Bilanzrecht. Dozent: Dr. Hans-Peter Rechel Rechtsanwalt/FAInsR, Insolvenzverwalter Lehrbeauftragter an der CAU Kiel
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1 Bilanzrecht Dozent: Dr. Hans-Peter Rechel Rechtsanwalt/FAInsR, Insolvenzverwalter Lehrbeauftragter an der CAU Kiel Lehmweg 17, Hamburg
2 Literaturempfehlung Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 12. Aufl. Düsseldorf 2012 Meyer, Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht, 24. Aufl. Herne 2013 (Diesem Werk sind im Folgenden die Grafiken entnommen worden) Harms/Marx, Bilanzrecht in Fällen, 11.Aufl., Herne 2012 Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Bd. 4, e HGB, 3. Aufl. München 2013 Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, München 2012 Beck`scher Bilanzkommentar, 8. Auflage, München 2012 Jahres- und Konzernabschluss nach Handels- und Steuerrecht, 13. Aufl. München WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 2
3 Erläuterung verwandter Abkürzungen AK BetrV BuFü EzU FiBu HK JA KapG PHG RAP VG WG Anschaffungskosten Betriebsvermögen Buchführung, Buchhaltung Einzelunternehmen Finanzbuchhaltung Herstellungskosten Jahresabschluss Kapitalgesellschaft Personenhandelsgesellschaft(en) Rechnungsabgrenzungsposten Vermögensgegenstand Wirtschaftsgut 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 3
4 Übersicht / Inhaltsverzeichnis 0. Historie A. Grundlagen B. Die Bilanz C. Die Gewinn- und Verlustrechnung D. Anhang und Lagebericht E. Konzernrechnungslegung nach nationalem Recht F. Konzernrechnungslegung nach internationalem Recht G. Grundzüge der internationalen Rechnungslegung (IFRS, US-GAAP) 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 4
5 0. Historie Am Anfang war ein Zahlensystem aus dem Nachlass des Römischen Reichs (I, II, III,..) ungeeignet für komplexe mathematische Berechnungen untauglich für den Warenhandel 1202 in Pisa: Fibonacci veröffentlicht Liber Abaci (Buch der Rechenkunst) Einführung des indisch-arabischen Zahlensystems Dezimalsystem Bruchrechnung Anwendung auf Buchhaltung, Währungsumrechnung, Zinsrechnung Initialzündung für den Handel und die Kaufmannschaft in den Handelszentren Norditaliens (Pisa, Florenz, Venedig, etc.) 1494 in Venedig: Luca Paciolo (Franziskanermönch) veröffentlicht Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità Darstellung der Grundprinzipien der Venezianischen Methode (= doppelten Buchführung) bis heute gültig 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 5
6 0. Historie Handelsgesetzbuch Inkrafttreten zum Reformen der neueren Zeit: Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) vom Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz; BilReG) vom Umsetzung der sog. IAS-Verordnung (EG-Verordnung Nr. 1606/2002 vom ) Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz; BilMoG) vom Anpassung des Handelsbilanzrechts an die IFRS (International Financial Reporting Standards) Verringerung der Einflussnahme der steuerrechtlichen Rechnungslegung z.b. Aufhebung der sog. Umkehrmaßgeblichkeit ( 5 I 2 EStG af) MicroBilG Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz vom Umsetzung der EU-Verordnung vom WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 6
7 I. Gesetzliche Grundlagen des Bilanzrechts II. Das betriebliche Rechnungswesen III. Finanzbuchhaltung 1. Zweck 2. Die Bilanz 3. Verhältnis Steuerbilanz Handelsbilanz 4. Gewinn- und Verlustrechnung 5. Jahresabschluss IV. Buchführungspflicht 1. Buchführungspflichtige Personen 2. Größenklassen V. Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) 1. Begriff 2. Allgemeine Buchführungsgrundsätze, 238, 239 HGB 3. Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 7
8 IV. Finanzbuchhaltung als Grundlage der Handelsbilanz 1. Aufgabe der Finanzbuchhaltung 2. System der doppelten Buchhaltung 3. Inventur und Inventar 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 8
9 I. Gesetzliche Grundlagen des Bilanzrechts Übersicht 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 9
10 I. Gesetzliche Grundlagen des Bilanzrechts HGB 238 ff. Vorschriften für alle Kaufleute 264 ff. Ergänzende Vorschriften für KapG und haftungsbeschränkte PHG wegen Haftungsbeschränkung verschärfte Anforderungen 336 ff. Ergänzende Vorschriften für eingetragene Genossenschaften 340 ff. Ergänzende Vorschriften für Unternehmen bestimmter Geschäftszweige (Kreditinstitute, Versicherungen, etc.) Spezialvorschriften 41 ff. GmbHG für die GmbH 150 ff. AktG für die AG und KGaA 33 GenG für die Genossenschaft PublG Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) nachrangig zu den Normen des Handels- und Steuerrechts 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 10
11 I. Gesetzliche Grundlagen des Bilanzrechts Einfluss internationalen und europäischen Rechts Zwang zur Transformation in nationales Recht Übergangsvorschriften, Art , 70 EGHGB 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 11
12 II. Das betriebliche Rechnungswesen Zweck wert- und mengenmäßige Erfassung des Prozesses der Leistungserstellung und Leistungsverwertung (= betrieblicher Umsatzprozess) Instrument zur Planung, Dokumentation und Kontrolle der Erreichung leistungswirtschaftlicher Ziele des Unternehmens Bestandteile Investitionsrechnung Finanzplanung Finanzrechnung Kostenrechnung externes Rechnungswesen Finanzbuchführung Jahresabschluss 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 12
13 II. Das betriebliche Rechnungswesen Investitionsrechnung Grundlage von Investitionsentscheidungen rationale Beurteilung der rechenbaren Aspekte einer Investition im Rechnungswesen wird Investition definiert als Überführung von Zahlungsmitteln in Sach- und Finanzvermögen (es geht um Zahlungsstromgrößen) Auszahlung (Zahlungsmittelausgang) Einzahlung (Zahlungsmitteleingang) Finanz-(Liquiditäts-)planung = Prozess der Erstellung eines Finanzplans eines Unternehmens Ziel: Sicherstellung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit durch prospektive Gegenüberstellung von Aus- und Einzahlungen innerhalb einer Periode 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 13
14 II. Das betriebliche Rechnungswesen Finanzrechnung Planung der mittel- oder langfristigen Kapitalbeschaffung auf der Basis von Ausgaben und Einnahmen Ausgaben = Verminderungen des Nettogeldvermögens Einnahmen = Zunahmen des Nettogeldvermögens Nettogeldvermögen = liquide Mittel + Forderungen./. Verbindlichkeiten Kostenrechnung (kalkulatorische Erfolgsrechnung) Planung, Kontrolle und Dokumentation von Erfolgen in den leistungswirtschaftlichen Bereichen eines Unternehmens Kosten = leistungsbedingter, bewerteter Verzehr von Gütern und Diensten Leistungen (Erlöse) = bewertetes Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 14
15 II. Das betriebliche Rechnungswesen Finanzbuchführung pagatorische Bilanz- und Erfolgsrechnung Vermögen und Schulden Bilanz Aufwendungen und Erträge G+V pagatorisches oder Kongruenzprinzip = Summe der buchhalterischen Periodengewinne entspricht langfristig der Summe der Zahlungsüberschüsse Bilanzielles Vermögen (Aktiva) = Gesamtheit der in einer Bilanz angesetzten und bewerteten Gegenstände, die mit dem bilanziellen Kapital angeschafft wurden bilanzielles Kapital (Passiva) = Höhe der dem Unternehmen in der Vergangenheit zur Verfügung gestellten finanziellen und sachlichen Mittel und deren Herkunft Fremdkapital = Schulden, zeitlich begrenzt zur Verfügung gestellt Eigenkapital = Reinvermögen, zeitlich unbegrenzt zur Verfügung gestellt G+V = der vom Unternehmen erwirtschaftete Erfolg einer Periode Aufwendungen = periodisierte Ausgaben Erträge = periodisierte Einnahmen 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 15
16 II. Das betriebliche Rechnungswesen Abgrenzung Auszahlung, Ausgabe, Aufwendung und Kosten Auszahlungen Ausgaben Aufwendungen Kosten 1. Auszahlung Ausgabe Barzahlung einer Verbindlichkeit aus Vorperiode 2. Auszahlung = Ausgabe Barkauf von Rohstoffen 3. Ausgabe Auszahlung Kreditbewegung, zb. Einkauf von Rohstoffen auf Ziel 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 16
17 II. Das betriebliche Rechnungswesen 4. neutrale Ausgabe Ausgabe wird nicht oder erst in späteren Periode zu Aufwand z.b. Anschaffungsausgaben für Grund und Boden z.b. Anschaffungsausgaben für Maschine, soweit in der Beschaffungsperiode nicht abgeschrieben 5. Ausgabe = Aufwand z.b. Anschaffungsausgaben für Maschine: Aufwand nur in Höhe der anteiligen Abschreibung in der Beschaffungsperiode 6. Aufwand Ausgabe erfolgswirksamer Verbrauch von in Vorperiode beschafften und bezahlten Rohstoffen 7. Neutraler Aufwand Aufwand wird nicht oder erst in späteren Periode zu Kosten keine Kosten: Spenden (nicht betrieblich); außergewöhnlicher Forderungsausfall (betrieblich, aber kein normaler Werteverzehr) Kosten in späterer Periode: steuerliche motivierte höhere handelsrechtliche Abschreibungen 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 17
18 II. Das betriebliche Rechnungswesen 8. Aufwand = Kosten = Grundkosten, z.b. Transportkosten; Akkordlöhne 9. Kosten Aufwand kalkulatorische Kosten z.b. Unternehmerlohn, EK-Zinsen 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 18
19 III. Finanzbuchhaltung 1. Zwecke Bedeutung Zwecke dienen einerseits der Konkretisierung handelsrechtlicher Normen, werden andererseits aus diesen ermittelt (interdependenter Auslegungsprozess) Dokumentationsfunktion 238 I HGB (Generalklausel der Buchführung) gilt nach 140 I AO auch für das Steuerrecht alle innerbetrieblichen Wertbewegungen und Geschäftsvorfälle Informations- und Rechenschaftsfunktion gegenüber Dritten: für die Investitionsentscheidung des Kapitalgebers notwendigen Informationen Selbstinformation: Kontrolle vergangener und Planung zukünftiger Investitionsentscheidungen 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 19
20 III. Finanzbuchhaltung 1. Zwecke HGB 238 I 1 HGB Dokumentationspflicht 242 I HGB: Rechenschaft über Schuldendeckung 242 II HGB: Rechenschaft über Kapitaldienstfähigkeit 246 HGB: unsaldierter Nachweis des Schuldendeckungspotentials 243 II, 247 I HGB: Klarheit und Übersichtlichkeit 251 HGB: Rechenschaft über Risiken aus Haftungsverhältnissen 252 I Nr.6 HGB: Grundsatz der materiellen Bilanzkontinuität (Bewertungsstetigkeit) 264 II 1 HGB: Grundsatz der Bilanzwahrheit 284ff. HGB: Anhang Sicherungs-(Kapitalerhaltungs-)funktion Sicherung des nominellen Haftkapitals auch wenn Periodenerfolg entnommen werden würde Erhaltung der Möglichkeit zur Rückzahlung Fremdkapital 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 20
21 III. Finanzbuchhaltung 1. Zwecke HGB 252 I Nr.4 HGB: Vorsichts- und Imparitätsprinzip 253 I HGB: Wertansätze für VG und Schulden 253 III, IV HGB: Niederstwertprinzip Ausschüttungsrestriktionen 58, 150 AktG 29, 30 GmbHG Ermittlungsfunktion Grundlage der Erfolgszurechnung und verwendung sowie der Besteuerung 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 21
22 III. Finanzbuchhaltung 2. Die Bilanz 242 I HGB (1) Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluß (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen. Auf die Eröffnungsbilanz sind die für den Jahresabschluß geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sie sich auf die Bilanz beziehen. Begriff: BWL: Instrument zur Abbildung und Abrechnung ökonomischer Prozesse stichtagsbezogene Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital/Schulden in Kontenform i.e.s. Darstellung des Verhältnisses Vermögen - Schulden ( 242 I 1 HGB) i.w.s. der Jahresabschluss ( 242 III HGB) = Bilanz und G+V 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 22
23 III. Finanzbuchhaltung 2. Die Bilanz Herkunft Bilanz, von ital. bilancia = Balkenwaage Luca Pacioli Franziskanermönch und Mathematiker 1494: Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità erste geschlossene Darstellung der Venezianischen Methode (doppelte Buchführung) doppelte Buchführung jeder Geschäftsvorgang in zweifacher Weise erfasst: Soll und Haben (Buchungssatz) 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 23
24 III. Finanzbuchhaltung 2. Die Bilanz Bilanztheorien Statische Bilanztheorie (Simon; ROHG) Aufgabe der Bilanz ist allein die jährliche Ermittlung des Reinvermögens eines Kaufmanns Simon geht von going concern aus (Fortführungsstatik) ROHG: nur Schuldendeckungspotential im worst case (Zerschlagungsstatik) Dynamische Bilanztheorie (Schmalenbach) Statische Bilanz kann nicht den Unternehmenswert beschreiben Bilanz hat auch Rechenschaft über den Geschäftserfolg der abgelaufenen Periode zu legen Organische Bilanztheorie (Schmidt) JA ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu betrachten Unternehmen ist nur erfolgreich, wenn es seine relative Stellung in der Gesamtwirtschaft behauptet und seine leistungswirtschaftliche Substanz erhalten hat Bereinigung von Umsatz/Gewinn um Preissteigerung gesonderte Ausweis von Scheingewinnen Ausweis von Wertänderungen des AV innerhalb einer Periode auf der Basis von Wiederbeschaffungswerten 2013 WZR Group RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel Seite 24
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