Wie viele ökologische Ausgleichsflächen braucht es zur Erhaltung und Förderung typischer Arten des Kulturlands?
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- Klemens Krüger
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1 Wie viele ökologische Ausgleichsflächen braucht es zur Erhaltung und Förderung typischer Arten des Kulturlands? Dr. Markus Jenny Die Suche nach einfachen Antworten in einem komplexen System Welche Arten sollen erhalten und gefördert werden? Welches ist die Baseline (Ausgangszustand)? Wieviel Fläche braucht es zur langfristigen Sicherung von Populationen? - Habitatquantität, - qualität (Grösse, Anteil) - Habitatmöblierung (welche Habitattypen? wieviel von was?) - Räumliche Verteilung, Vernetzung - Regionale Differenzierung - usw. 1
2 Grundlage: Etwas Theorie und sehr wenig Daten aus der Praxis Wirtschaftspolitik Agrarpolitik Gesellschaftspolitik Betriebsform Bewirtschaftungsform Betriebsmanagement Ebene Parzelle Ebene Betrieb Ebene Landschaft Biodiversität : Vielfalt Abundanz Flächenbedarf überlebensfähige Population 2
3 Fallbeispiel Klettgau (Ackerbau) Gebiet Widen Klettgau Beispielhafte Aufwertung des Lebensraums 3
4 Ackerbaugebiete Klettgau: Aufwertungsgebiet «Widen» Jahr 2010 Perimeterfläche: 490 ha Landwirtschaftl. Nutzfläche: 459 ha total ökol. Ausgleich (öaf): 15.0% öaf mit Qualität: 9.6% Nutzungskartierung: erfasst wurden nur artenreiche Flächen Ackerbau Klettgau: Referenzgebiet «Plomberg» wenig aufgewertet Anteil Ökoflächen: 5% 4
5 Bestandsentwicklung Schwarzkehlchen Plomberg Langfeld Widen Schwarzkehlchen 5 4 Anzahl Reviere pro 100 ha Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach Bestandsentwicklung Grauammer Plomberg Langfeld Widen Grauammer 6 5 Anzahl Reviere pro 100 ha Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach 5
6 Bestandsentwicklung Neuntöter Plomberg Langfeld Widen Neuntöter 6 5 Anzahl Reviere pro 100 ha Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach Bestandsentwicklung Feldhase 15% öaf 5% öaf Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach 6
7 Fallbeispiel Genf (Ackerbau) Ackerbaugebiete Genf Jahr 2004 Perimeterfläche: 1100 ha Landwirtschaftl. Nutzfläche ca ha Kiesgruben: 10% total ökol. Ausgleich (öaf): ca. 15% öaf mit Qualität: ca. 10% Nutzungskartierung: erfasst wurden nur artenreiche Flächen 7
8 Brachen und Brutvögel in Champagne genevoise Anteil Brachen / Freie Feldfläche 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% Anteil Brachen Dorngrasmücke Schwarzkehlchen Orpheusspötter Grauammer Reviere / 100 ha Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach Gebietsvergleiche aufgewertet nicht aufgewertet 4 Anteil Brachen (%) Meinier 1999 Laconnex 1999 Meinier 2003 Laconnex 2003 Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach 8
9 Gebietsvergleiche aufgewertet nicht aufgewertet 30 Reviere/km Dorngrasmücke Orpheusspötter Schwarzkehlchen 5 0 Meinier 1999 Laconnex 1999 Meinier 2003 Laconnex 2003 Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach Bestandsentwicklung Feldhase Genf Aufwertungsfläche Referenzfläche 9% öaf Feldhasen / 100 ha % öaf 5% 4% öaf 5 0.5% öaf im Aufwertungsgebiet positive Entwicklung im nicht aufgewerteten Referenzgebiet wegen Räudebefall Fuchs ab 2002/03 auch positive Entwicklung. Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach 9
10 Schlussfolgerung aus den Fallbeispielen Klettgau & Genf In Ackerbaugebieten braucht er zur Erhaltung und Förderung der habitattypischen Artenvielfalt 10-15% wertvolle und räumlich einigermassen homogen verteilte Lebensräume. Typische Ackerhabitate (Brachen, Säume, sehr extensiv genutzte Kulturen) sollten mindestens einen Drittel dieser Habitate ausmachen. Bezugsgrösse: Landwirtschaftlich genutzte Fläche! Fallbeispiel Rheintal (Kanton St.Gallen, Grünland) 10
11 Habitatqualität (2006) Perimeterfläche: 1262 ha Landwirtschaftliche Nutzfläche: 1083 ha Naturschutzgebiete: 5.4% total ökol. Ausgleich (öaf): 9.0% öaf mit Qualität: 4.2% Naturschutzgebiet öaf mit Qualität öfa ohne Qualität lineare Strukturen übriges Kulturland Revierverteilung (2006) dargestellte Brutvogelarten: Sumpfrohrsänger Teichrohrsänger Goldammer Übrige Arten 11
12 Lebensraumentwicklung % 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Naturschutzgebiete Ökoflächen mit Qualität Ökoflächen gemäss DZV übriges Kulturland Die Länge der linearen Strukturen blieb gleich. Bestandsentwicklung der 12 häufigeren Arten Anzahl Reviere Index Grün: Anzahl Reviere im Naturschutzgebiet Rot: Revier in linearen Strukturen ausserhalb LN Gelb: Anzahl Reviere in öaf mit Qualität Grau: Anzahl Reviere in öaf ohne Qualität Weiss: Anzahl Reviere im übrigen Kulturland Grüne Linie: Entwicklung in Dauerbeobachtungsfläche im Perimeter Schwarze Linie: Entwicklung Avifauna in Schweiz Quelle: Rudin et al. (2010) 12
13 Bestandsentwicklung der 12 häufigeren Arten Anzahl Reviere Index Grün: Anzahl Reviere im Naturschutzgebiet Rot: Revier in linearen Strukturen ausserhalb LN Gelb: Anzahl Reviere in öaf mit Qualität Grau: Anzahl Reviere in öaf ohne Qualität Weiss: Anzahl Reviere im übrigen Kulturland Grüne Linie: Entwicklung in Dauerbeobachtungsfläche im Perimeter Schwarze Linie: Entwicklung Avifauna in Schweiz Quelle: Rudin et al. (2010) Entwicklung der 12 häufigeren Arten in den hochwertigen öaf + Schwarzkehlchen Teichrohrsänger Neuntöter = Goldammer Rohrammer _ Gelbspötter Sumpfrohrsänger 13
14 Entwicklung der 12 häufigeren Arten in wenig wertvollen öaf a _ Feldlerche Entwicklung der 12 häufigeren Arten im übrigen Kulturland a _ Kiebitz Baumpieper Feldlerche Sumpfrohrsänger 14
15 Entwicklung Feldhase St.Galler Rheintal (Grünlandgebiet) % öaf Feldhasen / 100 ha % 4% öaf 5% 1% öaf 2 0 Aufwertungsfläche Referenzfläche im Aufwertungsgebiet hält sich Bestand auf ca. 10 Hasen/100ha; im nicht aufgewerteten Referenzgebiet bliebt der Bestand sehr tief Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach Schlussfolgerung aus dem Fallbeispiel Rheintal In von Grünland dominierten Talgebieten braucht es zur Erhaltung und Förderung der habitattypischen Artenvielfalt mindestens 15% wertvolle und räumlich einigermassen homogen verteilte Lebensräume. Ein hoher Anteil wertvoller Lebensräume ausserhalb der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (Naturschutzgebiete) leistet nur bedingt einen Beitrag zur Förderung und Erhaltung der typischen Avifauna von landwirtschaftlich genutzten Gebieten. 15
16 Fallbeispiel Engadin: Landschafts- und Brutvogelmonitoring Engadin /88: Kartierung von 70 für die Kulturlandschaft repräsentativen Flächen auf 37 km /10: Wiederholung auf 12 km 2 Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte in Vorb. Fallbeispiel Engadin: Landschafts- und Brutvogelmonitoring Engadin Entwicklung Bodenbrüter montane Stufe montane niedrige subalpine Stufe subalpine Stufe Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte in Vorb. 16
17 Fallbeispiel Engadin: Landschafts- und Brutvogelmonitoring Engadin Veränderung der Vegetation Intensitätsstufe Veränderung in % Keine Angabe (Wald, Baumgruppen, Siedlung, Gewässer) Nutzungsaufgabe +21 Extensiv genutzt -15 Intensiv genutzt bis übernutzt Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte in Vorb. Sent - grosse Veränderungen bei Vegetation und Nutzung Bewässerung 17
18 Sent - grosse Veränderung bei Vegetation und Nutzung 50% extensiv Die Nutzungsintensität hat stark zugenommen. Der Anteil der Intensitätsklasse mittelintensiv bis übernutzt stieg von 15 % auf 50 %. Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte Sempach in Vorb. Sent Abnahme Gesamtrevierzahl um 20% Sehr starke Abnahme Bodenbrüter Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte Sempach in Vorb. 18
19 Eine Ausnahme: Fläche Pra Grond kaum Veränderungen m. ü. M. Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte Sempach in Vorb. Pra Grond (Tschlin) Vegetation und Nutzung praktisch unverändert 60% extensiv Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte Sempach in Vorb. 19
20 Pra Grond positive Entwicklung Avifauna Quelle: Graf & Korner, Schweiz.Vogelwarte Sempach in Vorb. Fallbeispiel Dötra (Berggebiet, 1800 m ü. M.) Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach 20
21 Fallbeispiel Dötra (Berggebiet, 1800 m ü. M.) Initialzustand (2003): 414 ha Anteil wertvolle Flächen: 40 % Brutvogelkartierung auf 104 ha Quelle: Schweiz. Vogelwarte Sempach Schlussfolgerung aus dem Fallbeispiel Engadin / Dötra In den Bergzonen III und IV braucht es mind. 40 % extensiv genutzte Lebensräume, um die typische Fauna, im speziellen bodenbrütende Vogelarten, zu fördern und zu erhalten. Der Fokus muss bei der extensiven Mähnutzung des Grünlands mit späten Mahdzeitpunkten liegen. 21
22 Werden diese Fakten von der Politik berücksichtigt? Defizite und Hotspots hohe Differenz 22
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