Entwicklungen im Weltschiffbau (Welche Schiffstypen lassen sich in Deutschland bauen?)
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- Karsten Ursler
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1 Entwicklungen im Weltschiffbau (Welche Schiffstypen lassen sich in Deutschland bauen?) Prof. Dr.- Ing. Stefan Krüger Institut für Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit TU- Hamburg Inhalt: 1. Schiffbauumfeld 2. Randbedingungen/Regularien 3. Diversifizierung Schiffstypen 4. Handlungsempfehlungen Problem (1) Der Weltschiffbau findet heute in Asien statt, oft in sich entwickelnden Ländern. (Allerdings leiden die Asiaten z. Zt. heftig). Europa hat große Marktanteile verloren. Trotzdem haben die asiatischen Hersteller oft Probleme, bestimmte Schiffstypen erfolgreich abzuliefern. Offenbar gibt es Unterschiede in den Schiffstypen, die strategisch sind. Woran liegt das?? 1
2 Problem (2) Beteiligte Akteure: Reedereien, Werften, Zulieferer, Klassifikationsgesellschaften Die Hauptakteure haben eine völlig unterschiedliche Sichtweise auf die Branche (und auf die Schiffstypen). Woran liegt das?? Schiffbauindustrie (1) Die Erde ist zum größten Teil mit Wasser bedeckt. 90% aller Güter weltweit werden mit Schiffen transportiert Zum Seetransport gibt es keine technische Alternative. Wer den Schiffbau dominiert, bestimmt den Welthandel. Schiffbau ist gleichzeitig Einstiegsindustrie für alle Entwicklungsländer, die sich industrialisieren wollen. Daraus folgt hoher Wettbewerbsdruck der Systeme (Subventionen, Dumping) 2
3 Schiffbauindustrie (2) Die Schiffbauindustrie ist die zentrale Schlüsselindustrie für Schwellenländer. Gründe: komplexe Systemtechnik hohes Maß an Beschäftigungssicherung Aufbau einer Zulieferindustrie Know- How ist weltweit verfügbar (kein IPR-Schutz) Know-How-Verfügbarkeit Schiffbauliche Regelwerke sind stets beschreibend, nie anfordernd. In den Regelwerken ist genau festgelegt, wie ein Schiff gebaut und z. T. auch produziert werden muss. Beispiele: IMO- Regeln (Völkerrecht) Common Structural Rules Klassebauvorschriften Ship Constructional File Diese Regelwerke enthalten essentielle Information zu Entwurf und Konstruktion der Schiffe und sind weltweit verfügbar. 3
4 Diversifizierung (1): Kochbuch- Schiffe Kochbuch - Schiffe können ohne komplexe Berechnungen direkt nach den Regelwerken gebaut werden. Merkmale: - Hoher Replikationsgrad in der Stahlstruktur - Geringe Ausrüstungsintensität - Hoher Gewichtsanteil der Stahlstruktur - Keine komplexen Festigkeitsanforderungen - Geringe Schiffsgeschwindigkeiten - Geringe technische Infrastruktur nötig - Kaum qualifiziertes Personal nötig - Tanker, Massengutfrachter, Mehrzweckfrachter, Kümos, kleine Containerschiffe Diversifizierung (2): Ausrüstungsgrad Je höher der Ausrüstungsgrad, desto komplexer ist das Schiff. - Mehr Systeme und Schnittstellen - Größere Unsicherheit im Gewicht - Mehr Unterlieferanten - Höhere Systemkompetenz erforderlich - Deutlich mehr Berechnungen nötig - Höhere Kreditlinie nötig - Technisch kompetentere Betreiber - Größeres Risiko für die ausführende Bauwerft 4
5 Diversifizierung (2): Ausrüstungsgrad Je höher der Ausrüstungsgrad, desto komplexer ist das Schiff. Reihung (etwa): - Tanker gering - Bulker (Massengutfrachter) - MPVs (Mehrzweckfrachter) - Containerschiffe - Offshore- Schiffe (keine SPS) - LNG- Tanker - Schwergutschiffe, Car Carrier - RoRo- Schiffe - Yachten, SPS- Offshore - RoRo- Fahrgastschiffe - Kreuzfahrtschiffe - Marine- Überwasserschiffe - Unterseeboote hoch Diversifizierung (3): Serienlänge Beispiel Hyundai Heavy Ulsan: Ca. 2 Mio. t Stahldurchsatz/Jahr benötigt, damit Produktion ausgelastet ist. Das bedeutet ca große Schiffe im Jahr mit ca t Stahlgewicht. Diese Mengen gehen nur mit Serienproduktion standardisierter Entwürfe und Konstruktionen. Einzelbauten unmöglich -> weder Entwurfs- noch Konstruktions- Kapazität. (Extreme Verwundbarkeit bei Markteinbruch, wie genau jetzt.) 5
6 Diversifizierung (3): Serienlänge Beispiel Meyer- Werft Papenburg Ca. 3 große Kreuzfahrtschiffe/Jahr mit ca t Gewicht, Lieferzeit ca. 36 Monate oder weniger Jedes Schiff ist ein Unikat -> Hoher Entwicklungsaufwand in Entwurf und Konstruktion -> Kapazität für 3Schiffe/Jahr Nicht jedes Projekt wird Auftrag -> Entwurfskapazität muss deutlich höher sein Schwerpunkt verlagert von Produktion auf Entwicklung/Konstruktion (mehr Ingenieure, weniger Werker) Diversifizierung (4): Kundenstruktur Unterschied Linien- Charterreeder: Linienreeder betreibt sein Schiff selbst und denkt oft langfristig. Er ist an langfristigen Kostensenkungspotentialen interessiert, auch wenn sie technisch komplex sind. Er würde ein zunächst teureres Schiff kaufen, um dann langfristig Kosten zu sparen (Tailor Made Design). Tailor- Made Design -> ( Spezialschiff ) -> Unikat Schiffstypen: Passagierschiffe, Yachten, Fähren Die deutschen Werften bauen zu 99% für den Export diese Schiffstypen (Unikate). 6
7 Diversifizierung (5): Regelwerke Unterscheidung Schiffstypen nach Regelwerken: Passagierschiffe (ab dem 13. Passagier), auch SPS Trockenfrachter Tanker Passagierschiffe: Hohe Dynamik bei Regelentwicklung (Sicherheit und Umweltschutz) kaum Nachbauten möglich Unikate Klassifizierung Schiffstypen Standard- Tonnage: - Hohe Stückzahl - Niedriger Ausrüstungsgrad - Geringe Dynamik bei Regelentwicklung - Bedient Chartermärkte - Preis oft entscheidend - Bau überwiegend in Asien - Know-How liegt in den Regelwerken Schiffstypen: Tanker, Bulker, Mehrzweckfrachter, Car Carrier, Containerschiffe, LNG- Tanker, Offshore- Schiffe (Nicht SPS), Project Carrier 7
8 Unikat- Tonnage: Klassifizierung Schiffstypen - Einzelbauten - Hoher bis extrem hoher Ausrüstungsgrad - Unterlieferanten z. T. systemrelevant für Produkt - Große Dynamik bei Regelentwicklung - Bedient Linienreeder - Lebenszykluskosten entscheidend - Bau überwiegend in Europa (Marktführerschaft) - Know How liegt bei den Bauwerften Schiffstypen: Passagierschiffe, Yachten, Fähren, SPS-Offshore, Sonderfahrzeuge Designmerkmale Schiffbau (Fokus Unikate) 8
9 Risiko/Kostenstruktur Unikate Fazit Wer im Schiffbau überleben will, muss um so viel besser sein, wie er teurer ist. Es fressen nicht die Großen die Kleinen, sondern die Kompetenten fressen die Inkompetenten. Die Schiffstypen mit ihren Spezifika bilden genau dieses ab. 9
10 Handlungsempfehlungen Unikat- Schiffbau wird durch Technik getrieben (wettbewerbsintensiv). Wettbewerbsvorteil ist intakte F&E- Struktur: Menschen, Infrastruktur, Programme F&E- Programme erhalten und ausbauen (Bund&Länder) Industrie muss angemessene Risikoabfederung haben Hochschulpolitik ist eine tragende F&E- Säule: Industriekooperationen, Forschungs-/Bildungspolitik nach echtem Bedarf ausrichten 10
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