelangen, ist unbedingt darauf zu achten, dass die Schlenken unangetastet bleiben. Bei der Planung und Pflege sind jegliche Eingriffe zu vermeiden, die Eutrophierungserscheinungen nach sich ziehen könnten. 92

93 Hoch- und Niedermoore Abb. 46: Lycopodiella inundata 93

94 2.5.4 * Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus und Arten des Caricion davallianae * Paludi calcaree con Cladium mariscus e specie del Caricion davallianae * Calcareous fens with Cladium mariscus and species of the Caricion davallianae Habitat-Codes: Natura 2000: 7210 Corine: 53.3 EUNIS: D5.24 Allgemeine Zuordnung In diesem von der EU als prioritär eingestuften Lebensraumtyp dominiert Cladium mariscus, eine kräftige und mit scharfrandigen Blättern ausgestattete Cyperacee. Die Art war in den Ebenen einst weit verbreitet, ist aber zunehmend bedroht durch den fortschreitenden Verlust an Sumpfgebieten. Sie besiedelt die Randbereiche von Seen und größeren Flüssen dort, wo es stabile Bedingungen mit wenig veränderlichem Wasserspiegel gibt. Cladium mariscus benötigt kalkhaltige, gut mit Sauerstoff versorgte, nährstoffarme Böden. Einmal etabliert, behauptet sie sich in der Konkurrenz mit anderen Arten aufgrund ihrer Größe und der langsamen Zersetzung ihrer Blätter. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Der Typ entspricht genau dem Cladietum marisci (= Mariscetum serrati), einer Assoziation des Magnocaricion elatae. Im Hinblick auf die Seltenheit dieses Habitats wäre es angebracht, die sehr eng gefasste Definition von 7210 dahingehend zu erweitern, dass auch andere Großseggenrieder mit eingeschlossen würden. Großseggenrieder sind allgemein selten und vom landschaftlichen wie biogeografischen Standpunkt her gesehen interessant. Außerdem lassen sie sich keinem spezifischen Code zuordnen. Man könnte also die Schneideriedbestände prioritär behandeln, unter den gesamten Lebensraumtyp aber auch andere Assoziationen von Großseggenrieder vereinen. Ähnlich ist man im Fall von 6210 für Orchideen-reiche Standorte verfahren. Überraschend ist auch, dass es keinen Lebensraumtyp für die Schilf-Röhrichte gibt, die zwar verbreitet und von geringem floristischen Interesse, dafür aber außerordentlich wichtig für die Vogelwelt sind. Das Interpretationshandbuch nennt im Zusammenhang mit diesem Typ auch Arten des Caricion davallianae (siehe Titel). Dies entspricht aber nicht der realen Situation im Gebiet, zumal das Schneideried häufig zusammen mit anderen hochwüchsigen Arten vorkommt, während die kalkreichen Niedermoore des Talbodens und der submontanen Höhenstufe zu 7230 zu stellen sind. Vorkommen Biotop Kalterer See. 94

95 Hoch- und Niedermoore Abb. 47: Biotop Kalterer See Natürliche Dynamik Wie alle Feuchtlebensräume stellt auch das Schneideried-Röhricht nur ein Übergangsstadium dar, das aber unter besonderen Bedingungen mitunter dauerhaft sein kann. In Anbetracht des anthropogenen Drucks in den Talböden ist die Situation dieser Relikte prekär. Kritisch ist vor allem der Umstand, dass im intensiv bebauten und von Infrastrukturen durchzogenen flachen Gelände kaum oligotrophe Bedingungen bestehen können. Das Habitat wird auch als Relikt aus einer nacheiszeitlichen Periode (Atlantikum) angesehen, in der es wärmer und feuchter war als heute. 95

96 Artenzusammensetzung Dominante Arten: Cladium mariscus (!), Phragmites australis. Es sind keine anderen charakteristischen Arten vorhanden und nur sporadisch, bei Verzahnung mit angrenzenden Gesellschaften, treten andere Großseggen auf wie Carex appropinquata (!), Carex elata, Carex otrubae, Carex pseudocyperus (!), Carex riparia, Carex vesicaria. Unter den bemerkenswertesten Begleiterarten sind Ranunculus lingua (!) und Senecio paludosus (!) zu nennen. Gefährdung, Nutzung, Pflege Der Lebensraumtyp ist äußerst anfällig für Störungen. Allerdings ist sein Niedergang auch klimageschichtlich begründet. Die wenigen Flächen, in denen das Schneideried noch vorkommt, werden entweder nicht genutzt oder, wie am Kalterer See, jährlich zur Gewinnung von Streu gemäht. Da spezifische Untersuchungen fehlen, kann in Sachen Schutzvorkehrungen nur gemutmaßt werden: Wichtig erscheint, durch eine geregelte Mahd das Eindringen von Schilf zu stoppen und bestenfalls den Eintrag von Nährstoffen zu begrenzen. Abb. 48: Cladium mariscus 96

97 Hoch- und Niedermoore * Kalktuffquellen (Cratoneurion) * Sorgenti pietrificanti con formazione di travertino (Cratoneurion) * Petrifying springs with tufa formation (Cratoneurion) Habitat-Codes: Natura 2000: 7220 Corine: EUNIS: C2.121 Allgemeine Zuordnung Quellen jeglicher Art sind eine Ressource von außerordentlicher Bedeutung. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf biologische und pflanzengeografische Aspekte, sondern auch im Hinblick auf das Überleben des Menschen schlechthin. Die FFH-Richtlinie spricht mit Recht von einem prioritären Habitat, das sich weniger durch biogeografische Besonderheiten auszeichnet als vielmehr durch landschaftliche und entwicklungsgeschichtliche Aspekte. Ähnlich wie im Fall von 7210 wäre es wünschenswert gewesen, die Besonderheit der Tuff- und Travertinbildung zwar als prioritär hervorzuheben, jedoch alle anderen, biogeografisch gesehen nicht weniger wichtigen Quellen ebenfalls in diesem Code zu berücksichtigen. Gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie sind aber offenbar alle Pflanzengesellschaften, die typisch für Quellbereiche sind (Klasse Montio-Cardaminetea), völlig zu vernachlässigen, zumal keine anderen entsprechenden Codes vorgesehen sind. Kalktuffquellen sind reich an gelösten Kalken und führen konstant Wasser. Wie alle anderen Quellen lassen sie sich aufgrund ihrer bescheidenen Ausdehnung kaum kartografisch erfassen. Es erscheint zweckmäßig, hierher auch die räumlich ebenso begrenzten Ausbildungen auf überrieselten Felsen zu stellen, in denen eine deutliche, wenn auch nicht spektakuläre Bildung von Tuff stattfindet. Es sind dies termophile Lebensräume in niederen Lagen, in denen der Venusfarn (Adiantum capillus-veneris) wächst. Dieser wird im Interpretationshandbuch unter den Leitarten zwar nicht ausdrücklich erwähnt, dafür aber einige Moosarten (insbesondere Eucladium verticillatum), die hier regelmäßig auftreten. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Wir haben es mit Moos-dominierten, Blütenpflanzen-armen Formationen zu tun, die dem Verband Cratoneurion commutati angehören. Es ist einer der wenigen Fälle, in denen ein Habitat besser anhand morphologischer und physischer als anhand floristischer Parameter anzusprechen ist. Die Angaben im Interpretationshandbuch lassen es nicht zu, die zahlreichen anderen an Quellen gebundenen Assoziationen, die auch in Südtirol verbreitet sein dürften, hierher zu stellen. 97

98 Abb. 49: Adiantum capillusveneris Vorkommen Stollaplatz im Naturpark Fanes-Sennes-Prags. Beispiel für Adiantion: Naturdenkmal Regenstein bei Margreid. Natürliche Dynamik Sind die Standortbedingungen konstant und treten keine größeren klimatischen Störungen auf, hält sich dieser extreme und sehr selektive Lebensraum sehr lange, zumal die Entwicklungsprozesse sehr langsam ablaufen. Erst wenn sich der Wasserfluss erheblich verlangsamt, wird das Eindringen weiterer Blütenpflanzen begünstigt. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Cratoneuron commutatum, Philonotis spp. Charakterarten: Arabis soyeri, Pinguicula alpina, Stellaria alsine. Weitere Arten: Adiantum capillus-veneris, Agrostis stolonifera, Epilobium alsinifolium, Juncus triglumis, Pinguicula leptoceras, Pinguicula vulgaris, Saxifraga aizoides, Saxifraga stellaris. Weitere wichtige Moosarten. Gefährdung, Nutzung, Pflege Wasserentnahmen und Wasserfassungen für unterschiedlichste Zwecke können diesen Lebensraum stören und auch gefährden. Dasselbe gilt für Eingriffe im Zusammenhang mit dem Straßenbau, die zur Unterbrechung wasserführender Schichten führen. Selbstverständlich sind direkte, in noch größerem Maße zerstörerische Eingriffe in das Biotop auszuschließen. Auch die Durchgangsweide (Viehtränke!) bringt eine floristische Verarmung mit sich, wenn auch der Standort selbst nicht zerstört wird. 98

99 Hoch- und Niedermoore Abb. 50: Naturpark Fanes- Sennes-Prags, Stollaplatz 99

100 2.5.6 Kalkreiche Niedermoore Torbiere basse alcaline Alkaline fens Habitat-Codes: Natura 2000: 7230 Corine: 54.2 EUNIS: D4.1 Allgemeine Zuordnung Das Habitat ist in Berglagen auf karbonatischen Substraten weit verbreitet. Häufig tritt es nur fragmentarisch auf und ist oft genug beeinträchtigt durch traditionelle Bodennutzungen. Standorte sind fast ebene bis schwach geneigte wasserzügige Flächen, auf denen zahlreiche Arten von basiphilen Moorpflanzen wachsen. Die Flächen stehen in engem Kontakt sowohl mit den Karbonat- Weiden (6170) als auch mit den Übergangsmooren (7140) oder aber mit Quellfluren. Es handelt sich um krautige Formationen aus kleinwüchsigen Seggen und mit einer stets gut ausgebildeten Moosschicht. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Hierher gehören alle Gesellschaften des Caricion davallianae. In seiner Beilage zur Vegetationskarte nennt P EER neben dem Caricetum davallianae s. str. auch das Primulo-Schoenetum ferruginei. Letzteres erträgt auch eine Zeit relativer Sommertrockenheit. Wegen ihrer Kleinflächigkeit werden andere in der Provinz vorkommende Assoziationen wie das Eleocharitetum pauciflorae (kleine Quellbereiche mit spärlicher Vegetation im Inneren von Mooren) und das Caricetum frigidae (im Bereich des Spritzwassers von Bächen und Quellen) nicht angeführt. Die Gesamteigenschaften und die große Anzahl von Charakter- und Differenzialarten machen diesen Lebensraumtyp leicht kenntlich. Vorkommen Armentara-Wiesen, Villanderer Alm, in den Naturparks Fanes-Sennes-Prags, Puez-Geisler und Sextner Dolomiten. Natürliche Dynamik Alle Feuchtgebiete haben eine begrenzte Lebensdauer. Bleibt die Wasserzügigkeit bestehen und bleiben Störfaktoren aus, können einige Assoziationen jedoch als relativ stabil und dauerhaft betrachtet werden. Der Wasserfluss und die damit verbundene Auswaschung hemmen die Weiterentwicklung des Bodens und tragen sogar zu dessen Verjüngung bei. Eine Abnahme der Wassermenge sowie der Einfluss der Weide sind allerdings imstande, die Ökologie des 100

101 Hoch- und Niedermoore Abb. 51: Naturpark Trudner Horn, Weißensee Standortes soweit zu verändern, dass weniger hygrophile Arten eindringen und sich etablieren können. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Carex davalliana, Carex frigida, Schoenus ferrugineus (!), Schoenus nigricans (!), Trichophorum cespitosum. Charakterarten: Carex capitata (!), Carex dioica, Carex pulicaris (!), Dactylorhiza incarnata (!), Dactylorhiza traunsteineri (!), Eleocharis quinqueflora, Epipactis palustris (!), Eriophorum latifolium, Liparis loeselii (!), Swertia perennis (!), Trichophorum alpinum. Weitere Arten: Agrostis stolonifera, Allium schoenoprasum, Aster bellidiastrum, Bartsia alpina, Blysmus compressus, Carex flava, Carex hostiana, Carex lepidocarpa, Carex 101

102 Abb. 52: Carex davalliana und Eriophorum latifolium panicea, Dactylorhiza cruenta (!), Dactylorhiza majalis, Eleocharis uniglumis (!), Equisetum palustre, Equisetum variegatum, Festuca trichophylla (!), Hierochloë odorata agg. (!), Juncus alpinoarticulatus, Molinia caerulea, Parnassia palustris, Pinguicula vulgaris, Potentilla erecta, Primula farinosa, Salix repens subsp. rosmarinifolia (!), Sesleria caerulea, Tofieldia calyculata, Triglochin palustris, Valeriana dioica. Wichtig ist auch der Anteil der Moose. Gefährdung, Nutzung, Pflege Wie alle Feuchtgebiete sind auch diese Habitate labil und sehr störanfällig. Die größten Risiken ergeben sich aus den Wasserfassungen und den Dränagen zur Verbesserung der Weide. Kleine Fragmente bleiben zwar auch in stark beeinträchtigten Bereichen erhalten, so in Flächen, die durch den Bau von Straßen, Forstwegen und anderen Infrastrukturen zerstückelt werden. Ein vollständig erhaltenes Kalkmoor stellt jedoch einen landschaftlich überaus beeindruckenden Lebensraum dar, nicht zuletzt wegen seiner Orchideenblüte. 102

103 Hoch- und Niedermoore * Alpine Pionierformationen des Caricion bicoloris-atrofuscae * Formazione pioniere alpine del Caricion bicoloris-atrofuscae * Alpine pioneer formations of the Caricion bicoloris-atrofuscae Habitat-Codes: Natura 2000: 7240 Corine: 54.3 EUNIS: D4.2 Allgemeine Zuordnung Es handelt sich um krautige, niederwüchsige Bestände aus Kleinseggen und Simsen in einem außergewöhnlichen Lebensraum. Dieses Habitat ist besonders selten und als Relikt der quartären Vergletscherungen zu sehen. Die Pioniergesellschaften, die es charakterisieren, besiedeln kleine Flächen am Rande von Gletscherbächen oder auf feuchten Moränen in großer Höhenlage. Standorte sind Hangverebnungen und leichte Hanglagen mit langer Schneebedeckung, auf denen die Schmelzwässer Mineralsalze und sandig-lehmiges Material einbringen, welches in den Böden mit den bescheidenen Torfansammlungen alterniert. Das Substrat setzt sich sehr oft aus karbonatischen und silikatischen Komponenten zusammen. Gerade auf glazigenen Hochflächen, wo beide Komponenten zusammentreffen, lassen sich die charakteristischen Arten am wahrscheinlichsten finden. Ausdehnung und Standort erschweren eine kartografische Erfassung dieses Habitats. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Der Lebensraumtyp entspricht, wie aus dem Titel ersichtlich, genau den Gesellschaften des Caricion atrofusco-saxatilis (aus Prioritätsgründen der Bezeichnung Caricion bicoloris-atrofuscae vorzuziehen). Vorkommen Naturpark Rieserferner-Ahrn, Naturpark Sextner Dolomiten, Nationalpark Stilfser Joch. Natürliche Dynamik Diese Pionierformationen können sich nur halten, wenn sich keine längeren Phasen stabiler Standortbedingungen einstellen. Um gegen die Konkurrenz anspruchsvollerer Arten bestehen zu können, sind sie auf die mechanische Umschichtung des Standortes durch Hang- und Schmelzwässer und die Entstehung von Erosionsnischen angewiesen. Anders ausgedrückt, meiden diese Formationen alles, was zur Stabilisierung des Standortes führt. Eine dauernde Wiederkehr von Überschwemmungsereignissen, wie man sie unter völlig natürli- 103

104 chen Bedingungen vorfindet, kann man allerdings auch als konstanten Faktor in der Zeit betrachten. Die schweren, hängenden Ährchen der Leitart Carex bicolor richten sich so aus, dass ihre Samen leicht flussabwärts geschwemmt werden. Aufgrund der kurzen Sommersaison erfolgt die Fortpflanzung aber meist vegetativ. In der räumlichen Vegetationsabfolge stehen der Formation die Niedermoore (7230), Übergangsmoore (7140) und die Quellen am nächsten. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Carex bicolor (!), Carex microglochin (!), Juncus triglumis, Kobresia simpliciuscula. Charakterarten: Carex maritima (!), Carex vaginata (!) (einziges Vorkommen in Italien!), Juncus arcticus (!), Tofieldia pusilla (!), Trichophorum pumilum (!). Weitere Arten: Aster bellidiastrum, Bartsia alpina, Carex davalliana, Carex frigida, Carex lachenalii, Carex nigra, Deschampsia caespitosa, Juncus alpinoarticulatus, Primula farinosa, Saxifraga aizoides, Sesleria caerulea, Trichophorum cespitosum. Wichtig ist auch der Moosanteil. Abb. 53: Carex bicolor Gefährdung, Nutzung, Pflege Das Habitat ist sehr störanfällig und in den Alpen heute bereits sehr selten. Grund dafür sind einerseits die natürlichen postglazialen Klimaveränderungen, andererseits vor allem die hydroelektrische Nutzung (Bau von Staubecken). Weidewirtschaft beeinflusst ebenfalls die Struktur des Habitats, sofern sie nicht nur marginal einwirkt. So weisen triviale Arten und Blysmus compressus auf einen exzessiven Viehtritt hin. Es wäre wünschenswert, dass man die verbliebenen glazigenen Hochflächen genauestens erfasst, unabhängig davon, ob sie sich in einem Naturpark befinden oder nicht. Hilfreich für ein effizienteres Management wäre auch, wenn man die Flächen unter Landschaftsschutz stellen würde. 104

105 Hoch- und Niedermoore Abb. 54: Nationalpark Stilfser Joch, Martell 105

106 2.6 Felsige Lebensräume und Höhlen Die Kategorie umfasst die Pflanzenbestände auf Schutthängen und an Felswänden. Zu den ersteren zählen zwei basiphile Typen sowie einer auf Silikat (bei einer weiten Auslegung käme auch das Habitat 8150»Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas«in Betracht), zu den letzteren ein Habitat auf karbonatischem sowie zwei Habitate auf silikatischen Substraten. In die Kategorie fällt auch das prioritäre Habitat»Kalkfels-Pflaster«. Eingeschlossen sind schließlich auch die permanenten Gletscher, wenn auch aufgrund fehlender Pflanzengesellschaften keine Daten zum Habitat selbst erhoben wurden. Insgesamt geht es um Pioniergesellschaften, die häufig großen biogeographischen Wert haben, zum Glück aber wenig störanfällig sind. 106

107 Felsige Lebensräume und Höhlen Silikatschutthalden der montanen bis nivalen Stufe (Androsacetalia alpinae und Galeopsietalia ladani) Ghiaioni silicei dei piani montano fino a nivale (Androsacetalia alpinae e Galeopsietalia ladani) Siliceous scree of the montane to snow levels (Androsacetalia alpinae and Galeopsietalia ladani) Habitat-Codes: Natura 2000: 8110 Corine: 61.1 EUNIS: H2.3 Allgemeine Zuordnung Hierher gehören die Bestände, die typisch sind für Silikatschutthalden (Steinund Geröllhalden) von der montanen Stufe bis zur Obergrenze der Vegetation. Neben den natürlichen sind auch sekundäre Standorte der montanen Stufe eingeschlossen: Sie stehen oft in Verbindung mit Abbautätigkeiten, sind wärmebegünstigter und reich an Moosen, Flechten und einigen Farnen. Eingehender zu untersuchen wäre das mögliche Vorkommen des Habitats 8150 (Silikatschutthalden in Berglagen Mitteleuropas). Dieses ist offensichtlich mit in die Liste der Habitate aufgenommen worden, um die Ausbildungen in den Hügelgebieten (also nicht in der collinen-submontanen Stufe der Alpen) des westlichen Mitteleuropas besser unterscheiden zu können. Aufgrund der angegebenen Leitarten (Epilobium collinum, Galeopsis segetum, Senecio viscosus, Cryptogramma crispa) kann der Lebensraumtyp für unser Gebiet allerdings nicht a priori ausgeschlossen werden. In den ausgewiesenen Natura-2000-Flächen wurde der Typ nicht erhoben. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Dieser Lebensraumtyp gehört zu den verbreitetsten und nimmt mehr als zehn Prozent der insgesamt ausgewiesenen Natura-2000-Flächen ein. Er übertrifft den vikariienden Typ der Kalkschutthalden um einiges an Fläche. An Pflanzengesellschaften umfasst er jene der Ordnung Androsacetalia alpinae (siehe Titel) mit dem Oxyrietum digynae als häufigste Assoziation. Was die Ordnung Galeopsietalia ladani betrifft, erkennen viele Autoren deren Eigenständigkeit nicht an. Nichtsdestotrotz sind die ökologischen Hinweise klar: Angesprochen sind termophile Ausbildungen. Allerdings lässt das Interpretationshandbuch Zweifel offen, ob dem Galeopsidion zugehörige Ausbildungen zu 8110 oder zu 8150 zu stellen sind. Vorkommen Verbreitet in höheren Lagen in den meisten Naturparks und im Nationalpark. 107

108 Natürliche Dynamik Die ökologischen Bedingungen, unter denen die Pflanzenbestände auf den Silikatschutthalden leben, sind extrem. Die Entwicklungsdynamik ist in der Regel sehr eingeschränkt, besonders auf stabilisierten Grobblockhalden. Anders auf den subnivalen, feinerdereichen und vom Schnee umgearbeiteten Schutthalden. Dort kann die Sukzession in Richtung Gesellschaften, in denen krautige Arten einen höheren Deckungsgrad erreichen (6150), schneller einsetzen und direkt beobachtet werden. Sie geht einher mit dem Abklingen der Schuttzufuhr und dem in den letzten Jahren gut dokumentierten Rückzug der Gletscher. Abb. 55: Doronicum clusii Artenzusammensetzung Dominante Arten: Cerastium uniflorum, Geum reptans, Luzula alpinopilosa, Oxyria digyna, Saxifraga bryoides. Charakterarten: Androsace alpina, Cerastium pedunculatum, Cryptogramma crispa, Doronicum clusii, Epilobium collinum, Galeopsis ladanum, Herniaria alpina (!), Minuartia biflora (!), Poa laxa, Ranunculus glacialis, Saxifraga seguieri, Sedum alpestre, Silene rupestris, Woodsia ilvensis (!). Weitere Arten: Achillea moschata, Arabis alpina, Arenaria marschlinsii (!), Athyrium distentifolium, Cardamine resedifolia, Eritrichum nanum (!), Festuca intercedens, Hieracium intybaceum, Leucanthemopsis alpina, Linaria alpina, Rumex scutatus. Gefährdung, Nutzung, Pflege Schließt man Eingriffe aus, die einen Standort mit seltenen Arten direkt zerstören, sind Schutthalden von Natur aus wenig störanfällig. Heikler dagegen erscheint die Situation in höheren Lagen, an Standorten im Umfeld von Moränen und Seebecken, wobei die Bewertung im Einzelfall geschehen muss und nicht generell für das ganze Habitat. 108

109 Felsige Lebensräume und Höhlen Abb. 56: Naturpark Rieserferner-Ahrn, Poinlandtal 109

110 2.6.2 Kalk- und Kalkschieferschutthalden der montanen bis alpinen Stufe (Thlaspietea rotundifolii) Ghiaioni calcarei e di calcescisti a livello montano-alpino (Thlaspietea rotundifolii) Calcareous and calcshist screes of the montane to alpine levels (Thlaspietea rotundifolii) Habitat-Codes: Natura 2000: 8120 Corine: 61.2 EUNIS: H2.42 Allgemeine Zuordnung Der Lebensraumtyp schließt die Bestände ein, die auf Kalk- oder Kalkschiefer (d. h. zumindest nicht kalkfreie)-schutthalden (Stein- und Geröllhalden) von der montanen Stufe bis zur Obergrenze der Vegetation wachsen. Bei der Erstellung der Managementpläne ist es angebracht, diesen Typ mit montan-alpinem Schwerpunkt vom folgenden (8160) zu unterscheiden. Letzterer ist wärmebedürftiger und besser anhand charakteristischer Pflanzengesellschaften zu erkennen als anhand von Luftbildinterpretationen und physiografischen Parametern. Zu berücksichtigen sind alle Bestände, die einen geringen Deckungsgrad aufweisen und für die eine Zuordnung zu 6170 nicht in Frage kommt. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Am besten wiedergegeben wird dieser Lebensraumtyp durch die Ordnung Thlaspietalia. Eingeschlossen sind hier sämtliche Assoziationen des Thlaspion rotundifolii auf wenig entwickelten Grobschutthalden und des Petasition paradoxi auf relativ feinerdereichen und feuchten Standorten. In die Ordnung Drabetalia hoppeanae fallen artenreiche Ausbildungen auf Kalkschiefer in größeren Höhenlagen, die vielfach seltene Arten von hohem phytogeografischen Wert beherbergen. Letztlich gehören auch die Assoziationen der Arabidetalia caeruleae (früher zu den Salicetea herbaceae gestellt), der basiphilen Schneetälchen, hierher, aber nur dann, wenn die Schuttkomponente deutlich vorherrscht. Das bekannte Salicetum retuso-reticulatae ist demnach besser zu 6170 zu stellen. Vorkommen Verbreitet in allen Naturparks und im Nationalpark in denen Karbonatgestein zu finden ist. Natürliche Dynamik Für die Kalkschutthalden gilt dasselbe wie für die Silikatschutthalden. Es sind wenig entwickelte Standorte, die abhängig von der Persistenz der Schuttzufuhr einer mehr oder weniger schnellen Sukzession unterworfen sind. Die 110

111 Felsige Lebensräume und Höhlen Abb. 57: Valeriana supina alljährliche Umlagerung durch den Schnee wirkt entscheidend auf die floristische Zusammensetzung und auf die räumliche Verteilung der einzelnen Gesellschaften. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Adenostyles glabra, Festuca pulchella subsp. jurana, Leontodon montanus, Moehringia ciliata, Papaver alpinum subsp. rhaeticum, Petasites paradoxus, Saxifraga sedoides, Thlaspi rotundifolium. Charakterarten: Aquilegia einseleana, Athamanta cretensis, Cerastium carinthiacum, Doronicum glaciale, Draba hoppeana, Gymnocarpium robertianum, Minuartia austriaca, Moehringia muscosa, Pedicularis aspleniifolia, Ranunculus alpestris, Ranunculus parnassifolius (!), Ranunculus seguieri, Rhizobotrya alpina (!), Saxifraga aphylla, Saxifraga biflora, Saxifraga rudolphiana, Sesleria ovata, Trisetum distichophyllum, Valeriana supina. 111

112 Weitere Arten: Achillea atrata, Achillea oxyloba, Arabis alpina, Artemisia genipi, Artemisia mutellina, Biscutella laevigata, Calamagrostis varia, Campanula caespitosa, Campanula cochleariifolia, Cerastium uniflorum, Comastoma nanum, Comastoma tenellum, Crepis jacquinii subsp. kerneri, Doronicum grandiflorum (!), Dryopteris villarii, Festuca alpina, Gentiana orbicularis, Gentiana terglouensis, Gypsophila repens, Linaria alpina, Poa cenisia, Poa minor, Pritzelago alpina, Rumex scutatus, Saxifraga aizoides, Saxifraga crustata (!), Saxifraga facchinii (!), Saxifraga hostii (!), Saxifraga oppositifolia, Sedum atratum, Silene acaulis, Silene pusilla, Silene vulgaris subsp. glareosa, Trisetum spicatum, Tussilago farfara, Valeriana montana, Valeriana saxatilis, Viola biflora, Viola calcarata. Gefährdung, Nutzung, Pflege Es gelten die gleichen Betrachtungen wie im Fall der Silikatschutthalden. Die Störanfälligkeit ist gering, punktuell muss aber auf die Präsenz von seltenen Arten geachtet werden, besonders auf Kalkschiefermoränen höherer Lagen. Der hohe Anteil an endemischen Taxa in diesem Lebensraumtyp unterstreicht jedenfalls dessen Bedeutung. Abb. 58: Nationalpark Stilfser Joch, am Fuß des Trafoier Ferners 112

113 Felsige Lebensräume und Höhlen * Kalkhaltige Schutthalden der collinen bis montanen Stufe Mitteleuropas * Ghiaioni dell Europa centrale calcarei di collina e montagna. * Medio-European calcareous scree of hill and montane levels Habitat-Codes: Natura 2000: 8160 Corine: 61.6 EUNIS: H2.61 Allgemeine Zuordnung Gemeint sind Kalk- und Mergel-Schutthalden der collinen und montanen Stufe an trockenen und wärmebegünstigten Standorten. Der geografische Hinweis im Titel (Mitteleuropa) gab Anlass zu Interpretationsschwierigkeiten, die pflanzensoziologische Einordnung erscheint jedoch klar, zumal ausdrücklich die Ordnung Stipetalia calamagrostis erwähnt ist. Diese scheint unter dem Code 8120 nicht auf, es ist also durchaus plausibel sie hier zu berücksichtigen, vor allem auch aufgrund ihres übereinstimmenden ökologischen Profils. Diskutieren könnte man auch über die Einstufung als prioritäres Habitat. Diese rührt wohl von der Notwendigkeit her, die mitteleuropäischen Ausbildungen von den atlantischen und mediterranen des Codes 8130, die mit Sicherheit nicht die Zentralalpen betreffen, zu unterscheiden. Bei der Umsetzung der Managementpläne wird man die Abgrenzung dieses Habitats gegenüber 8120 neu überdenken müssen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Der Typ entspricht teilweise genau der Ordnung Stipetalia calamagrostis (Synonym nach MUCINA et al.: Galio-Parietarietalia officinalis), die trockenwarme Kalkschutthalden kennzeichnet. Die ökologischen Bedingungen sind vergleichbar mit denen auf den Kiesbänken der Flüsse, unterscheiden sich aber durch die nitrophile Komponente, wahrscheinlich bedingt durch den Einfluss vorbeiziehender und lagernder (Nutz)Tiere. Vorkommen Mehr oder weniger beschränkt auf das Etschtal und den Vinschgau sowie das Eisacktal. Natürliche Dynamik Wenn auch weit entfernt von einer Klimaxvegetation, sind die Entwicklungsmöglichkeiten dieses Habitats wie bei allen Schuttlebensräumen sehr begrenzt, und zwar so lange, wie jene Faktoren wirksam sind, welche für die Bildung der Schutthalde bzw. des Abbruchs verantwortlich sind. Die Dauer einer Wiederbe- 113

114 siedlung hängt stark von den ökologischen Bedingungen und der Ausdehnung des Standortes ab: Die Sukzession in Richtung reiferer Kraut- und vor allem Strauchformationen vollzieht sich allerdings schnell, sobald die oben genannten Faktoren ihre Wirkung verlieren und die erste Besiedelung eingesetzt hat. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Achnatherum calamagrostis, Epilobium dodonaei, Galeopsis angustifolia, Gymnocarpium robertianum, Vincetoxicum hirundinaria. Charakterarten: Acinos arvensis, Aethionema saxatile, Galium lucidum, Senecio viscosus, Teucrium botrys (!). Weitere Arten: Calamintha nepeta, Geranium robertianum, Origanum vulgare, Petasites paradoxus, Peucedanum verticillare, Reseda lutea, Rumex scutatus, Scrophularia juratensis, Sedum album, Sedum montanum s.lat., Silene vulgaris subsp. glareosa. Gefährdung, Nutzung, Pflege Wie bei allen Schuttlebensräumen ist die Störanfälligkeit an sich gering und es sind auch keine Nutzungen ausgenommen eine sporadische oder marginale Beweidung in Aussicht, die eine spezielle Bedrohung darstellen würden. Abb. 59: Epilobium dodonaei 114

115 Felsige Lebensräume und Höhlen Abb. 60: Thinnetal bei Klausen 115

116 2.6.4 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation Pareti rocciose calcaree con vegetazione casmofitica Calcareous rocky slopes with chasmophytic vegetation Habitat-Codes: Natura 2000: 8210 Corine: 62.1 EUNIS: H3.2, H3.25 Abb. 61: Naturpark Schlern Umgebung der Rosengartenhütte Allgemeine Zuordnung Der Lebensraumtyp umfasst eine Palette von Felslebensräumen in verschiedenen biogeografischen Regionen. Beschränkt man sich auf die alpine Region, ist die Zuordnung einfach: Es handelt sich um senkrechte, von echten Chasmophyten besiedelte Felswände. Dagegen wird unter 8240 die Vegetation auf horizontal ausgerichteten Flächen vergleichbaren Substrates verstanden. 116

117 Felsige Lebensräume und Höhlen Variabilität, Subtypen, Verbreitung Zu berücksichtigen sind alle Assoziationen der Potentilletalia caulescentis in den verschiedensten Verbänden. Diese umfassen sowohl besonnte und beschattete als auch mehr oder weniger kompakte und geschichtete Felswände. Folgt man einer engeren Definition des Typs, sollte die Vegetation an Mauern (manchmal allerdings auch an natürlichen Wänden) der Ordnung Tortulo-Cymbalarietalia nicht betroffen sein. Aus floristischer und pflanzengeografischer Sicht könnte diese jedoch von Interesse sein. Im Interpretationshandbuch gibt es jedenfalls keine Hinweise zugunsten einer klaren Entscheidung. Vorkommen Häufig in allen Naturparks mit Aufschlüssen von Karbonatgesteinen: Fanes- Sennes-Prags, Puez-Geisler, Schlern, Sextner Dolomiten und außerdem im Nationalpark Stilfser Joch. Abb. 62: Woodsia pulchella 117

118 Natürliche Dynamik Die Felsspaltenvegetation ist ein gutes Beispiel einer Pioniergesellschaft, die als solche bestimmt ist, lange Zeiträume zu überdauern. Nicht zufällig konnten sich unter den Chasmophyten Paläoendemiten und Tertiärrelikte erhalten. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Androsace helvetica, Asplenium viride, Carex brachystachys, Cystopteris fragilis, Minuartia rupestris, Paederota bonarota, Potentilla caulescens, Potentilla nitida, Valeriana elongata. Charakterarten: Androsace hausmannii, Arenaria huteri (!), Asplenium seelosii, Campanula carnica, Campanula morettiana (!), Cystopteris alpina, Draba tomentosa, Hieracium humile, Hieracium porrifolium, Minuartia cherlerioides, Moehringia bavarica, Physoplexis comosa (!), Saxifraga burseriana, Saxifraga facchinii (!), Saxifraga squarrosa, Saxifraga tombeanensis (!), Woodsia pulchella (!). Weitere Arten: Arabis stellulata, Asplenium ceterach, Asplenium ruta-muraria, Asplenium trichomanes, Carex mucronata, Carex rupestris, Cystopteris montana, Festuca alpina, Globularia cordifolia, Hieracium amplexicaule, Kernera saxatilis, Phyteuma sieberi, Primula auricula, Rhamnus pumila, Rhodothamnus chamaecistus, Saxifraga caesia, Saxifraga crustata (!), Saxifraga hostii (!), Saxifraga paniculata, Sedum dasyphyllum, Sempervivum dolomiticum (!), Sesleria caerulea, Sesleria sphaerocephala, Silene saxifraga, Silene veselskyi, Valeriana saxatilis. Gefährdung, Nutzung, Pflege Abgesehen von den außergewöhnlichen Fällen, in denen durch Abreißen der Felswand der Standort direkt zerstört wird, bestehen keine Risiken. Spezielle Vorsicht ist allerdings bei Felssicherungsarbeiten (Steinschlagnetze) geboten, wobei hier die Gefahr während der Errichtung der Baustelle größer ist, als nach abgeschlossener Arbeit. Da dieses Habitat reich an Endemiten ist, sind bei eventuellen Eingriffen entsprechende Kenntnis und Vorsicht geboten. 118

119 Felsige Lebensräume und Höhlen Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation Pareti rocciose silicee con vegetazione casmofitica Siliceous rocky slopes with chasmophytic vegetation Habitat-Codes: Natura 2000: 8220 Corine: 62.2 EUNIS: H3.1 Allgemeine Zuordnung Der Typ umfasst die Vegetation auf Silikatfelsen und ist unverwechselbar, außer in niederen Lagen mit Fragmenten von Unter den in den Natura Flächen erhobenen Habitaten hat er den größten Flächenanteil (über ha). Abb. 63: Naturpark Texelgruppe, Obisell-Alm 119

120 Variabilität, Subtypen, Verbreitung Hierher gehören die Assoziationen der Androsacetalia multiflorae, die sich gemäß der Synthese von P EER auf das Androsacetum vandelli der höchsten Lagen und das Asplenieto-Primuletum hirsutae mit Schwerpunkt in montanen bis subalpinen Lagen beschränken. Da es sich in der Regel um artenarme Lebensräume handelt, die wenige Botaniker angezogen haben, ist mit Fragmenten von weiteren, noch wenig untersuchten Gesellschaften zu rechnen. Vorkommen Häufig in den Parks mit Aufschlüssen von Silikatgesteinen: Naturpark Rieserferner-Ahrn, Naturpark Texelgruppe, Nationalpark Stilfser Joch. Natürliche Dynamik Die Weiterentwicklung der Vegetation an den Felswänden ist extrem eingeschränkt und benötigt in jedem Fall sehr lange Zeiträume. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Asplenium septentrionale, Primula hirsuta. Charakterarten: Bupleurum stellatum (!), Hieracium intybaceum, Primula daonensis (!), Woodsia alpina. Weitere Arten: Artemisia mutellina, Asplenium ruta-muraria, Asplenium trichomanes, Draba dubia, Erigeron gaudinii (!), Eritrichium nanum (!), Hieracium amplexicaule, Minuartia sedoides, Phyteuma hemisphaericum, Polypodium vulgare, Saxifraga aspera, Saxifraga bryoides, Saxifraga exarata, Saxifraga moschata, Saxifraga paniculata, Saxifraga seguieri, Sedum dasyphyllum, Sempervivum arachnoideum, Sempervivum montanum, Silene rupestris. Gefährdung, Nutzung, Pflege Mit Ausnahme der Fälle, in denen der Standort direkt zerstört wird, sei es durch Abreißen der Felsen oder durch Inbetriebnahme von Steinbrüchen (in niederen Lagen), bestehen keine unmittelbaren Risiken. Im Fall von Felssicherungsarbeiten (Steinschlagnetze) ist besonders in der Vorbereitungsphase und während der Felssäuberung Vorsicht geboten. Primitive Lebensräume (Felsen und Schutthalden) bergen in jedem Fall eine besondere und endemitenreiche Flora. 120

121 Felsige Lebensräume und Höhlen Abb. 64: Primula daonensis 121

122 2.6.6 Silikatfelsen mit Pioniervegetation des Sedo-Scleranthion oder des Sedo albi-veronicion dillenii Rocce silicee con vegetazione pioniera del Sedo-Scleranthion o del Sedo Albi-Veronicion dillenii Siliceous rock with pioneer vegetation of the Sedo-Scleranthion or of the Sedo albi-veronicion dillenii Habitat-Codes: Natura 2000: 8230 Corine: 62.3 EUNIS: H3.1; Allgemeine Zuordnung Es handelt sich um Pioniervegetation auf (manchmal erodierten) Silikat-Felsböden in warmen Lagen, fast nie auf senkrechten Felswänden. Typisch für das Habitat sind Moose und Flechten, wenige Phanerogamen, Annuelle (Therophyten) und Sukkulenten aus der Familie der Crassulaceae, die der hohen Einstrahlung und den Temperaturschwankungen gewachsen sind. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Die Pflanzengesellschaften dieses Habitats zählen zur Ordnung der Sedo-Scleranthetalia. Das Interpretationshandbuch nennt ausdrücklich (Titel!) die Verbände Sedo-Scleranthion und Sedo albi-veronicion dillenii (Synonym nach M UCINA et al.: Arabidopsidion thalianae). Im Ersteren herrschen ausdauernde Arten vor, im Letzteren Therophyten. Das Sedo albi-veronicion dillenii ist äußerst selten und von großem biogeografischen Interesse; es kann als Vikariante des Alysso-Sedion albi (prioritäres, basiphiles Habitat, 6110) angesehen werden. Vorkommen Biotop Castelfeder, Biotop Kortscher Leiten, Biotop Schlanderser Leiten, Biotop Sonnenberg, Biotop Tartscher Leiten. Natürliche Dynamik Wie bei allen Pioniergesellschaften kann die Lebensdauer sehr begrenzt sein. Werden die extremen, standortbestimmenden Faktoren nämlich abgeschwächt und bildet sich eine auch nur schwache Bodenauflage, die weder vom Wind wieder abgetragen noch ausgeschwemmt wird, setzt die Sukzession in Richtung (strauchdurchsetzter) Trockenrasengesellschaften ein. In der Regel nehmen gerade die Ausbildungen mit Therophyten nie größere Flächen ein. Im Fall des Sedo-Scleranthion sind die Möglichkeiten einer Weiterentwicklung eingeschränkt, da sich die Standortbedingungen kaum ändern. Eine Ausnahme bildet hier lediglich der Standort Trockenmauer. 122

123 Felsige Lebensräume und Höhlen Abb. 65: Biotop Castelfeder 123

124 Abb. 66: Sempervivum arachnoideum Artenzusammensetzung Dominante Arten: Scleranthus perennis (!), Sedum acre, Sedum album, Sedum sexangulare, Sempervivum arachnoideum. Charakterarten: Aira caryophyllea (!), Aira elegantissima (!), Arabidopsis thaliana, Filago minima (!), Jovibarba arenaria (!), Plantago strictissima, Poa bulbosa, Sedum annuum, Veronica dillenii (!), Veronica triphyllos. Weitere Arten: Allium lusitanicum, Cerastium arvense subsp. strictum, Dianthus sylvestris, Jasione montana (!), Minuartia laricifolia, Notholaena marantae (!), Poa molineri, Potentilla argentea, Potentilla pusilla, Rumex acetosella, Saxifraga aspera, Sedum dasyphyllum, Sedum montanum s.lat., Sempervivum montanum, Sempervivum tectorum, Silene rupestris, Thymus praecox, Trifolium arvense, Veronica fruticans. Gefährdung, Nutzung, Pflege Die Standorte dieses Lebensraumtyps sind an sich wenig störanfällig. Die seltenen und phytogeografisch hochinteressanten Arten in solchen Habitaten erfordern aber Aufmerksamkeit, damit sich einzelne Eingriffe (z. B. Straßenverbesserungsarbeiten) nicht ungünstig auf Standorte mit solchen Relikten auswirken. 124

125 Felsige Lebensräume und Höhlen * Kalk-Felspflaster * Pavimenti calcarei * Limestone pavements Habitat-Codes: Natura 2000: 8240 Corine: 62.4 EUNIS: H3.511 Allgemeine Zuordnung Dieser Lebensraumtyp betrifft in erster Linie Karstgebiete höherer Lagen mit stark zerklüfteten, von Pioniervegetation besiedelten Kalkfelsflächen. Daneben finden sich lokal in Klüften und Felstaschen mit Bodenakkumulationen typische Synusien tiefergründiger Böden. Es handelt sich im Grunde um ein Vegetationsmosaik, das sich nicht einem einzigen Typ zuordnen lässt. Die Beschreibung im Interpretationshandbuch bezieht sich nur auf boreale und atlantische Gebiete Europas, jedoch sind im Zuge der Erhebungen auch in den Alpen Standorte gemeldet worden. Sowohl die Società Botanica Italiana als auch die Direktion des Umweltministeriums liefern Hinweise, das Konzept des»kalk- Felspflasters«weiter zu fassen: Tatsächlich entspricht die Geomorphologie gut den Angaben im Interpretationshandbuch, für die angeführten Pflanzenarten trifft dies allerdings nicht zu. Variabilität, Subtypen, Verbreitung In Südtirol entsprechen die ausgewiesenen Habitate Vegetationsmosaiken mit folgenden Hauptkomponenten: Dryadetum und andere Einheiten des Caricion firmae, Anfangsstadien von Blaugras- und Nacktriedrasen, nitrophile und halbschattige Ausbildungen mit Einheiten des Adenostylion, Ausbildungen mit Elementen der Felsvegetation, Kalk-Schneetälchen (Arabidion) und Schutthalden (Thlaspietalia). Auch fehlen nicht Bereiche, in denen Ericaceen und Zwergwacholder ihre Konkurrenzkraft zeigen. Moose und Flechten sind häufig sehr stark vertreten. Alles in allem definiert sich dieser Lebensraumtyp mehr durch seine geomorphologisch bedingte Physiognomie als durch seine sehr variable floristische Zusammensetzung. Vorkommen Naturpark Fanes-Sennes-Prags, Naturpark Puez-Geisler. Natürliche Dynamik Auf den Kalkfelsflächen weist die Vegetation im Mittel eine Deckung von 20 bis höchstens 50% auf. Die Weiterentwicklung zu geschlosseneren Kraut- und 125

126 Strauchformationen ist sehr begrenzt und nur über sehr lange Zeiträume nachzuweisen. Auch in den tiefsten Klüften mit ansehnlichen Bodenauflagen machen es die mikroklimatischen Bedingungen unwahrscheinlich, dass sich die floristische Zusammensetzung kurz- oder mittelfristig ändert. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Carex firma, Cystopteris fragilis, Dryas octopetala, Festuca pumila, Salix retusa, Salix serpillifolia. Charakterarten: Aconitum tauricum, Dryopteris villarii, Polystichum lonchitis, Sempervivum dolomiticum (!), Sesleria sphaerocephala, Tortella tortuosa. Weitere Arten: Asplenium ruta-muraria, Asplenium viride, Erica carnea, Juniperus communis subsp. alpina, Rhododendron hirsutum, Sesleria caerulea, Viola biflora. Hervorzuheben ist auch der Anteil an Moosen und Flechten. Gefährdung, Nutzung, Pflege Lage und Eigenschaften des Standortes lassen keine Nutzungen zu, die zu Konflikten mit den natürlichen dynamischen Prozessen führen. Abb. 67: Dryas octopetala 126

127 Felsige Lebensräume und Höhlen Abb. 68: Naturpark Puez Geisler, Hochebene der Gardenacia 127

128 2.6.8 Permanente Gletscher Ghiacciai permanenti Permanent glaciers Habitat-Codes: Natura 2000: 8340 Corine: 63. EUNIS: H4.2, H4.3 Allgemeine Zuordnung Dieser Typ bedarf keiner besonderen Beschreibung. Er wird hier in Betracht gezogen, weil ihn der Anhang I der FFH-Richtlinie ausdrücklich vorsieht. Abgesehen davon, dass der Lebensraumtyp keine Pflanzengesellschaften beherbergt, ist sein ökologischer Wert immens, stellt er doch eine überaus wichtige Ressource dar. Der Trend der letzten Jahrzehnte lässt zweifelsohne erkennen, dass die Rückzugsphase anhält. Die nunmehr eisfreien Flächen bieten Platz für eine Besiedelung durch Pioniergesellschaften, die in der Regel den Typen 8110 und 8120 entsprechen. Permanente Gletscher innerhalb der Natura-2000-Flächen finden sich im Nationalpark Stilfser Joch (z. B. Ortler), im Naturpark Texelgruppe (z. B. Texelferner) und im Naturpark Rieserferner-Ahrn. Abb. 69: Naturpark Texelgruppe, Schwarze Wand 128

129 Felsige Lebensräume und Höhlen Allgemeine Bemerkung Eine in floristischer Hinsicht sehr interessante ökologische Nische sind die von Huftieren aufgesuchten Halbhöhlen (Balmen). Es handelt sich um kleinflächige Lebensräume, die schwer kartografisch erfassbar sind, es sei denn durch punktförmige Hinweise. Balmen sind in ökologischer und biogeografischer Hinsicht bedeutsam, zumal sie seltene und sehr spezialisierte Arten beherbergen. Diese profitieren vom warmen und ausgeglichenen Mikroklima und von einem zertrampelten Boden mit großen Mengen an tierischen Ausscheidungen. Dieser beachtenswerte Lebensraum verdiente es, in die Habitat-Liste der EU aufgenommen zu werden. Zu den Leitarten zählen: Arabis nova, Asperugo procumbens (!), Chenopodium foliosum (!), Cynoglossum officinale, Descurainia sophia, Draba thomasii (!), Hackelia deflexa, Hymenolobus pauciflorus (!), Potentilla multifida (!). 129

130 2.7 Wälder Wälder spiegeln vielfach reifere bzw. Klimaxbedingungen wider und sind aus diesem Grund wichtige Habitate. In dieser Kategorie werden alle Waldlebensräume zusammengefasst, darunter fünf prioritäre sowie weitere, ebenfalls bedeutende Habitate sei es vom physiognomischen wie vom Blickwinkel der Waldwirtschaft her gesehen (drei Buchenwald- und zwei Nadelwaldtypen). Einige Waldformationen finden jedoch keine Entsprechung in der im Anhang I der FFH-Richtlinie angeführten Habitatliste. Auffallendstes Beispiel sind die Föhrenwälder mit Pinus sylvestris, die in gut abgegrenzte Typen gegliedert und oftmals von beachtenswerter Natürlichkeit sind. Ebenso wenig ist für Traubeneichenwälder, die weder dem Habitat 9160 noch jenem 91G0 entsprechen, ein passender Code vorhanden. Wälder spielen eine herausragende Rolle in der Landschaft, aber auch in Bezug auf viele andere Aspekte. Nicht zu vergessen ist ihre Rolle als Lebensraum für Tiere. Die Störanfälligkeit von Wäldern ist je nach Waldtyp sehr unterschiedlich. 130

131 Wälder Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum) Faggete del Luzulo-Fagetum Luzulo-Fagetum beech forests Habitat-Codes: Natura 2000: 9110 Corine: EUNIS: G1.6, G1.61 Allgemeine Zuordnung Buchenwälder gehören zu den stabilsten und verbreitetsten Waldformationen Mittel- und Südeuropas. In den Alpen kennzeichnen sie die montane Stufe zwischen (600) 800 und m, allerdings nur in Gebieten mit ozeanisch getöntem Klima. Das erklärt auch, warum sie im klimatisch kontinentalen Südtirol relativ selten sind. Die Buchenwälder des vorliegenden Lebensraumtyps sind charakteristisch für silikatische oder zumindest stark versauerte Substrate. Die traditionell gefestigte Waldwirtschaft hat jedoch vielfach Nadelhölzer begünstigt und gerade die Fichte ist auf sauren Böden sehr konkurrenzkräftig. Hier liegt der Grund, warum Fichtenwälder und zwar nicht nur die sekundär durch Pflanzungen hervorgegangenen auch potentielle Standorte dieses Buchenwald-Typs besetzen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Unter den Buchenwäldern bereitet dieser Typ die geringsten Interpretationsschwierigkeiten, lässt er sich doch vollständig mit dem Verband Luzulo-Fagion (nach M UCINA et al. zu den Quercetalia robori-petraeae) gleichsetzen. Die floristische Garnitur ist bekanntlich arm und aus azidophilen, auch in anderen Wäldern weit verbreiteten Arten zusammengesetzt. Folglich lassen sich außer Höhenvarianten keine Untertypen definieren. Im Prinzip könnte man termophilere, Eichen-reiche Ausbildungen (in Kontakt zu Kastanien- und Lindenwäldern) von Ausbildungen höherer Lagen unterscheiden, in denen der Anteil an Nadelhölzern zunehmend größer wird. Die Verbreitung des Hainsimsen-Buchenwaldes in Südtirol konzentriert sich auf den Bereich der südlichen Provinzgrenze. Vorkommen Naturpark Trudner Horn. Natürliche Dynamik Saure Buchenwälder dieses Typs sind Klimaxwälder. Die selektive Waldwirtschaft führt jedoch mitunter zu einer zunehmenden Begünstigung der Fichte, 131

132 wodurch der Typ immer weniger als solcher kenntlich wird. Eine Ansprache ist dann nur mehr mittels einer fundierten floristischen Untersuchung möglich, nicht aber anhand von Deckungswerten einzelner Baumarten. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Fagus sylvatica, Luzula luzuloides, Picea abies, Vaccinium myrtillus. Charakterarten: Calamagrostis arundinacea, Lathyrus niger, Luzula nivea, Quercus petraea. Weitere Arten: Abies alba, Athyrium filix-femina, Avenella flexuosa, Betula pendula, Castanea sativa, Epipogium aphyllum (!), Festuca heterophylla, Hedera helix, Hieracium murorum, Maianthemum bifolium, Melampyrum pratense, Ostrya carpinifolia, Oxalis acetosella, Pinus sylvestris, Prenanthes purpurea, Pteridium aquilinum, Solidago virgaurea, Sorbus aucuparia, Tilia cordata, Veronica officinalis, Veronica urticifolia. Abb. 70: Luzula luzuloides Gefährdung, Nutzung, Pflege Der Lebensraumtyp ist als äußerst stabil zu betrachten und sieht man von Waldbrandgefahr ab wenig störanfällig. Um der Buche die Vorherrschaft gegenüber der Fichte zu garantieren, ist eine achtsame Bewirtschaftung des Waldes notwendig. Buchenwälder werden in der Regel als Niederwälder zur Produktion von Brennholz genutzt. Diese Form von Bewirtschaftung sichert, wenn sie korrekt ausgeübt wird, eine beachtliche floristische Vielfalt in einem an sich artenarmen Lebensraum und dies im Rahmen eines seit Jahrhunderten währenden Gleichgewichts. Unvorteilhafte Nutzungen wie übermäßige Holzentnahme, Tritt, Sammeln von Streu usw. führen allenfalls zur Bodenverarmung und zu Erosionserscheinungen. 132

133 Wälder Abb. 71: Naturpark Trudner Horn, Cislonberg 133

134 2.7.2 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo- Fagetum) Faggeti dell Asperulo-Fagetum Asperulo-Fagetum beech forests Habitat-Codes: Natura 2000: 9130 Corine: EUNIS: G1.6, G1.63 Allgemeine Zuordnung Dieser in der alpinen biogeografischen Region wichtige Lebensraumtyp ist in der Erhebungsphase nicht berücksichtigt worden. Gemäß der Beschreibung im Interpretationshandbuch dürften Wälder mit entsprechenden Eigenschaften aber recht gut vertreten sein, besonders in den Kalkgebieten im Süden der Provinz. Potentiell schließt der Typ nämlich eine Reihe von Wäldern der submontanen bis hochmontanen Stufe ein, in denen die Buche typischerweise dominiert, in denen sie aber auch zu großen Teilen von Tanne und Fichte ersetzt sein kann. P EER erwähnt in seiner Synthese neben dem so genannten Abieti- Fagetum (zweideutige, aber richtungsweisende Bezeichnung) auch reine Buchenwälder, die zum Asperulo-Fagetum zu stellen sind. Die fruchtbarsten unter ihnen stocken auf Böden mit reichlich Mull und stellen die besten Waldausbildungen im Bereich der Dolomiten (mit Ausnahme der kontinentalen Bereiche, in denen die Buche nicht vorkommt und meist nur die Fichte dominant ist) dar. Sie sind als Rein- oder Mischbestände oder gar mit vorherrschender Tanne anzutreffen und gehören zu den produktivsten und landschaftlich bemerkenswertesten Wäldern. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Fichte überhand nimmt, was auf silikatischen Substraten häufig passiert. Tritt dies ein, ist die Ausbildung zu 9410 zu stellen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Der größte Teil der Wälder, die diesem Lebensraumtyp zuzuordnen sind, gehörten zur Unterordnung Eu-Fagenion mit vielen beschriebenen Assoziationen, deren Vorkommen in Südtirol im Einzelnen zu prüfen wäre. Die letzte zusammenfassende Darstellung von WILLNER (2002), die unser Gebiet allerdings nur marginal berührt, vereint alle Wälder dieses Typs zur mesophilen Ordnung Asperulo-Fagion. M UCINA et al. stellen die Kalk-Tannenwälder (Adenostylo glabrae- Abietetum) zur Ordnung Abieti-Piceion. Ist die Fichte stark vertreten, erscheint eine solche Zuordnung richtig und das entsprechende Natura-2000-Habitat ist daher zu 9410 zu stellen. Ist der Anteil der Buche erheblich und jener der Fichte mäßig (bei vorherrschender Tanne), sollte man entsprechende Formationen besser dem vorliegenden Code (9130) zuordnen. Die Artengarnitur müsste 134

135 Wälder Abb. 72: Dentaria enneaphyllos dies natürlich durch eine starke Präsenz von Elementen der Fagetalia untermauern. Unter besonderen Standortbedingungen, vor allem in Abhängigkeit vom Mikrorelief, bilden sich diese Formationen auch in den tieferen Lagen der submontanen Stufe aus. Der Unterwuchs ist reich an Farnen, an Zahnwurz und anderen Arten, die die Bodenfruchtbarkeit anzeigen. Südtirol hebt sich durch sein kontinentales Klima deutlich von angrenzenden Gebieten der Ostalpen ab. Gerade im Zusammenhang mit den Buchenwäldern wäre dieser pflanzengeografische Aspekt wert, im Detail untersucht zu werden. Vorkommen Naturpark Trudner Horn, Mendelzug. 135

136 Natürliche Dynamik Der Typ ist Ausdruck einer Klimax und sollte daher hohe Stabilität aufweisen. Dass er heute weniger verbreitet ist, dafür dürfte die Kontinentalität des Klimas in Verbindung mit der Geschichte des Waldbaues verantwortlich sein. So fördert der Schnitt unter dem gegebenen Klima vergleichsweise trocken-warme Ausbildungen und vor allem die Fichte. Tatsächlich ist das Vorkommen des Waldmeister-Buchenwaldes heute auf kühlere Täler mit weniger Niederschlagsdefiziten beschränkt. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Abies alba, Fagus sylvatica, Picea abies. Charakterarten: Actaea spicata, Allium ursinum (!), Aruncus dioicus, Circaea alpina, Dentaria enneaphyllos, Dentaria pentaphyllos, Festuca altissima, Galium odoratum, Impatiens noli-tangere, Galeobdolon flavidum, Melica uniflora, Petasites albus. Weitere Arten: Acer pseudoplatanus, Adenostyles glabra, Anemone nemorosa, Anemone trifolia, Aremonia agrimonioides, Athyrium filix-femina, Carex sylvatica, Dryopteris dilatata, Dryopteris filix-mas, Galium aristatum, Geranium robertianum, Geranium sylvaticum, Gymnocarpium dryopteris, Hieracium murorum, Laburnum alpinum, Lathyrus vernus, Lilium martagon, Lonicera alpigena, Lonicera nigra, Lonicera xylosteum, Luzula nivea, Mercurialis perennis, Milium effusum, Mycelis muralis, Oxalis acetosella, Paris quadrifolia, Phyteuma spicatum, Polygonatum verticillatum, Polystichum aculeatum, Prenanthes purpurea, Pulmonaria officinalis, Ranunculus lanuginosus, Ranunculus platanifolius, Rubus idaeus, Sanicula europaea, Saxifraga rotundifolia, Senecio ovatus, Sorbus aucuparia, Thalictrum aquilegiifolium, Vaccinium myrtillus, Valeriana tripteris, Veronica urticifolia, Viola riviniana. Gefährdung, Nutzung, Pflege Die Buche wird in der Regel als Brennholz genutzt, die besten Exemplare in Buchen-Tannenwäldern sind jedoch auch für Bauholz geeignet. Die Waldwirtschaft bestimmt wesentlich die Entwicklung und Verjüngung der Bestände. Berücksichtigt man das beschränkte Vorkommen des Lebensraumtyps in Südtirol, seinen landschaftlichen Wert und die anerkannten Vorzüge von Mischwäldern, so verdienen es diese Formationen, erhalten und aufgewertet zu werden. Das Mittel dazu ist eine angemessene Forstpolitik, die auf eine Erhöhung der Zönosenvielfalt abzielt. Um einen bedeutenden Anteil der Tanne aufrechtzuerhalten (unter der österreichisch-ungarischen Verwaltung war die Pflege der Tanne untersagt, weil sie als wenig produktiv galt), ist eine übermäßige Auflichtung zu vermeiden, zumal sich die Tanne im Gegensatz zur Fichte gut im dichten Bestand verjüngt. 136

137 Wälder Abb. 73: Oberfennberg 137

138 2.7.3 Mitteleuropäischer Orchideen-Kalk- Buchenwald (Cephalanthero-Fagion) Faggete calcicole dell Europa centrale del Cephalanthero-Fagion Medio-European limestone beech forests of the Cephalanthero-Fagion Habitat-Codes: Natura 2000: 9150 Corine: EUNIS: G1.6, G1.66 Allgemeine Zuordnung Zu diesem thermophilen Buchenwaldtyp gehören die meisten echten Buchenwälder Südtirols. Er hat seinen Schwerpunkt auf kalkreichen Substraten der submontanen und unteren montanen Stufe. Bedingt durch das kontinentale Klima und die deutliche Vorherrschaft von Nadelhölzern fehlen in Südtirol oder sind räumlich sehr begrenzt ganz offensichtlich Standorte mit typischen montanen Buchenwäldern, die man zu den mitteleuropäischen Buchenwäldern auf fruchtbaren Böden (Eu-Fagion) zählen könnte. Auf steilen südexponierten Hängen reichen die termophilen Buchenwälder bis in Höhen zwischen und m. Sie werden als Niederwälder genutzt, wodurch die Buche gefördert und das Eindringen von Nadelhölzern bzw. deren Beteiligung am Bestand erschwert wird. Nadelhölzer sind nicht erwünscht, solange das Nutzungsziel die Verfügbarkeit von Brennholz ist. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Schließt man ein Vorkommen der illyrischen Ausbildungen des Aremonio-Fagion im kontinentalen Südtirol vorerst einmal aus (ein phytogeografisches Problem, das mit der Entdeckung solcher Ausbildungen im Veneto und Trentino noch ungelöst erscheint), sind alle termophilen Buchenwälder zum Cephalanthero-Fagenion (nach M UCINA et al.) zu stellen. Unter ihnen nimmt die trockenwarme Ausbildung des Carici albae-fagetum eine zentrale Stellung ein. Sie stockt auf wechselfeuchten Steilhängen mit flachgründigen, nicht allzu skelettreichen Böden. Seltener, aber noch von Bedeutung sind die Ausbildungen des Seslerio- Fagetum auf wenig stabilisierten Schutthängen. Sie sind noch trockener und weisen Elemente des Föhrenwaldes auf. Sehr punktuell und kaum kartografisch zu erfassen sind hingegen jene, auch zu diesem Typ zählenden Buchenwaldbestände, welche in submontanen Schluchten auf Blockschutt zu finden sind (Taxo-Fagetum). Bei hohem Anteil an Nadelhölzern sind letztere allerdings zu 9130 zu stellen. Vorkommen Naturpark Trudner Horn, Mendelzug. 138

139 Wälder Abb. 74: Naturpark Trudner Horn, Cislonberg 139

140 Natürliche Dynamik Termophile Buchenwälder dieses Typs sind Dauerstadien, bedingt durch die an den Hängen herrschenden Bedingungen. Die extremsten Standorte werden durch topografische und mikroklimatische Faktoren bestimmt. Die Bodenentwicklung verläuft sehr langsam und auch die Niederwaldnutzung, wenngleich von wirtschaftlichem Interesse und günstig für den Erhalt der Biodiversität, begünstigt nicht die Humusbildung und die Entwicklung von reiferen Stadien mit anspruchsvolleren Arten wie der Tanne. Abb. 75: Cephalanthera longifolia Artenzusammensetzung Dominante Arten: Carex alba, Fagus sylvatica, Ostrya carpinifolia. Charakterarten: Calamagrostis varia, Cephalanthera damasonium, Cephalanthera longifolia, Cephalanthera rubra, Cotoneaster tomentosus, Epipactis leptochila (!), Epipactis microphylla (!), Erica carnea, Fraxinus ornus, Melittis melissophyllum, Quercus pubescens, Taxus baccata, Sesleria caerulea. Weitere Arten: Acer campestre, Anemone trifolia, Berberis vulgaris, Brachypodium rupestre, Buphthalmum salicifolium, Carex digitata, Carex montana, Convallaria majalis, Cornus sanguinea, Cyclamen purpurascens, Epipogium aphyllum (!), Hedera helix, Laburnum anagyroides, Lonicera xylosteum, Mercurialis perennis, Neottia nidus-avis, Picea abies, Pinus sylvestris, Polygala chamaebuxus, Rosa arvensis, Sorbus aria, Viburnum lantana, Viola reichenbachiana. Gefährdung, Nutzung, Pflege Niederwaldnutzung zur Brennholzgewinnung ist die Regel. Mit Ausnahme des Pilzesammelns spielt die Nutzung des Unterwuchses heutzutage kaum eine Rolle. Dies gilt übrigens auch für andere Waldtypen. Im Bereich von Straßen können Trittschäden zur Degradation führen, angezeigt durch die Eutrophierung des Standortes und das Auftreten von trivialen und nitrophilen Arten. An den Steilhängen ist eine behutsame Bewirtschaftung unerlässlich, um das Auslösen von Erosionsprozessen zu vermeiden. 140

141 Wälder * Schlucht- und Hangmischwälder (Tilio-Acerion) * Foreste di versanti, ghiaioni e valloni del Tilio-Acerion * Tilio-Acerion forests of slopes, screes and ravines Habitat-Codes: Natura 2000: 9180 Corine: 41.4 (41.45) EUNIS: G1.A5 Allgemeine Zuordnung Diese Wälder sind räumlich sehr begrenzt und kennzeichnend für Schluchten und tiefe Taleinschnitte, in denen sich am Fuß der Felswände Schutt ansammelt. Typisch ist die Dominanz von Edellaubhölzern (Ahorn, Linde, Ulme, Gewöhnliche Esche) und eine floristische Artengarnitur ähnlich der von frischen Buchenwäldern. Obwohl sie in der Vegetationskarte von P EER berücksichtigt sind, erwies es sich als sehr schwierig, Schluchtwälder in den Natura-2000-Flächen nachzuweisen. Es handelt sich jedenfalls um kartografisch schwer erfassbare Fragmente, die aber gerade im Hinblick auf die Erhaltung der Biodiversität dem Hauptziel des Netzwerkes Natura 2000 nicht weniger wichtig sind. Der Schwerpunkt des Lebensraumtyps liegt in der submontanen Stufe der Randalpen in Bereichen mit feuchtem Mikroklima. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Wie der Titel ausdrücklich besagt, ist die pflanzensoziologische Entsprechung der Verband des Tilio-Acerion. Dies allerdings im weitesten Sinne, ist es doch mittlerweile Gepflogenheit vor allem bei Schweizer Autoren ein wärmebegünstigteres collin-submontanes Tilion platyphylli von einem mesohygrophilen montanen Lunario-Acerion zu unterscheiden. Die Einstufung dieses wichtigen Typs als prioritär liegt auf der Hand; umso mehr gilt dies für Südtirol. Seine Ansprache ist problemlos, sowohl aufgrund der führenden Baumarten als auch aufgrund zahlreicher Charakter- und Differenzialarten. Zudem hilft die Morphologie des Geländes, mögliche Vorkommen dieses seltenen Lebensraumtyps auszumachen, der Ausdruck hohen Grades an Natürlichkeit ist. Neben den Edellaubhölzern kann auch die Eibe als Differenzialart herangezogen werden und auch die Tanne ist in der Regel gut vertreten. Vorkommen Salurner Teilwälder im Naturpark Trudner Horn. 141

142 Abb. 76: Asplenium scolopendrium Natürliche Dynamik Die Wälder des Tilio-Acerion sind azonale Formationen mit überwiegendem Pioniercharakter. Sie halten sich dort, wo orografische und topografische Faktoren das Mikroklima bestimmen und der Boden kaum Aussichten auf Weiterentwicklung hat. In einem Waldgebiet ist es oft eine bestimmte Geländemorphologie, die die Bedingungen für diesen Lebensraumtyp schafft. Die termophilen Ausbildungen des Tilion haben ihren Schwerpunkt in der Eichenwaldstufe (Traubeneiche und Kastanie auf sauren Substraten, wo auch Tilia cordata häufig wächst) und benötigen frische, jedoch vor eisigen Winden geschützte Standorte, wie sie Schluchten häufig darstellen. Die montanen Ausbildungen des Lunario-Acerion kühlerer Standorte stocken hingegen in der Klimaxstufe der Buchenwälder oder der Tannenmischwälder. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Acer pseudoplatanus, Fraxinus excelsior, Tilia platyphyllos, Ulmus glabra. Charakterarten: Acer platanoides, Aconitum degenii, Actaea spicata, Aruncus dioicus, Asplenium scolopendrium, Dentaria pentaphyllos, Euonymus latifolia, Lunaria rediviva (!), Philadelphus coronarius, Polystichum aculeatum, Polystichum braunii (!), Ribes alpinum, Stellaria montana (!), Taxus baccata. Weitere Arten: Abies alba, Aconitum lycoctonum, Anemone trifolia, Aremonia agrimonioides, Athyrium filix-femina, Chrysosplenium alternifolium, Circaea alpina, Clematis vitalba, Corylus avellana, Dentaria enneaphyllos, Dryopteris filix-mas, Fagus sylvatica, Fraxinus ornus, Galium odoratum, Geranium robertianum, Impatiens noli-tangere, Galeobdolon flavidum, Lathyrus vernus, Lonicera xylosteum, Mercurialis perennis, Milium effusum, Mycelis muralis, Ostrya carpinifolia, Oxalis acetosella, Paris quadrifolia, Petasites albus, Phyteuma spicatum, Pulmonaria officinalis, Quercus petraea, Salvia glutinosa, Senecio ovatus, Tamus communis, Tilia cordata, Urtica dioica, Veronica urticifolia, Viola biflora, Viola riviniana. 142

143 Wälder Abb. 77: Naturpark Trudner Horn, Salurner Wald Gefährdung, Nutzung, Pflege Schluchtwälder haben eine eigene, charakteristische Physiognomie, die sie in Flächen mit geringer Konkurrenz zur Regeneration befähigt. Auf schwere Eingriffe reagieren sie dennoch sehr empfindlich. Ein solcher Eingriff ist z. B. die übermäßige Öffnung des Bestandes mit der Folge, dass Robinie (in Lindenwäldern) und Fichte (in frischeren Berglagen) begünstigt werden. In der Regel werden Schluchtwälder als Niederwälder genutzt, da der Zugang aber vielfach beschwerlich ist, sind die Umtriebszeiten (Turnusse) sehr lang. Unter günstigsten Bedingungen lassen sich so sehr naturnahe Ausbildungen antreffen. Störungen ergeben sich allenfalls durch Wasserfassungen, die eine Austrocknung des Standorts zur Folge haben, ferner durch den Bau neuer Straßen und durch das Einleiten von Nährstoffen. 143

144 2.7.5 * Moorwälder * Torbiere boscose * Bog woodland Habitat-Codes: Natura 2000: 91D0 Corine: 44.A1 44.A4 EUNIS: G3.E Allgemeine Zuordnung Dieses Habitat ist zu Recht als prioritär eingestuft worden. Es schließt Moorflächen der montanen Stufe ein, in denen der Baum- und Strauchbestand infolge natürlicher Sukzession so hohe Deckungswerte erreicht hat, dass die typischen krautigen Moorgesellschaften kaum mehr zu erkennen sind. Sind Moorstandorte ohnehin schon selten, so ist es dieser Lebensraumtyp erst recht: nur 2 ha an Fläche wurden ausgewiesen. Bei einer großzügigeren Auslegung hätte man möglicherweise mehr, aber sicherlich nur wenig mehr Fläche zuweisen können. Weniger selten als im Alpenraum ist dieses Habitat in Mitteleuropa und vor allem im borealen und atlantischen Europa. Die vorherrschenden Baumarten sind Fichte und Waldföhre, häufige Begleiter sind Latsche und Moorbirke. Letztere zeigt zusammen mit Arten der Krautschicht eine starke Bodenversauerung an (Übergänge zu 7110). Für die Ansprache des Typs ist auch die Beschaffenheit der Torfmoosdecke wichtig: Sie spielt eine entscheidende Rolle in der Ökologie und bei der Entwicklung des Bestandes. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Folgt man M UCINA et al., entsprechen diesem Lebensraumtyp die Gesellschaften der Ordnung Betulion pubescentis. Dazu gehören Zönosen mit dominanter Birke bzw. Waldföhre und das Sphagno girgensohnii-piceetum mit vorherrschender Fichte. In Südtirol sind nur fragmentarische Restbestände dieses Lebensraumtyps vorhanden und in Anbetracht dessen wäre es wenig sinnvoll, Untertypen entsprechend der jeweils dominanten Art zu unterscheiden. Alles in allem handelt es sich um oligotrophe Lebensräume mit ständig feuchtem und stark saurem Boden extremen Bedingungen, die stark selektiv auf die Gefäßpflanzen- und Moosflora wirken. Vorkommen Villanderer Alm, Biotop Rasner Möser, Biotop Wölflmoor, Völser Weiher im Naturpark Schlern. 144

145 Wälder Natürliche Dynamik Die Entwicklungszeiten für saure Moorwälder sind im Allgemeinen sehr lang. Dies gilt unter natürlichen Bedingungen und bei fehlender Dränage, welche ja darauf abzielt, den Wasserspiegel zu senken. In unserer Klimazone haben wir es stets mit reliktären Lebensräumen zu tun, deren Ende bestimmt ist. Die potentielle Klimaxvegetation ist ein Fichtenwald (9410, seltener und in höheren Lagen 9420). Auch bei den strauchigen, jüngeren Ausbildungen mit Latsche und/oder Birke handelt es sich um Übergangsstadien, wenn auch kurzfristig betrachtet um dauerhafte. Abb. 78: Biotop Rasner Möser Artenzusammensetzung Dominante Arten: Betula pubescens, Calluna vulgaris, Carex nigra, Carex rostrata, Eriophorum vaginatum, Molinia caerulea, Picea abies, Pinus mugo, Pinus sylvestris, Sphagnum spp., Vaccinium myrtillus, Vaccinium uliginosum, Vaccinium vitis-idaea. Charakterarten: Agrostis canina, Carex canescens, Carex echinata, Drosera rotundifolia (!), Vaccinium oxycoccos (!), Viola palustris. Weitere Arten: Athyrium filix-femina, Calamagrostis villosa, Deschampsia caespitosa, Dryopteris carthusiana s. str., Dryopteris filix-mas, Frangula alnus, Juncus filiformis, Luzula multiflora s. lat., Nardus stricta, Potentilla aurea, Potentilla erecta, Sorbus aucuparia. 145

146 Gefährdung, Nutzung, Pflege Wie alle Wälder sind auch Moorwälder potentiell den traditionellen Nutzungen unterworfen. Dies, obwohl das Wachstum eher verzögert und der Abtransport des Holzes mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. In Anbetracht dessen, dass sie sehr selten und wenig produktiv, gleichzeitig aber von außerordentlichem naturkundlichen Wert sind, sollten Moorwälder in der Hand öffentlicher Einrichtungen sein. Zumindest sollten ökologische und nicht wirtschaftliche Ziele an erster Stelle stehen. Das Habitat reagiert empfindlich auf stickstoffhaltige Substanzen, die aus dem umliegenden Becken eingetragen werden und besonders auf Eingriffe, die das Wasserregime stören. Abb. 79: Vaccinium microcarpum 146

147 Wälder * Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) * Foreste alluvionali di Alnus glutinosa e Fraxinus excelsior (Alno- Padion, Alnion incanae, Salicion albae) * Alluvial forests with Alnus glutinosa and Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) Habitat-Codes: Natura 2000: 91E0 Corine: 44.3 EUNIS: G1.1 Allgemeine Zuordnung Dieser Typ umfasst eine Reihe von Lebensräumen, die an die natürliche Dynamik von Flüssen und größeren Bächen gebunden sind. Dazu gehören Ufergehölze und Wälder der Talböden, die häufig überschwemmt werden oder einen hohen Grundwasserspiegel aufweisen. Ihre naturkundliche Bedeutung ist weithin bekannt, spiegeln sie doch eine außergewöhnlich hohe Qualität der Umwelt wider und das in einem Bereich, wo der anthropogene Druck (Landwirtschaft, Siedlungsbau, Bau von Infrastrukturen) dazu geführt hat, dass die am leichtesten zugänglichen und fruchtbarsten Gründe geopfert wurden. Weitere Einbußen hat das Habitat infolge von Veränderungen in der natürlichen Flussdynamik erfahren, bedingt durch die Errichtung von Dämmen, Staubecken, Sperren und anderen Wasserbauten sowie von Bewässerungssystemen. Mittlerweile ist der Lebensraum selten geworden nicht nur in Südtirol, sondern in ganz Mitteleuropa. Da er wichtige ökologische Funktionen erfüllt, spielen bei der Renaturierung der Landschaft auch degradierte bzw. kleinflächige Restbestände eine grundlegende Rolle. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Im Titel sind bereits die wichtigsten Pflanzengesellschaften angeführt. Diese lassen sich auch gemäß der Beschreibung im Interpretationshandbuch leicht ansprechen. Die Abtrennung von den weiterentwickelten Hartholzauenwäldern mit Eichen und Ulmen (Code 91F0, in Südtirol nicht nachgewiesen) erleichtert es zudem, die verschiedenen Ausbildungen klar zu definieren und voneinander abzugrenzen. In die Ordnung Alnion glutinosae gehören die Bruchwälder, die typisch sind für Stauwasserbereiche, aber die nicht notwendigerweise mit der Flussdynamik in Verbindung stehen. Sie sind in Südtirol nur fragmentarisch vorhanden und sollten auch außerhalb der Natura-2000-Flächen erfasst werden. Den (oftmals linearen) Abschnitt im unmittelbaren Uferbereich mit schlammigen Böden und häufigen Überflutungen kennzeichnet die Ordnung Salicion albae (Klasse Salicetea purpureae). Die Krautschicht ist in 147

148 Abb. 80: Caltha palustris beiden Fällen relativ artenarm und weist auf eutrophe Bedingungen hin. An den Ufern von Bächen der submontanen und montanen Stufe mit generell höheren Fließgeschwindigkeiten und sandig-schlickigen Substraten stellen sich schließlich Gesellschaften der Unterordnung Alnenion glutinoso-incanae ein. Vorkommen Biotop Ahrauen, Biotop Eyrser Au, Biotop Falschauer, Biotop Rienzaue bei Toblach, Biotop Schludernser Au, Biotop Tschenglser Au. Natürliche Dynamik Auenwälder sind von Natur aus sehr dauerhafte azonale Formationen. Sie sind vom Grundwasserspiegel sowie vom zyklischen Wechsel zwischen mittleren und niedrigsten Wasserständen abhängig. Deutlichsten Pioniercharakter haben die primitiven Stadien der Kiesvegetation, dargestellt unter den Codes 3120, 3120 und Im Bereich der Talböden können sich diese Auen-Formationen in Richtung Eichenmischwälder weiterentwickeln, während die Grauerlenbestände im montanen Bereich fast stets mit Fichte vermengt sind (Klimaxvegetation des montanen Fichtenwaldes). Artenzusammensetzung Dominante Arten: Alnus glutinosa, Alnus incana, Fraxinus excelsior, Populus nigra, Rubus caesius, Salix alba. Charakterarten: Calamagrostis canescens (!), Caltha palustris, Carex acutiformis, Carex remota, Cirsium palustre, Equisetum hyemale, Iris pseudacorus (!), Lysimachia nummularia (!), Matteuccia struthiopteris, Phalaris arundinacea, Prunus padus, Salix myrsinifolia, Salix triandra, Scutellaria galericulata (!), Thelypteris palustris (!). Weitere Arten: Acer pseudoplatanus, Aegopodium podagraria, Agrostis stolonifera, Anemone nemorosa, Angelica sylvestris, Athyrium filix-femina, Calystegia sepium, Carduus personata, Carex sylvatica, Chaerophyllum hirsutum, Chrysosplenium alternifolium, Circaea lutetiana, Cirsium oleraceum, Clematis vitalba, Cornus sanguinea, Crepis paludosa, Deschampsia caespitosa, Dryopteris carthusiana s. str., Epilobium parviflorum, Equisetum telmateja, Festuca gigantea, Filipendula ulmaria, Frangula alnus, Geranium palustre (!), Geum rivale, Geum urbanum, Glechoma hederacea, Humulus lupulus, Impatiens glandulifera, Impatiens noli-tangere, Leucojum vernum (!), Lycopus europaeus, Myosoton aquaticum, Petasites albus, Petasites hybridus, Poa nemoralis, Primula elatior, Prunella vulgaris, Ranunculus ficaria, Rubus idaeus, Salix appendiculata, Salix caprea, Salix eleagnos, Salix pentandra (!), Sambucus nigra, Solanum dulcamara, Solidago gigantea, Stachys sylvatica, Stellaria nemorum, Symphytum officinale, Tussilago farfara, Ulmus glabra, Urtica dioica, Viburnum opulus. 148

149 Wälder Abb. 81: Biotop Schludernser Au Gefährdung, Nutzung, Pflege Wie andere Laubwälder werden auch Auenwälder als Niederwälder genutzt. In einigen Fällen auch innerhalb von Biotopen sind die Umtriebszeiten kurz (15 Jahre), sodass dem Wald typische Aspekte älterer und reiferer Ausbildungen fehlen. Wird der Bestand zu stark geöffnet, sind Robinie und andere exotische Arten begünstigt, wird der Grundwasserspiegel gesenkt, laufen Auenwälder Gefahr zu überaltern und sich nicht mehr zu regenerieren. Diesbezüglich gibt es jedoch unterschiedliche Meinungen. Dem könnte eine experimentelle Untersuchung abhelfen, bei der einzelne Parzellen unterschiedlichen Umtriebszeiten und Schnittintensitäten unterworfen werden (Kontrollflächen ohne jegliche Eingriffe). Damit hätte man am Ende klare Bezugsdaten. Häufiges Betreten des Lebensraumes (Fischerei, Jagd, Ausflügler) leistet nitrophilen Arten sowie der Degradation des Bodens Vorschub. Im Bereich montaner Bäche ziehen die Eingriffe zur Regelung der Wasserführung neben Änderungen im natürlichen Abfluss vor allem die Fragmentation und Störung des Lebensraumes nach sich. Alles in allem gehören Auenwälder zu den exponiertesten und störanfälligsten Habitaten. Die Tatsache, dass sich alle diese Wälder im Tal, in unmittelbarer Nähe von intensiv bewirtschafteten Flächen und Hauptdurchzugsstraßen, befinden, erhöht das Risiko, dass sie weiter reduziert werden, umso mehr. 149

150 2.7.7 * Pannonische Flaumeichenwälder * Boschi pannonici con Quercus pubescens * Pannonian woods with Quercus pubescens Habitat-Codes: Natura 2000: 91H0 Corine: EUNIS: G1.7 Allgemeine Zuordnung Wie bereits im Fall der Trockenrasen hat auch hier die Aktualisierung des Anhanges I der FFH-Richtlinie, die im Zuge des EU-Beitrittes von Österreich erfolgte, die Aufnahme eines Lebensraumtyps möglich gemacht, der in Südtirol sehr verbreitet ist vornehmlich aber außerhalb der Grenzen der Natura Flächen. Es geht um den termophilen Flaumeichenwald, dessen Vorboten bereits an den Südhängen des Etschtales im Süden der Provinz auftreten, der seine typische Ausprägung aber in den trockensten Bereichen des Vinschgaus hat. In ihm sind sowohl Arten mit östlichem als auch mit submediterranem und mitteleuropäischem Verbreitungsschwerpunkt gut vertreten. Der Flaumeichenbuschwald (so nennt ihn P EER) charakterisiert die steilen, manchmal felsigen, südexponierten Hänge. Das kontinentale Klima Südtirols wird hier durch topografische und mikroklimatische Faktoren verschärft. In den steilsten Lagen erreichen vorgeschobene Posten der Flaumeiche Höhen von über m. Die Informationen, die offiziell von der EU zur Verfügung stehen, machen es unmöglich, Südtiroler Wälder mit vorherrschender Traubeneiche (Luzulo niveae-quercetum petraeae) einem Code zuzuordnen. Man kann sie weder zum deutlich feuchteren Stellario-Carpinetum (9160) stellen, noch zu den pannonischen Wäldern (91G0), die ebenfalls deutlich mesophiler sind. Würde man letztere etwas weiter auffassen, könnte man auch die phytogeografisch gesehen interessanten Südtiroler Traubeneichen-Bestände mit berücksichtigen. Dabei müsste man keine großen Änderungen in der Habitatliste vornehmen. Die Traubeneichenwälder der Südostalpen würden aber in jedem Fall einen eigenen Habitat-Code verdienen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Ökologie und Bestandesstruktur sind unverkennbar, auch im Fall von Beständen, die unter dem Einfluss angrenzender Fettwiesen und der Beweidung degradiert wurden. Typisch für letztere sind das Vorherrschen von Elementen aus dem Berberidion. Auf pflanzensoziologischer Ebene sollte man vorläufig nur vom Quercetum pubescentis s. lat. sprechen oder, gemäß M UCINA et al., den gan- 150

151 Wälder zen Lebensraumtyp der Ordnung Quercion pubescenti-sessiliflorae gleichsetzen. Innerhalb dieser sind mehrere Assoziationen beschrieben, deren Grenzen nicht immer klar sind und deren Vorkommen in Südtirol zu überprüfen bleibt. Unterschiede ergeben sich aus der Meereshöhe und vor allem aus dem unterschiedlichen Grad der Kontinentalität, wie er beispielsweise zwischen Bozen, Meran, Schlanders und dem Eisacktal klar festzustellen ist. Verstärkt werden diese Unterschiede noch durch die Bewirtschaftung, die sich ebenfalls auf die floristische Zusammensetzung auswirkt. Typisch für die lichten Flaumeichenwälder sind Arten termophiler Saumgesellschaften (Geranion sanguinei). Zum Lebensraumtyp wären auch Formationen mit beträchtlichem Anteil an Waldföhre zu zählen, aber nur falls eine starke Verjüngung der Flaumeiche gegeben ist. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass ein großer Teil des potentiellen Areals dieses für die Südtiroler Landschaft so charakteristischen Waldes von Intensivkulturen (Wein- und Obstgärten) eingenommen wird. Abb. 82: Sonnenberg bei Kastelbell 151

152 Vorkommen Biotop Castelfeder, Naturpark Trudner Horn, Etschtal und Vinschgau (Plauser, Naturnser, Kastelbeller und Latscher Sonnenberg). Natürliche Dynamik In Tälern mit kontinentalem Klima kann der Flaumeichenwald als Klimaxvegetation angesehen werden. Dies gilt noch mehr für reifere und weniger lichte Bestände als wie für solche, die man fast überall vorfindet. Tritt die Hopfenbuche vermehrt auf, deutet dies auf mesischere Bedingungen hin, die Präsenz der Hopfenbuche selbst ist aber im Zusammenhang mit der Niederwaldbewirtschaftung zu sehen. Im Kontaktbereich zum Föhrenwald ergeben sich besonders primitive Ausbildungen: Es sind dies die Höhenlagen, in denen die Abb. 83: Fraxinus ornus 152

153 Wälder Flaumeiche an ihre klimatische Obergrenze stößt. Daraus ergibt sich, zusätzlich zum Weidedruck, eine kritische Situation für die Art. Obwohl es sich um einen eigenständigen, recht stabilen und gut kenntlichen Typ handelt, gehört er zur Serie des typischen Flaumeichenwaldes. In Bereichen, wo Weidenutzung aufgegeben wurde wie an schwer zugänglichen Standorten, breiten sich auf den Trockenrasen Gebüschformationen mit Rosen, Berberitze und Wacholder aus. Dort sind dann auch fast immer Gruppen von Flaumeichen anzutreffen. An den steilsten und felsigsten Hängen sind Brände nicht selten. Sie können die Bestandesentwicklung stören. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Carex humilis, Geranium sanguineum, Ostrya carpinifolia, Pinus sylvestris, Quercus pubescens. Charakterarten: Bromus erectus, Campanula spicata, Dictamnus albus, Festuca valesiaca agg., Fumana procumbens, Limodorum abortivum (!), Potentilla pusilla, Prunus mahaleb, Stachys recta, Vicia incana, Colutea arborescens. Weitere, im Vinschgau fehlende Charakterarten: Buglossoides purpurocaerulea (!), Carex michelii, Cotinus coggygria, Pistacia terebinthus, Ruscus aculeatus, Sorbus torminalis. Weitere Arten: Amelanchier ovalis, Asplenium adiantum-nigrum, Aster amellus, Berberis vulgaris, Brachypodium sylvaticum, Campanula persicifolia, Campanula rapunculoides, Campanula trachelium, Carex digitata, Centaurea scabiosa, Cephalanthera longifolia, Corylus avellana, Cotoneaster integerrimus, Fraxinus ornus, Hieracium racemosum, Hippocrepis emerus, Juniperus communis subsp. communis, Ligustrum vulgare, Peucedanum cervaria, Phyteuma betonicifolium, Polygonatum odoratum, Pulmonaria australis, Quercus petraea, Rhamnus cathartica, Rosa agrestis, Rosa micrantha, Silene nutans, Sorbus aria, Teucrium chamaedrys, Thymus praecox, Viburnun lantana, Vincetoxicum hirundinaria, Viola hirta. Weitere, im Vinschgau fehlende Arten: Arabis turrita, Chamaecytisus hirsutus, Cornus mas, Cytisus nigricans, Genista germanica, Genista tinctoria, Hierochloë australis, Lathyrus niger, Melittis melissophyllum, Mercurialis ovata (!), Viola alba. Gefährdung, Nutzung, Pflege Der Flaumeichenwald wird in der Regel gemeinschaftlich und zwar als Niederwald genutzt, auch wenn die Holzentnahme in den trockensten und beweideten Bereichen begrenzt ist. Auf mesischen Standorten mit tiefergründigeren Böden sind kürzere Umtriebszeiten möglich. Beste Ausbildungen des Flaumeichenwaldes sind jene entwickelten mit hohen Deckungsgraden; die xerothermen Ausbildungen sind aber häufig floristisch interessanter. Um die Biodiversität zu erhalten, ist also ein differenziertes Management anzustreben. Leicht zugängliche Standorte in nächster Umgebung von Straßen und Wohngebieten sind am anfälligsten für Störungen (Anlage von Weingärten u. a.). 153

154 2.7.8 Kastanienwälder Forete di Castanea sativa Castanea sativa woods Habitat-Codes: Natura 2000: 9260 Corine: 41.9 EUNIS: G1.7D Allgemeine Zuordnung Kastanienwälder sind ein wichtiger Bestandteil der Landschaft am Fuß der Talflanken. Sie werden vielfach als Lebensraum anthropogenen Ursprungs betrachtet, obwohl Pollenfunde belegen, dass die Kastanie schon zu antiken Zeiten in weiten Teilen Europas wuchs. Kastanienwälder bevorzugen frische und saure Böden, kommen also häufiger auf silikatischen Substraten vor. Ihre Standorte sind relativ geschützt und weisen gemäßigte Tiefsttemperaturen auf. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt im Süden der Provinz, in der collinen und submontanen Stufe, wo Laubmischwälder vorherrschen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Aufgrund der Kontinentalität des Klimas in Südtirol sind die Kastanienwälder häufig in der Nähe von Gräben, Schluchten und in Bereichen anzutreffen, in denen der Boden vor Sommertrockenheit geschützt ist. Die Dominanz der Kastanie rührt oft daher, dass sie der Mensch seit alters gefördert hat. Formationen mit Kastanien stehen jenen mit Traubeneiche und Linde nahe, mit denen sie häufig den Standort teilen. Sie sind zur Ordnung Quercetalia roboris zu stellen und kommen in Südtirol nur sehr sporadisch vor, beschränkt auf einige Bereiche im Süden des Landes. Dort findet man sie auch auf karbonatischen Substraten. Sie wurden bislang kaum näher untersucht. In anderen Regionen der Südostalpen weisen Kastanienwälder eine enorme Variabilität auf, die von floristisch armen, oligo- bis distrophen Ausbildungen (mit Quercus petraea als Charakterart) bis zu Geophyten-reichen subeutrophen Formen (Gesellschaften des Carpinion) reichen. Vorkommen Naturpark Trudner Horn, Montiggler Wald. Natürliche Dynamik Kastanienwälder sind Formationen, die auf sauren, entwickelten und relativ tiefgründigen Böden gedeihen. Auf die Niederwaldnutzung reagieren Kastanien mit kräftigem Stockausschlag, was sie in der Konkurrenz mit anderen 154

155 Wälder Abb. 84: Lathyrus linifolius 155

156 Abb. 85: Naturpark Trudner Horn Laubhölzern begünstigt. Ähnlich der Robinie verlieren auch sie an Vitalität, wenn man sie altern lässt. Der Unterwuchs lässt vielfach noch den potentiellen Waldtyp erkennen. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Castanea sativa, Quercus petraea, Tilia cordata. Charakterarten: Calamagrostis arundinacea, Hieracium racemosum, Hieracium sabaudum, Lathyrus niger, Luzula luzuloides, Melampyrum pratense, Vaccinium myrtillus, Vaccinium vitis-idaea. Weitere Arten: Acer pseudoplatanus, Avenella flexuosa, Betula pendula, Carex pilulifera, Corylus avellana, Epipactis microphylla (!), Euonymus europaeus, Fagus sylvatica, Frangula alnus, Fraxinus ornus, Lathyrus linifolius, Limodorum abortivum (!), Ostrya carpinifolia, Populus tremula, Prunus avium, Pteridium aquilinum, Quercus pubescens, Robinia pseudacacia, Salvia glutinosa, Solidago virgaurea, Sorbus aria. Gefährdung, Nutzung, Pflege Die Kastanienbestände werden als Niederwälder genutzt. Das Holz ist vielseitig verwertbar, spielt in Südtirol aber kaum eine Rolle. Örtlich könnte es von Interesse sein, die Bestände durch eine entsprechende Bewirtschaftung aufzuwerten, was nicht schwierig sein dürfte, handelt es sich doch um wenig störanfällige Assoziationen. Die Kastanie dringt häufig in Traubeneichen- und Lindenreiche Laubmischwälder ein, die heute an weniger zugänglichen Stellen wachsen, zumal die besten Standorte seit jeher von landwirtschaftlichen Kulturen eingenommen wurden. In der Vergangenheit litt die Kastanie unter Parasitenbefall (»Kastanienrindenkrebs«), was dazu führte, dass man ihre Ausbreitung weniger förderte. 156

157 Wälder Montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder (Vaccinio-Piceetea) Foreste azidofile montane e alpine di Picea (Vaccinio-Piceetea) Azidophilous Picea forests of the montane to alpine levels (Vaccinio-Piceetea) Habitat-Codes: Natura 2000: 9410 Corine: EUNIS: G3.1 Allgemeine Zuordnung Im Alpenraum und besonders in den Bereichen mit kontinentalem Klima stellen Fichtenwälder in Höhen über m (montane und subalpine Höhenstufe) den am weitesten verbreiteten Vegetationstyp dar. Die traditionelle Waldwirtschaft sowie die Konkurrenzkraft der Fichte auf unterschiedlichsten Standorten (ökologische Plastizität) haben zusätzlich zur Ausbreitung der Art beigetragen. Der Lebensraumtyp ist im mittleren und borealen Europa auch in niederen Lagen verbreitet und bevorzugt silikatische oder auch karbonatische, jedenfalls versauerte Böden (Moder). Er gedeiht unter trockenen Bedingungen, so im Kontaktbereich zu den Föhrenwäldern, aber auch unter feuchten, wie auf Moor- und Sumpfböden oder in Uferbereichen zusammen mit Grauerle. Da ein spezifisches Habitat für Tannenmischwälder fehlt, liegt es nahe, in diesen Lebensraumtyp auch die (fast) buchenfreien sauren Fichten-Tannenwälder mit einzubeziehen. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Der Typ gehört sicherlich zu den bestvertretenen in Südtirol, auch außerhalb der Natura-2000-Flächen. In der traditionellen Pflanzensoziologie unterscheidet man gewöhnlich einen montanen Fichtenwald in niederen Lagen und an Südhängen bis m sowie einen subalpinen, lichteren Fichtenwald höherer Lagen, den man in kühlen Hanglagen schon ab m antrifft. An diese reinen Fichtenwälder karbonatischer (Adenostylo glabrae-piceetum) wie silikatischer (Homogyno-Piceetum) Substrate schließen sich auch die Tannen- Fichtenwälder fruchtbarer und in der Regel silikatischer Standorte an. In der Synthese von P EER sind zahlreiche Untereinheiten angeführt, deren Ökologie klar umrissen ist, die aber für die Ausweisung des Typs nicht von Belang sind. Im hochmontanen und subalpinen Bereich seien erwähnt die kühleren Ausbildungen mit dichtem Unterwuchs aus Rhododendron ferrugineum, trockene Ausbildungen mit vorherrschender Preiselbeere, Hochstauden-reiche Ausbildungen fruchtbarer, lange von Schnee bedeckter Standorte und Ausbildungen auf Blockschutt mit moos- und farnreichem Unterwuchs. Unter den Kalkfichtenwäldern stechen Ausbildungen mit Lärche und Alpenrose hervor. Diese rühren 157

158 entweder von einer intensiveren Nutzung her oder sind Sukzessionsstadien aufgelassener Weiden, in denen die Lärche und Wiesenarten noch gut vertreten sind. Auch in den anthropogen in der Regel stärker beeinflussten montanen Fichtenwäldern lassen sich verschiedene Aspekte ausmachen, die von sehr trockenen (mit Kontakt zu Föhrenwäldern) bis frischen (mit Erlen, Bergahorn und Esche) reichen. Vorkommen Häufig in allen Naturparks und im Nationalpark. Natürliche Dynamik Einige Fichtenwälder wie jene auf Blockschutt haben Initialcharakter, einige stellen Sukzessionsstadien aufgelassener Weiden dar. Im Allgemeinen handelt es sich jedoch um sehr stabile, Klimax-nahe Formationen. Das gilt insbesondere für die subalpinen Fichtenwälder. Sind reichlich Waldföhre oder Lärche beigemischt, ist von weniger entwickelten Stadien auszugehen als dort, wo sich Tanne (montan) oder Zirbe (subalpin) dazugesellt. Über den Zustand des Waldes geben letztlich die Arten der Krautschicht am besten Auskunft. Auch Moose und Flechten spielen eine wichtige Rolle. Artenzusammensetzung Dominante Arten: Calamagrostis villosa, Luzula luzuloides, Luzula nivea, Picea abies, Pinus sylvestris, Vaccinium myrtillus, Vaccinium vitis-idaea. Charakterarten: Linnaea borealis, Listera cordata, Luzula luzulina, Lycopodium annotinum, Moneses uniflora. Weitere Arten: Abies alba, Acer pseudoplatanus, Adenostyles alliariae, Adenostyles glabra, Athyrium filix-femina, Avenella flexuosa, Blechnum spicant, Calamagrostis arundinacea, Calamagrostis varia, Calluna vulgaris, Carex alba, Cicerbita alpina, Clematis alpina, Corallorhiza trifida, Corylus avellana, Diphasiastrum complanatum, Dryopteris dilatata, Dryopteris expansa, Dryopteris filix-mas, Erica carnea, Goodyera repens, Gymnocarpium dryopteris, Hieracium murorum, Homogyne alpina, Huperzia selago, Juniperus communis subsp. alpina, Larix decidua, Lonicera coerulea, Luzula pilosa, Maianthemum bifolium, Malaxis monophyllos (!), Melampyrum pratense, Melampyrum sylvaticum, Melica nutans, Monotropa hypopitys, Orthilia secunda, Oxalis acetosella, Pinus cembra, Pinus mugo, Polygala chamaebuxus, Polygonatum verticillatum, Polypodium vulgare, Populus tremula, Prenanthes purpurea, Pteridium aquilinum, Rhododendron ferrugineum, Rhododendron hirsutum, Rosa pendulina, Sesleria caerulea, Solidago virgaurea, Sorbus aria, Sorbus aucuparia, Sorbus chamaemespilus, Streptopus amplexifolius, Thelypteris limbosperma, Trientalis europaea (!), Valeriana tripteris, Veronica urticifolia. Die Moosschicht ist häufig gut ausgebildet. Gefährdung, Nutzung, Pflege Fichtenwälder liefern Holz, darunter sehr wertvolles, und unterliegen somit einer forstwirtschaftlichen Planung. Starkes Abholzen fördert die Lärche, die 158

159 Wälder Abb. 86: Naturpark Trudner Horn, Altrei 159

160 Abb. 87: Vaccinium myrtillus ebenfalls wertvolles Holz liefert, sowie die Waldföhre und benachteiligt die Tanne. In montanen Mischbeständen im Kontaktbereich zu Buchenwäldern wird mitunter auch nur Brennholz entnommen, zumal lokal dafür Nachfrage besteht. Das Sammeln von Heidelbeeren und Pilzen, wie es in Fichtenwäldern Gepflogenheit ist, ist nur bei angemessener Disziplin zu vertreten. Die überaus wichtigen Schutzfunktionen, die vor allem subalpine Wälder erfüllen, dürfen nicht unterschätzt werden. Dies gilt besonders in hydrogeologisch labilen Bereichen. Feuchte und trockene, also extreme Ausbildungen, sind störanfälliger als mesische. Zwar ist die Fichte an sich sehr unempfindlich, die naturbelassensten Waldbestände sind aber relativ labil und empfindlich gegenüber Luftverschmutzung und übermäßigen Nährstoffeintrag. Gleich wie bei anderen Lebensräumen höherer Lagen benötigen auch hier Bodeneingriffe sehr lange Zeit zum Verheilen. 160

161 Wälder Alpiner Lärchen- und/oder Arvenwald Foreste alpine di larice e/o pino cembro Alpine Larix decidua and/or Pinus cembra forests Habitat-Codes: Natura 2000: 9420 Corine: 42.31, EUNIS: G3.21, G3.22 Allgemeine Zuordnung Lärchen-, Zirben- und Lärchen-Zirbenwälder sind in Bereichen mit kontinentalem Klima Ausdruck des alpinen Waldes schlechthin. Sie steigen höher als Fichtenwälder bis an die Obergrenze des Waldes. Diese liegt unter günstigen Bedingungen, d. h. wenn die Bodenbildung nicht unterbunden ist, bei m. Mit der gelegentlichen Ausnahme der Fichte stößt keine andere Baumart in solch große Höhen vor, wo die extremen Umweltbedingungen eine dauernde Herausforderung des Lebens an die Härte der Natur bedeuten. Die landschaftliche Schönheit dieser subalpinen Wälder ist unvergleichlich und erfreulicherweise fest in der traditionellen Kultur verankert. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Die Lärche ist eine lichtliebende Pionierart, die häufig in Verbindung mit der Weidewirtschaft steht, welche ihrerseits die Zirbe benachteiligt. Dieser Zusammenhang hat zur Bildung einer eigenen künstlichen, aber unter dem touristischen Blickwinkel sehr geschätzten Landschaft geführt, der Lärchenwiese. Die Zirbe deckt in ihrer Verbreitung ziemlich genau den Bereich kontinentalen Klimas ab und beansprucht in der Regel besser entwickelte Böden. Ihre prächtige Statur und die intensiv grüne Farbe machen die Zirbe unverwechselbar und attraktiv. Die syntaxonomische Zuordnung dieses Lebensraumtyps ist nach wie vor kontrovers. Dies, obwohl die Bestände physiognomisch eindeutig anzusprechen sind und mit dem Larici-Cembretum (diese Bezeichnung verwendet auch P EER unter Angabe mehrerer Subassoziationen) ein klar definierter Klimaxgürtel gemeint ist. F ILIPELLO et al. (1976, 1981) untersuchten die südlichen Alpen und beschrieben als Bezugs-Assoziation und ebenfalls mit mehreren Subassoziationen das Calamagrostio villosae-pinetum cembrae. M UCINA et al. stellen die Assoziationen mit Zirbe zu Ellenbergs Larici-Pinetum cembrae, worunter sie nur die Formationen auf Silikat verstehen. Die Kalk-Formationen hingegen mit den beiden von B OJKO (zit. in M UCI- NA et al.) beschriebenen Assoziationen Pinetum cembrae und Laricetum deciduae ordnet er dem Erico-Pinion mugo zu. Eine fundierte Differenzierung wäre hier 161

162 Abb. 88: Naturpark Fanes- Sennes-Prags, Paron Tal nötig und zwar nicht nur auf Grundlage der beiden Leitarten bzw. deren Anteiles, sondern auch auf Grundlage der Substrateigenschaften. Unter den verschiedenen Ausbildungen dieses heterogenen Lebensraumtyps sind zwei besonders leicht zu erkennen, jene mit Grünerle und jene mit Hochstauden. Vorkommen In allen Naturparks und im Nationalpark. Natürliche Dynamik In typischer und naturnaher Ausbildung stellen Lärchen-Zirbenformationen das Klimaxstadium dar. Entsprechend ihren Pioniereigenschaften sind Lärchenbestände weniger entwickelt und kommen in verschiedenen Lebensräumen höherer Lagen vor, so an Erosionshängen, auf Blockschutt, wo eine Entwicklung in jedem Fall stark verzögert ist, sowie auf kühlen und lange von Schnee bedeckten Hängen. Einzelne Baumgruppen finden sich zudem an unzugänglichen Felshängen. Die Beweidung hat seit jeher die Lärche begünstigt und die Zirbe zurückgedrängt. In niederen Lagen tritt häufig die konkurrenzkräftige Fichte stark in Erscheinung. Um den Typ 9420 sicher von jenem

163 Wälder abgrenzen zu können, ist es hilfreich, neben der Höhenlage und den vorherrschenden Arten auch die Verjüngungseigenschaften des Waldes zu berücksichtigen: In echten Lärchen-Zirmwäldern sind Jungpflanzen der Fichte stets nur sehr sporadisch anzutreffen. Abb. 89: Vaccinium vitisidaea Artenzusammensetzung Dominante Arten: Calamagrostis villosa, Erica carnea, Larix decidua, Picea abies, Pinus cembra, Rhododendron ferrugineum, Rhododendron hirsutum, Vaccinium myrtillus, Vaccinium vitis-idaea. Charakterarten: Linnaea borealis, Luzula luzulina, Moneses uniflora (dieselben wie bei den subalpinen Fichtenwäldern). Weitere Arten: Adenostyles alliariae, Adenostyles glabra, Alnus alnobetula, Aster bellidiastrum, Athyrium filix-femina, Avenella flexuosa, Bartsia alpina, Calamagrostis varia, Calluna vulgaris, Carex ferruginea, Chaerophyllum villarsii, Cicerbita alpina, Clematis alpina, Dryopteris expansa, Dryopteris filix-mas, Hieracium murorum, Homogyne alpina, Huperzia selago, Juniperus communis subps. alpina, Lonicera caerulea, Luzula sylvatica subsp. sieberi, Lycopodium annotinum, Maianthemum bifolium, Melampyrum sylvaticum, Oxalis acetosella, Pinus mugo, Polygala chamaebuxus, Sesleria 163

164 caerulea, Solidago virgaurea, Sorbus aucuparia, Sorbus chamaemespilus, Valeriana montana, Valeriana tripteris, Viola biflora. Der Anteil an Moosen und Flechten ist vielfach hoch. Gefährdung, Nutzung, Pflege Lärchen-Zirbenwälder dienen fast überall als Schutzwälder, weshalb eine Nutzung zur Holzgewinnung selten intensiv betrieben wird. Traditionelle Nutzungen allen voran die Weide haben jedoch dazu geführt, dass sie in Wirklichkeit viel weniger Fläche einnehmen als sie potentiell könnten. Die Weide hat auch die floristische Zusammensetzung der Bestände wesentlich beeinflusst. Nicht zufällig findet man daher die natürlichsten Ausbildungen auf schwer zugänglichen Block- und Felshängen. Lokal wie in Gröden findet das Zirbenholz im Kunsthandwerk Verwendung. Da es sich um Klimaxwälder handelt, sind die Bestände immer dann empfindlich gestört, wenn der Standort direkt physisch zerstört wird oder Brände auftreten. Hingegen lässt sich bei weniger reifen Ausbildungen eine gute und natürliche Regenerationsfähigkeit beobachten. Besonders die Lärche zeigt sich als äußerst widerstandsfähig auch bei anhaltenden menschlichen Eingriffen. Das Ziel des Anhanges I der FFH-Richtlinie ist jedoch nicht, einzelne Arten zu schützen, sondern bestausgebildete und repräsentative Pflanzengesellschaften. 164

165 Wälder Montaner und subalpiner Pinus uncinata-wald (* auf Gips- und Kalksubstrat) Foreste montane e subalpine di Pinus uncinata (* su substrati gessosi o calcarei) Subalpine and montane Pinus uncinata forests (* if on gypsum or limestone) Habitat-Codes: Natura 2000: 9430 Corine: 42.4 EUNIS: G3.3 Allgemeine Zuordnung Dieser Waldtyp ist besonders interessant, weil er im gesamten Ostalpenraum einzigartig ist. Einen größeren Bestand mit der Aufrechten Bergföhre (Spirke) in Südtirol gibt es lediglich in der Umgebung von Graun im Vinschgau. Dort besiedelt die Art in Höhen zwischen und m schuttreiche Hänge aus erodiertem Kalk-Gipssubstrat. Zudem hält sie sich mit einem beachtlichen Deckungsgrad in geschlossenen Formationen und auf reiferen Böden in Begleitung von Fichte, Lärche und Zirbe. Nicht zufällig liegt der Bestand in einem der kontinentalsten Bereiche Südtirols nicht weit von der Ostgrenze des Hauptareals der Art. Im nahen Schweizer Nationalpark ist die Spirke die vorherrschende Baumart. Variabilität, Subtypen, Verbreitung Der Unterwuchs ist reich an basiphilen Arten. Sobald sich eine dünne Auflage aus saurem Humus gebildet hat, stellen sich reichlich Arten der Vaccinio-Piceetalia ein. In der Konkurrenz mit anspruchsvolleren Nadelhölzern wird die Spirke vornehmlich auf steilere und exponiertere Südhänge verbannt, wo sie mit der eng verwandten Latschenkiefer denselben Standort teilt. Da es sich um eine seltene bzw. um die einzige und räumlich eng begrenzte Formation (ca. 200 ha) handelt, lassen sich kaum unterschiedliche Aspekte ausmachen. Grundsätzlich unterscheidet sich der Typ von allen anderen Nadelwäldern der montanen und subalpinen Stufe durch die deutliche Präsenz der Spirke. Das Habitat dieser Art ist recht variabel und daher nicht ausschließlich an einzelne ökologische Faktoren gebunden. Vorkommen Arluiwald bei Graun im Vinschgau (Jaggl). Natürliche Dynamik Der Lebensraumtyp wurde erst in jüngster Zeit als neu für unser Gebiet entdeckt, weshalb noch kaum Daten zu seinem Ursprung, sondern nur einige we- 165

166 nige zu seiner jüngsten Entwicklung vorliegen. Betrachtet man allerdings die Richtung der Dynamik in den angrenzenden Bereichen, so lässt sich ableiten, dass seine vitalsten Ausprägungen an primitive Böden mit starkem Oberflächenabfluss gebunden sind, in denen die atmosphärischen Bedingungen sowie die Abstrahlung beträchtliche Temperaturschwankungen bewirken. Mit fortschreitender Bodenentwicklung weicht die Spirke zurück, obgleich sie als wichtige Komponente der folgenden, reiferen Waldzönose erhalten bleibt. Ihre Verjüngung vollzieht sich am besten in den offenen Bereichen. Abb. 90: Graun im Vinschgau, Arluiwald Artenzusammensetzung Dominante Arten: Erica carnea, Larix decidua, Picea abies, Pinus cembra, Pinus mugo, Pinus uncinata (!). Charakterarten: nur Pinus uncinata (!). Weitere Arten: Aster bellidiastrum, Calamagrostis varia, Calamagrostis villosa, Carduus defloratus, Carex alba, Daphne striata, Euphrasia salisburgensis, Galium boreale, Juniperus communis subsp. alpina, Melampyrum sylvaticum, Polygala chamaebuxus, Sesleria caerulea, Vaccinium myrtillus, Vaccinium vitis-idaea, Valeriana tripteris. Gefährdung, Nutzung, Pflege Der Spirkenwald, von dem die Rede ist (Arluiwald), wird auf traditionelle Weise und im Bewusstsein genutzt, dass es sich aufgrund der Höhenlage und der Hangeigenschaften um einen Schutzwald handelt. Positive Auswirkungen auf den Bestand hätten gezielte Entnahmen, wobei der Fichte und der Lärche erste Priorität zukämen, der Zirbe und der Spirke sekundäre. Das Gebiet ist hydrogeologisch labil und von Erosion betroffen, was bei begrenzten Ausmaßen der Regeneration der Spirke zugute kommt. Es wäre interessant, könnte man Spirkenbestände auch in Nachbartälern und unter vergleichbaren ökologischen Bedingungen feststellen. Damit ließe sich die Möglichkeit einschätzen, wie man die Art durch geeignete Bewirtschaftungspläne fördern könnte. Unter den Bedingungen der aktuellen Bewirtschaftung ergeben sich keine Besorgnis erregenden Störungen. 166

167 Wälder Abb. 91: Pinus uncinata 167

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