Freibeträge richtig nutzen Die Wirkungsweise der persönlichen Freibeträge in der Erbschaft- und Schenkungsteuer
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- Karin Erika Fischer
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1 HAUS + GRUND MÜNCHEN INFORMIERT Freibeträge richtig nutzen Die Wirkungsweise der persönlichen Freibeträge in der Erbschaft- und Schenkungsteuer von convocat GbR, München Einleitung Im Zusammenhang mit der Übertragung von Immobilienvermögen stellt sich die Frage der Funktionsweise der persönlichen Schenkungsteuerfreibeträge gemäß 16 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Die stark gestiegenen Immobilienpreise führen dazu, dass in aller Regel die persönlichen Freibeträge des ErbStG nicht ausreichen, um die Vermögensnachfolge ohne eine Erbschaftsteuerlast zu gewährleisten. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich nicht um ein so genanntes Familienheim im Sinne des ErbStG handelt, für das gegebenenfalls ein objektbezogener Freibetrag gilt. Unterschied Freigrenze / Freibetrag Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass sich Freibeträge im Gegensatz zu sogenannten Freigrenzen immer steuermindernd auswirken. Auch wenn der festgelegte (Frei)Betrag überschritten wird, kommt er zunächst vollständig zum Abzug. Hiervon unterscheiden sich die sogenannten Freigrenzen. Sobald der festgelegte Betrag einer Freigrenze überschritten wird, entfällt ihre Wirkung vollständig. Witwe M wird von ihrem einzigen Kind K allein beerbt. Der Netto-Nachlass beträgt , der persönliche Freibetrag von K gegenüber M beträgt Der persönliche Freibetrag ist in voller Höhe vom Erwerb abzuziehen, so dass nur der Betrag von der Erbschaftsteuer unterliegt.
2 Höhe der persönlichen Freibeträge Steuerklasse Erwerber (Beschenkter, Erbe) Persönlicher Freibetrag I Ehegatte, eingetragener Lebenspartner I Kinder, Adoptivkinder, Stiefkinder I Abkömmlinge der Kinder, Adoptivkinder und Stiefkinder (Enkel, Urenkel usw.) bei Erleben der Kinder I Eltern und Voreltern im Erbfall II Eltern und Voreltern bei Schenkung, Geschwister und deren Kinder (Nichten/Neffen), Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedener Ehegatte bzw. Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft III alle übrigen Erwerber (bspw. Paare ohne Trauschein, Freunde usw.) Hinweis zur Besonderheit im Fall vorverstorbener Kinder Enkelkinder, also Kinder der Kinder, Stiefkinder bzw. Adoptivkinder, erhalten den Freibetrag wie ein Kind des Erblassers bzw. Schenkers, soweit zum Zeitpunkt des Erwerbs das die Verwandtschaft vermittelnde Familienmitglied bereits verstorben ist. Witwer V ist am verstorben. Der Netto-Nachlass beträgt Er wird von seinen beiden Enkelkindern, den Kindern seines im Jahr 2015 vorverstorbenen Sohnes S, zu gleichen Teilen beerbt. Da S vor V verstorben ist, tritt jedes Enkelkind in die Position eines Kindes und erhält gegenüber V je einen persönlichen Freibetrag in Höhe von , so dass im Beispielsfall keine Erbschaftsteuer für den Erwerb der Enkelkinder nach V anfällt. Achtung: Wer ist ein Kind im Sinne des ErbStG? Pflegekinder gelten im Gegensatz zu adoptierten Kindern oder Stiefkindern nicht als Kinder im Sinne des ErbStG. Hierzu sei der Hinweis gestattet, dass auch durch Volljährigenadoption angenommene Kinder den vollen Freibetrag für Erwerbe vom Annehmenden erhalten. Eine noch nicht vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedene Frage stellt sich im Zusammenhang mit den Fällen, in denen ein Kind neben dem rechtlichen Vater, dem Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt, auch einen leiblichen Vater hat. Nach Ansicht des Finanzgerichts Hessen, Entscheidung vom , Az. 1 K 1507/16, steht auch für Erwerbe des Kindes vom leiblichen Vater der volle Freibetrag in Höhe von zur Verfügung. Das zuständige Finanzamt ist anderer Auffassung, so dass derzeit die Revision beim BFH unter Az. II 5/17 anhängig ist.
3 Steuervermeidung durch Stückelung des Erwerbs Die persönlichen Freibeträge des ErbStG gelten je Erwerb. Soweit der Erblasser sein Vermögen in mehreren Teilen überträgt, so dass der jeweilige Wert des Freibetrags des Empfängers nicht überschritten wird, könnte das Vermögen ohne weiteres komplett steuerfrei auf die nachfolgende Generation übertragen werden. Als Beschränkung hat der Gesetzgeber daher die so genannte Zehnjahresregelung des 14 ErbStG vorgesehen, deren Wirkungsweise anhand der nachfolgenden Beispiele erläutert wird: Nacheinander erhält der Sohn (S) von seinem Vater (V) mehrere Immobilien und zwar eine vermietete Eigentumswohnung im Jahr 2002 mit einem steuerlichen Bedarfswert von , im Jahr 2009 ein unbebautes Grundstück mit einem steuerlichen Bedarfswert von und im Jahr 2016 wiederum eine vermietete Eigentumswohnung mit einem steuerlichen Bedarfswert in Höhe von Unter Zugrundelegung der Steuerklasse I, des Freibetrags von im Jahre 2002 beziehungsweise im Jahre 2009 und im Jahr 2016 ( 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) sowie der maßgeblichen Steuersätze ( 19 Abs. 1 ErbStG) ergeben sich die folgenden Steuerbelastungen: Erwerb im Jahr Persönlicher Freibetrag als Sohn./ steuerpflichtiger erster Erwerb zum Steuersatz von 11 % ergibt eine Steuerlast in Höhe von: Erwerb im Jahr Vorerwerb aus dem Jahr Persönlicher Freibetrag als Sohn./ steuerpflichtiger Gesamtbetrag zum Steuersatz von 15 % ergibt eine Steuerlast in Höhe von: = Anrechnung der früheren Steuer, 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG./ Steuerlast für den zweiten Erwerb = Für die Berechnung der Schenkungsteuer für den Erwerb im Jahre 2016 fällt die Schenkung im Jahre 2002 heraus, es verbleibt nur noch die Schenkung aus dem Jahre Unter Berücksichtigung der anzurechnenden fiktiven Steuer für diesen Vorerwerb ergibt sich folgende Berechnung: Erwerb im Jahr Freibetrag 13c ErbStG für vermiete Wohnimmobilie Vorerwerb aus dem Jahr 2009./ Persönlicher Freibetrag als Sohn./ steuerpflichtiger Gesamtbetrag zum Steuersatz von 11 % ergibt eine Steuerlast in Höhe von: = Anrechnung der fiktiven Steuer nach 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG./ Steuerlast für den dritten Erwerb = 0
4 Erläuterung zur Höhe der fiktiven Steuer Für die Berechnung der Höhe der fiktiven Steuer bezüglich des Vorerwerbs 2009 ist nur der Freibetrag anzurechnen, der nicht beim weiteren Vorerwerb im Jahre 2002 verbraucht wurde. Zum Zeitpunkt 2009 betrug der persönliche Freibetrag Für die Vorschenkung 2002 wurde der Freibetrag in Höhe von verbraucht. Somit steht für die Berechnung der fiktiven Steuer ein Freibetragsrest in Höhe von zur Verfügung. Es berechnet sich die fiktive Steuer für den Vorerwerb 2009 beim dritten Erwerb wie folgt: Erwerb Freibetragsrest./ steuerpflichtiger Gesamtbetrag zum Steuersatz von 11 % mit Härteausgleich ergibt eine Steuerlast in Höhe von = Untergrenze des 14 Abs. 1 S. 4 ErbStG Neu eingeführt in 14 Abs. 1 S. 4 ErbStG wurde die Regelung, dass die Steuer, die sich für den letzten Erwerb ohne Zusammenrechnung mit früheren Erwerben ergibt, durch den Abzug der Steuern für frühere Erwerbe nicht unterschritten werden darf. Diese neu geschaffene Untergrenze in Höhe der für den Letzterwerb auf ihn ohne Zusammenrechnung entfallenden Steuer ergibt, dass der persönliche Freibetrag durch die Zusammenrechnung nur einmal im 10-Jahreszeitraum berücksichtigt wird und Progressionsvorteile durch Aufteilung einer Zuwendung in mehrere kleine vermieden werden. Im Jahre 2009 hatte G seiner damaligen Lebensgefährtin L einen Betrag von geschenkt. Die beiden haben sich im Jahre 2012 verehelicht. Im Jahre 2016 erhielt L von G einen weiteren Betrag in Höhe von zugewendet. Da L innerhalb eines 10- Jahreszeitraums von ihrem Ehemann mehrere freiwillige Zuwendungen erhalten hat, sind diese zu einem Gesamterwerb zusammenzurechnen, so dass sich nach 14 Abs. 1 S. 1 3 ErbStG folgende Schenkungsteuer ergibt: Schenkung 2009: abzüglich damaliger Freibetrag, L war zu G nicht verwandt, daher 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG./ steuerpflichtiger Betrag zum Steuersatz von 30 % ergibt eine Steuerlast in Höhe von: Schenkung 2016: Vorerwerb 2009: abzüglich Freibetrag:./ steuerpflichtiger Gesamtbetrag zum Steuersatz von 11 % ergibt eine Steuerlast in Höhe von:
5 Ohne die Regelung in 14 Abs. 1 S. 4 ErbStG für den Letzterwerb eingeführte Mindeststeuer ist die höhere tatsächliche Steuer des Vorerwerbs auf die Schenkungsteuer des Gesamterwerbs anzurechnen. Die im Zuge der Erbschaftsteuerreform zum erfolgte Einführung der Mindeststeuer des 14 Abs. 1 S. 4 ErbStG hat zur Folge, dass der Letzterwerb als alleiniger Erwerb bei der Schenkungsteuer zugrunde gelegt wird. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass als Mindeststeuer gemäß 14 Abs. 1 Satz 4 ErbStG ein Betrag von angesetzt wird, der sich wie folgt berechnet Schenkung 2016: abzüglich Freibetrag:./ steuerpflichtiger Gesamtbetrag zum Steuersatz von 7 % ergibt eine Steuerlast in Höhe von Fazit Es können erhebliche Vorteile durch die Übertragung von Immobilienvermögen zu Lebzeiten erzielt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Regelungen des 14 ErbStG beachtet werden. Handlungsbedarf entsteht dabei immer dann, wenn der Gesetzgeber erneut die persönlichen Freibeträge erhöhen sollte sowie bei Ablauf der jeweiligen Zehnjahresfrist. convocat GbR, München
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