Einfluss der Reifenqualität auf das reale Unfallgeschehen
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- Emil Winter
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1 Einfluss der Reifenqualität auf das reale Unfallgeschehen
2 Motivation für die Untersuchung: Bedeutung von Unfallanalyse und Crash-Test Als Mitglied im DVR stellt für die DEKRA Automobil GmbH die Umsetzung der Vision Zero eines unserer Unternehmensziele dar Bei den täglich fast Unfällen in Deutschland spielt die Minderung der Unfallfolgen für die Fahrzeuginsassen eine tragende Rolle. Der hohe Verletzungsgrad für ungeschützte Verkehrsteilnehmer bei Unfällen ist weitere Motivation, sich detaillierter mit der Unfallanalyse zu befassen. DEKRA ist Deutschlands führende Sachverständigenorganisation im Bereich Unfallanalyse und zertifiziertes Institut zur Durchführung von Crash-Tests.
3 Nassbrems-Performance-Vergleich: Die Auswertung von mehreren Testreihen der Industrie sowie von Fachzeitschriften hinsichtlich der Verzögerung von Reifen auf nasser Fahrbahn zeigt deutliche Leistungsunterschiede. Durchschnittliche Verzögerung von Reifen im Billig-Segment beträgt ca. 4,4 m/s 2 gegenüber ca. 5,5 m/s 2 bei Reifen im Premium-Segment. Die durchschnittlich um 24% bessere Nassbremsleistung bedeutet einen um 24% längerer Bremsweg und entspricht hierbei lediglich dem Unterschied zwischen den Nassbremsklassen A und E!
4 Nassbrems-Performance-Vergleich: Vergleich von unterschiedlichen Nasshaftungsklassen Der absolute Bremsweg hängt grundsätzlich neben den Reifen auch vom Fahrzeug und dem Fahrbahnzustand ab! Premium-Reifen + 24% Billig -Reifen Bremsweg aus 80 km/h bei nasser Fahrbahn 45 m 56 m
5 Basisinformationen zur Unfallanalyse: Unfallzahlen in Deutschland 2007 Die Gruppen Pkw-Insassen, Radfahrer und Fußgänger stellen 75% aller Getöteten dar. Unfälle mit Personenschaden Getötete Getötete Insgesamt: Insgesamt: Insgesamt: Innerorts Bundesautobahn Außerorts (ohne BAB) Pkw-Insassen Fußgänger + Radfahrer andere Quelle: Statistisches Bundesamt
6 Unfallanalyse: Rekonstruktion Auswahl eines realen Unfalls Hintergrund Frontalkollisionen gegen Pkw oder Lkw bilden etwa 50% aller Kollisionen ab Grundgesamtheit Unfälle von 2000 bis 2007 Randbedingungen Unfall bei Nässe Kollisionsgeschwindigkeit 56 km/h (+/- 10 km/h) Vorgehen Erneute Rekonstruktion von 20 den o.g. Randbedingungen entsprechenden Unfällen Theoretische Änderung gegenüber Realität: Bremsleistung um 24 % reduziert Auswahl Der ausgewählte Fall entspricht hinsichtlich der Kollisionsgeschwindigkeit etwa der Zulassungsnorm und wird daher als Beispielunfall für die Studie herangezogen
7 Unfallanalyse: Rekonstruktion Auswahl eines realen Unfalls
8 Realunfall Nr 16
9 Analyse eines realen Unfallgeschehens Unfallhergang: Kollision von linksabbiegendem Lkw mit entgegenkommendem Pkw, v Pkw : ca. 101 km/h In einer Entfernung von ca. 72,5 m vor der Kollision bemerkt der Pkw Fahrer den kreuzenden Sattelzug Vorbremsdauer: 1 s entspricht ca. 28 m Verbleibender Bremsweg: 44,5 m Geschwindigkeitsreduzierung: 43 km/h Fzg.-Geschwindigkeit bei Kollision: ca. 58 km/h
10 Motivation für den Crash-Test: Neu re konstruktion des Realunfalls Annahme: geringere Verzögerung durch Reifen mit geringerem Nasshaftungsvermögen Ergebnis: Geschwindigkeitsreduzierung: 32,2 km/h Fzg.-Geschwindigkeit bei Kollision : 68,8 km/h Aber was bedeutet dieses Ergebnis konkret für die Insassensicherheit?
11 DEKRA Crash-Test-Versuche Durchführung Crashtests Fahrzeugauswahl: Erstanmeldung 2000 entsprach zum Testzeitpunkt dem Durchschnittsalter der deutschen Fahrzeugflotte (8 Jahre) Hoher Sicherheitsstandard, Modelleinführung 2000 (gute Werte beim EuroNCAP) Durchführung: Crash auf Barriere nach Zulassungsnorm ECE-R 94 mit 40% Überdeckung Beide Fahrzeuge in Motor/Getriebe/ Ausstattung identisch Fahrzeuge unfallfrei Vorbereitung, Durchführung und Analyse von Experten des Fahrzeugherstellers begleitet Reifen mit hoher Nasshaftung Kollisionsgeschwindigkeit = 58 km/h Reifen mit geringer Nasshaftung Kollisionsgeschwindigkeit = 69 km/h
12 DEKRA Crash-Test-Versuche Durchführung Crash-Tests Reifen mit hoher Nasshaftung Reifen mit geringer Nasshaftung Kollisionsgeschwindigkeit = 58 km/h Kollisionsgeschwindigkeit = 69 km/h
13 DEKRA Crash-Test-Versuche Ergebnis Crash-Tests - Deformation Karosserie Reifen mit hoher Nasshaftung Reifen mit geringer Nasshaftung Kollisionsgeschwindigkeit = 58 km/h Kollisionsgeschwindigkeit = 69 km/h
14 DEKRA Crash-Test-Versuche: Ergebnis Crash-Tests - Detail - A-Säule Reifen mit hoher Nasshaftung Reifen mit geringer Nasshaftung Kollisionsgeschwindigkeit = 58 km/h Kollisionsgeschwindigkeit = 69 km/h
15 DEKRA Crash-Test-Versuch Ergebnis Crash-Tests - Detail - Einstiegsschweller Reifen mit hoher Nasshaftung Reifen mit geringer Nasshaftung Ergebnis: Schweller unbeschädigt Kollisionsgeschwindigkeit = 58 km/h Schweller beginnt auszuknicken Kollisionsgeschwindigkeit = 69 km/h
16 DEKRA Crash-Test-Versuche: Ergebnis der Crashtests Die um 11 km/h höhere Kollisionsgeschwindigkeit hat auf den Fahrzeugzustand und damit auf die passive Sicherheit folgenden Auswirkungen: Fahrgastzelle beginnt nachzugeben Überlebensraum für Insassen verringert sich Kollisionsgeschwindigkeit = 58 km/h Insassen können Tür nicht selbstständig öffnen Helfer können nur unter hoher Kraftaufwendung die Tür öffnen: 613 N / 61 kg gegenüber 93 N / 9 kg (normale Öffnungskraft) Kollisionsgeschwindigkeit = 69 km/h
17 Insassen-Gefährdungspotential beim Crash-Test: Vergleich Verletzungsgrad Reifen mit hoher Nasshaftung Reifen mit geringer Nasshaftung Kollisionsgeschwindigkeit = 58 km/h Verletzungsgrad Kollisionsgeschwindigkeit = 69 km/h keiner gering erhöht hoch Keine bis geringe Belastung von Fahrer und Beifahrer generell geringes Verletzungsrisiko Hohes Verletzungsrisiko Hohe Becken- und Oberschenkelbelastung insbesondere beim Fahrer Irreversible Schädigung wahrscheinlich
18 Unfallfolgen für die Insassen: Hohes Verletzungsrisiko für den Fahrer Wahrscheinliches Verletzungsrisiko bei Kollisionsgeschwindigkeit von 69 km/h: Milz- oder Leberruptur Oberschenkelfraktur oder Bruch der Hüftgelenkspfanne Späterer Folgeschaden wahrscheinlich Hüftprothese Quelle: Dr. Zinser Oberschwabenklinik (Ravensburg)
19 Hoher und niedriger Fahrzeug-Sicherheitsstandard Einfluss Fahrzeug-Sicherheitsstandards auf Unfallfolgen Für den Crash wurde der Fall eines im Jahr 2000 eingeführten europäischen Mittelklassefahrzeugs gewählt. Bei älterem Entwicklungsstand wären die Unfallfolgen mit Sicherheit sogar noch deutlich schwerwiegender. Alter Entwicklungsstand (realer Unfall) Kollisionsgeschwindigkeit 55 km/h Fahrer eingeklemmt und Fahrer schwer verletzt Neuer Entwicklungsstand (Crash-Test) Kollisionsgeschwindigkeit 58 km/h Fahrer nicht eingeklemmt Fahrer nicht oder leicht verletzt Alter Entwicklungsstandard Neuer Entwicklungsstandard
20 2te Betrachtung Ungeschützte Verkehrsteilnehmer Fußgänger und Radfahrer sind bei den Getöteten die nach den Pkw-Insassen zweitgrößte Gruppe (1.120 von im Jahr 2007) Verletzungsrisiko steigt auch hier mit der Kollisionsgeschwindigkeit Betrachtung des häufigsten Unfalltyps: Fahrradunfall Tödlich Verletzte Insgesamt: Pkw-Insassen Fußgänger + Radfahrer andere 2.625
21 Situation Bremsung aus 55 km/h - Innerorts 3,0 Ausgangsgeschwindigkeit = 55 km/h 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 Kollisionsgeschwindigkeit = 26 km/h 0-0,5-1,0 21m 27m
22 Fazit Die Leistungsfähigkeit der Reifen hat einen signifikanten Einfluß auf das Unfallgeschehen, insbesondere auf die Unfallfolgen der Beteiligten Das Reifenlabel kann über die Einstufung der Nasshaftungsklasse dazu beitragen Reifen auszuwählen, welche bezgl. der Verkehrssicherheit als positiv zu bewerten sind
23 Ausblick Eine Beschränkung des Einsatzes von Reifen mit geringeren Nasshaftungsklassen kann zur Reduzierung der Anzahl von Getöteten bzw. schwer Verletzten im Strassenverkehr beitragen.
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