IK: Einkommen, Beschäftigung und Finanzmärkte (Sommersemester 2011) Geld- und Finanzmärkte
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- Andreas Ritter
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1 IK: Einkommen, Beschäftigung und Finanzmärkte (Sommersemester 2011) Geld- und Finanzmärkte
2 Inhalt Ziel: Erstellung eines kleinen Modells zur Beschreibung der Geld- und Finanzmärkte in unserer Ökonomie Geld- und Finanzmärkte zentrale Akteur am Geldmarkt(Zentralbank, Privatbanken) der Gleichgewichtszinssatz der Geldschöpfungsmultiplikator Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Institutionen Aufgaben Geldpolitische Instrumente der EZB
3 Begriffsdefinitionen Einkommen: was aus Arbeit, Zinsen, etc. verdient wird (Flussgröße) Sparen: Jener Teil des Einkommens, der nicht konsumiert wird (auch Flussgröße) Vermögen: gesamtes finanzielles Guthaben abzüglich der finanziellen Verbindlichkeiten. (Bestandsgröße, verändert durch Sparen) Kann in verschiedenen Formen gehalten werden (Schmuck, Aktien, Geld, Kontoguthaben, etc.) Geld:Jener Teil des Finanzguthabens, dass für direkt Transaktionen benutzt werden kann (Bargeld und Sichteinlagen). Investition: Kauf von Kapitalgütern (Häuser, Wohnungen, Maschinen, Bürogebäude). Keinesfalls mit Finanzinvestitionen (Kauf von Aktien, etc.) verwechseln!
4 Zentrale Akteure im Modell Zentralbanken: steuern durch Offenmarktoperationen das Geldanbebot Geldmenge wird durch Kauf/Verkauf von Wertpapieren (Anleihen) gesteuert (expansive/kontraktive Offenmarktoperation) Das gedruckte Geld der Zentralbank erhält seinen Wert erst, wenn es durch Offenmarktoperationen in Umlauf gelangt! Bilanz einer Zentralbank: Grafik: Blanchard (2010)
5 Zentrale Akteure im Modell Banken: spezielle Form eines Finanzintermediärs gewähren Einlagen (Verbindlichkeiten) und vergeben Kredite bzw. tätigen Finanzinvestitionen (Wertpapiere, Anleihen, etc.; Forderungen) Verbindlichkeiten von Banken sind Geld, welches für Transaktionen genutzt werden kann (Schecks, Überweisungen, ) Ein bestimmter Anteil der Einlagen werden von den Banken als Reserven gehalten (Reservesatz) Deckung von Barabhebungen bzw. Schecks/Überweiseungen an andere Banken gesetztliche Mindestreserveverpflichtung (z. Bsp.: 10% in den USA)
6 Der Gleichgewichtszinssatz Die gesamte Geldnachfrage: 1. Anteil des Vermögens in Geld und Wertpapieren? Geld: für Transaktionen, keine Zinsen Anleihen: für Transaktionen ungeeignet, bringen Zinsen Geldnachfragefunktion: M d = YL( i) ( ) d M...gesamte Y = nominales Nachfrage nach Geld Einkommen L(i)...Funktion des Zinssatzes Intuition:Die Nachfrage nach Geld hängt mit der Höhe der Transaktionen (proportional zu Y) und dem Zinssatz ab
7 Der Gleichgewichtszinssatz Die gesamte Geldnachfrage: 2. Bargeld (Banknoten und Münzen) vs. Sichteinlagen Bargeld: kleine Transaktionen, illegale Transaktionen Sichteinlagen: große Transaktionen, sicher daher: CU D d d = = cm d (1 c) M...Nachfrage nach Bargeld d...nachfrage nach Sichteinlagen c...kassenhaltungskoeffizient Die Nachfrage nach Reserven (R d ): d d R =θ ( 1 c) M d D θ...reservesatz Mit diesen beiden Nachfragekomponenten können wir nun die Nachfrage nach Zentralbankgeld bestimmen
8 Der Gleichgewichtszinssatz Im Gleichgewicht: Angebot an Zentralbankgeld = Nachfrage nach Zentralbankgeld Grafik: Blanchard 2010 Der Zinssatz muss so gewählt sein, dass Nachfrage = Angebot!
9 Der Gleichgewichtszinssatz Die Nachfrage nach Zentralbankgeld: d d d H = CU + R H...high - powered money einsetzen der Nachfragen für Bargeld und Reserven ergibt: = θ θ d H cm + (1 c) M = c+ (1 c) d d d { [ ] Nachfrage nach Bargeld Reserven Nachfrage nach noch den Ausdruck für die gesamte Nachfrage einsetzen H d [ c+ ( 1 c) ]* YL( i) = θ ergibt die Nachfrage nach Zentralbankgeld! M
10 Der Gleichgewichtszinssatz Berechnung des Gleichgewichtszinssatzes: Gleichgewichtsbedingung: bzw.: H H = H d [ c+ ( 1 c) ]* YL( i) = θ Halten die Konsumenten nur Bargeld (c = 1) so entspricht die Nachfrage nach Bargeld jener nach Zentralbankgeld, Banken spielen keine Rolle Halten die Konsumenten nur Sichteinlagen (c = 0), so ist H d = θm d (wenn θ= 0.1, dann entspricht die Nachfrage nach Zentralbankgeld 10% der Nachfrage nach Geld) In aller Regel halten Konsumenten nur einen Teil ihres Geldes als Bargeld (c < 1), so dass die Nachfrage nach Zentralbankgeld kleiner ist als die gesamte Nachfrage nach Geld, aber auch größer als der Reservesatz
11 Der Gleichgewichtszinssatz Grafische Darstellung des Gleichgewichtzinssatzes: Steigt der Zinssatz i sinkt die Nachfrage nach Zentralbankgeld (geringere Nachfrage nach Bargeld und Sichteinlagen) Der umgekehrte Fall tritt bei einem sinkenden Zinssatz ein Zinssatz, i i A Angebot an Zentralbankgeld Nachfrage für Zentralbankgeld d d H = CU + R d Das Angebot an Zentralbankgeld ist durch die Zentralbank bestimmt H Zentralbankgeld
12 Der Geldschöpfungsmultiplikator Alternativer Gleichgewichtsansatz: Ausgangspunkt: H [ c+ ( 1 c) ]* YL( i) = θ dividiere beide Seiten durch c+θ ( 1 c) : 1 H = YL( i) [ c+ θ (1 c)] d Geldschöpfungs multiplikator [ ] Die gesamte Nachfrage nach Geld kann somit als das Angebot an Zentralbankgeld multipliziert mit dem Geldschföpfungsmultiplikator dargestellt werden. Da c+ θ ( 1 c) <,ist der Multiplikator immer > 1! [ ] 1 = M
13 Der Geldschöpfungsmultiplikator Beispiel zum Multiplikator(siehe Blanchard 2010): Annahme: c = 0 (Konsumenten halten nur Sichteinlagen) θ= 0,1 (Reserversatz = 10%) Kauf: Anleihe Zentralbank Verkäufer 1 um 100 Einlage : 100 Geldmenge: +100 Bank A Reserven: 10 Bank B Reserven: 9 Kauf: Anleihe um 90 Kauf: Anleihe um 81 Einlage : 90 Einlage : 81 Verkäufer 2 Geldmenge: +90 Verkäufer 3 Geldmenge: +81
14 Der Geldschöpfungsmultiplikator Der eben vorgestellte Prozess endet, sobald die Banken die gesamten 100 als Reserve halten. Die endgültige Geldmenge beträgt dann: Ausweitung der Geldmenge = ( 1+ 0,9+ 0,9 +...) = 100 * geometrische Reihe = 100 * 1 ( 1 0,9) = 100 *10= engültige Geldmenge zur Erinnerung: 1 ( θ 4 [ c+ c) ] Geldschöpfungs multiplikator H = YL( i) Da c = 0 und θ= 0,1 ergibt sich ein Geldschöpfungsmultiplikator von 10. Die gesamte Geldmenge beträgt somit: 10 * 100 = 1.000
15 Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Umgesetzt 1999, vollendet mit der Ausgabe des Euro-Bargelds 2002 Institutionen: Europäisches System der Zentralbanken (ESZB): Alle 27 Zentralbanken der EU-Mitglider + Europäische Zentralbank (EZB) Eurosystem: Zentralbanken der Euro-Länder (EU15 ohne GB, DK, SWE plus Malta, Zypern, Estland, Slowenien und der Slowakei) + EZB Beschlussorgane der EZB: EZB-Rat: Direktorium + Präsidenten der Zentralbanken der Euro-Länder Direktorium: 6 Mitglieder, setzen Beschlüsse des EZB Rats um Erweiterter EZB-Rat (+ Länder außerhalb der Eurogruppe, Beratung und Berichterstattung)
16 Aufgaben der EWU/Eurosystems Durchführung der vom EZB-Rat festgelegten Geldpolitik Grundsatz: Zentrale Entscheidungsfindung, dezentrale Umsetzung die nationalen Zentralbanken handeln auf Weisung der EZB Primärzieldes Eurosystems: Sicherstellung der Preisstabilität (Inflationsrate unter, aber nahe 2%) Steuerung von Geldmenge und Zinssätzen sind nur Zwischenziele Unterstützung der Wirtschaftspolitik der EU sofern im Einklang mit Primärziel Weitere Ziele: Durchführung von Devisengeschäften; Verwaltung der Währungsreserven des Euroraums; Funktionstüchtigkeit der Zahlungssysteme fördern; Unterstützung der Finanzaufsicht; alleiniges Recht zur Ausgabe von Banknoten;
17 Unabhängigkeit der EZB Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben ist die EZB unabhängig von den nationalen Regierungen und von den EU-Institutionen! Personelle Unabhängigkeit: Amtszeiten der Direktoren und Präsidenten der Nationalbanken sind festgesetzt; Unabsetzbarkeit Funktionelle Unabhängigkeit: Das Eurosystem verfügt über alle Instrumente, die es zur Umsetzung seiner Ziele braucht und darf selbstständig über deren Einsatz entscheiden Die nationalen Regierungen haben somit jegliche Möglichkeit eine eigenstängie Geldpolitik durchzuführen and die EZB abgegeben!
18 Geldpolitische Instrumente der EZB Ziel: Steuerung der kurzfristigen Zinssätze und der Liquidität im Eurosystem zu Erreichung der Preisstabilität Wichtigstes Instrument der EZB: Offenmarktoperationen/-geschäfte Hauptrefinanzierungsgeschäfte ( Haupttender ) (wöchentlich mit Laufzeit von 2 Wochen) Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte ( Basistender ) (monatlich mit Laufzeit von 3 Monaten) Ablauf: befristete Kredittransaktionen Monetäre Finanzinstitute (MFI) erhalten frisches Zentralbankgeld im Austausch für Sicherheiten (Wertpapiere, etc.)
19 Geldpolitische Instrumente der EZB Tender-Ausschreibungen der EZB als Mengentender oder Zinstender möglich: Mengentender: EZB legt Zins für die auszugebende Geldmenge fest MFI geben an welche Geldmenge sie zu diesem Zins haben wollen (Gebotsvolumen) EZB kann die tatsächlich ausgegebene Geldmende aber noch unter das Gebotsvolument reduzieren ( Repartierung ) Zinstender: MFI geben gewünschtes Transaktionsvolumen und Zinssatz bekannt (Mindestzinsatz von der EZB vorgegeben Leitzins) EZB teilt das Volumen nach dem Marginalzinssatz (holländisches Verfahren) oder nach individuellen Bietungssätzen (amerik. Verfahren) zu Letztentscheidung über Transaktionsvolumen liegt bei EZB (Repartierung)
20 Beispiel Mengentender Drei MFI geben folgende Gebote (in Mio. EUR) zum festgelegten Zinssatz ab: MFI Gebot Zuteilung A 30 22,5 B C 70 52,5 Summe: Da die EZB nur ein Geschäftsvolumen von 105 Mio. EUR beschließt, werden die einzelnen Gebote nur zu 75% erfüllt (Repartierungssatz = 105/140 = 75%)
21 Beispiel Zinstender Zinssatz (%) A B C Gesamt Kumuliert 3,15 % ,10 % ,09 % ,08 % ,07 % ,06 % ,05 % ,04 % ,03 % Gesamt: Zuteilung: Die EZB beschließt hier ein Transaktionsvolumen von 94 Mio., d.h. Repartierung ab dem marg. Zinssatz von 3,05 %
22 Transmissionsmechanismus Der Leitzins der EZB beinflusst die Güternachfrage nicht direkt! Transmission zwischen Leitzins und den nachfragerelevanten Zinsen (Zinsen für Kredite, Sparzinsen) Leitzinsen beeinflussen die kurzfristigen Zinssätze am Interbankengeldmarkt (EONIA, EURIBOR) Kurz- und langfristige Zinsen sind positiv korelliert Leitzinsen Zinsen am Interbankengeldmarkt Zinsen für Kredite, Sparen, etc.
23 Zinssätze Eurozone EONIA EURIBOR 1 Monat EURIBOR 3 Monate EURIBOR 6 Monate EURIBOR 12 Monate Leitzins/Fixzins Hauptrefinanzierungsgeschäfte Jän.07 Mär.07 Mai.07 Jul.07 Sep.07 Nov.07 Jän.08 Mär.08 Mai.08 Jul.08 Sep.08 Nov.08 Jän.09 Mai.09 Jul.09 Sep.09 Nov.09 Jän.10 Mär.10 Mai.10 Jul.10 Sep.10 Nov.10 Jän.11 Mär.09
24 Weitere geldpolitische Instrumente der EZB Kauf/Verkauf von Wertpapieren zur Anpassung der Geldmenge (weitere Form von Offenmarktoperationen) ständige Fazilitäten: MFI können sich gegen Sicherheiten (Wertpapiere) über Nacht bei den Nationalen Zentralbanken Geld ausleihen bzw. anlegen Mindestreservepflicht: 2% der täglich fälligen Einlagen und Einlagen mit einer Laufzeit bis 2 Jahre (θ= 0,02) Für die EZB ist die Mindestreservepoltik kein Instrument zur laufenden Steuerung der Geldmenge!
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