Thema 05: Geld- und Finanzmärkte, Geldmengenmultiplikator
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- Benedict Adam Bäcker
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1 Thema 05: Geld- und Finanzmärkte, Geldmengenmultiplikator Institut für Volkswirtschaftslehre Universität Linz
2 Inhaltsverzeichnis 1. Begriffsabgrenzungen 2. Geldangebot Geldschöpfungsmultiplikator Geldpolitische Instrumente 3. Geldnachfrage 4. Geldmarkt 1
3 Motivation Zinsen haben große Wirkung auf Gütermärkte!!! Was ist das Zinsnivau? Wie kann man das Zinsniveau beeinflussen? Was ist Geld? Wie kann man die Geldmenge beeinflussen? Wie funktioniert der Geldmarkt? Wozu brauchen wir eine Zentralbank? Wie funktioniert die EZB? Scheinbare Widersprüche zw. Wirtschaftsberichterstattung und Lehrbuchdarstellung aufzulösen (Zinsfestsetzung vs. Geldmengensteuerung) 2
4 Begriffsdefinitionen I Einkommen: was man verdient, Flußgröße (Zeitperiode!) Sparen: nicht konsumiertes Einkommen, Flußgröße Vermögen: Finanzguthaben - Finanzverbindlichkeiten, Bestandsgröße (Zeitpunkt!), Veränderung durch Sparen Investition: Kauf von Gütern (Maschinen, Gebäude) durch Unternehmen für die Güter u. Dienstleistungsproduktion Finanzinvestment: Kauf von Aktien, Anleihen oder anderen Wertpapieren Geld:...? 3
5 Begriffsdefinitionen II Vermögen kann in unterschiedlichen Anlageformen gehalten werden: Schmuck, Geld, Kontenguthaben, Wertpapiere, Teppiche,... Was ist Liquidität? M1 = Bargeldumlauf + täglich fällige Einlagen M2 = M1 + Einlagen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren + Einlagen mit einer Kündigungsfrist bis zu drei Monaten M3 = M2 + Repogeschäfte (=Wertpapiergeschäfte zwischen Kreditinsituten) + Bankschuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren 4
6 Institutionen der EWU Europäisches System der Zentralbanken (ESZB): Nationale Notenbanken (z. B. OeNB) aller EU-Länder Europäische Zentralbank in Frankfurt (EZB) Eurosystem: Nationale Notenbanken der EWU + EZB Zentrale Entscheidungsfindung - dezentrale Durchführung EZB-Rat: EZB-Direktorium EWU-Notenbankpräsidenten Sehr weitgehende Autonomie 5
7 Aufgaben des Eurosystems Zentrale Aufgabe der EZB: Durchführung der Geldpolitik Primäres Ziel: Gewährleistung von Preisstabilität, i. c. Inflationsrate unter 2 % ( inflation targeting ) Geldmengen- und Zinssteuerung sind Zwischenziele weitere Aufgaben: Verwaltung und Veranlagung von Devisenreserven Europäischer Zahlungsverkehr (TARGET) Bankenaufsicht 6
8 Geldschöpfung: Es waren einmal 100 Münzen... Der Prozess dauert, bis die Bank 100 Münzen als Reserve hält Die Geldmenge beträgt dann 500 Einheiten. ABER: Wirtschaftssubjekte halten auch Bargeld! 7
9 Die konsolidierte Bilanz des Eurosystems Konsolidierter Wochenausweis des Eurosystems (in Mrd. Euro, ) Aktiva Passiva A1 Währungsreserven 392,1 P1 Banknotenumlauf 325,2 A2 Forderungen in Euro P2 Verbindlichkeiten in Euro an Kreditinstitute im gegenüber Kreditinstituten Euro-Währungsgebiet 176,5 im Euro-Währungsgebiet 105,0 A2 Sonstige Aktiva 213,5 P3 Sonstige Passiva 351,9 Summe 782,1 Summe 782,1 8
10 Geldschöpfungsprozess M = D + CU H = CU + R CU = cm D = (1 c)m R = θd = θ(1 c)m m = M H = D+CU R+CU = (1 c)m+cm θ(1 c)m+cm = 1 θ(1 c)+c M = 1 θ(1 c)+c H mit M = Geldmenge, D = Sichteinlagen, CU = Scheine und Münzen, H = Zentralbankgeld, R = Mindesreserven, c = Kassenhaltungskoeffizient, θ = Mindestreservesatz 9
11 Geldpolitik: Mindestreserven Mindesreservepolitik Verpflichtung der Geschäftsbanken zur Haltung von Mindestreserven bei der EZB Täglich fällige Einlagen und Einlagen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren: θ = 2 %. Andere Einlagen: Grundsätzlich reservepflichtig, derzeit jedoch θ = 0 % Die Mindestreservepolitik ist für die EZB kein Instrument der laufenden Geldmengensteuerung! 10
12 Geldpolitik: Offenmarktpolitik Geschäftsarten: Refinanzierungsgeschäfte sind befristete Kredittransaktionen Geschäftspartner: Monetäre Finanzinstitute (MFI) EZB steuert über das Kreditvolumen die Geldmenge Expansive Offenmarktpolitik: Kreditvolumen wird erhöht Kontraktive Offenmarktpolitik: Kreditvolumen wird reduziert 11
13 Geldpolitik: Offenmarktpolitik II ad Geschäftsarten Hauptrefinanzierungsgeschäfte ( Haupttender ): Wöchentlich Laufzeit: 2 Wochen Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte ( Basistender ): Monatlich Laufzeit: 3 Monate Liquiditätszuführende Maßnahme: Erhöhung von Bilanzposition A.2 Erhöhung von Bilanzposition P.2 12
14 Geldpolitik: (Mengen-)Tender Verfahren: Tender = Ausschreibungen Standardtender : Mengen- oder Zinstender Mengentender: EZB legt Zinssatz fest MFI geben an, welche Beträge sie in Anspruch nehmen wollen (Gebotsvolumen) EZB kann tatsächliches Transaktionsvolumen unter dem Gebotsvolumen festsetzen ( Repartierung ) 13
15 Geldpolitik: Mengentender Beispiel: Liquiditätszuführender Mengentender Von drei MFI (A, B, und C) langen folgende Gebote (in Mio. Euro) ein: MFI Gebot Zuteilung A 30 22,5 B 40 30,0 C 70 52,5 Summe ,0 Die EZB beschließt eine Geschäftsvolumen von 105 Mio. Euro Der Repartierungssatz beträgt 75 % (= 105/140) 14
16 Geldpolitik: Zinstender MFI geben bekannt: Beabsichtiges Transaktionsvolumen und den Zinssatz Bis zu zehn Gebote je nach Zinssatz Zuteilung nach Marginalzinssatz ( holländisches Verfahren ) Nach individuellen Bietungssätzen ( amerikanisches Verfahren ) Zentralbank entscheidet über Transaktionsvolumen (ggf. Repartierung beim Marginalzinssatz) Seit Juni 2000 führt die EZB Hauptrefinanzierungsgeschäfte als Zinstender nach amerikanischem Verfahren durch Außerdem wird ein Mindestzinssatz vorgegeben 15
17 Geldpolitik: Liquiditätsführender Zinstender Beispiel: Liquiditätsführender Zinstender MFI-Gebote Insgesamt Kumuliert Zinssatz (%) A B C 3, , , , , , , , , Insgesamt Zuteilung EZB beschließt ein Geschäftsvolumen von 94 Mio. Euro Marginaler Zinssatz 3,05% Repartierung beim Marginalzinssatz 16
18 Geldpolitik: Leitzinsen Leitzinsen : Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte: Main refinancing operations minimum bid rate 17
19 Geldpolitik: Transmissionsmechanismus Leitzinsen sind nicht unmittelbar relevant für die Güternachfrage! Transmission zwischen Leitzinsen und nachfragerelevanten Zinsen Leitzinsen haben Einfluß auf kurzfristige Zinssätze auf dem Interbankengeldmarkt (EONIA, EURIBOR) Kurz- und langfristige Zinsen sind positiv korreliert Leitzinsen Interbankengeldmarktzinsen Anleiherenditen, Kreditzinsen, Sparzinsen 18
20 Geldpolitik: kurz- und langfristige Zinsen 19
21 Begriffsdefinitionen III Im weiteren verwenden wir als Vereinfachung: Geldmenge im Sinne von M1: Scheine, Münzen und Girokonten Als Zahlungsmittel verwendbar, keine Zinsen Kann von der EZB exogen festgelegt werden Anleihe: kein Zahlungsmittel, verzinst Erst später Unterscheidung in kurz- und langfristige Anleihen, Aktien 20
22 Geldpolitik Geldpolitische Instrumente: Offenmarktoperationen: Erhöhung oder Senkung des Zinstendervolumens Expansive Offenmarktpolitik: Volumen steigt H steigt M steigt Restriktive Offenmarktpolitik: Volumen sinkt H sinkt M sinkt Mindesreservenpolitik: wenn θ steigt m sinkt M sinkt Leitzinsen: Zinsen, zu denen die Geschäftsbanken von der EZB Geld leihen (aber auch kurzfristig bei der EZB anlegen) können 21
23 Geldnachfrage: Geld versus Anleihen Wieviel soll vom Vermögen in Anleihen und wieviel in Geld gehalten werden? Trade-off zwischen hohen Zinsen und der Möglichkeit, einfach einzukaufen (= niedrige Transaktionskosten) Spekulationsmotiv: je höher die Zinsen, umso mehr Vermögen in Anleihen und umso weniger in Geld (Zinssatz i entscheidet) Transaktions- bzw. Vorsichtsmotiv: je höher das Transaktionsniveau (= Ausgaben für Güter und Dienstleitungen), umso weniger in Anleihen ($Y entscheidet) 22
24 Geldnachfrage M d = P Y L(i) Nominaleinkommen (P Y = $Y ): die Geldnachfrage ist direkt proportional zum nominellen Einkommen, Verdoppelung in P oder Y => Verdoppelung der Geldnachfrage Zinssatz (auf Anleihen): je höher i, desto attraktiver ist es, Vermögen in Form von Anleihen zu halten 23
25 Empirie: Zinsatz und Geldnachfrage I Sinkendes Verhältnis von Geld zum nominellen Einkommen. Grund: Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (=$Y /M) ist aufgrund von Finanzinnovationen gestiegen 24
26 Empirie: Zinsatz und Geldnachfrage II Inverses Verhältnis zwischen M/$Y und i 25
27 Geldnachfragefunktion - i Für ein gegebenens Nominaleinkommen erhöht ein niedrigerer Zinssatz die Geldnachfrage 26
28 Geldnachfragefunktion - $Y Bei einem gegebenen Zinssatz verschiebt eine Erhöhung des Nominaleinkommens die Geldnachfragekurve nach rechts 27
29 Geldmarkt Der Zinssatz spielt sich im Gleichgewicht so ein, dass die (zinsabhängige) Geldnachfrage dem Geldangebot entspricht 28
30 Markt für Anleihen wealth s = M s + B s wealth d = M d + B d M d M s = B d B s wenn der Geldmarkt im Gleichgewicht ist, dann ist es auch der Markt für Anleihen 29
31 Wie erfolgt die Zinsanpassung Warum kommt der Zinssatz ins Gleichgewicht, wenn Geld unverzinst ist? Gegeben: Anleihe mit Nominale N, Verzinsung der Nominale s, und Kurs K, Laufzeit 1 Jahr (BSP: N = 100, s = 5 %, K = 90) Frage: Wie hoch ist die Rendite i? Antwort: i = (1+s)N K K 100 = (1+0.05) = 16.7% Gegeben: Gleichgewicht am Geldmarkt - Was passiert bei einem Offenmarktkauf? Nachfrage nach Anleihen B D steigt Kurs K von Anleihen steigt Rendite (= Zinsen) i wird fallen! Fazit: Obwohl der Geldmarkt unverzinst ist, wird wegen M s M d = B s B d das Gleichgewicht am Geldmarkt über Zinsreaktionen am Anleihenmarkt erreicht 30
32 Geldmarkt - Zinsreaktion Mit steigendem Nominaleinkommen verschiebt sich die Geldnachfragekurve nach rechts; der Gleichgewichtszins steigt 31
33 Geldpolitik und Offenmarktoperationen Eine Zunahme des Geldangebots verschiebt die Geldangebotskurve nach rechts; der Gleichgewichtszins sinkt 32
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